IT- und Medienrecht

Ansprüche des Arbeitnehmers auf Auskunft und Vergütung wegen einer Diensterfindung

Aktenzeichen  6 U 3838/16

Datum:
14.9.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 134703
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ArbNErfG § 2, § 5 Abs. 1, Abs. 2, § 6 Abs. 2, § 9 Abs. 1, § 12, § 13, § 16 Abs. 3
BGB § 242, § 259
GKG § 45, § 47, § 48
ZPO § 3

 

Leitsatz

1. Das für den Risikoabschlag bei der vorläufigen Vergütung maßgebliche Patentversagungsrisiko ist aus der Ex-ante-Perspektive zu beurteilen. (redaktioneller Leitsatz)
2. Aus der Entscheidung „Schwermetalloxidationskatalysator“ des BGH (GRUR 1998, 205) folgt nicht, dass der Arbeitgeber überhaupt keine Vergütung schuldet, wenn die gemeldete Erfindung hinter dem zurückbleibt, was vom Arbeitgeber zum Patent angemeldet wurde. (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Frage, ob neben dem Arbeitnehmer weitere Erfinder an der vom Arbeitgeber zum Patent angemeldeten Erfindung beteiligt waren, ist für den Vergütungsanspruch dem Grunde nach ohne Belang und im Höheverfahren zu klären. (redaktioneller Leitsatz)
4. Der Vergütungsanspruch besteht für Nutzungen des Arbeitgebers ab dem Zeitpunkt der Mitteilung des Erfindungsgegenstandes und nicht erst ab formeller Meldung (Anschluss an BGH, GRUR 2003, 789 – „Abwasserbehandlung“). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

7 O 3299/15 2016-08-18 TeU LGMUENCHENI LG München I

Tenor

I. Das Teilurteil des Landgerichts München vom 18.08.2016 (Az.: 7 O 3299/15) wird auf die Anschlussberufung des Klägers in Ziffer I. dahingehend abgeändert, dass es statt „in der Zeit seit dem 29.01.2012″ heißt „in der Zeit seit dem 01.12.2007″.
II. Im Übrigen wird die Anschlussberufung des Klägers zurückgewiesen.
III. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
IV. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
V. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,- EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
und folgenden Beschluss
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 15.000,- EUR festgesetzt, wobei auf die Berufung der Beklagten 10.000,- EUR und auf die Anschlussberufung des Klägers 5.000,- EUR entfallen.

Gründe

II.
Die nach § 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere gemäß §§ 519 Abs. 1, Abs. 2, 517 ZPO form- und fristgerecht eingelegte und gemäß § 520 Abs. 2, Abs. 3 ZPO begründete Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Die vom Kläger geltend gemachten Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche sind – wie das Landgericht im Ergebnis zu Recht festgestellt hat -gemäß §§ 242, 259 BGB als Hilfsansprüche (vgl. BGH GRUR 1994, 898, 900 – Co-polyester; BGH GRUR 2010, 223 Rn. 14 – Türinnenverstärkung) zu dem (dem Grunde nach) bestehenden Vergütungsanspruch aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag vom 15.10.2007 (Anlage K 1) i.V.m. § 9 ArbNErfG gegeben. Ein (vorläufiger) Vergütungsanspruch dem Grunde nach besteht unabhängig von Verlauf und Ausgang des Patenterteilungsverfahrens, nachdem die Beklagte die gemeldete Erfindung in Benutzung genommen hat. Ein sogenannter „Nullfall“ ist nach dem zugrundeliegenden Sachverhalt nicht gegeben.
1. Gemäß § 9 Abs. 1 ArbNErfG, der vorliegend zwischen den Parteien laut Ziffer 8. Abs. 1 des Vertrags vom 15.10.2007 (Anlage K 1) anwendbar ist, hat der Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf angemessene Vergütung, sobald der Arbeitgeber die Diensterfindung in Anspruch genommen hat. Eine Inanspruchnahme erfolgte hier mit Ablauf der 4-Monatsfrist des § 6 Abs. 2 ArbNErfG nach Eingang der ordnungsgemäßen Erfindungsmeldung (§ 5 Abs. 2, Abs. 3 ArbNErfG) des Klägers vom 29.09.2011 (Anlage K 5).
2. Wie vom Landgericht zutreffend zugrunde gelegt, besteht ein Anspruch auf („vorläufige“) Vergütung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch bereits vor Erteilung des angemeldeten Patents und unabhängig von Verlauf und Ausgang des Erteilungsverfahrens, wenn der Arbeitgeber die von ihm in Anspruch genommene Erfindung in Benutzung genommen hat (BGH GRUR 1971, 475, 477 – Gleichrichter; BGH NJW 1962, 1957, 1958 – Cromegal). Denn anderenfalls bestünde ein Wertungswiderspruch zu der Lizenzerteilung durch einen freien Erfinder, der in aller Regel nicht verpflichtet ist, seinem Lizenznehmer aufgrund späterer Versagung des beantragten Patents die empfangenen Lizenzgebühren zurückzuerstatten (BGH a.a.O. – Gleichrichter; BGH a.a.O. – Cromegal).
Eine Inbenutzungnahme der gemeldeten Erfindung durch die Beklagte ist vorliegend gegeben. Insoweit ist festzustellen, was Gegenstand der Erfindungsmeldung ist und ob dieser von der Beklagten benutzt wird. Der Kläger vertritt die Auffassung, dass Kern der Erfindung ein Verfahren zur Montage von Spanten an einem Hautfeld zum Zwecke der Herstellung von Rumpfschalenbauteilen sei, bei denen das Hautfeld und die Spanten zueinander in Soll-Lage gebracht werden, bevor die Clips eingebaut werden, d.h. die Lage von Hautfeld und Spanten wird durch das Setzen der Clips nicht beeinflusst. Legt man diese Sichtweise zugrunde, entspräche die gemeldete Erfindung dem Hauptanspruch 1 der Patentanmeldung in seiner zuletzt begehrten Fassung. Nachdem die Beklagte unstreitig seit dem Jahr 2010 Rumpfbauteile für den Airbus A 350 unter Anwendung des in der Patentanmeldung beschriebenen Verfahrens herstellt, läge insoweit eine Inbenutzungnahme der gemeldeten Erfindung durch die Beklagte vor. Die Beklagte macht demgegenüber geltend, eine Benutzung der gemeldeten Erfindung erfolge jedenfalls insoweit nicht, als sich der Vorschlag des Klägers auf eine Montage der Clips und Spanten in vertikaler Lage beschränke, wohingegen das von der Beklagten angewandte Montageverfahren in horizontaler Lage erfolge, und zwar vor dem Hintergrund, dass sich eine kombinierte Clip- und Spantmontage bei Beibehaltung der Vertikallage (C-Lage) aufgrund der mangelnden Eigensteifigkeit des Rumpfbauteils verbiete. Diese zwischen den Parteien streitige Frage, ob die in der Diplomarbeit des Klägers (Anlage K 4) dargestellte vertikale Lage – wie vom Kläger geltend gemacht -lediglich als Ausführungsbeispiel im Rahmen der Fragen der Arbeitsergonomie diskutiert wird, aber kein technisches Element darstellt, welches die Erfindung im Kern betrifft, oder ob sich das vom Kläger in seiner Diplomarbeit dargestellte Verfahren – wie von der Beklagten behauptet – auf eine kombinierte Montagestation konkret in vertikaler Lage beschränken sollte, bedarf im Rahmen des hier zu beurteilenden Auskunftsanspruchs keiner Entscheidung. Denn selbst wenn man Letzteres zugunsten der Beklagten unterstellt, so ist mit der Erfindungsmeldung des Klägers immer noch die Idee einer kombinierten Montage von Spanten und Clips in einer Aufrüststation offenbart. Dieser Erfindungsgedanke lässt sich – wie sowohl die spätere Formulierung der Patentanmeldung, als auch die tatsächliche Benutzung durch die Beklagte zeigen – ohne Weiteres auch bei horizontaler Lage des Bauteils ausführen. Danach wäre der Kläger -die Sichtweise der Beklagten als zutreffend unterstellt – zumindest aber als Miterfinder des von der Beklagten tatsächlich angewandten Verfahrens zur Montage der Rumpfbauteile für den Airbus A 350 anzusehen, was für das Bestehen eines Vergütungsanspruchs im Sinne von § 9 ArbNErfG dem Grunde nach und demzufolge auch für die hier in erster Stufe geltend gemachten Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche ausreicht. Die zwischen den Parteien streitige Frage, ob sich die Erfindungsmeldung des Klägers auf eine Montage in Vertikallage beschränkt, wird daher erst im Rahmen der Beurteilung der Höhe des geltend gemachten Vergütungsanspruchs relevant.
3. Voraussetzung für das Bestehen der geltend gemachten Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche ist weiterhin, dass kein sogenannter „Nullfall“ gegeben ist. Vorliegend ist der gemeldeten Erfindung des Klägers nach dem zugrunde liegenden Sachverhalt ein hinreichender Erfindungswert jedoch nicht abzusprechen. Die hiergegen gerichteten Argumente der Beklagten greifen nicht durch.
a. Ein „Nullfall“ wegen mangelnder Verwertbarkeit der Erfindung ist nicht anzunehmen, selbst wenn man die Behauptung der Beklagten als zutreffend unterstellen würde, wonach eine kombinierte Clip- und Spant-Montage bei Beibehaltung der Vertikallage aufgrund der mangelnden Eigensteifigkeit des Hautfeldes nicht möglich sein sollte. Denn die in der gemeldeten Erfindung offenbarte Lehre eines kombinierten Montageverfahrens der Clips und Spanten mit dem Hautfeld zur Herstellung von Rumpfbauteilen ist – wie die zuletzt gefasste Patentanmeldung und die tatsächliche Benutzung des kombinierten Montageverfahrens durch die Beklagte zeigen – auch ohne Weiteres auf eine Montage in Horizontallage übertragbar. Indem die Beklagte – wie oben bereits dargelegt – diesen Erfindungsgedanken des Klägers tatsächlich benutzt, ist eine entsprechende Verwertbarkeit der Erfindung dokumentiert.
b. Dem Landgericht ist zuzustimmen, dass von einem vollständigen Wegfall der Vergütung mit der Folge eines Entfallens der Auskunftspflicht auch nicht nach Nr. 38 der Richtlinien für die Vergütung von Arbeitnehmererfindungen im privaten Dienst ausgegangen werden kann. Nach Nr. 38 der Richtlinien für die Vergütung von Arbeitnehmererfindungen im privaten Dienst kann die Vergütung des Arbeitnehmererfinders vollständig wegfallen, wenn der Anteilsfaktor sehr niedrig und der Erfindungswert gleichfalls gering ist. Dies kann vorliegend aber nicht festgestellt werden. Selbst wenn man zugunsten der Beklagten unterstellt, dass sich die gemeldete Erfindung des Klägers auf ein Montageverfahren in Vertikallage beschränken würde, so beinhaltet diese Erfindung – wie bereits dargelegt – immer noch die vom Kläger dargestellte kombinierte Montage von Spanten und Clips in einer Aufrüststation, wie sie auch von der Beklagten – wenngleich unter Durchführung in Horizontallage – tatsächlich benutzt wird. Dass dieser Erfindungsgedanke nur einen sehr geringen Erfindungswert aufweisen würde, ist nach dem zugrundeliegenden Sachverhalt nicht dargetan, immerhin trägt er zur Vereinfachung und Optimierung der Herstellung eines Rumpfschalenbauteils für ein Flugzeug bei, wie sie von der Beklagten tatsächlich im Rahmen der Herstellung des Airbus A 350 seit dem Jahr 2010 durchgeführt wird, wodurch die wirtschaftliche Verwertbarkeit der Diensterfindung belegt wird (vgl. § 9 Abs. 2 ArbNErfG).
c. Auch das bestehende Patentversagungsrisiko hat nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Urteil vom 30.03.1971, Az.: X ZR 8/68, GRUR 1971, 475, 477 – Gleichrichter) bei der Beurteilung des Bestehens eines Vergütungsanspruchs dem Grunde nach grundsätzlich unberücksichtigt zu bleiben. Dass hier ein ganz besonders schwerwiegendes Patentversagungsrisiko bestünde, was aus einer ex-ante-Sicht zu beurteilen ist (vgl. BGH GRUR 1971, 475, 477 – Gleichrichter), kann der Senat nicht erkennen. Vielmehr erscheint es nach dem mitgeteilten Sachverhalt nach wie vor nicht ausgeschlossen, dass das angemeldete Patent noch zugunsten der Beklagten erteilt wird. Auch die unterschiedlichen Auffassungen von DPMA (vgl. Anlage B 17) und EPA (vgl. Anlagen K 12, B 24) zeigen, dass von einer offensichtlichen Schutzunfähigkeit nicht von vornherein ausgegangen werden kann.
d. Ein „Nullfall“ ist auch nicht deshalb anzunehmen, weil der vom Kläger gemeldete Erfindungsgedanke bereits im betriebsinternen Stand der Technik vorgelegen und den betriebsinternen Stand der Technik damit nicht bereichert hätte (vgl. Nomos-BR ArbNErfG/Brent/Schwab, 2. Aufl. 2014, § 9 Rn. 33). Die hierzu von Beklagtenseite angeführten Unterlagen (insbesondere Anlagen B 4, B 5, B 6, B 26 bis B 30) vermögen eine betriebsinterne Vorbekanntheit des hier gegenständlichen Erfindungsgedankens nicht zu belegen. Dass die in der Diensterfindung dargestellte kombinierte Montage von Spanten und Clips, wobei die Spanten und das Hautfeld zuvor miteinander in Soll-Lage gebracht werden, wodurch im Rahmen des Herstellungsprozesses eine Aufrüststation eingespart wird, im Zeitpunkt der Offenbarung der Diensterfindung durch die Präsentation des Klägers im November 2007 (Anlage K 3) betriebsintern bereits als Stand der Technik vorgelegen hätte, lässt sich den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen nicht entnehmen. Insbesondere die als Anlage B 29 vorgelegte Unterlage der Firma B. vom 11.05.2011 stammt aus einer Zeit nach der Offenbarung durch den Kläger im Jahr 2007. Die als Anlage B 30 vorgelegte Offenlegungsschrift zur Patentanmeldung DE 10 2007 0183 25 A 1 vom 18.04.2007 durch die A. Deutschland GmbH betrifft eine Montagevorrichtung und ein Verfahren zur Montage einer Rumpfsektion mit der Aufgabe, eine Montagevorrichtung zur Abstützung einer Rumpfsektion bereitzustellen, die es erlaubt, Montagearbeiten, insbesondere die Montage von Spanten, ungehindert in ergonomischer günstiger Körperhaltung durchzuführen (vgl. [0008] der Patentbeschreibung, Anlage B 30) und betrifft nicht das hier gegenständliche kombinierte Montageverfahren, bei welchem die Spanten und das Hautfeld zuvor miteinander in Soll-Lage gebracht werden sollen, bevor der Einbau der Clips erfolgt, so dass die Lage von Hautfeld und Spanten durch das Setzen der Clips nicht beeinflusst wird.
Dass das vom Kläger als Diensterfindung gemeldete Verfahren nicht bereits Stand der internen Technik im Betrieb der Beklagten war, hat die Beklagte mithin auch zugestanden, indem sie mit Schreiben vom 15.06.2014 (Anlage K 14) auf Seite 2 unter Ziffer 3. selbst ausführt: „Da der „Kern“ des von Herrn K. vorgeschlagenen Verfahrens gegenüber dem gleichsam internen Stand der Technik darin besteht, dass eine Montagestation entfällt, wäre es an sich naheliegend, den Erfindungswert nach dem erfassbaren betrieblichen Nutzen zu berechnen […]”.
Es kann daher dahinstehen, ob die Beklagte – wie das Landgericht meint – auch durch ihr Verhalten selbst dokumentiert, dass sie von einem Mehrwert der Erfindungsmeldung gegenüber dem inneren (und äußeren) Stand der Technik ausgeht, indem sie die gemeldete Erfindung in Anspruch genommen und eine entsprechende Schutzrechtsanmeldung veranlasst hat.
e. Auch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs „Schwermetalloxidationskatalysator“ (BGH vom 29.11.1988, X ZR 63/87, GRUR 1989, 205) vermag nach Auffassung des Senats nicht für die Sichtweise der Beklagten zu streiten, eine Vergütung sei schon dem Grunde nach nicht geschuldet. Soweit der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung festgestellt hat, auf die Höhe der dem Arbeitnehmererfinder zustehenden Vergütung habe es keinen Einfluss, wenn die als Patent angemeldeten Schutzansprüche den erfinderischen Gehalt der gemeldeten und in Anspruch genommenen Diensterfindung nicht ausschöpfen, folgt hieraus im vorliegenden Fall, wenn man einen Umkehrschluss ziehen möchte, dass – soweit man unterstellt, die Patentanmeldung ginge über die vom Kläger gemeldete Erfindung hinaus – die Höhe der Vergütung nicht an dem Inhalt der Patentanmeldung zu orientieren ist, sondern dass sich -wie vom BGH in der Entscheidung „Schwermetalloxidationskatalysator“ (Urteil vom 29.11.1988, Az.: X ZR 63/87, GRUR 1989, 205) ausgeführt – der Anspruch auf Erfindungsvergütung nach dem bemisst, was der Arbeitnehmererfinder dem Arbeitgeber tatsächlich gemeldet hat. Soweit die gemeldete Erfindung hinter dem zurückbleibt, was vom Arbeitgeber als Patent angemeldet wird, hat dies aber nicht zur Folge, dass überhaupt keine Vergütung geschuldet wird.
4. Wie das Erstgericht zutreffend ausgeführt hat, ist dem Kläger vorliegend die Möglichkeit einer Berechnung der ihm zustehenden Vergütung nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie zuzugestehen, so dass das Auskunftsbegehren des Klägers im zugesprochenen Umfang begründet ist.
a. Der gemäß §§ 242, 259 BGB als Annexanspruch zum Vergütungsanspruch bestehende Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch bezieht sich grundsätzlich auf alle Angaben, die der Gläubiger benötigt, um sich für eine der ihm offen stehenden Berechnungsmethoden zu entscheiden, die Vergütungshöhe konkret zu berechnen und darüber hinaus die Richtigkeit der Rechnungslegung nachzuprüfen (BGH GRUR 1994, 898, 900 – Copolyester; BGH GRUR 2010, 223 Rn. 21 ff. -Türinnenverstärkung).
b. Wie der Bundesgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, ist die Lizenzanalogie in der Regel ein besonders geeignetes Kriterium, um den maßgeblich in die Vergütungsbemessung einfließenden – Erfindungswert zu ermitteln und die Frage zu beantworten, welche Gegenleistung vernünftige Parteien für die Überlassung der Erfindung vereinbart hätten, wenn es sich bei der Diensterfindung um eine dem Arbeitgeber zur ausschließlichen Nutzung überlassene freie Erfindung gehandelt hätte (BGH GRUR 2012, 605, Rn. 18 – antimykotischer Nagellack; BGH GRUR 2010, 223 Rn. 13 – Türinnenverstärkung; BGH GRUR 2003, 789 – Abwasserbehandlung; vgl. auch BGH Urteil vom 16.05.2017, Az.: X ZR 85/14 Rn. 52 – Sektionaltor II). Dies hat zur Folge, dass der Auskunftsanspruch des Arbeitnehmererfinders grundsätzlich die dem Arbeitgeber zumutbaren Angaben einschließt, deren der Arbeitnehmererfinder bedarf, um zu ermitteln, welche Gegenleistung einem gedachten Lizenzgeber zustehen würde, wenn vernünftige Parteien Art und Umfang der Nutzung der Erfindung durch den Arbeitgeber zum Gegenstand einer vertraglichen Vereinbarung gemacht hätten (BGH GRUR 2003, 789 – Abwasserbehandlung). Die Berechnung der Vergütung nach der Methode der Lizenzanalogie empfiehlt sich insbesondere dann, wenn die Erfindung von ihrem Gegenstand her nicht lediglich von innerbetrieblichem Nutzen ist, sondern sich auf zu veräußernde Erzeugnisse bezieht (BGH GRUR 2010, 223 Rn. 13 – Türinnenverstärkung). So liegt der Fall auch hier. So macht die Beklagte -wie bereits ausgeführt – von dem durch den Kläger als Diensterfindung gemeldeten Verfahren Gebrauch, wobei Produkte, die damit hergestellt werden, nämlich der Airbus A 350, am Markt abgesetzt werden. Soweit die Beklagte demgegenüber ins Feld führt, als Richtschnur für die Vergütungsbemessung des Klägers sei die von der Firma C. Fertigungstechnik GmbH berechnete Vergütung in Höhe von 29.500,- € (vgl. Anlage B 3) zugrunde zu legen, verweist der Kläger zu Recht auf die unterschiedliche Interessenlage, denn eine von der Firma C. durchgeführte Planung einer Produktionsstrecke erfolgt vor dem Hintergrund der Intention, im Anschluss einen gewinnbringenden Auftrag für eine entsprechende Fertigungs Straße zu erhalten.
III.
Die gemäß §§ 524, 519 Abs. 2, 520 Abs. 3 ZPO statthafte und zulässige Anschlussberufung des Klägers hat im zuletzt gestellten Antrag Erfolg. Die oben (unter II.) festgestellte Auskunftsverpflichtung der Beklagten besteht entgegen dem Dafürhalten des Landgerichts nicht erst ab dem 29.01.2012, sondern bereits ab dem Zeitpunkt der Offenbarung der Diensterfindung durch den Kläger, also bereits für den Zeitraum seit dem 01.12.2007.
1. Wie der Bundesgerichtshof in der Entscheidung „Abwasserbehandlung“ (GRUR 2003, 789) ausgesprochen hat, kann der dem Arbeitnehmererfinder zustehende Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung im Hinblick auf den Vergütungsanspruch nach § 9 ArbNErfG auch Angaben über die Benutzung einschließen, die der Arbeitgeber bereits vor unbeschränkter Inanspruchnahme der Diensterfindung vorgenommen hat. Der Bundesgerichtshof hat in der vorgenannten Entscheidung (GRUR 2003, 789, 790) Folgendes ausgeführt:
„Vor unbeschränkter Inanspruchnahme einer Diensterfindung kann der Arbeitnehmererfinder allerdings eine Vergütung nach § 9 ArbNErfG für Benutzungshandlungen des Arbeitgebers nicht beanspruchen. Gem. § 9 I ArbNErfG kann Arbeitnehmererfindervergütung erst verlangt werden, sobald der Arbeitgeber die Diensterfindung unbeschränkt in Anspruch genommen hat. Als Folge der unbeschränkten Inanspruchnahme ordnet das Gesetz jedoch nicht etwa nur einen Vergütungsanspruch wegen seitdem erfolgender Nutzung des Schutzrechts (so aber Bartenbach/Volz, ArbEG, 4. Aufl., § 9 Rdnr. 11, insbesondere unter Hinweis auf ständige Praxis der Schiedsstelle), also nicht nur wegen bestimmter Benutzungshandlungen an. Geschuldet ist vielmehr ohne jede Einschränkung die angemessene Vergütung. In Anbetracht des bereits erwähnten Grundsatzes, dass der Arbeitnehmererfinder an allen wirtschaftlichen (geldwerten) Vorteilen zu beteiligen ist, die seinem Dienstherrn auf Grund der Diensterfindung (kausal) tatsächlich zufließen, ist damit der angemessene Anteil hieran gemeint. Dies berücksichtigt auch, dass durch unbeschränkte Inanspruchnahme nicht zum Ausdruck kommt, möglicher Nutzen der Diensterfindung solle in irgendeiner Hinsicht nicht beansprucht werden. Das kann zur Folge haben, dass nach der unbeschränkten Inanspruchnahme der Erfindung auch die Tatsache, dass es bereits vorher zu Benutzungshandlungen gekommen ist, berücksichtigt werden muss, nämlich dann, wenn anderenfalls nicht gewährleistet wäre, dass der Arbeitnehmererfinder den ihm gebührenden angemessenen Anteil erhält. […] Es kann deshalb auch sachgerecht sein, im Rahmen der Ermittlung der angemessenen Beteiligung des Arbeitnehmererfinders an den dem Arbeitgeber zugeflossenen wirtschaftlichen Vorteilen zu berücksichtigen, dass allein dem Arbeitgeber vor der förmlichen Meldung vorgenommene Benutzungshandlungen möglich waren, weil er auf andere Weise von der Diensterfindung des Arbeitnehmers erfahren hat, und er sich diese bereits damals nutzbar gemacht hat. Dieses Verständnis von § 9 Abs. 1 ArbNErfG ist auch im Hinblick darauf nur konsequent, dass die Schutzrechtserteilung und – sofern die erlangte Vorzugsstellung unberührt bleibt – die Rückwirkung eines Widerrufs, einer Nichtigerklärung oder einer Löschung des Schutzrechts nach allgemeiner Meinung ebenfalls keine Zäsurwirkung hinsichtlich der geschuldeten Vergütung haben.“
Vorliegend hat die Beklagte mit der vom Kläger im November 2007 gehaltenen Präsentation (vgl. Anlage K 3) bereits von der Diensterfindung des Klägers erfahren und den Erfindungsgedanken jedenfalls seit dem Jahr 2010 auch tatsächlich im Rahmen der Herstellung des Airbus A 350 nutzbar gemacht. Die vor der unbeschränkten Inanspruchnahme (im Januar 2012, § 6 Abs. 2 ArbNErfG) erfolgten Nutzungshandlungen können nach den vorstehenden Grundsätzen des Bundesgerichtshofs die Angemessenheit der geschuldeten Arbeitnehmervergütung mitbestimmen, so dass auch insoweit ein Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch zugunsten des Klägers besteht.
IV.
1. Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren folgt aus § 97 Abs. 1, § 91 Abs. 1 ZPO.
2. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
3. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache erfordert lediglich die Anwendung gesicherter Rechtsprechungsgrundsätze auf den Einzelfall.
4. Die Streitwertfestsetzung für das Berufungsverfahren beruht auf §§ 47 Abs. 1, 45 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO. Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers betreffen nicht denselben Gegenstand im Sinne von § 45 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 GKG. Denn die Berufung der Beklagten bezieht sich auf die vom Landgericht zugesprochene Verurteilung zur Auskunft ab dem 29.01.2012, wobei die Streitwerthöhe sich nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, den die Erfüllung des Auskunftsanspruchs erfordert, orientiert, während sich die Anschlussberufung des Klägers auf die begehrte Auskunft für den Zeitraum vor dem 29.01.2012 bezieht, wobei der Streitwert sich nach einem Bruchteil des dem Kläger vorschwebenden Zahlungsanspruchs bemisst (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 3 Rn. 16 „Auskunft“).

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