Versicherungsrecht

Keine Deckungspflicht des Wohngebäudeversicherers für sturmbedingte Schäden am Sichtsschutzzaun einer Terrasse

Aktenzeichen  5 C 516/17

Datum:
16.8.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
r+s – 2018, 143
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
VGB 2000 § 8
BGB § 133, § 157

 

Leitsatz

1. Ist in einer unter Geltung der VGB 2000 genommenen Wohngebäudeversicherung die Terrasse des versicherten Gebäudes mitversichert, erstreckt sich der Versicherungsschutz nicht auf einen Sichtsschutzzaun auf die Terrasse. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Haben die Parteien des Versicherungsvertrages vereinbart, dass sich der Versicherungsschutz auch auf “Einfriedungen” erstreckt, erfasst eine derartige Leistungserweiterung ebenfalls nicht den Sichtschutzzaun auf eine Terrasse. Bei einer Auslegung der Leistungserweiterung aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers (vgl. zum Auslegungsmaßstab bei Allgemeinen Versicherungsbedingungen aber BGH BeckRS 2016, 13374 Rn. 17 mwN; stRspr) ist unter einer “Einfriedung” die Umgrenzung eines Grundstücks zur Kennzeichnung des befriedeten Besitztums und zur Verhinderung unbefugten Eindringens zu verstehen, wohingegen ein die Privatsphäre auf der Terrasse unterstützender Sichtschutzzaun nach dem natürlichen Wortsinn keine Einfriedung darstellt (vgl. zur Frage, ob eine in eine Einfriedungsmauer eingegliederte elektrisch betriebene Schiebetoranlage ein versicherter Zaun iSd VGB darstellt: LG Waldshut-Tiengen, Urt. v. 31.05.2016 – 1 O 23/16). (Rn. 18 – 20) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des insgesamt zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Antrag des Klägers auf Vollstreckungsschutz wird zurückgewiesen.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 1.349,70 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.
I. Zulässigkeit
Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Amtsgericht Ansbach gemäß § 215 Abs. 1 Satz VVG örtlich und gemäß § 1 ZPO in Verbindung mit § 23 Nr. 1 GVG sachlich zuständig.
II. Begründetheit
Die Klage ist nicht begründet.
1) Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 1.349,70 Euro aus dem streitgegenständlichen Versicherungsvertrag.
Der Sichtschutzzaun auf der Terrasse des Klägers ist vom Versicherungsschutz nicht erfasst.
a) Zum einen handelt es sich bei dem Sichtschutzzaun nicht um einen Bestandteil der versicherten Terrasse selbst. Dieses Verständnis legen auch beide Parteien dem Versicherungsvertrag zu Grunde. Bereits nach dem natürlichen Wortsinn, sind die Terrasse und die auf der Terrasse befindlichen Gegenstände voneinander zu unterscheiden. Eine Terrasse ist nach dem natürlichen Sprachgebrauch nicht erst dann fertiggestellt, wenn sie von einer Abgrenzung in Form eines Zaunes umgeben ist.
b) Der streitgegenständliche Sichtschutzzaun ist auch nicht deswegen vom Versicherungsschutz des steitgegenständlichen Wohngebäudeversicherungsvertrages erfasst, da Einfriedungen vorliegend ausdrücklich mitversichert sind.
Maßgeblich für die rechtliche Bedeutung einer Vertragserklärung ist gemäß §§ 133, 157 BGB die objektive Bedeutung der Vereinbarung. Die Auslegung erfolgt dabei nach dem objektiven Empfängerhorizont. Unter einer Einfriedung wird im allgemeinen Sprachgebrauch, die Umgrenzung eines Grundstücks durch eine Mauer, einen Zaun, eine Hecke oder ähnlichem zur Kennzeichnung des befriedeten Besitztums und zur Verhinderung unbefugten Eindringens verstanden. Demgegenüber stellt ein die Privatsphäre auf der Terrasse unterstützender Sichtschutzzaun nicht eine Einfriedung nach dem natürlichen Wortsinn dar.
Hinsichtlich der Einordnung einer Anlage als Einfriedung ist, entgegen der Ansicht des Klägers, nicht auf die durch den Kläger vorgenommene Widmung abzustellen, sondern auf das Urteil eines objektiven Betrachters. Etwas anderes kann von den Vertragspartnern ersichtlich nicht gewünscht sein, da der Vertrag sonst nicht mehr durchführbar wäre, weil der Umfang des Versicherungsschutzes weitgehend von subjektiven Betrachtungen des Versicherungsnehmers abhängig wäre.
2) Weitere Anspruchsgrundlagen sind für das Begehren des Klägers nicht ersichtlich.
3) Mangels Hauptforderung hat der Kläger keinen Anspruch auf die geltend gemachten Nebenforderungen in Form der Zinsen und der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
III. Nebenentscheidungen
1. Der Schutzantrag des Klägers nach § 712 ZPO war zurückzuweisen.
Der Kläger trägt keinerlei Umstände dafür vor, dass ihm aus der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils ein irgendwie gearteter berücksichtigungsfähiger Nachteil entstünde.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
3. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11,711, 108 ZPO.
4. Der Streitwertbeschluss beruht auf § 48 Abs. 1 GKG in Verbindung mit §§ 3ff. ZPO.

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