Steuerrecht

Teilwertabschreibungen für die Beteiligung an einer GmbH

Aktenzeichen  7 K 1437/15

Datum:
29.5.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
LSK – 2017, 125699
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
EStG § 4 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

II.
Die Klage ist unbegründet. Zu Recht hat das Finanzamt die vom Kläger in den Jahren 2009 bis 2011 vorgenommenen Teilwertabschreibungen nicht anerkannt.
1. Anteile an Kapitalgesellschaften können grundsätzlich zum Anlage- oder Umlaufvermögen gehören (Richter in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 21. Aufl. 2006, 278. Lieferung 03.2017, § 6 EStG Rz. 600). Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG bzw. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG kann bei Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bzw. Umlaufvermögens eines Betriebes der Teilwert anstelle der Anschaffungskosten angesetzt werden, wenn der Teilwert aufgrund einer dauerhaften Wertminderung niedriger ist. Teilwert ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde; dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG).
Voraussetzung für eine Teilwertabschreibung ist danach, dass es sich um ein Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens handelt. Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens können solche des notwendigen oder des gewillkürten Betriebsvermögens sein. Beteiligungen an Kapitalgesellschaften können grundsätzlich notwendiges oder gewillkürtes Betriebsvermögen darstellen, sie können jedoch auch zum Privatvermögen gehören (vgl. Heinicke in Schmidt, EStG, 35. Auflage 2016, § 4 Rz. 252).
2. Notwendiges Betriebsvermögen ist anzunehmen, wenn Wirtschaftsgüter dem Betrieb in dem Sinne dienen, dass sie objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb bestimmt sind (Urteile des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 30. April 1975 I R 111/73, BStBl II 1975, 582 und vom 19. Februar 1997 XI R 1/96, BStBl II 1997, 399). Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kann sich die Eigenschaft als notwendiges Betriebsvermögen auch aus Geschäftsbeziehungen zwischen dem Gesellschafter mit der Kapitalgesellschaft ergeben, insbesondere bei einer Betriebsaufspaltungen, wie der BFH insbesondere zu Beteiligungen von Personengesellschaften an Kapitalgesellschaften entschieden hat (vgl. Heinicke in Schmidt, 35. Aufl. 2016, § 4 EStG Rz. 253, BFH in BStBl II 1992, 721 und BFH-Urteil vom 31. Januar 1991 IV R 2/90, BStBl II 1991, 786 jeweils m.w.N). So ist die Beteiligung des Gesellschafters an einer GmbH, an die die Personengesellschaft ihr Anlagevermögen vermietet hat, ebenso als notwendiges Sonderbetriebsvermögen angesehen worden wie die Beteiligung des Gesellschafters an einer Kapitalgesellschaft, die den Vertrieb für die Personengesellschaft übernommen hat, und die Beteiligung des Gesellschafters an einer Produktions GmbH, für die die Personengesellschaft den Vertrieb übernommen hat. Kennzeichnend für diese Gestaltungen ist eine enge wirtschaftliche Verflechtung zwischen der Personengesellschaft und der Kapitalgesellschaft, und zwar derart, dass die Kapitalgesellschaft für die Personengesellschaft eine wesentliche wirtschaftliche Funktion erfüllt. Die Unterhaltung von Geschäftsbeziehungen, wie sie üblicherweise auch mit anderen Unternehmen bestehen, reicht deshalb grundsätzlich nicht aus, um Anteile des Gesellschafters der Personengesellschaft an der Kapitalgesellschaft, mit der die Personengesellschaft Geschäftsbeziehungen unterhält, als notwendiges Sonderbetriebsvermögen anzusehen (BFH-Urteil vom 2. September 2008 X R 32/05, BStBl II 2009, 634, vgl. Richter in: Herrmann/ Heuer/ Raupach, EStG/KStG, 21. Aufl. 2006, 278. Lieferung 03.2017, § 6 EStG Rz. 517). Vielmehr wird eine Beteiligung unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke genutzt, wenn sie entweder dazu bestimmt ist, die gewerbliche (branchengleiche) Betätigung des Steuerpflichtigen entscheidend zu fördern oder den Absatz von Produkten des Steuerpflichtigen gewährleistet. Bei einer besonderen Förderung des Absatzes des Einzelunternehmens durch die Beteiligungsgesellschaft ist es auch nicht erforderlich, dass an dieser eine Mehrheitsbeteiligung besteht.
Unter Anwendung dieser Grundsätze gehören die GmbH-Anteile nicht zum notwendigen Betriebsvermögen des Klägers. Bei den Anteilen handelt es sich nicht um Wirtschaftsgüter, die objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz in seinem Betrieb bestimmt sind und ausschließlich betrieblich genutzt werden können bzw. für seinen Betrieb wesentlich sind (BFH in BStBl II 1997, 399, BFH-Urteil vom 10. September 2003 XI R 26/02, BStBl II 2004, 218). Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Kläger die Anteile bei ihrem Erwerb im Mai 2008 unmittelbar im Rahmen seines Betriebs eingesetzt hat, insbesondere hat der Kläger im Jahr 2008 auch keine Zuordnung zu seinem Betriebsvermögen vorgenommen (BFH-Urteil vom 23. Januar 1992 XI R 36/88, BStBl II 1992, 721). Der GmbH-Anteil wurde auch nicht in ein Verzeichnis nach § 4 Abs. 3 S. 5 EStG als Wirtschaftsgut des Anlagevermögens aufgenommen. In dem Anlagen- und Abschreibungsverzeichnis zur eingereichten Überschussrechnung für das Jahr 2008 ist lediglich Betriebs- und Geschäftsausstattung aufgeführt. Von einer engen wirtschaftlichen Verflechtung zwischen der gewerblichen Tätigkeit des Klägers mit der GmbH kann bei einer Beteiligung von 162 €, d.h. einem Anteil von 0,46%, nicht die Rede sein (vgl. BFH-Urteil vom 17. November 2011 IV R 51/08, BFH/NV 2012, 850).
Der Kläger hat auch nicht nachgewiesen, dass die Beteiligung dazu bestimmt war, seine eigene gewerbliche Betätigung entscheidend zu fördern oder den Absatz seiner Produkte zu gewährleisten. Er hat weder dargelegt, dass er eine Beratungstätigkeit für die GmbH übernommen hat bzw. die Beteiligung an der GmbH seine eigene gewerbliche Tätigkeit im Bereich der Immobilienvermittlung unmittelbar gefördert hat. Der Kläger kann auch nicht zu seinen Gunsten einwenden, dass er sich von seiner Beteiligung an der GmbH Aufträge zur Immobiliensuche und Standortprüfung mit entsprechenden Synergieeffekten erhofft hat. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung reichen „normale“ Geschäftsbeziehungen bzw. die organisatorische Zusammenarbeit auch bei Branchengleichheit der Unternehmen nicht aus, um Anteile an Kapitalgesellschaften dem notwendigen Betriebsvermögen zuzuordnen (vgl. BFH-Urteil vom 2. September 2008 in BStBl II 2009, 634).
3. Im Streitfall können die GmbH-Anteile aber auch nicht dem gewillkürten Betriebsvermögen zugeordnet werden.
Die Zurechnung eines Wirtschaftsgutes zum gewillkürten Betriebsvermögen setzt nach ständiger Rechtsprechung neben einem eindeutigen, nach außen verbindlich manifestierten Widmungsakt des Steuerpflichtigen voraus (ständige Rechtsprechung, vgl. hierzu z.B. BFH-Beschluss vom 8. Dezember 1995 VIII B 51/95, BFH/NV 1996, 474, unter 1. b, BFH-Urteil vom 27. Juni 2006 VIII R 31/04, BStBl II 2006, 874 m.w.N.), dass die Wirtschaftsgüter im Zeitpunkt ihrer Widmung zu betrieblichen Zwecken auch objektiv geeignet sind, den Betrieb (durch Verstärkung dessen Kapitals) zu fördern. Dies ist zu verneinen, wenn sich ein Verlust aus dem betreffenden Geschäft bereits im Zeitpunkt dessen Widmung zu betrieblichen Zwecken abzeichnet (vgl. BFH-Urteil vom 20. April 1999 VIII R 63796, BStBl II 1999, 466 m.w.N.). Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kommt es für die Beurteilung der entsprechenden Eignung eines Wirtschaftsgut auf den Zeitpunkt der Buchung der Einlage nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung in das Betriebsvermögen des jeweiligen Betriebes an (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 25. Februar 1982 IV R 25/78, BStBl II 1982, 461,7. März 1974 I R 44/73, BStBl II 1974, 488 und vom 19. Februar 1997 XI R 1/96, BStBl II 1997, 399).
Der Kläger hat erstmals in seiner Bilanz zum 31. Dezember 2009, die am 29. März 2011 erstellt und am 26. April 2011 beim Finanzamt eingereicht worden ist, objektiv erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass der streitige GmbH-Anteil zum Betriebsvermögen seines Unternehmens gehören soll. Die noch im Jahr 2008 gewählte Gewinnermittlungsart nach § 4 Abs. 3 EStG ließ – schon von der Systematik dieser Gewinnermittlungsart – eine für Dritte erkennbare Einlageentscheidung des Klägers nicht zu und ist diesem Rechenwerk auch nicht zu entnehmen (vgl. Ausführungen zu § 4 Abs. 3 S. 5 EStG unter 2. der Urteilsgründe). Sowohl bei der Erstellung der Bilanz zum 31. Dezember 2009 am 29. März 2011 als auch bei ihrer Einreichung beim Finanzamt am 26. April 2011 war jedoch bereits erkennbar, dass die Beteiligung an der GmbH das Betriebsvermögen des Unternehmens nicht stärken, sondern zu Verlusten führen würde. Denn nach dem eigenen Vortrag des Klägers musste die als Dienstleistungsgesellschaft der … SE fungierende … GmbH bereits im November 2008 Insolvenz anmelden, so dass auch die GmbH, die sich an der … SE mit einem Investitionsvolumen von 902.800 € bei einer eigenen Bilanzsumme von 910.927,06 € beteiligt hatte, überschuldet und wertlos geworden ist. Somit ist im Jahr 2009 eine dauerhafte Wertminderung des streitigen Anteils eingetreten, die den Kläger auch zu der – zu Unrecht vorgenommenen Teilwertabschreibung – veranlasst hat.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.

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