Aktenzeichen M 21 S 17.44980
Leitsatz
Die Übermittlung der erbetenen Informationen einschließlich eingelegter Rechtsbehelfe und deren Ausgang durch den Mitgliedsstaat Griechenland auf ein Informationsersuchen nach Art. 34 der Dublin III-VO ist für die Erfüllung der Amtsermittlungspflicht des Bundesamtes im Hinblick auf § 71a AsylG ausreichend, wenn der Antragsteller nicht hinreichend substantiiert darlegen kann, dass er niemals ein Schreiben griechischer Behörden erhalten habe. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Der nicht ausgewiesene Antragsteller ist nach eigenen Angaben sierra-leonischer Staatsangehöriger. Er reiste am 25. November 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 8. Juli 2016 bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) einen Asylantrag.
Im Rahmen seines persönlichen Gesprächs zu Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates erklärte der Antragsteller, er habe fünf Jahre in Griechenland gelebt. Dort habe er auch internationalen Schutz beantragt. Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt am 17. Oktober 2016 führte der Antragsteller ergänzend aus, er habe in Griechenland Fingerabdrücke abgegeben und Asyl beantragt, aber keine Antwort erhalten.
Das Ministry of Migration Policy der Hellenischen Republik wandte sich mit Schreiben vom 2. Mai 2017 an das Bundesamt und erklärte, der Asylantrag des Antragstellers sei am 23. September 2011 abgelehnt worden. Hiergegen habe er Rechtsmittel ergriffen, die er am 13. Dezember 2014 zurückgenommen habe. Ein Folgeantrag sei am 7. November 2013 gestellt worden. Dieser sei als unzulässig abgelehnt worden. Der Antragsteller habe die Entscheidung am 12. Mai 2015 erhalten.
Der Antragsteller erklärte daraufhin mit Schreiben vom 18. Mai 2017, er habe niemals eine Antwort der griechischen Behörden erhalten. Er habe alle drei Monate dort vorgesprochen, aber man habe ihm immer gesagt, er solle warten und in drei Monaten wiederkommen. Auch habe er niemals Klage erhoben gegen einen ablehnenden Bescheid.
Mit Bescheid des Bundesamtes vom 20. Juni 2017 wurde der Antrag als unzulässig abgelehnt. Es wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nicht vorliegen, und der Antragsteller aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen. Die Abschiebung nach Sierra Leone wurde angedroht. Schließlich wurde das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 des AufenthG auf 36 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, es handele sich bei dem erneuten Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland um einen Zweitantrag im Sinne des § 71 a AsylG, da der Antragsteller bereits in einem sicheren Drittstaat gemäß § 26 a AsylG ein Asylverfahren erfolglos betrieben habe. Wiederaufgreifensgründe habe der Antragsteller weder dargelegt noch seien sie sonst ersichtlich. Abschiebungsverbote lägen nicht vor. Der Antragsteller sei ledig, volljährig, gesund und arbeitsfähig. Es sei davon auszugehen, dass der Antragssteller in seinem erlernten Beruf als Zimmermann oder durch Gelegenheitsarbeiten wenigstens ein kleines Einkommen erzielen könne und damit in der Lage sei, zumindest ein Leben am Rand des Existenzminimums zu finanzieren und sich allmählich wieder in die Gesellschaft Sierra-Leones zu integrieren.
Hiergegen hat der Antragsteller am 23. Juni 2017 zur Niederschrift Klage erhoben (M 21 K 17.44978), mit der er (sinngemäß) beantragt, den Bescheid des Bundesamts vom 20. Juni 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG vorliegen.
Zugleich beantragt er,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung nimmt er Bezug auf sein Vorbringen beim Bundesamt.
Die Antragsgegnerin hat mit Schreiben vom 30. Juni 2017 die Behördenakten vorgelegt. Eine Äußerung erfolgte weder zum Klagenoch zum Eilverfahren.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowohl in diesem als auch im Klageverfahren sowie auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist unbegründet.
Gemäß §§ 71a Abs. 4 i.V.m. 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG darf die Aussetzung der Abschiebung im Falle eines Zweitantrages, in dem ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt wird, nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Ernstliche Zweifel in diesem Sinne liegen dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (vgl. BVerfG, Urt. v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – juris Rn. 99). Dies ist hier im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 AsylG) nicht der Fall.
Nach § 71a Abs. 1 AsylG ist dann, wenn ein Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a AsylG), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag) stellt, ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen. Andernfalls ist der Antrag als unzulässig zurückzuweisen, § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG.
§ 71a AsylG setzt damit den erfolglosen Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat voraus (vgl. BVerwG, U.v. 14.12.2016 – 1 C 4.16 – juris Rn. 22ff; BayVGH, U.v. 3.12.2015 – 13a B 15.50069 – juris Rn. 24ff). Hierbei muss der vorangegangene negative Ausgang eines Asylverfahrens in einem Mitgliedstaat durch rechtskräftige Sachentscheidung festgestellt werden und feststehen; bloße Mutmaßungen genügen nicht (Bruns in Hofmann, Ausländerrecht, 2. Auflage 2016, § 71a AsylG, Rn. 3 und 9 m.w.N.). Dies bedeutet, dass das Bundesamt zu der gesicherten Erkenntnis gelangen muss, dass das Asylerstverfahren mit einer für den Asylbewerber negativen Sachentscheidung abgeschlossen wurde, um sich in der Folge auf die Prüfung von Wiederaufnahmegründen beschränken zu dürfen.
Dies ist vorliegend der Fall. Auf ein Informationsersuchen nach Art. 34 VO 604/2013 hat der Mitgliedstaat Griechenland die erbetenen Informationen, einschließlich eingelegter Rechtsbehelfe und deren Ausgang, übermittelt. Damit ist die Antragsgegnerin ihrer Amtsermittlungspflicht hinreichend nachgekommen. Der Einwand des Antragstellers, er habe niemals ein Schreiben griechischer Behörden erhalten, ist demgegenüber zu wenig substantiiert, um weitere Ermittlungen des Bundesamt zu veranlassen, zumal nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, dass die Informationen vollumfänglich unzutreffend gewesen seien.
Damit ist der Antrag zu Recht als unzulässig abgelehnt worden.
Abschiebungsverbote sind nicht ersichtlich. Das Gericht nimmt insoweit Bezug auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Bescheides, denen es folgt (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Der Antrag ist daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).