Verwaltungsrecht

Rechtswidrige Abschiebungsandrohung bei Zuständigkeit Italiens nach der Dublin-VO

Aktenzeichen  RN 14 S 17.33783

Datum:
13.9.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
QRL Art. 23, Art. 24-35
Dublin III-VO Dublin III-VO Art. 20 Abs. 3
AsylG AsylG § 29 Abs. 1, § 34a Abs. 1 S. 4, § 35, § 36 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Abschiebungsandrohung für ein in Deutschland geborenes minderjähriges Kind, dessen Eltern in Italien vor der Geburt ein Asylverfahren erfolgreich durchlaufen hatten
2. Familienverfahren nach Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO
3. Setzung einer Ausreisefrist von einer Woche
4 Erlässt das Bundesamt eine Abschiebungsandrohung, obwohl eine Abschiebungsanordnung an den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat in Betracht gekommen wäre, kann die Ausreisefrist von einer Woche nicht auf die §§ 35, 34a Abs. 1 S. 4, § 36 Abs. 1 AsylG gestützt werden, da die Unzulässigkeit des Asylantrags nicht aus § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AsylG folgt (Rn. 11 – 12) (redaktioneller Leitsatz)
5 Ist den Eltern im Rahmen eines Asylverfahrens in Italien bereits Schutz gewährt worden, kann das später in Deutschland geborene Kind nicht von der seinerzeitigen Schutzfeststellung in Italien erfasst sein. Aufgrund der Regelung des Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO besteht kein Erfordernis zur analogen Anwendung des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
6 War Italien für das Asylverfahren der Eltern zuständig, besteht diese Zuständigkeit zur Wahrung der Familieneinheit auch für das in Deutschland geborene Kind, ohne dass für dieses ein neues Zuständigkeitsverfahren eingeleitet werden muss. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die in Ziffer 3 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 22.05.2017 (Gesch-Z. …-232) enthaltene Abschiebungsandrohung nach Italien wird angeordnet.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen die in einem Bescheid des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) enthaltene Abschiebungsandrohung nach Italien.
Der am … 2015 in Deutschland geborene Antragsteller ist nigerianischer Staatsangehöriger. Er hält sich derzeit mit seinen Eltern … und … in Deutschland auf. Die Asylanträge der Eltern des Antragstellers wurden mit Bescheiden des Bundesamts vom 25.4.2017 hinsichtlich des Vaters (Gz.: …-232) und vom 26.4.2017 hinsichtlich der Mutter (Gz.: …-232) bestandskräftig als unzulässig abgelehnt, da diesen bereits in Italien internationaler Schutz i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gewährt worden sei.
Am 9.3.2015 wurde – aufgrund der Antragsfiktion des § 14 a Abs. 2 Satz 3 AsylG – ein Asylantrag des Antragstellers mit Eingang des Schreibens der Ausländerbehörde vom 9.3.2015 als gestellt erachtet. Eine gesonderte Begründung des Antrags erfolgte nicht. Von einer persönlichen Anhörung im Asylverfahren wurde abgesehen, weil der Asylantrag für ein im Bundesgebiet geborenes Kind unter sechs Jahren als gestellt erachtet wurde und der Sachverhalt aufgrund der Verfahrensakten der Eltern, die beigezogen wurden, für ausreichend geklärt erachtet wurde. Mit dem Asylantrag wurde sowohl die Zuerkennung internationalen Schutzes (Flüchtlingseigenschaft und subsidiärer Schutz) als auch die Anerkennung als Asylberechtigter beantragt.
Mit Bescheid vom 22.5.2017 lehnte das Bundesamt den Antrag als unzulässig ab (Nr. 1) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) nicht vorliegen (Ziffer 2). Unter Androhung seiner Abschiebung nach Italien oder einen anderen zu seiner Aufnahme bereiten oder zu seiner Rückübernahme verpflichteten Staat forderte das Bundesamt den Antragsteller auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen (Ziffer 3). Eine Abschiebung nach Nigeria wurde ausgeschlossen. Ferner wurde das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 des AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 4). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Asylantrag sei gem. § 29 Abs. 1 Nr. 1 a und 2 AsylG unzulässig. Für ein in Deutschland geborenes Kind, dessen Eltern bereits internationalen Schutz in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union erhalten habe, sei in Deutschland kein Asylverfahren durchzuführen. Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf den Inhalt des Bescheids Bezug genommen. Gegen den Bescheid vom 22.05.2017, zugestellt am 24.5.2017 ließ der Antragsteller gesetzlich vertreten durch seine Mutter mit Schreiben vom 31.5.2017, bei Gericht eingegangen am gleichen Tage, Klage erheben, die unter dem Az. RN 14 K 17.33302 geführt wird. Im Hinblick auf die Wahrung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) hat das Gericht den Schriftsatz der gesetzlichen Vertreterin des Antragstellers nach einem entsprechenden Hinweis so ausgelegt, dass auch ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt sein soll. Dem diesbezüglich erteilten richterlichen Hinweis wurde nicht widersprochen. Eine Begründung wurde bisher nicht vorgelegt.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung im Bescheid der Antragsgegnerin vom 22.5.2017 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt unter Bezugnahme auf die Gründe des angegriffenen Bescheids,
den Antrag abzulehnen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie auf die Akten des Bundesamtes Bezug genommen. Die Akten des Bundesamtes in den Asylverfahren der Eltern des Antragstellers ( Gesch-Z. …-232 und …-232) wurden beigezogen.
II.
Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO ist die in Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheids enthaltene Abschiebungsandrohung, die gemäß §§ 35, 34 a Abs. 1 Satz 4, 36 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG) erlassen worden ist. Da der Asylantrag als unzulässig abgelehnt worden ist, wurde nach § 36 Abs. 1 AsylG eine Ausreisefrist von einer Woche gesetzt, was zur Folge hat, dass die gegen die Abschiebungsandrohung gerichtete Klage nach § 77 Abs. 1 AsylG keine aufschiebende Wirkung hat.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat abzuwägen zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Abschiebungsandrohung und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägungsentscheidung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs zu berücksichtigen. Im Falle einer Abschiebungsandrohung unter Setzung einer Wochenfrist darf das Gericht gemäß § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG die Aussetzung der Abschiebung nur anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen.
Solche ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Abschiebungsandrohung liegen hier zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 AsylG) vor. Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der in Ziffer 3 des Bescheides des Bundesamts verfügten Abschiebungsandrohung nach Italien unter Setzung einer Ausreisefrist von einer Woche.
Zweifel bestehen hier bereits daran, ob im vorliegenden Fall überhaupt die Voraussetzungen für den Erlass einer Abschiebungsandrohung gemäß § 34 a Abs. 1 Satz 4 AsylG vorlagen. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes kommt dies nur in Betracht, wenn eine Abschiebungsanordnung nach § 34 a Abs. 1 Satz 1 oder 2 AsylG nicht erlassen werden konnte. Die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG zuständigen Staat ist anzuordnen, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Der Bescheid enthält keinerlei Ausführungen oder Begründungen dazu, warum die Voraussetzungen einer Abschiebungsanordnung nicht vorliegen. Offensichtlich ist dies im Hinblick auf das Alter des Antragstellers unterblieben. Ob diese Entscheidung im Hinblick auf die bestandskräftigen Bescheide der Eltern des Antragstellers und den Hinweis der Antragsgegnerin an die Ausländerbehörde, dass der Vollzug der Abschiebungsandrohung nur bei Sicherstellung und Dokumentation einer gemeinsamen Unterbringung der Familie in Italien richtig ist, kann hier dahingestellt bleiben, nachdem die Abschiebungsandrohung jedenfalls mangels ordnungsgemäßer Fristsetzung rechtswidrig ist.
Die Voraussetzungen für eine Abschiebungsandrohung unter Setzung einer Wochenfrist, welche die Antragsgegnerin auf die §§ 35, 34 a Abs. 1 Satz 4, 36 Abs. 1 AsylG gestützt hat, sind allerdings hier nach Auffassung der zur Entscheidung berufenen Einzelrichterin nicht gegeben, da die Unzulässigkeit des Asylantrags in Deutschland nicht aus § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AsylG folgt. § 36 Abs. 1 AsylG sieht eine Ausreisefrist von einer Woche nur in den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AsylG vor. Eine andere Rechtsgrundlage, auf die eine Abschiebungsandrohung mit eine Ausreisefrist von einer Woche rechtmäßig gestützt werden könnte, ist nicht ersichtlich.
Nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG ist ein Asylantrag in Deutschland unzulässig, wenn ein anderer Mitgliedsstaat der Europäischen Union den Ausländer internationalen Schutz i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gewährt hat. In den Fällen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG droht das Bundesamt gem. § 35 AsylG dem Ausländer die Abschiebung in den Staat an, in dem er von Verfolgung sicher war. Dabei beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche (§ 36 Abs. 1 AsylG).
Im Rahmen der Asylverfahren der Eltern des Antragstellers wurde davon ausgegangen, dass diesen in Italien internationaler Schutz i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gewährt wurde. Die Bescheide der Eltern des Antragstellers vom 25.4.2017 bzw. 26.4.2017 sind bestandskräftig. Die Eltern des Antragstellers hielten sich von 2011 bis 2014 nach ihren eigenen Angaben in Italien auf und sind Ende des Jahres 2014 bzw. Anfang des Jahres 2015 nach Deutschland eingereist. Der Antragsteller ist hingegen erst am 19.2.2015, also offensichtlich nach der durch das Bundesamt angenommenen Schutzgewährung durch Italien in Deutschland geboren worden. Der Antragsteller kann daher schon denknotwendigerweise nicht von der seinerzeitigen Schutzfeststellung durch Italien erfasst sein (so auch VG Ansbach, U. v. 27.7.2016 – AN 14 K 15.50534 – juris, VG Bayreuth, B. v. 4.4.2017 – B 3 S. 17.50316 – juris). Die Ablehnung eines Asylantrages auf der Grundlage von § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG setzt aber nach dem eindeutigen gesetzlichen Wortlaut voraus, dass eine anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gewährt hat. Dies ist kann für den Antragsteller nicht der Fall gewesen sein. Die vom Verwaltungsgericht Hamburg vertretene Auffassung, wonach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG analog auch auf minderjährige in Deutschland geborene Antragsteller Anwendung fände, deren Eltern in einem anderen EU-Mitgliedstaat bereits internationalen Schutz gewährt worden sei (vgl. VG Hamburg, Gerichtsbescheid vom 08.05.2017 – 16 A 808/15 – juris), überzeugt die zur Entscheidung berufene Einzelrichterin nicht. Zum einen dürfte eine Analogie schon im Hinblick auf den klaren Gesetzeswortlauf ausscheiden, zum anderen besteht auch im Hinblick auf die vom VG Hamburg angemahnte Konformität des nationalen Asylgesetzes mit der europarechtlichen Regelung in Art. 20 Abs. 3 Dublin-III-VO kein Erfordernis zur analogen Anwendung des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG in diesem Fall. Bei Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO handelt es sich um eine Zuständigkeitsregelung zur Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags eines minderjährigen Kindes zuständigen Mitgliedsstaatesauch ohne eine Analogie ist im vorliegenden Fall sichergestellt, dass das minderjährige Kind untrennbar mit der Situation seiner Familienangehörigen verbunden ist und der gleiche Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylbegehrens des Kindes zuständig ist wie für die Eltern.
Auch nach Auffassung des Gerichts ist der Asylantrag des Antragstellers in der Bundesrepublik Deutschland als unzulässig abzuweisen, für die Durchführung des Asylverfahrens ist vielmehr Italien zuständig. Die Unzulässigkeit ergibt sich vorliegend allerdings aus § 29 Abs. 1 Nr. 1 a AsylG. Die Zuständigkeit Italiens für die Durchführung des Asylverfahrens des Antragstellers begründet sich aus dem Schutz und der Wahrung der Familieneinheit und einer insoweit über Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO vermittelten verfahrensrechtlichen Akzessorietät zum Verfahren seiner Eltern.
Nach Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO ist für die Zwecke der Dublin-Verordnung die Situation eines mit dem Antragsteller einreisenden Minderjährigen, der der Definition des Familienangehörigen entspricht, untrennbar mit der Situation seines Familienangehörigen verbunden und fällt in die Zuständigkeit des Mitgliedsstaats, der für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutzes dieses Familienangehörigen zuständig ist, auch wenn der Minderjährige selbst kein Antragsteller ist, sofern dies dem Wohl des Minderjährigen dient. Ebenso wird bei Kindern verfahren, die – wie vorliegend – nach Ankunft des Antragstellers im Hoheitsgebiet des Mitgliedsstaats geboren werden, ohne dass ein neues Zuständigkeitsverfahren für diese eingeleitet werden muss. Der Umstand, dass die Eltern des Antragstellers zum jetzigen Zeitpunkt selbst keine Antragsteller im Dublin-Verfahren (mehr) sind bzw. sie wegen des angenommenen ihnen in Italien zuerkannten internationalen Schutzes aktuell nicht mehr von der Dublin III-VO erfasst werden, ändert daran nichts. Entscheidend ist vielmehr, ob Italien nach den Kriterien der Dublin III-VO für die Durchführung des Asylverfahrens der Eltern zuständig war und infolge dessen zur Wahrung der Familieneinheit Italien auch für das Verfahren des Antragstellers zuständig ist. Das steht auch im Einklang mit Art. 23 der Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie), wonach die Mitgliedsstaaten dafür Sorge tragen, dass der Familienverband aufrechterhalten werden kann. Der Antragsteller hat daher in Italien Anspruch auf die in Art. 24 bis 35 der genannten Qualifikationsrichtlinie genannten Leistungen wie etwa Aufenthaltstitel, Sozialhilfe, medizinische Versorgung, Wohnraum und Integrationsmaßnahmen (VG Ansbach, U. v. 29.07.2016 – AN 14 K 15.50534 – juris; VG Meiningen, B. v. 10.12.2014 5 E 20238/14 Me – juris; VG Cottbus, B.v. 11.07.2014 – VG 5 L 190/14.A – juris).
Die erlassene Abschiebungsandrohung ist aber mangels ordnungsgemäßer Fristsetzung rechtswidrig. Eine Abschiebungsandrohung nach § 34 a Abs. 1 Satz 4 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 AsylG führt zwingend – da § 36 Abs. 1 AsylG nicht für die Fälle des § 29 Abs. 1 Nr. 1 a gilt und eine andere Rechtsgrundlage für eine Ausreisefrist von einer Woche nicht ersichtlich ist – zur Anwendbarkeit von § 38 Abs. 1 AsylG, wonach „in sonstigen Fällen“ die Ausreisefrist 30 Tage beträgt (vgl. VG Düsseldorf, B. v. 14.11.2016 – 22 L 2936/16.A – juris, VG Bayreuth, B. v. 4.4.2017 – B 3 S. 17.50316 – juris). Die von der Antragsgegnerin festgesetzte Ausreisefrist von einer Woche ist daher rechtswidrig, was voraussichtlich zur Aufhebung der Ziffer 3 des Bescheids im Hauptsacheverfahren führen wird.
Nachdem ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Abschiebungsandrohung bestehen, war die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Das Gericht weist explizit darauf hin, dass die Prüfung inlandsbezogener Vollstreckungshindernisse im Fall einer Abschiebungsandrohung durch die Ausländerbehörde zu erfolgen hat. Auch wenn die Bescheide der Eltern des Antragstellers mit den darin enthaltenen Ausreiseverpflichtungen bestandskräftig geworden sind, sind das Wohl des Kindes und die Aufrechterhaltung der Familieneinheit bei dieser Entscheidung vorrangig zu berücksichtigen. Im Rahmen der Rücküberstellung nach Italien wird die zuständige Ausländerbehörde darauf zu achten haben, dass die Familieneinheit aufrecht erhalten bleibt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83 b AsylG.
Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar, § 80 AsylG.

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