Aktenzeichen 3 ZB 16.987
BayBG Art. 45 Abs. 5 S. 1
Leitsatz
1. Dienstzeiten als Verwalter der Dienstgeschäfte eines wissenschaftlichen Assistenten sind nicht als ruhegehaltsfähige Dienstzeiten anzuerkennen, wenn diese vor dem Vorbereitungsdienst im Angestelltenverhältnis ausgeübte Beschäftigung nicht zur Ernennung des Klägers geführt hat. (redaktioneller Leitsatz)
2. Zwischen der Tätigkeit im Arbeitsverhältnis und der Ernennung muss ein funktioneller Zusammenhang dergestalt bestehen, dass die Ernennung maßgeblich auf die Fähigkeiten und Erfahrungen zurückzuführen ist, die der Beamte durch die vordienstliche Tätigkeit erworben hat; dabei beurteilt sich die Maßgeblichkeit aus der Sicht des Dienstherrn im Zeitpunkt der Ernennung. (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
M 12 K 15.5912 2016-02-25 Urt VGMUENCHEN VG München
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
III. Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 7.138,32 Euro festgesetzt.
Gründe
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Ernstliche Zweifel, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Das Verwaltungsgericht hat die auf Berücksichtigung der Dienstzeiten als Verwalter der Dienstgeschäfte eines wissenschaftlichen Assistenten als ruhegehaltsfähige Dienstzeit gerichtete Verpflichtungsklage mit Urteil vom 25. Februar 2016 abgewiesen, denn diese vor dem Vorbereitungsdienst im Angestelltenverhältnis ausgeübte Beschäftigung habe nicht zur Ernennung des Klägers geführt und erfülle daher nicht die Voraussetzungen des Art. 18 Satz 1 BayBeamtVG. Unter Ernennung im Sinne der genannten Vorschrift sei die Ernennung zu verstehen, durch die ein Beamtenverhältnis auf Probe begründet worden sei. Diesen Ausgangspunkt, den das Verwaltungsgericht zutreffend unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (B.v. 5.12.2011 – 2 B 103/11 – juris Rn. 9) zugrunde gelegt hat, hält auch die Bevollmächtigte des Klägers grundsätzlich für zutreffend (Antragsbegründungsschriftsatz S. 2 Mitte).
Wenn sie sich im Folgenden gegen die Argumentation des Verwaltungsgerichts ausspricht, die Übertragung eines Amtes mit leitender Funktion auf Zeit (hier: Ministerialdirigent) sei versorgungsrechtlich wie eine normale Beförderung zu behandeln, sondern meint, die Ernennung in ein solches Beamtenverhältnis auf Zeit sei mit der erstmaligen Ernennung in ein Beamtenverhältnis auf Probe vergleichbar, kann ihr nicht gefolgt werden. Eine Grundvoraussetzung für die Übertragung eines Amts mit leitender Funktion im Beamtenverhältnis auf Zeit ist gemäß Art. 45 Abs. 5 Satz 1 BayBG, dass sich die in das Beamtenverhältnis auf Zeit zu berufende Person bereits in einem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit befindet. Auf diesem bestehenden und auch nach der Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit fortbestehenden Beamtenverhältnis beruht das Grundkonzept des Art. 45 BayBG (Zängl in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Art. 45 BayBG Rn. 46). Dass es auf das danebengeschaltete Beamtenverhältnis auf Zeit im Beamtenversorgungsrecht insoweit nicht ankommt, zeigt bereits der Wortlaut des Art. 18 Satz 1 Nr. 2 BayBeamtVG, der nicht auf ein bestimmtes Amt, sondern auf die Fachlaufbahn des Beamten abstellt. Zudem spricht für die Annahme, dass es im Rahmen des Art. 18 BayBeamtVG auf die erstmalige Ernennung zum Beamten ankommt, auch die Regelung des Art. 9 Abs. 4 BayBeamtVG, wonach die Frage, ob Zeiten auf Grund von Art. 18 bis 20, Art. 22 und Art. 23 Abs. 2 BayBeamtVG als ruhegehaltfähige Dienstzeit zu berücksichtigen sind, in der Regel bei der Berufung in das Beamtenverhältnis entschieden werden (vgl. VGH BW, U.v. 28.1.2008 – 4 S 444/06 – juris Rn. 26). Zutreffend weist die Landesanwaltschaft darauf hin, dass auch der erforderliche zeitliche Zusammenhang (vgl. Kazmaier in Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsrecht, Art. 18 BayBeamtVG Rn. 37) zwischen der Dienstzeit als Verwalter der Dienstgeschäfte eines wissenschaftlichen Assistenten (15.6.1976 bis 31.8.1980) und der Ernennung des Klägers zum Ministerialdirigenten im Jahr 2005 fehlt. Auf die Ausführungen des früheren Amtschefs des damaligen Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst vom 18. Februar 2016 (Bl. 61 f. VG-Akte) kommt es mithin nicht an.
Wenn der Kläger des Weiteren anführt, die Ablehnung eines funktionellen Zusammenhangs zwischen seinen Vordienstzeiten und seiner Ernennung zum Studienrat durch das Verwaltungsgericht begegne erheblichen Zweifeln, weil es an einer genauen Subsumtion fehle, warum diese – insbesondere auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Amtschefs des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 28. Oktober 2015 (VG-Akte Bl. 13 f.) – keinen wesentlichen Grund für die Ernennung dargestellt haben sollen, kann er ebenfalls nicht durchdringen. Der Bedeutungsgehalt des gesetzlichen Erfordernisses, dass die vordienstliche Tätigkeit zur Ernennung geführt hat, ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Zwischen der Tätigkeit im Arbeitsverhältnis und der Ernennung muss ein funktioneller Zusammenhang bestehen. Dieser ist gegeben, wenn die Ernennung wesentlich auf die Fähigkeiten und Erfahrungen zurückzuführen ist, die der Beamte durch die vordienstliche Tätigkeit erworben hat. Die Tätigkeit stellt einen wesentlichen Grund für die Ernennung dar, wenn sie die spätere Dienstausübung als Beamter entweder ermöglicht oder doch erleichtert und verbessert hat (vgl. BVerwG, B.v. 5.12.2011 – 2 B 103/11 – juris Rn. 8). Diesen Maßstab hat das Verwaltungsgericht zutreffend zugrunde gelegt und ausgefüllt. Die Ernennung des Klägers zum Beamten auf Probe beruhte nicht auf seiner vordienstlichen Tätigkeit, sondern auf dem erfolgreichen Abschluss des Vorbereitungsdiensts für die Laufbahn des höheren Verwaltungsdiensts (vgl. BayVGH, B.v. 28.1.2015 – 3 ZB 13.1714 – juris Rn. 9). Zutreffend hat das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass sich die Maßgeblichkeit der Vordiensttätigkeit aus der Sicht des Dienstherrn beurteilt. Dabei ist auf dessen Sicht im Zeitpunkt der Ernennung abzustellen. Bei Tätigkeiten vor einer hier erforderlichen Qualifikationsprüfung (Art. 8 Abs. 3, Art. 28 Abs. 1 Satz 3 LlbG) liegt grundsätzlich kein funktioneller Zusammenhang vor (Kazmaier, a.a.O., Art. 18 BayBeamtVG Rn. 39). Ein Ausnahmefall, dass nach der Verwaltungspraxis des Beklagten nur solche Bewerber in den Vorbereitungsdienst aufgenommen worden wären, die aufgrund eines vorangegangenen privatrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses über bestimmte Vorerfahrungen im öffentlichen Dienst verfügt hätten, war für das Verwaltungsgericht nicht ersichtlich und wird vom Rechtsmittelführer auch nicht behauptet. Dass sich der mit der Vordienstzeit verbundene Erfahrungsgewinn später als für den Kläger nutzbringend erwiesen haben mag, reicht nicht aus.
2. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO sind mit dem Hinweis darauf, dass ein Fall, dem ein mit dem Fall des Klägers vergleichbarer Sachverhalt zu Grunde liege, – soweit ersichtlich – bisher nicht entschieden worden sei, nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 52 Abs. 1 GKG (vgl. Nr. 10.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).