Arbeitsrecht

Ausgleich von Fondsanteilen im Versorgungsausgleich

Aktenzeichen  513 F 3798/16

Datum:
2.5.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 149640
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
VersAusglG § 14 Abs. 4, § 39, § 45

 

Leitsatz

1 Richtet sich die Bezugsgröße einer Versorgung nach den im Wege der Entgeltumwandlung während der Ehezeit erworbenen Fondsanteilen, sind nicht diese Fondsanteile der Berechnung des Ehezeitanteils als Bezugsgröße zugrunde zu legen, sondern der Kapitalwert der Fondsanteile. (Rn. 21 und 32) (redaktioneller Leitsatz)
2 Ein fondsgebundenes Anrecht weist zwar keine stetige Wertentwicklung in Höhe eines feststehenden Zinssatzes auf, dennoch ist beim Ausgleich eines solchen Anrechts der Ausgleichsbetrag für die Zeit zwischen Ehezeitende und Rechtskraft der Entscheidung zu verzinsen. (Rn. 21 und 32) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die am 14.05.1999 vor dem Standesbeamten des Standesamtes M. Heiratsregister Nr. … geschlossene Ehe der beteiligten Ehegatten wird geschieden.
2. Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung … … zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht in Höhe von 10,2681 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto … bei der Deutschen Rentenversicherung …, bezogen auf den 31.03.2016, übertragen.
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der BVV Versorgungskasse des Bankgewerbes e.V. … zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht in Höhe von 3.645,71 Euro nach Maßgabe des Leistungsplan A, § 35 i.V.m. Versicherungsbedingungen Tarif RA, § 35, bezogen auf den 31.03.2016, übertragen.
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung … … zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 17,2518 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto … bei der Deutschen Rentenversicherung …, bezogen auf den 31.03.2016, übertragen.
Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der BMW AG … auf dem Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung … … zugunsten der Antragstellerin ein auf den Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich bezogenes Anrecht begründet und zwar in Höhe von 22.496,37 Euro zuzüglich 3,7 % Zinsen hieraus für die Zeit vom 01.04.2016 bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich.
Die BMW AG wird verpflichtet, diesen Betrag und die Zinsen an die Deutsche Rentenversicherung … zu zahlen.
Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der BMW AG … auf dem Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung … … zugunsten der Antragstellerin ein auf den Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich bezogenes Anrecht begründet und zwar in Höhe von 19.496,76 Euro Euro zuzüglich 3,89 % Zinsen hieraus für die Zeit vom 01.04.2016 bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich.
Die BMW AG wird verpflichtet, diesen Betrag und die Zinsen an die Deutsche Rentenversicherung … zu zahlen.
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der Standard Life Versicherung … zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 16.600,61 Euro nach Maßgabe allgemeinen Versicherungsbedingungen, bezogen auf den 31.03.2016, übertragen.
Ein Ausgleich des Anrechts der Antragstellerin bei dem BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes a.G. … findet nicht statt.
Ein Ausgleich des Anrechts des Antragsgegners bei der VIFA Pensionsfonds AG … findet nicht statt.
3. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Gründe

1. Scheidung
Die Ehegatten haben am 14.05.1999 vor dem Standesbeamten des Standesamtes M. unter Heiratsregister Nr. … die Ehe miteinander geschlossen.
Der Scheidungsantrag wurde dem Antragsgegner am 21.04.2016 zugestellt.
Die Ehegatten leben seit 31.03.2015 getrennt.
Die Antragstellerin trägt vor, die Ehe sei gescheitert. Sie beantragt, die Ehe der Beteiligten zu scheiden. Der Antragsgegner stimmt der Scheidung zu.
Die Eheschließung und die Staatsangehörigkeit der Ehegatten wurden durch öffentliche Urkunden nachgewiesen.
Im Übrigen wird auf den Akteninhalt, insbesondere auf das weitere schriftliche Beteiligtenvorbringen und die Feststellungen zu gerichtlichem Protokoll, verwiesen.
Der Scheidungsantrag ist zulässig.
Das Amtsgericht München ist international und örtlich zuständig (§ 97 Abs. 1 FamFG, Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000; § 122 FamFG).
Das auf die Ehescheidung anzuwendende Recht bestimmt sich nach der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 des Rates vom 20. Dezember 2010 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts, weil dieses Verfahren nach dem 20.06.2012 im Sinne der Anhängigkeit der Hauptsache bei Gericht eingeleitet worden ist (Artikel 1, 4, 18 der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010).
Die Ehescheidung richtet sich mangels einer wirksamen Rechtswahl nach Artikel 5 bis 7 der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 nach deutschem Recht. Die Ehegatten hatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland (Artikel 8 lit. a der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 des Rates vom 20. Dezember 2010 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts).
Der Scheidungsantrag ist begründet, weil die Ehe der Ehegatten gescheitert ist (§§ 1564 Satz 1 und 3, 1565 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Das Familiengericht ist aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass die Ehegatten seit 31.03.2015 im Sinne von § 1567 BGB voneinander getrennt leben.
Die eheliche Lebensgemeinschaft der Ehegatten besteht somit seit mindestens einem Jahr nicht mehr. Das Scheitern der Ehe wird gemäß § 1566 Abs. 1 BGB unwiderlegbar vermutet, da die Ehegatten seit mindestens einem Jahr getrennt leben und der Antragsgegner der Scheidung zustimmt.
2. Versorgungsausgleich
Nach § 1 VersAusglG sind im Versorgungsausgleich die in der Ehezeit erworbenen Anteile von Anrechten jeweils zur Hälfte zwischen den geschiedenen Ehegatten zu teilen. Die Ehezeit beginnt mit dem ersten Tag des Monats der Eheschließung und endet am letzten Tag des Monats vor Zustellung des Scheidungsantrags (§ 3 Abs. 1 VersAusglG).
Anfang der Ehezeit: 01.05.1999
Ende der Ehezeit: 31.03.2016
Ausgleichspflichtige Anrechte
In der Ehezeit haben die beteiligten Ehegatten folgende Anrechte erworben:
Die Antragstellerin:
Gesetzliche Rentenversicherung
1. Bei der Deutschen Rentenversicherung … hat die Antragstellerin ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 20,5361 Entgeltpunkten erlangt. Der Versorgungsträger hat gem. § 5 Abs. 3 VersAusglG vorgeschlagen, den Ausgleichswert mit 10,2681 Entgeltpunkten zu bestimmen. Der korrespondierende Kapitalwert nach § 47 VersAusglG beträgt 69.637,53 Euro.
Betriebliche Altersversorgung
2. Bei dem BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes a.G. hat die Antragstellerin ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 611,24 Euro erlangt. Der Versorgungsträger hat gem. § 5 Abs. 3 VersAusglG vorgeschlagen, den Ausgleichswert mit 301,03 Euro zu bestimmen.
3. Bei der BVV Versorgungskasse des Bankgewerbes e.V. hat die Antragstellerin ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 7.402,46 Euro erlangt. Der Versorgungsträger hat gem. § 5 Abs. 3 VersAusglG vorgeschlagen, den Ausgleichswert mit 3.645,71 Euro zu bestimmen.
Der Antragsgegner:
Gesetzliche Rentenversicherung
4. Bei der Deutschen Rentenversicherung … hat der Antragsgegner ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 34,5036 Entgeltpunkten erlangt. Der Versorgungsträger hat gem. § 5 Abs. 3 VersAusglG vorgeschlagen, den Ausgleichswert mit 17,2518 Entgeltpunkten zu bestimmen. Der korrespondierende Kapitalwert nach § 47 VersAusglG beträgt 117.000,48 Euro.
Betriebliche Altersversorgung
5. Bei der BMW AG hat der Antragsgegner ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 44.992,73 Euro erlangt. Der Versorgungsträger hat gem. § 14 VersAusglG die externe Teilung gefordert. Der nach § 14 Abs. 4 VersAusglG zu übertragende Kapitalbetrag beträgt 22.496,37 Euro. Es handelt sich um eine Betriebsrente mit internem Durchführungsweg nach § 17 VersAusglG. Weil der Kapitalwert des Ausgleichs die Beitragsbemessungsgrenze von 74.400,00 Euro nicht überschreitet, ist für die externe Teilung eine Vereinbarung mit der Antragstellerin nicht erforderlich.
6. Bei der BMW AG hat der Antragsgegner ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 38.993,52 Euro erlangt. Der Versorgungsträger hat gem. § 14 VersAusglG die externe Teilung gefordert. Der nach § 14 Abs. 4 VersAusglG zu übertragende Kapitalbetrag beträgt 19.496,76 Euro. Es handelt sich um eine Betriebsrente mit internem Durchführungsweg nach § 17 VersAusglG. Weil der Kapitalwert des Ausgleichs die Beitragsbemessungsgrenze von 74.400,00 Euro nicht überschreitet, ist für die externe Teilung eine Vereinbarung mit der Antragstellerin nicht erforderlich.
7. Bei der VIFA Pensionsfonds AG hat der Antragsgegner ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 3.733,76 Euro erlangt. Der Versorgungsträger hat gem. § 5 Abs. 3 VersAusglG vorgeschlagen, den Ausgleichswert mit 1.794,25 Euro zu bestimmen.
Privater Altersvorsorgevertrag
8. Bei der Standard Life Versicherung hat der Antragsgegner ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 33.601,21 Euro erlangt. Der Versorgungsträger hat gem. § 5 Abs. 3 VersAusglG vorgeschlagen, den Ausgleichswert mit 16.600,61 Euro zu bestimmen.
Übersicht:
Antragstellerin
Die Deutsche Rentenversicherung …, Kapitalwert:
69.637,53 Euro
Ausgleichswert:
10,2681 Entgeltpunkte
Der BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes a.G.
Ausgleichswert (Kapital):
301,03 Euro
Die BVV Versorgungskasse des Bankgewerbes e.V.
Ausgleichswert (Kapital):
3.645,71 Euro
Antragsgegner
Die Deutsche Rentenversicherung …, Kapitalwert:
117.000,48 Euro
Ausgleichswert:
17,2518 Entgeltpunkte
Die BMW AG
Ausgleichswert (Kapital, § 14 Abs. 4 VersAusglG):
22.496,37 Euro
Die BMW AG
Ausgleichswert (Kapital, § 14 Abs. 4 VersAusglG):
19.496,76 Euro
Die V. Pensionsfonds AG
Ausgleichswert (Kapital):
1.794,25 Euro
Die Standard L. Versicherung
Ausgleichswert (Kapital):
16.600,61 Euro
Nach Kapitalwerten hat der Ausgleich in Höhe von 103.804,20 Euro zu Lasten des Antragsgegners zu erfolgen.
Ausgleich:
Bagatellprüfung:
Das Anrecht der Antragstellerin bei dem BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes a.G. mit einem Kapitalwert von 301,03 Euro überschreitet nicht den Grenzwert des § 18 Abs. 3 VersAusglG von 3.486,00 Euro. Das Anrecht wird deshalb gem. § 18 Abs. 2 VersAusglG vom Versorgungsausgleich ausgeschlossen.
Das Anrecht des Antragsgegners bei der VIFA Pensionsfonds AG mit einem Kapitalwert von 1.794,25 Euro überschreitet nicht den Grenzwert des § 18 Abs. 3 VersAusglG von 3.486,00 Euro. Das Anrecht wird deshalb gem. § 18 Abs. 2 VersAusglG vom Versorgungsausgleich ausgeschlossen.
Die einzelnen Anrechte:
Zu 1.: Das Anrecht der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung … ist nach § 10 I VersAusglG durch interne Teilung mit einem Ausgleichswert von 10,2681 Entgeltpunkten zugunsten des Antragsgegners auszugleichen.
Zu 2.: Für das Anrecht der Antragstellerin bei dem BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes a.G. … mit dem Ausgleichswert von 301,03 Euro unterbleibt der Ausgleich.
Zu 3.: Das Anrecht der Antragstellerin bei der BVV Versorgungskasse des Bankgewerbes e.V. ist nach § 10 I VersAusglG durch interne Teilung mit einem Ausgleichswert von 3.645,71 Euro zugunsten des Antragsgegners auszugleichen.
Zu 4.: Das Anrecht des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung … ist nach § 10 I VersAusglG durch interne Teilung mit einem Ausgleichswert von 17,2518 Entgeltpunkten zugunsten der Antragstellerin auszugleichen.
Zu 5.: Die Antragstellerin hat die Deutsche Rentenversicherung … als Zielversorgung für den Ausgleich der Versorgung bei der BMW AG gewählt. Diese ist einverstanden. Die Zielversorgung gilt gem. § 15 Abs. 4 VersAusglG als angemessen. Dieses Anrecht des Antragsgegners ist nach § 14 Abs. 1 VersAusglG im Wege der externen Teilung durch Begründung eines Anrechts von 22.496,37 Euro bei der Deutschen Rentenversicherung … auszugleichen. Hierfür ist von der BMW AG an die Deutsche Rentenversicherung … ein Beitrag von 22.496,37 Euro zu bezahlen. Der Ausgleichsbetrag ist ab Ende der Ehezeit (hier: 01.04.2016) bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich in Höhe des dem auszugleichenden Anrecht zugrundeliegenden Rechnungszins zu verzinsen (BGH, Beschluss vom 7.9.2011, Az. XII ZB 546/10 und vom 6.2.2013, Az. XII ZB 204/11).
Zu 6.: Die Antragstellerin hat für den externen Ausgleich des Anrechts bei der BMW AG keine besondere Zielversorgung gewählt. Dieses Anrecht des Antragsgegners ist nach § 14 Abs. 1 VersAusglG im Wege der externen Teilung durch Begründung eines Anrechts von 19.496,76 Euro bei der Versorgungsausgleichskasse auszugleichen. Hierfür ist von der BMW AG an die Versorgungsausgleichskasse ein Beitrag von 19.496,76 Euro zu bezahlen. Der Ausgleichsbetrag ist ab Ende der Ehezeit (hier: 01.04.2016) bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich in Höhe des dem auszugleichenden Anrecht zugrundeliegenden Rechnungszins zu verzinsen (BGH, Beschluss vom 7.9.2011, Az. XII ZB 546/10 und vom 6.2.2013, Az. XII ZB 204/11).
Zu 7.: Für das Anrecht des Antragsgegners bei der V. Pensionsfonds AG … mit dem Ausgleichswert von 1.794,25 Euro unterbleibt der Ausgleich.
Zu 8.: Das Anrecht des Antragsgegners bei der Standard L. Versicherung ist nach § 10 I VersAusglG durch interne Teilung mit einem Ausgleichswert von 16.600,61 Euro zugunsten der Antragstellerin auszugleichen.
3. Kosten und Nebenentscheidungen
Die Kostenentscheidung beruht auf § 150 Abs. 1 FamFG.

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