Aktenzeichen L 12 SF 42/17 E
SGG SGG § 183, § 197a
Leitsatz
1 Eine Zulassung der Beschwerde gemäß § 66 Abs. 2 S. 2 GKG darf nur im erstinstanzlichen Beschluss erfolgen, nicht mehr nachträglich; die Entscheidung des SG, die Beschwerde nicht zuzulassen, kann nicht durch eine Nichtzulassungsbeschwerde ausgehebelt werden. (redaktioneller Leitsatz)
2 Nur für statthafte Rechtsbehelfe gilt die Gebührenfreiheit des § 66 Abs. 8 S. 1 GKG. (redaktioneller Leitsatz)
3 Wenn der Kläger nach § 183 SGG einem privilegierten Personenkreis angehört, richtet sich auch bei einem unstatthaften Rechtsbehelf die Kostenentscheidung nach § 183 SGG und nicht nach § 197a SGG (anders noch der bisher zuständige Kostensenat des LSG Bayern BeckRS 2016, 72734). (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
S 40 SF 507/16 E 2017-01-24 Bes SGMUENCHEN SG München
Tenor
I. Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen die Nichtzulassung der Beschwerde im Beschluss des SG München vom 24. Januar 2017, S 40 SF 507/16 E, wird als unzulässig verworfen.
II. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer begehrt die Zulassung einer Beschwerde gegen einen Beschluss des Sozialgerichts München vom 24. Januar 2017.
Im Rahmen eines vom Beschwerdeführer gegen die Deutsche Rentenversicherung … geführten Verfahrens (S 27 R 967/12) ließ der Kläger insgesamt 21 Fotokopien aus den Verfahrensakten anfertigen. Mit Kostenansatz vom 10.10.2016 wurden dem Beschwerdeführer hierfür 10,50 EUR in Rechnung gestellt, fällig zum 07.11.2016. Die dagegen eingelegte Erinnerung wies das SG mit Beschluss vom 24. Januar 2017 zurück. Der streitige Kostenansatz sei nicht zu beanstanden. Rechtsgrundlage sei § 120 Abs. 2 Satz 1 SGG iVm § 183 Satz 4 SGG, wobei die Höhe der Kosten zutreffend nach Nr. 9000 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG auf 10,50 EUR festgesetzt worden seien. Ein Anspruch auf neun kostenfreie Kopien – wie der Beschwerdeführer meine – ergebe sich weder aus § 120 Abs. 2 SGG noch aus der Kleinstbetragsregelung (Nr. 1.1 der Anlage zu den Verwaltungsvorschriften, VV, zu Art. 59 Bayerische Haushaltsordnung – BayHO -). Das SG wies in seinem Beschluss darauf hin, dass eine Beschwerde gegen den Beschluss nicht zulässig sei, da der Beschwerdewert 200 EUR unterschreite und die Beschwerde nicht zugelassen wurde, § 66 Abs. 2 GKG.
Mit Schreiben vom 11.02.2017 wandte sich der Beschwerdeführer an das Bayer. Landessozialgericht und beantragte die Zulassung der Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 24.01.2017. Zugleich begehrte er die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für die Nichtzulassungsbeschwerde. Am 23.03.2017 erhielt der Beschwerdeführer die Gelegenheit zur Akteneinsicht, einen weiteren vom Gericht angebotenen Termin am 03. bzw. 04.04.2017 nahm der Beschwerdeführer nicht wahr.
Zur Begründung seines Antrages auf Zulassung der Beschwerde führt der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass eine Kostenfestsetzung vor einer Entscheidung über seinen Antrag auf Prozesskostenhilfe im Klageverfahren S 27 R 967/12 nicht zulässig sei. Außerdem seien ihm die Herausgabe kostenfreier Fotokopien sowie beantragte Akteneinsichten verwehrt worden.
PKH-Unterlagen legte der Beschwerdeführer trotz Aufforderung durch das Gericht nicht vor.
Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß, die Beschwerde gegen den Beschluss des SG München vom 24.01.2017 zuzulassen.
Die Beschwerdegegnerin hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.
Dem Senat lagen zur Entscheidung die Akten des Sozialgerichts mit den Az. S 27 R 967/12 und S 40 SF 507/16 E und die Akten des Beschwerdeverfahrens L 12 SF 42/17 E vor.
II.
Zuständig für die Entscheidung über die Beschwerden ist zwar prinzipiell der Einzelrichter (§ 66 Abs. 6 Satz 1 GKG). Jedoch entscheidet wegen grundsätzlicher Bedeutung der hier vorliegenden Angelegenheit allein in Bezug auf die Kostenentscheidung in diesem Beschluss gemäß § 66 Abs. 6 S. 2 GKG der Senat als Gesamtspruchkörper.
Der Antrag auf Zulassung der Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 24.01.207 ist nicht statthaft und daher unzulässig.
Das SG hat in der Rechtsbehelfsbelehrung:des angegriffenen Beschlusses zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Beschwerde unzulässig ist, da weder der Beschwerdewert 200 Euro übersteigt (§ 66 Abs. 2 Satz 1 GKG) noch – aus Sicht des Senats zutreffend – eine Zulassung der Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung durch das SG erfolgt ist (§ 66 Abs. 2 Satz 2 GKG).
Der Beschwerdewert ist nicht erreicht. Vorliegend begehrt der Beschwerdeführer die Freistellung von Fotokopierkosten in Höhe von 10,50 EUR. Die Beschwer beträgt daher 10,50 EUR und liegt damit weit unter dem gesetzlich vorgegebenen Beschwerdewert von 200 EUR.
Das SG hat die Beschwerde in seinem Beschluss nicht zugelassen, § 66 Abs. 2 Satz 2 GKG. Eine Zulassung der Beschwerde darf aber nur im erstinstanzlichen Beschluss erfolgen, nicht mehr erst nachträglich (BGH NJW 1984, 2389). Das ergibt sich aus den Worten „in dem Beschluss“ in § 66 Abs. 2 Satz 2 GKG (Hartmann, Kostengesetze, Rdnr. 33 zu § 66 GKG). Die Entscheidung des SG, die Beschwerde nicht zuzulassen, kann nicht durch eine Nichtzulassungsbeschwerde ausgehebelt werden.
Die Beschwerde war daher als unzulässig zu verwerfen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG. Der Beschwerdeführer hat keine Kosten des von ihm erfolglos geführten Rechtsmittels zu tragen.
Die Kostenfreiheit ergibt sich allerdings nicht aus § 66 Abs. 8 Satz 1 GKG. Danach sind die Verfahren nach § 66 GKG gebührenfrei. Die Vorschrift dient der Vermeidung solcher Kostenverfahren, die sich aus anderen Kostenverfahren ergeben. Das gilt jedoch nur, wenn eine Sachentscheidung möglich ist (Hartmann, Kostengesetze, § 66 Rn. 48), also nur für statthafte Rechtsbehelfe. Diese Auffassung entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu ähnlichen Vorschriften des GKG. So hat der BGH (BGH, Beschluss vom 03.03.2014 – IV ZB 4/14 – NJW 2014, 1597) entschieden, es ergebe sich aus der Gesetzessystematik, dass sich die Gebührenfreiheit des § 68 Abs. 3 GKG auf die Verfahren beziehe, die in den vorangegangenen Absätzen des § 68 GKG genannt sind, und somit allein die hiernach statthaften Rechtsmittel umfasse (ähnlich bereits zu § 5 Abs. 6 GKG a.F.: BGH, Beschluss vom 17.10.2002 – IX ZB 303/02; zu § 66 Abs. 8 GKG: BFH, Beschluss vom 12.09.2005 – VII E 5/05; BFH, Beschluss vom 15.02.2008 – II B 84/07). Da die spezielle kostenrechtliche Vorschrift des § 66 Abs. 8 Satz 1 GKG danach nicht eingreift, waren für die Kostenentscheidung des Beschlusses grundsätzlich die allgemeinen Regelungen der §§ 183, 197a SGG heranzuziehen. Nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG werden Kosten nach dem GKG nur dann erhoben, wenn in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehört. Somit hat die letztgenannte Vorschrift systematisch Vorrang (vgl. auch Loytved, jurisPR-SozR 17/2016 Anm. 3 unter C mwN). Vorliegend gehört der Beschwerdeführer als Leistungsempfänger dem in § 183 SGG privilegierten Personenkreis an. Nach Sinn und Zweck des § 183 SGG ist auch die Klärung der Grenzen des Rechtsschutzes für einen privilegierten Kläger grundsätzlich gerichtskostenfrei möglich (vgl. Loytved, aaO) als Annex zum Hauptsacheverfahren. Gerade für juristische Laien sind die Grenzen des Rechtsschutzes nicht immer klar erkennbar, so dass ein soziales Schutzbedürfnis als Ausfluss der Kostenprivilegierung nach § 183 SGG auch in unstatthaften Kostenstreitigkeiten der vorliegenden Art besteht (BSG, Beschluss vom 14.11.2016 – B 10 SF 14/16 S).
Eine Kostenpflicht des Beschwerdeführers besteht demnach trotz der Unstatthaftigkeit des Rechtsmittels nicht. Damit hält der Senat an der vom bisher zuständigen Kostensenat vertretenen Rechtsauffassung (vgl. zul. Beschluss vom 28.09.2015 – L 15 SF 225/16 E), die Kostenentscheidung richte sich bei unstatthaften Rechtsbehelfen auch dann nach § 197a SGG, wenn der Kläger nach § 183 SGG einem privilegierten Personenkreis angehört, nicht fest.
IV.
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe war abzulehnen. Unabhängig davon, dass der Beschwerdeführer schon keine Unterlagen vorgelegt hat, die seine Bedürftigkeit belegen, hat die Rechtsverfolgung im Beschwerdeverfahren auch keine Erfolgsaussichten.
Nach § 73 a Abs. 1 S. 1 SGG in Verbindung mit § 114 ZPO ist einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussichten sind gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist. Da der streitgegenständliche Beschluss nicht mit der Beschwerde anfechtbar ist und der Beschwerdeführer hierauf auch im Beschluss hingewiesen wurde, bietet die Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg. Auf die Ausführungen unter II. dieses Beschlusses wird vollumfänglich verwiesen.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.