Verwaltungsrecht

Zulassung zum Studium der Humanmedizin

Aktenzeichen  7 CE 17.10229

Datum:
25.9.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 123, § 146 Abs. 4 S. 6
HZV § 54

 

Leitsatz

1 Privatpatienten der liquidationsberechtigten Klinikärzte, welche von jenen aufgrund eines gesonderten Behandlungsvertrages behandelt werden, dienen seit jeher nicht der Ausbildung der Studierenden (Unterricht am Krankenbett); ihre Einbeziehung in die Berechnung der patientenbezogenen Kapazität war vom Verordnungsgeber auch nicht gewollt. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
2 Erst mit dem „neuen Chefarztrecht“, wonach Privatpatienten nicht mehr Patienten des Chefarztes, sondern Patienten des Klinikums sind, werden die betreffenden Privatbetten folgerichtig von der Universität als tagesbelegte Betten des Klinikums angesehen und in die Kapazitätsberechnung einbezogen. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
3 Im Hinblick auf die für die Ausbildungseignung bedeutsame Verweildauer der Patienten ist es sachgerecht, Betten nur dann als „tagesbelegt“ im Sinne von § 54 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 HZV anzusehen, wenn sie stationär über Nacht belegt sind. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 7 E 17.20060 2017-07-24 Bes VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
II. Die Antragsteller und Antragstellerinnen tragen jeweils die Kosten der Beschwerdeverfahren.
III. Der Streitwert für die Beschwerdeverfahren wird jeweils auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragsteller und Antragstellerinnen (im Folgenden: Antragsteller) begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin im ersten bzw. zweiten klinischen Fachsemester an der J.-M.-Universität W. (Universität) nach den Rechtsverhältnissen des Sommersemesters 2017. Sie machen geltend, die Universität habe ihre tatsächliche Ausbildungskapazität nicht ausgeschöpft.
Das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg hat die Anträge mit Beschluss vom 24. Juli 2017 abgelehnt.
Mit ihren Beschwerden verfolgen die Antragsteller ihr Rechtsschutzziel weiter. Sie tragen vor, die Universität habe die patientenbezogene Kapazität (§ 54 HZV) nicht zutreffend ermittelt. Die Betten der Privatpatienten seien in voller Höhe in Ansatz zu bringen und nicht lediglich insoweit, als die Klinikleiter über Verträge nach „neuem Chefarztrecht“ verfügten. Auch habe die Universität bei der Berechnung der tagesbelegten Betten die teilstationären Patienten der Tageskliniken einzubeziehen. Auf den Schriftsatz des Bevollmächtigten der Antragsteller vom 4. September 2017 wird verwiesen.
Der Antragsgegner widersetzt sich den Beschwerden.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerden haben keinen Erfolg. Das Beschwerdevorbringen, auf das sich die Prüfung des Senats beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), begründet den geltend gemachten Anordnungsanspruch der Antragsteller nicht.
1. Das Verwaltungsgericht geht zu Recht davon aus, dass die Universität ihre Ausbildungskapazität im klinischen Teil des Studiengangs Humanmedizin (erstes bzw. zweites klinisches Fachsemester) erschöpft hat. Die Antragsteller haben danach keinen Anspruch auf Zulassung, weil die Zahl der im Sommersemester 2017 im ersten bzw. zweiten klinischen Fachsemester eingeschriebenen Studierenden die jeweils festgesetzte Zulassungszahl ausgeschöpft hat. Der Senat folgt den Gründen des angefochtenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts und nimmt hierauf Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ergänzend ist zu bemerken:
Die im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Einwände der Antragsteller gegen die Berechnung der patientenbezogenen Aufnahmekapazität der Universität (§ 54 der Verordnung über die Hochschulzulassung an den staatlichen Hochschulen in Bayern [Hochschulzulassungsverordnung – HZV] vom 18.6.2007 [GVBl S. 401; BayRS 2210-8-2-1-1-K], zuletzt geändert durch Verordnung vom 27.4.2017 [GVBl S. 96]) greifen nicht durch.
a) Die Universität hat die Privatbetten der Kinderklinik und Poliklinik (Kinderheilkunde) und der Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie (Radiologie) zu Recht deshalb noch nicht in die Berechnung der tagesbelegten Betten (§ 54 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HZV) einbezogen, weil die Klinikleiter noch über einen Chefarztvertrag nach „Altrecht“ verfügen und deren Privatpatienten deshalb nicht als Patienten des Universitätsklinikums anzusehen sind. Der Senat hat bereits in seiner Entscheidung vom 3. April 1985 (Az. 7 CE 85 B.182) ausgeführt, dass die Privatpatienten der seinerzeit im Rahmen einer dienstrechtlichen Nebentätigkeit liquidationsberechtigten Klinikärzte nicht Patienten der Universität, sondern Patienten des jeweiligen Arztes sind und deshalb für die Ausbildung der Studierenden (Unterricht am Krankenbett) von vorneherein nicht zur Verfügung stehen mit der Folge, dass die betreffenden Patientenbetten insoweit nicht als tagesbelegte Betten im Sinne des Kapazitätsrechts anzusehen sind. An dieser Rechtsprechung hat der Senat trotz der hiergegen erhobenen Einwände seitdem unverändert festgehalten und bestätigt, dass die Privatpatienten der liquidationsberechtigten Klinikärzte, welche von jenen aufgrund eines gesonderten Behandlungsvertrages behandelt werden, seit jeher nicht der Ausbildung der Studierenden (Unterricht am Krankenbett) dienen und ihre Einbeziehung in die Berechnung der patientenbezogenen Kapazität vom Verordnungsgeber auch nicht gewollt war (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 10.4.1987 – 7 CE 86.12013). Erst mit dem „neuen Chefarztrecht“, wonach Privatpatienten nicht mehr Patienten des Chefarztes, sondern Patienten des Klinikums sind, werden die betreffenden Privatbetten folgerichtig von der Universität als tagesbelegte Betten des Klinikums angesehen und in die Kapazitätsberechnung einbezogen. Für die „Altfälle“ bleibt es jedoch – worauf die Universität zu Recht hinweist – bis zum Ausscheiden der Chefärzte, welche noch über einen Chefarztvertrag nach „Altrecht“ verfügen, unverändert dabei, dass deren Privatpatienten für den Unterricht am Krankenbett nicht zur Verfügung stehen und deshalb auch nicht in die Kapazitätsberechnung einzubeziehen sind.
b) Die Universität hat bei der Ermittlung der Zahl der tagesbelegten Betten (§ 54 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HZV) ebenso zu Recht die teilstationären Pflegetage einzelner Tageskliniken (der Kliniken und Polikliniken der Strahlentherapie und Nuklearmedizin) außer Betracht gelassen. Der Senat hat bereits entschieden, dass es im Hinblick auf die für die Ausbildungseignung bedeutsame Verweildauer der Patienten sachgerecht ist, Betten nur dann als „tagesbelegt“ im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HZV anzusehen, wenn sie stationär über Nacht belegt sind (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 12.6.2014 – 7 CE 14.10012 u.a. – juris Rn. 17 ff.). Die Universität ist deshalb kapazitätsrechtlich nicht verpflichtet, bei der Ermittlung der Zahl der tagesbelegten Betten auch Patienten zu berücksichtigen, die lediglich teilstationär in der Tagesklinik behandelt und am Aufnahmetag wieder entlassen werden.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und Nr. 18.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der 2013 aktualisierten Fassung (abgedruckt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, Anhang) und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.
3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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