Aktenzeichen 10 K 2312/16
Leitsatz
Tenor
1. Unter Aufhebung des Bescheids vom 21. September 2016 und der Einspruchsentscheidung vom 16. Januar 2017 wird der Beklagte verpflichtet, die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2006 und 31. Dezember 2007, jeweils vom 9. März 2011, dahin gehend zu ändern, dass der verbleibende Verlustvortrag für die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften um weitere Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 1.347.303,74 € zum 31. Dezember 2006 und 2.261.319,60 € zum 31. Dezember 2007 erhöht wird.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 1/3 und der Beklagte zu 2/3.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
II.
Die Klage ist teilweise erfolgreich.
1. Die Klage wegen Einkommensteuer 2006 und 2007 hat keinen Erfolg.
Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse daran, die Einkommensteuerfestsetzungen für 2006 und 2007 offen zu halten in Hinblick auf die Voraussetzungen einer Änderung der Verlustfeststellungen gem. § 23 Abs. 3 Satz 9 zweiter Halbsatz i. V. m. § 10d Abs. 4 Sätze 4 und 5 EStG in der Fassung bis zum JStG 2010 sowie Satz 6 EStG in der für die Streitjahre anzuwendenden Fassung (vgl. hierzu unter 3.).
Die Klage ist jedoch unbegründet, da die geltend gemachten Veräußerungsverluste keine Auswirkung auf die Höhe der mit den angefochtenen Bescheiden festgesetzten Einkommensteuer haben und zudem im Streitfall die alte Fassung des § 10d Abs. 4 Sätze 4 und 5 EStG Anwendung findet, nach der keine inhaltliche Bindungswirkung des jeweiligen Einkommensteuerbescheids für die Verlustfeststellungen entsprechend § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO – wie nach der neuen Fassung – bestand.
a) Die streitigen Veräußerungsverluste haben keine Auswirkung auf die Höhe der mit den angefochtenen Bescheiden festgesetzten Einkommensteuer. Denn § 23 Abs. 3 Satz 8 (für 2007: Satz 7) erster Halbsatz EStG schließt einen vertikalen Verlustausgleich zwischen Veräußerungsverlusten und positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten aus (BFH-Urteil vom 11. November 2008 IX R 44/07, BFHE 223, 395, BStBl II 2010, 31). Auch innerhalb der privaten Veräußerungsgewinne bzw. –verluste findet kein Verlustausgleich mit einer Auswirkung auf die Einkommensteuerfestsetzung statt.
b) Der Kläger kann keine Änderung der Besteuerungsgrundlagen im Einkommensteuerbescheid beanspruchen, weil er damit eine Änderung der Verlustfeststellung entsprechend § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO – wie nach der neuen Fassung des § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG – nicht erreichen könnte.
aa) Im Streitfall findet § 23 Abs. 3 Satz 9 zweiter Halbsatz i. V. m. § 10d Abs. 4 Sätze 4 und 5 EStG in der Fassung bis zum JStG 2010 Anwendung.
Denn § 10d Absatz 4 Sätze 4 und 5 EStG i. d. F. des JStG 2010 gilt erstmals für Verluste, für die nach dem 13. Dezember 2010 eine Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags abgegeben wird (§ 52 Abs. 25 Satz 5 EStG i. d. F. des JStG 2010).
Der Kläger hat aber die streitgegenständlichen Verluste vor 2010 erklärt (Einkommensteuererklärung für 2006 eingegangen am 2. März 2007, für 2007 am 29. Juli 2009). Dabei spielt keine Rolle, bei welcher Einkunftsart die Verluste erklärt wurden (vgl. FG Köln, Urteil vom 16. Februar 2016 10 K 2574/15, EFG 2016, 1109, FG Münster, Urteil vom 21. Juli 2016 9 K 3457/15 E,F, EFG 2016, 1871, Hallerbach in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Stand Mai 2017, § 10d EStG Rn. 4, BFH-Urteil vom 8. April 2014 IX R 32/13, BFH/NV 2014, 1206).
Auch mit einem Antrag auf Änderung eines Verlustfeststellungsbescheids wird der Anwendungsbereich des neuen Rechts nicht eröffnet (BFH-Beschluss vom 4. April 2014 IX B 137/13, BFH/NV 2014, 1042).
bb) Gemäß § 23 Abs. 3 Satz 9 (für 2007: Satz 8) zweiter Halbsatz EStG (Fassung vom 13. Dezember 2006 JStG 2007, BGBl I 2006, 2878) gilt § 10d Abs. 4 EStG für Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften entsprechend. Gemäß § 10d Abs. 4 Satz 1, § 23 Abs. 3 Satz 9 zweiter Halbsatz EStG ist der am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende Verlustvortrag gesondert festzustellen. Verbleibender Verlustvortrag sind die nicht ausgleichbaren Veräußerungsverluste, vermindert um die nach § 10d Abs. 1, § 23 Abs. 3 Satz 9 EStG abgezogenen und die nach § 10d Abs. 2, § 23 Abs. 3 Satz 9 EStG abziehbaren Beträge und vermehrt um den auf den Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums festgestellten verbleibenden Verlustvortrag (§ 10d Abs. 4 Satz 2, § 23 Abs. 3 Satz 9 zweiter Halbsatz EStG). Nach § 10d Abs. 4 Satz 4, § 23 Abs. 3 Satz 9 zweiter Halbsatz EStG sind Feststellungsbescheide zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit sich die nach Satz 2 zu berücksichtigenden Beträge ändern und deshalb der entsprechende Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern ist (BFH-Urteil vom 11. November 2008 IX R 44/07, BFHE 223, 395, BStBl II 2010, 31). Nach § 10d Abs. 4 Satz 5, § 23 Abs. 3 Satz 9 zweiter Halbsatz EStG ist Satz 4 entsprechend anzuwenden, wenn der Erlass, die Aufhebung oder die Änderung des Steuerbescheids mangels steuerlicher Auswirkungen – wie im Streitfall – unterbleibt.
cc) Danach sind im Streitfall die vom Kläger geltend gemachten Veräußerungsverluste auch nicht in Hinblick auf eine Bindungswirkung der Besteuerungsgrundlagen des Einkommensteuerbescheids als Bezugsgröße – wenn auch ohne Auswirkung auf die festgesetzte Einkommensteuer – zu ändern. Anders als nach der Regelung des § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG i. d. F. des JStG 2010 (vgl. dazu BFH-Urteil vom 12. Juli 2016 IX R 31/15, BFHE 255, 1) besteht nach der a. F. keine inhaltliche Bindung des Verlustfeststellungsbescheids an den Einkommensteuerbescheid ähnlich einem Grundlagenbescheid, sondern nur eine verfahrensrechtliche (s. dazu unten unter Nr. 3).
2. Auch die (hilfsweise für den Fall einer Abweisung der Klage wegen Einkommensteuer 2006 und 2007 erhobene) Klage wegen gesonderter Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2006 und 31. Dezember 2007 hat keinen Erfolg.
a) Die Klage ist zulässig. Das FA hat zwar die lt. Kläger insoweit erhobenen Einsprüche nicht durch Einspruchsentscheidung verbeschieden. Bei seiner Einspruchsentscheidung wegen Einkommensteuer 2006 und 2007 vom 7. Juli 2016 ging das FA aber davon aus, dass mangels Einspruchseinlegung keine Einspruchsverfahren gegen die Verlustfeststellungen anhängig seien. Die Erfolglosigkeit des Einspruchsbegehrens aufgrund dieser inhaltlichen Auseinandersetzung genügt für ein abgeschlossenes Vorverfahren i. S. d. § 44 FGO (vgl. BFH-Urteile vom 8. Februar 1974 III R 140/70, BFHE 112, 6, BStBl II 1974, 417; vom 13. Dezember 1994 VII R 46/94, BFH/NV 1995, 758).
b) Die Klage ist aber unbegründet. Denn die Verlustfeststellungsbescheide zum 31. Dezember 2006 und zum 31. Dezember 2007 vom 9. März 2011 sind bestandskräftig geworden. Die mit Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 12. April 2011 eingelegten Einsprüche können nicht als solche gegen die Verlustfeststellungen ausgelegt werden.
aa) Prozessuale und außerprozessuale Rechtsbehelfe sind unter Beachtung des verfassungsrechtlichen Gebots zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes auszulegen, wenn es an einer eindeutigen und zweifelsfreien Erklärung fehlt. Dies gilt grundsätzlich auch für Erklärungen rechtskundiger Personen. Der Umfang einer Einspruchseinlegung ist anhand des Einspruchsschreibens und ggf. der damals gegebenen Gesamtumstände zu beurteilen (BFH-Beschluss vom 24. August 2006 XI B 149/05, BFH/NV 2006, 2035).
bb) Anders als in den vom BFH mit Beschluss vom 6. Juli 2005 XI B 45/03, BFH/NV 2005, 2029, und vom FG München mit Gerichtsbescheid vom 14. April 2003 6 K 3609/01, juris, entschiedenen Fällen lässt schon die eindeutige Formulierung des Einspruchs der Prozessbevollmächtigten der Kläger keine Auslegung zu. Die Einkommensteuerbescheide 2006 und 2007 sind ausdrücklich als Anfechtungsgegenstand bezeichnet. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Begründung des Einspruchs, dass eine Berücksichtigung der Veräußerungsverluste als negative Einkünfte aus Kapitalvermögen begehrt werde, die – mangels ausreichender positiver Einkünfte – zu einer Änderung der Verlustfeststellungsbescheide geführt hätte. Denn die Einspruchseinlegung gegen die Einkommensteuerbescheide enthält ein selbständiges Begehren mit hoher steuerlicher Auswirkung. So lauteten die Einkommensteuerfestsetzungen 2006 und 2007 vor der Betriebsprüfung jeweils auf 0 €, nach der Betriebsprüfung hat das FA jedoch die Einkommensteuer in jeweils 6-stelliger Höhe festgesetzt.
Dieser Sachverhalt ist mit dem vom BFH mit Beschluss vom 6. Juli 2005 XI B 45/03, BFH/NV 2005, 2029 entschiedenen nicht vergleichbar, in dem der Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid schon unzulässig gewesen wäre. Im dortigen Sachverhalt hatte das FA einen geänderten Einkommensteuerbescheid erlassen, der indes unverändert auf 0 DM lautete, woraus die Steuerpflichtigen und ihre Berater entnehmen konnten, dass es für die Korrektur des Feststellungsbescheids nach Auffassung des FA auf die Änderung des Einkommensteuerbescheids und deren Rechtmäßigkeit maßgeblich ankomme (so auch in dem vom BFH mit Beschluss vom 24. August 2006 XI B 149/05, BFH/NV 2006, 2035 entschiedenen Fall).
Im Streitfall waren sogar in den vor der Betriebsprüfung ergangenen Verlustfeststellungsbescheiden zum 31. Dezember 2006 und zum 31. Dezember 2007 bereits ausdrücklich Verlustvorträge für die Einkünfte aus privaten Veräußerungsverlusten (darunter die vorgetragenen Verluste aus 2006, die in 2007 entstandenen Verluste waren hingegen nicht enthalten) aufgeführt. Diese Verluste aus 2006 wurden in den nach der Betriebsprüfung geänderten Verlustfeststellungsbescheiden nicht mehr berücksichtigt. Die in den geänderten Verlustfeststellungen liegende Beschwer war damit für die Prozessbevollmächtigten unmittelbar erkennbar und angreifbar.
Zwar ergibt sich nach BFH-Beschluss vom 6. Juli 2005 XI B 45/03, BFH/NV 2005, 2029 die Verpflichtung des FA und des FG zu einer rechtsschutzgewährenden Auslegung des Einspruchsschreibens in erhöhtem Maße aus der Unübersichtlichkeit und Komplexität der verfahrensrechtlichen Lage hinsichtlich des Verhältnisses zwischen dem Einkommensteuerbescheid einerseits und dem Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs nach § 10d Abs. 4 EStG andererseits. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers weisen aber selbst auf die Rechtsprechung des BFH mit Urteil vom 11. November 2008 IX R 44/07, BFHE 223, 395, BStBl II 2010, 31, hin, wonach der Einkommensteuerbescheid im Verfahren der gesonderten Feststellung nach § 10d Abs. 4, § 23 Abs. 3 Satz 9 zweiter Halbsatz EStG nicht Bezugspunkt für eine Änderung der nicht ausgleichbaren Veräußerungsverluste sein kann. Gerade vor diesem Hintergrund kann ein von einer rechtskundigen Person eindeutig formulierter Einspruch nicht dahin gehend ausgelegt werden, dass er sich (zumindest auch) gegen die Verlustfeststellungen richtet, selbst wenn sich die Frage stellt, ob diese Rechtsprechung nur für die erstmalige Verlustfeststellung gilt (vgl. FG München, Urteil vom 8. Juli 2010 5 K 465/10, juris). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass eine Einspruchseinlegung unschwer möglich ist.
3. Der Kläger beansprucht jedoch zu Recht die Änderung der Verlustfeststellungsbescheide zum Schluss der Veranlagungszeiträume 2006 und 2007 nach § 23 Abs. 3 Satz 9 zweiter Halbsatz i. V. m. § 10d Abs. 4 Sätze 4 und 5 EStG a. F. Dabei handelt es sich um eine Änderungsvorschrift i. S. d. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d AO (Loose in: Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand Juli 2017, § 172 AO, Rn. 45).
a) Die Verlustfeststellungsbescheide zum Schluss der Veranlagungszeiträume 2006 und 2007 sind nach § 23 Abs. 3 Satz 9 zweiter Halbsatz i. V. m. § 10d Abs. 4 Satz 4 und 5 EStG a. F. zu ändern.
aa) Zwar ist nach der Rechtsprechung zu dieser Gesetzesfassung das Verfahren der gesonderten Feststellung nach § 10d Abs. 4 EStG gegenüber dem Festsetzungsverfahren selbständig (BFH-Beschluss vom 26. August 2010 X B 219/09, BFH/NV 2011, 50). Der Einkommensteuerbescheid kann zudem im Verfahren der gesonderten Feststellung nach § 10d Abs. 4, § 23 Abs. 3 Satz 9 zweiter Halbsatz EStG nicht Bezugspunkt für eine Änderung der nicht ausgleichbaren Veräußerungsverluste sein, da diese Beträge für die Festsetzung der Einkommensteuer irrelevant sind (BFH-Urteil vom 11. November 2008 IX R 44/07, BFHE 223, 395, BStBl II 2010, 31).
Nach der zum Fall der Änderung eines Verlustfeststellungsbescheids ergangenen Rechtsprechung verlangt § 10d Abs. 4 Satz 4 und Satz 5 EStG aber, dass wegen der Änderung der nach § 10d Abs. 4 Satz 2 EStG zu berücksichtigenden Beträge der entsprechende Steuerbescheid – hier der Einkommensteuerbescheid für 2006 bzw. 2007 – verfahrensrechtlich – d. h. gemäß §§ 164 f., §§ 172 ff. AO – zu ändern ist oder dies allein wegen fehlender steuerlicher Auswirkung unterbleibt (BFH-Urteile vom 21. August 2013 X R 20/10, BFH/NV 2014, 524; vom 22. Januar 2013 IX R 11/12, BFH/NV 2013, 1069).
bb) Im Streitfall haben sich in 2006 und 2007 die der Verlustfeststellung zugrunde liegenden nicht ausgleichbaren Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften und in 2007 zudem der Verlustabzug, somit nach § 10d Abs. 4 Satz 2, § 23 Abs. 3 Satz 9 zweiter Halbsatz EStG zu berücksichtigende Beträge geändert.
aaa) Grund der Änderung des Feststellungsbescheids ist die Fehlerhaftigkeit auch nur einer der in Abs. 4 Satz 2 genannten Bezugsgrößen, unabhängig von den Gründen. Der Fehler kann im Rechtlichen wie im Tatsächlichen liegen (vgl. v. Groll in Kirchhof/ Söhn/ Mellinghoff, EStG, Stand April 1995, § 10d Rn. D 100; Hallerbach in Herrmann/ Heuer/ Raupach, EStG Stand Oktober 2005, § 10d Rn. 127; vgl. auch die den BFH-Urteilen vom 21. August 2013 X R 20/10, BFH/NV 2014, 524, dort unter II.3.a, vom 22. Januar 2013 IX R 11/12, BFH/NV 2013, 1069 zugrunde liegenden Fälle). Denn schon aus dem Wortlaut des § 10d Abs. 4 Sätze 4 und 5 EStG ergibt sich keine Einschränkung der Änderungsmöglichkeit (vergleichbar dem Wortlaut anderer Korrekturvorschriften wie z. B. § 173 AO). Nach Auffassung des Senats hängt lediglich dann, wenn – anders als hier – die Einkommensteuerfestsetzung bestandskräftig ist, eine Änderung der Verlustfeststellung (mittelbar) davon ab, dass andere Korrekturvorschriften erfüllt sind. Denn in diesem Fall muss die Einkommensteuerfestsetzung nach einer Korrekturvorschrift änderbar sein, damit die Verlustfeststellung gem. § 10d Abs. 4 Sätze 4 und 5 EStG zu ändern ist.
bbb) Dies zugrunde gelegt, sind nach Ergehen der BFH-Urteile vom 20. August 2013 IX R 38/11, BFHE 242, 386, BStBl II 2013, 1021, und vom 5. November 2014 VIII R 28/11, BFHE 248, 5, BStBl II 2015, 276, im Streitfall – materiell-rechtlich und auch der Höhe nach unstreitig – (weitere) Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 1.347.303,74 € zum 31. Dezember 2006 und 2.261.319,60 € zum 31. Dezember 2007 zu berücksichtigen.
cc) Die Einkommensteuerfestsetzungen für 2006 und 2007 sind wegen der gegen sie erhobenen Klage (10 K 2312/16) noch nicht bestandskräftig geworden und damit im Zeitpunkt der Entscheidung noch verfahrensrechtlich änderbar. Nachdem § 23 Abs. 3 Satz 8 (für 2007: Satz 7) erster Halbsatz EStG einen vertikalen Verlustausgleich zwischen Veräußerungsverlusten und positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausschließt, eine Auswirkung auf die Höhe der Einkommensteuer also ausscheidet (BFH-Urteil vom 11. November 2008 IX R 44/07, BFHE 223, 395, BStBl II 2010, 31), kommt insofern eine Änderung der Verlustfeststellungsbescheide nach § 10d Abs. 4 Satz 5 EStG in Betracht.
b) In Bezug auf die streitigen Verlustfeststellungsbescheide ist noch keine Feststellungsverjährung eingetreten.
Nach § 10d Abs. 4 Satz 6 erster Halbsatz, § 23 Abs. 3 Satz 9 zweiter Halbsatz EStG endet die Feststellungsfrist nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum abgelaufen ist, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag gesondert festzustellen ist. Im Streitfall ist die Feststellungsverjährung nach dieser Vorschrift gehemmt. Denn wegen des im Zeitpunkt der Entscheidung anhängigen Klageverfahrens gegen die Einkommensteuerbescheide 2006 und 2007 (10 K 2312/16) war die Festsetzungsfrist gem. § 171 Abs. 3a AO noch nicht abgelaufen. § 10d Abs. 4 Satz 6 wurde durch Art. 1 Nr. 9 JStG 2007 vom 13. Dezember 2006 (BGBl I 2006, 2878) mit Wirkung vom 19. Dezember 2006 eingefügt; nach § 52 Abs. 25 Satz 5 EStG (i. d. F. des JStG 2007) gilt diese Regelung für alle bei Inkrafttreten dieses Gesetzes noch nicht abgelaufenen Feststellungsfristen – wie hier für die Streitjahre 2006 und 2007.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1, § 137 Satz 2 FGO (vgl. Ratschow in Gräber, FGO, 8. Aufl. 2015, vor § 135 Rn. 160 „Gesonderte Feststellung“). Die Kosten der Klage wegen Einkommensteuer 2006 und 2007 waren dem FA aufzuerlegen, da der Kläger die Änderung der Verlustfeststellungen zum 31. Dezember 2006 und zum 31. Dezember 2007 schon 2015 beantragt hatte und die Einkommensteuerfestsetzungen nicht mehr hätte offen halten müssen, wenn das FA entsprechend seiner gesetzlichen Verpflichtung die Verlustfeststellungen geändert hätte.
5. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Vollstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.
6. Die Revision war zuzulassen gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.