Aktenzeichen L 12 KA 77/16 ZVW
Leitsatz
1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Fortführungsfähigkeit der Praxis ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Ausschreibung des Sitzes durch die KÄV (Anschluss an BSG, Urteil vom 23.3.2016, B 6 KA 9/15 R).
2. Der Grundsatz, dass auf den Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Ausschreibung abzustellen ist, erfährt in besonderen Konstellationen Einschränkungen. Nicht schutzwürdig kann die Rücknahme eines Ausschreibungsantrags und unmittelbar darauf eine wiederholte Antragstellung sein. Zwar ist eine wiederholte Antragstellung nicht ausgeschlossen. Das Recht auf Wiederholung der Ausschreibung geht aber verloren, wenn feststeht, dass der Praxisabgeber die Übergabe im ersten Verfahren aus Gründen, die vom Gesetz ausdrücklich nicht geschützt werden, hat scheitern lassen (vgl. BSG, Urteil vom 5.11.2003, B 6 KA 11/03 R, Juris, RdNr. 32).
3. Grundsätzlich ist das Nachbesetzungsverfahren mit der Rücknahme des Antrags auf Ausschreibung durch den abgabewilligen Arzt beendet. Stellt der Praxisabgeber einen erneuten oder sogar dritten Antrag, muss er ein berechtigtes Interesse hierfür sowie die Gründe für die vorherige Rücknahme nachvollziehbar gegenüber der KÄV und den Zulassungsgremien darlegen. Das gilt umso mehr, wenn Umstände erkennbar sind, die darauf hindeuten, dass der Praxisabgeber mit seiner Antragstellung bzw. -rücknahme Einfluss auf die Nachbesetzung nehmen will.
Verfahrensgang
S 38 KA 1/12 2013-04-30 SGMUENCHEN SG München
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 30.04.2013, Az.: S 38 KA 1/12, wird zurückgewiesen.
II. Der Feststellungsantrag des Klägers wird abgewiesen.
III. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens und des Klageverfahrens zu tragen. Die Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gem. § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Die Klage ist weiterhin als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig, denn der Kläger hat im Verfahren L 12 KA 77/16 ZVW mitgeteilt, dass er nach wie vor bereit sei, seine Praxis zu veräußern und daher an der Nachbesetzung des Sitzes interessiert ist. Die Berufung ist aber weder in den Haupt- noch im Hilfsantrag begründet, denn der Kläger hat das Recht auf Ausschreibung seines Vertragsarztsitzes verwirkt.
1. Rechtsgrundlage für die Nachbesetzung des umstrittenen Vertragsarztsitzes ist die Regelung des § 103 Abs. 4 SGB V in der bis zum 31.12.2012 geltenden Fassung (aF; vgl. zur Begründung BSG, Urteil vom 23.3.2016, B 6 KA 9/15 R, juris, RdNr. 12). § 103 Abs. 4 SGB V aF normiert für Vertragsärzte mit Sitz in einem für Zulassungen gesperrten Gebiet die Möglichkeit, bei Beendigung der Tätigkeit die Arztpraxis von einem Nachfolger fortführen zu lassen. Nach dem bis zum 31.12.2012 geltenden und hier maßgeblichen (Verfahrens-)Recht wird das Nachbesetzungsverfahren durch einen Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben in Gang gesetzt (§ 103 Abs. 4 Satz 1 SGB V aF). Sodann hat die KÄV diesen Vertragsarztsitz unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen (§ 103 Abs. 4 Satz 1 SGB V aF). Die Zulassung, ohne die typischerweise keine Praxis veräußert werden kann, wird vom Nachfolger beim Zulassungsausschuss beantragt; bei mehreren Bewerbungen wählt der Zulassungsausschuss den Nachfolger anhand der in § 103 Abs. 4 Satz 5 und Abs. 5. Satz 3 SGB V normierten Kriterien aus. Die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes werden dabei nach § 103 Abs. 4 Satz 8 SGB V bis zur Höhe des Verkehrswerts der Praxis berücksichtigt (vgl. BSGE 110, 34 = SozR 4-2500 § 103 Nr. 11, RdNr. 17 ff). Mit der Möglichkeit der Nachfolgezulassung in überversorgten Planungsbereichen berücksichtigt der Gesetzgeber die finanziellen Interessen des bisherigen Praxisinhabers bzw. seiner Erben, die anderenfalls wegen der fehlenden Verwertungsmöglichkeit der Arztpraxis erhebliche Nachteile erleiden würden.
2. Tatbestand:liche Voraussetzung für eine Nachfolgezulassung ist die Existenz einer fortführungsfähigen Praxis. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Fortführungsfähigkeit der Praxis ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Ausschreibung des Sitzes durch die KÄV. Denn in Fallgestaltungen, bei denen eine fortführungsfähige Praxis zwar noch zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Ausschreibung existiert hat, jedoch im Verlauf eines Rechtsstreits um die Rechtmäßigkeit der von den Zulassungsgremien getroffenen Auswahlentscheidung nicht mehr betrieben wird, wäre ein effektiver Rechtschutz im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG sonst nicht mehr gewährleistet. Bei der hier maßgeblichen dritten Antragstellung des Klägers am 10.6.2011 lag eine Fortführungsfähigkeit der Praxis noch vor, zumal zu diesem Zeitpunkt das Ende der vertragsärztlichen Tätigkeit des Kläger (31.1.2011) noch keine sechs Monate, sondern lediglich gut vier Monate zurücklag (vgl. zu den Gründen BSG, Urteil vom 23.3.2016, B 6 KA 9/15 R, Juris, RdNr. 18).
3. Der Grundsatz, dass auf den Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Ausschreibung abzustellen ist, erfährt in besonderen Konstellationen allerdings Einschränkungen. Hierzu hat das BSG entschieden, dass der Rechtsschutzgedanke in Ausnahmefällen nicht zum Tragen kommen kann, sofern zB ein Antrag in missbräuchlicher Weise bereits lange Zeit vor der Beendigung der Zulassung des abgebenden Arztes gestellt oder wenn das Zulassungsverfahren verzögert wird (BSGE 115, 57 = SozR 4-2500 § 103 Nr. 13, RdNr. 40). Nicht schutzwürdig kann auch die Rücknahme eines Ausschreibungsantrags und unmittelbar darauf eine wiederholte Antragstellung sein. Zwar ist eine wiederholte Antragstellung nicht ausgeschlossen. Das Recht auf Wiederholung der Ausschreibung geht aber verloren, wenn feststeht, dass der Praxisabgeber die Übergabe im ersten Verfahren aus Gründen, die vom Gesetz ausdrücklich nicht geschützt werden, hat scheitern lassen (vgl. BSG, Urteil vom 5.11.2003, B 6 KA 11/03 R, Juris, RdNr. 32).
Grundsätzlich ist das Nachbesetzungsverfahren mit der Rücknahme des Antrags auf Ausschreibung durch den abgabewilligen Arzt beendet. Das ist schon im Hinblick darauf geboten, dass das Praxisnachfolgeverfahren in besonderem Maße auf zügige Durchführung und Herstellung von Rechtssicherheit ausgerichtet ist (vgl. dazu BSGE 110, 43 = SozR 4-2500 § 103 Nr. 9, RdNr. 18 f, bestätigend BSG, Urteil vom 23.3.2016, B 6 KA 9/15 R, juris, RdNr. 22). Stellt der Praxisabgeber einen erneuten oder sogar dritten Antrag, muss er ein berechtigtes Interesse hierfür sowie die Gründe für die vorherige Rücknahme nachvollziehbar gegenüber der KÄV und den Zulassungsgremien darlegen. Das gilt umso mehr, wenn Umstände erkennbar sind, die darauf hindeuten, dass der Praxisabgeber mit seiner Antragstellung bzw. -rücknahme Einfluss auf die Nachbesetzung nehmen will. Ein Praxisinhaber darf das Nachfolgeverfahren nicht dazu nutzen, um außerhalb seines berechtigten Interesses an der Zahlung des Verkehrswertes Einfluss auf das Nachfolgeverfahren zu nehmen (vgl. auch BSG Urteil vom 5.11.2003, B 6 KA 11/03 R, Juris, RdNr. 32). Die Einschätzung der Geeignetheit der Bewerber im Übrigen obliegt nach § 103 Abs. 4 Satz 3 SGB V allein dem Zulassungsausschuss. Wenn der Praxisabgeber mit dem rechtsfehlerfrei ausgesuchten Praxisbewerber einen Vertrag nicht abschließen möchte, so bedeutet dies nicht, dass der von ihm bevorzugte Praxisbewerber auszuwählen ist, sondern es kommt zum Scheitern des Nachfolgeverfahrens. Es besteht auch aus eigentumsrechtlicher Sicht keine Notwendigkeit, insofern die Willensfreiheit des Praxisabgebers zu schützen (vgl. SG Marburg Beschluss vom 25.11.2011, S 12 KA 797/11 ER, Juris, RdNr. 42). Die Regelungen über die Auswahl eines Bewerbers sollen sicherstellen, dass der nach Maßgabe der Kriterien des § 103 Abs. 4 Satz 5 SGB V am besten geeignete Bewerber die Nachfolgezulassung erhält. Missbräuchlich ist daher eine Einflussnahme des Praxisinhabers auf das Verfahren vor den Zulassungsgremien zur Durchsetzung des „Wunschkandidaten“. Die Auswahl des Nachfolgers obliegt allein den Zulassungsgremien (vgl. dazu BSG SozR 4-2500 § 103 Nr. 12 RdNr. 44 ff). Umstände, die unter diesen Gesichtspunkten für einen Wegfall des Nachbesetzungsrechts sprechen, haben die Zulassungsgremien aufzuklären. Können ausreichende Gründe für die Rücknahme des ersten Ausschreibungsantrags und die spätere Erneuerung des Ausschreibungsbegehrens nicht festgestellt werden, geht dies zu Lasten des Praxisabgebers (BSG, Urteil vom 23.3.2016, B 6 KA 9/15 R, juris, RdNr. 22).
Eine solche Situation liegt hier vor. Die vom Kläger vorgetragenen Gründe, warum er den ersten Antrag auf Ausschreibung vom 19.11.2010 am 15.02.2011 zurückgenommen hat und es in der Folge zum zweiten und sogar dritten Antrag auf Ausschreibung gekommen ist, sind nicht ausreichend, um die Rücknahme der Anträge sowie eine nur ausnahmsweise zulässige erneute Antragstellung zu begründen. Zum Zeitpunkt der dritten Antragstellung bestand daher kein Nachbesetzungsrecht des Klägers mehr.
a. Der Kläger hatte am 19.11.2010 bei der Beigeladenen zu 9. den ersten Antrag auf Ausschreibung seines Vertragsarztsitzes gestellt. Mit Schreiben vom 4.1.2011 übermittelte die Beigeladene zu 9. dem Kläger eine Bewerberliste, nach der sich ein MVZ in P-Stadt sowie die MVZ der zu 2. und 5. beigeladenen Ärzte beworben hatten. In dem Schreiben wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass er innerhalb der nächsten zehn Tage mit den Bewerbern Kontakt aufnehmen solle unabhängig davon, ob er bereits einen Käufer für die Praxis gefunden habe. Mit Email vom 15.2.2011 informierte der Kläger den Zulassungsausschuss, dass er seinen Antrag auf Ausschreibung zurückziehe. Zur Begründung führte er aus, dass sich bisher kein Interessent bei ihm gemeldet habe, d.h. eine geordnete Übergabe bis zum 23.2.2011, dem anvisierten Sitzungstermin des Zulassungsausschusses, nicht möglich erscheine. Diese Begründung gegenüber dem Zulassungsausschuss ist nicht geeignet, eine ausnahmsweise erneute Ausschreibung des Vertragsarztsitzes zu ermöglichen. Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers ergänzend hierzu ausführt, der Kläger habe davon ausgehen müssen, dass „der Bewerber“ seine Bewerbung zurückgezogen hätte, ist diese Schlussfolgerung nicht nachvollziehbar. Zum einen haben die drei Bewerber-MVZ ihre Bewerbungen gerade nicht zurückgezogen, was sich daraus ergibt, dass die KVB diesen mit Schreiben vom 16.2.2011 mitgeteilt hatte, dass der Antrag auf Ausschreibung zurückgenommen wurde und das Ausschreibungsverfahren sich damit erledigt habe. Eine solche Mitteilung wäre nicht notwendig gewesen, hätten die Bewerber ihre Bewerbung zuvor zurückgezogen. Zum anderen ergibt sich aus einem Schreiben des MVZ des zu 2. beigeladenen Arztes vom 30.8.2011, dass dieses sowohl im Herbst 2010 als auch im Frühjahr 2011 Kontakt zum Kläger aufgenommen hatte, dieser jedoch eine explizite Veräußerungsabsicht sowie die Nennung einer Verhandlungsgrundlage ausdrücklich abgelehnt hatte. Diese dem MVZ gegenüber geäußerte mangelnde Veräußerungsabsicht wird im Schreiben des MVZ vom 9.11.2011 nochmals konkretisiert. Hierin führt das MVZ aus, der Kläger habe die Praxis weder an MVZ noch an Fachärzte im LK A-Stadt verkaufen wollen. Diese Aussage findet ihre Bestätigung auch in der Email des Klägers vom 12.4.2011, in der er ausdrücklich bestätigt, bereits wiederholt darauf hingewiesen zu haben, dass der Vertragsarztsitz weder an ein MVZ noch an einen im Landkreis vernetzten Kollegen übertragen werde. Es bestehen für den Senat daher keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Darstellung des MVZ zur mangelnden Veräußerungsabsicht des Klägers.
Zudem spricht der Wortlaut der Email des Klägers vom 15.2.2011 dafür, dass sich dieser entgegen seiner Verpflichtung nicht von sich aus mit den Bewerbern in Verbindung gesetzt hatte, denn er teilt darin dem Zulassungsausschuss mit, dass sich „kein Interessent gemeldet“ habe. Damit ist der Kläger bereits im ersten Ausschreibungsverfahren seiner Verpflichtung zur zügigen Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens nicht nachgekommen. Kontaktversuche des Klägers zu nicht näher genannten Bewerbern wurden lediglich im Schriftsatz vom 15.3.2017 behauptet, jedoch nicht näher spezifiziert und sind angesichts des Wortlautes der Email vom 15.2.2011 auch nicht glaubhaft. Zwar ist dem Kläger grundsätzlich zuzugeben, dass er ernsthafte Verhandlungen nur auf der Basis einer für beide Seiten wirtschaftlich annehmbaren und tragfähigen Grundlage durchführen muss, jedoch war es an ihm, zunächst für den notwendigen Kontakt zu den Bewerbern und die Basis für Verhandlungen etwa durch Mitteilung betriebswirtschaftlicher Daten zur Praxis zu sorgen. Nur bei Kenntnis der betriebswirtschaftlichen Zahlen zur Praxis kann ein Bewerber abschätzen, ob er grundsätzlich bereit ist, den Verkehrswert für die Praxis zu bezahlen. Dieser Mitwirkungsverpflichtung ist der Kläger nicht nachgekommen, da seitens des Klägers schon keine Kontaktaufnahme mit den potentiellen Bewerbern erfolgte. Er war vielmehr nicht bereit, mit den potentiellen übernahmebereiten Bewerbern ernsthaft über den Kaufpreis zu verhandeln. Keinesfalls rechtfertigt der Vortrag des Klägers eine Rücknahme des ersten Antrages und eine ausnahmsweise zulässige zweite Ausschreibung.
b. Doch selbst bei Annahme ausreichender Gründe für die erste Antragsrücknahme hat der Kläger keine ausreichenden Gründe dargelegt, die ihn ausnahmsweise zu einer zweiten Antragsrücknahme berechtigt hätten. Die zweite Ausschreibung beantragte der Kläger mit Schreiben vom 25.2.2011. Am 4.4.2011 – nach Ablauf der Bewerbungsfrist – wurde dem Kläger durch die Beigeladene zu 9. eine Bewerberliste übersandt, die insgesamt sieben Interessenten enthielt. Neben den drei MVZ der ersten Ausschreibungsrunde (MVZ P-Stadt sowie die MVZ der Beigeladenen zu 2. und 5.) gab es vier weitere Bewerber (Dr. R., Dr. L., MVZ L., Dr. Z.).
Im weiteren Verlauf des Verfahrens nahm der Kläger jedoch durch sein Verhalten unzulässiger Weise Einfluss auf das Nachfolgeverfahren, um seinen „Wunschkandidaten“ durchzusetzen. Dies steht fest aufgrund der Aussagen des Klägers in seiner Email vom 12.4.2011. Den Akten ist zu entnehmen, dass Dr. R. seine Bewerbung mit Schreiben vom 7.4.2011, das MVZ P-Stadt mit Schreiben vom 11.4.2011 und Dr. L. bzw. das MVZ L. ihre Bewerbung mit Schreiben vom 12.4.2011 zurückgenommen haben. Dies wertet der Senat als Folge der in der Email vom 12.4.2011 erwähnten Telefonate des Klägers mit den Bewerbern, in denen er diese zur Rücknahme ihrer Bewerbung aufforderte. Mit Email vom 1.5.2011 fragte der Kläger bei der Beigeladenen zu 9. an, welche Bewerber einen Antrag auf Zulassung gestellt hätten und diesen auch aufrechterhielten. Er bekäme diesbezüglich „verwirrende Aussagen von verschiedenen Seiten“. Die Beigeladene zu 9. informierte den Kläger daraufhin mit Email vom 2.5.2011, dass der Bewerberkreis noch die beiden MVZ in A-Stadt (der Beigeladenen zu 2. und 5.) sowie Dr. Z. umfasse. Die übrigen Bewerber hätten ihre Bewerbung zurückgenommen. Dr. Z. hatte seine Bewerbung mit Schreiben vom 28.5.2011 zurückgenommen, worüber der ZA den Kläger mit Email vom 1.6.2011 informierte. In dieser Email teilte der Zulassungsausschuss dem Kläger ebenfalls mit, dass die Anträge der MVZ der Beigeladenen zu 2. und 5. nach wie vor vorlägen, jedoch ohne Einigung über den Kaufpreis. Eine entsprechende Einigung und die Bestätigung, dass die Zahlung gesichert sei, sei Voraussetzung für eine Entscheidung des Zulassungsausschusses am 8.6.2011. Der Kläger wurde gebeten, entsprechende Unterlagen spätestens in der Sitzung am 8.6.2011 vorzulegen. Das MVZ könne aber auch zu Protokoll erklären, den Verkehrswert der Praxis zu bezahlen. Auch in diesem Fall könne der Zulassungsausschuss den Antrag verbescheiden. Der Kläger stand jedoch weiterhin ausschließlich mit seinem „Wunschkandidaten“ Dr. Z. im Gespräch, wie sich aus einer Email des Klägers vom 8.6.2011 (11:11 Uhr) an den ZA ergibt. Darin teilt der Kläger dem ZA mit, dass er eben erfahren habe, der Kollege Z. stehe offenbar definitiv nicht mehr für die Übernahme des Sitzes zu Verfügung. Er habe heute einen ersten Brief des MVZ des zu 5. beigeladenen Arztes gefunden, nachdem man in Gespräche eintreten wolle. Aufgrund dieser zeitlichen Konstellation bitte er um Vertagung der Übergabe, ersatzweise beantrage er die Rücknahme des Antrages. In der Antwort-Email des ZA an den Kläger (11:47 Uhr) wies der ZA den Kläger darauf hin, dass kein Grund für eine Vertagung vorliege und er bis spätestens 13:00 Uhr schriftlich mitteilen müsse, ob der Antrag auf Ausschreibung des Vertragsarztsitzes zurückgenommen werde. Zudem wies der ZA den Kläger nochmals darauf hin, dass die Praxis ab 1.8.2011 nicht mehr übergabefähig sei und eine Ausschreibung nicht mehr möglich sei. Daraufhin teilte der Kläger dem ZA in einer weiteren Email vom gleichen Tag mit, er habe nochmals mit dem Kollegen Z. telefoniert. Sollte eine Übertragung auf den Kollegen Z. heute Abend möglich sein, sei er damit einverstanden, dass der Zulassungsausschuss über die Übertragung entscheidet. Sollte dies nicht möglich sein, halte er seinen Antrag auf Vertagung aufrecht. Sollte diesem Antrag nicht stattgegeben werden, bleibe ihm nur, den Antrag auf Übertragung bzw. den Antrag auf Ausschreibung zurückzuziehen. Auf die Bitte des Zulassungsausschusses (Email um 12:58 Uhr) an den Kläger um schriftliche Klarstellung teilte der Kläger mit Email um 13:20 Uhr mit, dass der Antrag auf Ausschreibung zurückgenommen werde, wenn dem Vertagungsantrag nicht stattgegeben werde. Der Zulassungsausschuss gab dem Vertagungsantrag nicht statt, so dass sich das 2. Ausschreibungsverfahren durch die Antragsrückname des Klägers erledigt hat. Hierüber wurde der Kläger durch die Beigeladene zu 9. mit Schreiben vom 10.6.2011 informiert.
Hierzu stellt der Senat fest, dass der Kläger lediglich bereit war, mit dem Arzt Dr. Z. zu verhandeln, obwohl dieser seine Bewerbung bereits am 28.5.2011 zurückgenommen hatte, jedoch nicht mit den MVZ der zu 2. und 5. Beigeladenen. Berechtigte Interessen für dieses Verhalten, mit dem zugleich Vertragsverhandlungen mit den übrigen Bewerbern verweigert wurden, sind nicht erkennbar. Insbesondere hatte der ZA den Kläger darauf hingewiesen, dass eine Erklärung über die Bereitschaft zur Zahlung des Verkehrswertes seitens der MVZ auch in der Sitzung des ZA am 8.6.2011 hätte abgegeben werden können. Diese Möglichkeit hätte der Kläger im Rahmen seiner Verpflichtung, das Nachbesetzungsverfahren zügig durchzuführen, in jedem Fall nutzen und den MVZ die notwendigen Daten zur Verfügung stellen müssen. Dem Kläger war wegen der Hinweise des ZA im Emailverkehr vom 1. und 8.6.2011 bekannt, dass bei einer Erklärung der MVZ in der Sitzung des ZA am 8.6.2011 über eine Bereitschaft, den Verkehrswert zu zahlen, eine Übertragung des Vertragsarztsitzes möglich gewesen wäre. Die Ausführungen des Klägers, die MVZ hätten kein wirkliches Interesse an einer Sitzübernahme gehabt, sondern würden nur jeweils die Übernahme durch ein anderes MVZ blockieren wollen, sind nicht glaubhaft. Zumindest für das MVZ des zu 2. Beigeladenen hat der Beigeladene zu 4. mit Schreiben vom 9.11.2011 gegenüber den Zulassungsgremien einen Übernahmewillen bekräftigt. Hierin erklärt er, die ehemaligen Patienten des Klägers bereits jetzt zu versorgen und nach der Übernahme des Sitzes durch das MVZ die Versorgung im Rahmen einer 10stündigen Anstellung weiterzubetreiben. Dieser Erklärung hätte es nicht bedurft, wenn es an einem Übernahmewillen seitens des MVZ des zu 2. Beigeladenen gefehlt hätte. Der Senat hat auch keinen Zweifel daran, dass dieser Übernahmewille auch während des zweiten Ausschreibungsantrages bestand.
Wichtigstes Indiz dafür, dass der Kläger unzulässigerweise auf das Auswahlverfahren Einfluss genommen hat, ist jedoch die Email des Klägers vom 12.4.2011, in der er mögliche Bewerber zur Rücknahme ihrer Anträge aufforderte und ein „Stoppen“ des Nachfolgeverfahrens für den Fall ankündigte, dass ein MVZ oder ein „im Landkreis vernetzte Kollege“ die Zulassung erhalten solle. Dass die Email authentisch ist, streitet auch der Kläger nicht ab. Zudem haben die Interessenten Dr. R., Dr. L., MVZ L. und das MVZ P-Stadt ihre Bewerbungen im Zeitraum zwischen dem 7. und 12.4.2011 zurückgenommen, genau wie der Kläger es in seiner Email beschreibt. In der Email spricht sich der Kläger ausdrücklich dafür aus, keinem MVZ und keinem im Landkreis vernetzten Kollegen den Sitz zu übertragen. Etwas anderes als eine Absicht, jedenfalls MVZ sowie im Landkreis vernetzte Ärzte vom Nachfolgeverfahren auszuschließen, wie mit klägerischen Schriftsätzen vom 14.10.2016 und 15.3.2017 vorgetragen, ist angesichts des klaren Wortlauts der Email vollkommen lebensfremd und für den Senat nicht glaubhaft. Dass der Kläger in ernsthafte Verhandlungen mit dem MVZ getreten sein soll ist, ist angesichts dieser Email nicht nachvollziehbar und insbesondere auch nicht näher im Hinblick auf konkrete Bewerber und Kontaktdaten dargelegt worden. Einer solchen Darlegung hätte es aber zur Aufrechterhaltung seines Nachbesetzungsrechts seitens des Klägers bedurft, um angesichts des klaren Wortlautes der Email vom 12.4.2011 ernsthafte Verhandlungen mit den MVZ nachzuweisen.
Soweit der Kläger einen ernsthaften Übernahmewillen der MVZ der zu 2. und 5. Beigeladenen verneint, da diese aus seiner Sicht mit ihrer Bewerbung nur den jeweils anderen hätten blockieren wollen, wurden hierfür keine schlüssigen Gründe benannt. Als Beweis sieht der Kläger lediglich die Email des Beigeladenen zu 3. vom 12.4.2011, eine Reaktion auf die Email des Klägers vom gleichen Tag. Hierin führt der Beigeladene zu 3. aber gerade nur aus, dass nach aktueller Auskunft der Beigeladenen zu 9. weiterhin das MVZ des Beigeladenen zu 5. sowie drei weitere Bewerber im Rennen seien und „wir“, d.h. das MVZ des zu 2. Beigeladenen ihre Bewerbung aufrechthielten. Hieraus die Aussage zu entnehmen, die Bewerbung des MVZ des zu 2. Beigeladenen werde nur deshalb aufrechterhalten, da noch andere Bewerber im Rennen seien, entbehrt jeder Grundlage.
Durch das vorgenannte Verhalten hat der Kläger unzulässiger Weise Einfluss auf die Auswahlentscheidung des Zulassungsausschusses nehmen wollen, indem er mit ihm unliebsamen Bewerbern (Beigeladene zu 2. und 5.) schon nicht in Verhandlungen über den Kaufpreis getreten ist und diese sowie weitere Bewerber zur Rücknahme ihrer Bewerbungen aufgefordert hat. Vor diesem Hintergrund ist das Nachbesetzungsrecht des Klägers bereits mit der ersten – spätestens aber mit der Rücknahme des zweiten Ausschreibungsantrages erloschen.
Der Kläger konnte somit keine nachvollziehbaren und schlüssigen Gründe nennen, die dazu führen würden, entgegen dem Grundsatz der Beendigung des Ausschreibungsverfahrens mit der Rücknahme des Antrages auf Ausschreibung weiterhin von einem Nachbesetzungsrecht des Klägers auszugehen. Damit ist das Nachbesetzungsverfahren spätestens mit der Rücknahme des zweiten Antrages erloschen, zumal – hier nicht vorliegende – Unklarheiten, warum der Antrag zurückgenommen und ein erneuter Antrag gestellt wurde, zulasten des Arztes gehen.
c. Es verbleibt daher bei dem Grundsatz, dass das Nachbesetzungsverfahren mit der Rücknahme des ersten Antrages, spätesten jedoch mit Rücknahme des zweiten Antrages beendet war. Der Kläger beantragte mit Email vom 10.6.2011 die dritte, neuerliche Ausschreibung des Vertragsarztsitzes. Zu diesem Zeitpunkt bestand jedoch kein Nachbesetzungsrecht des Klägers mehr, da das Nachbesetzungsverfahren beendet war.
Der Beklagte hat daher im Ergebnis zutreffend die Anträge der Bewerber auf Anstellung bzw. Zulassung abgewiesen.
Die Berufung war daher sowohl in den Haupt- als auch im Hilfsantrag abzuweisen und der Feststellungsantrag zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht erkennbar (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).