Aktenzeichen 21 ZB 17.30451
ZPO § 269 Abs. 3 S. 1
AsylG § 3, § 26, § 78 Abs. 3 Nr. 1
Leitsatz
1 Ist der Ausländerin die begehrte Flüchtlingseigenschaft auf der Grundlage des § 26 Abs. 1 iVm Abs. 5 AsylG ohne Prüfung eigener Vor- oder Nachfluchtgründe zuzusprechen, weil das ihrem Ehemann die Flüchtlingseigenschaft zuerkennende Verpflichtungsurteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig geworden ist, kann eine Flüchtlingsanerkennung speziell aufgrund von § 3 Abs. 1 iVm Abs. 4 AsylG nicht beansprucht werden. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 26 Abs. 1 iVm Abs. 5 AsylG gewährt dem begünstigten Familienangehörigen dieselbe Rechtsstellung wie die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 iVm Abs. 4 AsylG. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
RO 11 K 16.31351 2016-09-07 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg
Tenor
I. Das Verfahren wird eingestellt.
II. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 7. September 2016 ist wirkungslos.
III. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen hat die Beklagte zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
Die Klägerin ist eine Staatsangehörige der Arabischen Republik Syrien arabischer Volkszugehörigkeit muslimischen Glaubens (Sunnitin). Sie reiste am 12. August 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte einen Asylantrag.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) erkannte die Klägerin mit Bescheid vom 24. Juni 2016 als subsidiär Schutzberechtigte an und lehnte den Asylantrag im Übrigen ab.
Mit Urteil vom 7. September 2016 verpflichtete das Verwaltungsgericht Regensburg die Beklagte, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen. Die Beklagte beantragte am 28. September 2016 die Zulassung der Berufung.
Die Beklagte unterrichtete den Senat mit Schreiben vom 27. Juni 2017 davon, dass nach Ablehnung ihres Antrags auf Zulassung der Berufung im Verfahren des Ehemannes der Klägerin (21 ZB 16.30479) für die Klägerin die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 26 Abs. 5 i.V.m. Abs. 1 AsylG erfüllt seien und mit Bescheid vom 27. Juni 2017 die Flüchtlingseigenschaft zugunsten der Klägerin festgestellt worden sei.
Mit Schriftsatz vom 12. Juli 2017 hat die Bevollmächtigte der Klägerin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Beklagte hat dem zugestimmt.
II.
Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren einzustellen (§ 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO analog). Das angegriffene Urteil ist wirkungslos geworden (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO).
Über die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen ist unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden (§ 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Billigem Ermessen entspricht es, die Kosten der Beklagten aufzuerlegen. Bei der gebotenen summarischen Prüfung wäre deren Antrag auf Zulassung der Berufung ohne das erledigende Ereignis (Erlass des Bescheids vom 27. Juni 2017) erfolglos geblieben.
Die Beklagte hat zur Begründung des Zulassungsantrags allein eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) geltend gemacht. Der Sache nach hat sie dazu die Grundsatzfrage formuliert, ob für syrische Asylbewerber im Fall ihrer Rückkehr in die Arabische Republik Syrien allein wegen der (illegalen) Ausreise und/oder der Asylantragstellung sowie des Aufenthalts im westlichen Ausland die begründete Furcht vor Verfolgung wegen einer (unterstellten) regimefeindlichen Gesinnung besteht. Diese Frage hätte sich mangels Entscheidungserheblichkeit in einem Berufungsverfahren ersichtlich nicht gestellt. Der Klägerin wäre die begehrte Flüchtlingseigenschaft auf der Grundlage des § 26 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 AsylG ohne Prüfung eigener Vor- oder Nachfluchtgründe zuzusprechen gewesen, weil das ihrem Ehemann die Flüchtlingseigenschaft zuerkennende Verpflichtungsurteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig geworden ist. Eine Flüchtlingsanerkennung speziell aufgrund von § 3 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 AsylG hätte die Klägerin nicht beanspruchen können. Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 26 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 AsylG gewährt dem begünstigten Familienangehörigen dieselbe Rechtsstellung wie die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 AsylG (vgl. Hailbronner, AuslR, Stand Juni 2014, § 26 AsylG Rn. 9, 15) mit der Folge, dass die Rechtsgrundlage ausgewechselt werden darf (vgl. Bergmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl. 2016, § 26 AsylG Rn. 24).
Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1, § 158 Abs. 2 VwGO unanfechtbar.