Strafrecht

Entziehung der Fahrerlaubnis – gelegentlicher Cannabiskonsum

Aktenzeichen  B 1 S 17.119

Datum:
6.3.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 111560
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
StVG § 3
FeV § 11 Abs. 7, § 14

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Nach Mitteilung der Polizeiinspektion … vom 05.10.2016 wurde der Antragsteller am 07.09.2016 als Fahrer eines Pkw einer Verkehrskontrolle unterzogen. Wegen drogentypischer Auffälligkeiten wurde dem Antragsteller eine Blutprobe entnommen, in der nach dem rechtsmedizinischen Gutachten des Universitätsklinikums Bonn vom 20.09.2016 THC in einer Konzentration von 19,8 ng/ml und THC-COOH in einer Konzentration von 73,1 ng/ml nachgewiesen wurden, was für einen Konsum, zeitnah zur Probeentnahme spreche. Aus rechtsmedizinischer Sicht könne davon ausgegangen werden, dass zum Vorfallszeitpunkt eine Wirkung i.S.d. § 24a StVG vorgelegen habe, wobei die im Polizeibericht angegebenen Auffälligkeiten auch auf eine Fahrunsicherheit hindeuten könnten.
Die Staatsanwaltschaft … teilte der Fahrerlaubnisbehörde mit, dass das Verfahren zur Verfolgung einer Ordnungswidrigkeit an die Verwaltungsbehörde abgegeben worden sei.
Das Landratsamt forderte den Antragsteller mit Schreiben vom 13.10.2016 auf, ein ärztliches Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung beizubringen. Das daraufhin erstellte Gutachten des TÜV Hessen vom 21.11.2016 kommt zu dem Ergebnis, dass die Untersuchung keinen Hinweis auf aktuellen Drogenkonsum ergeben habe, das frühere Konsumverhalten sei als gelegentliche Einnahme von Cannabis zu bezeichnen. Im Rahmen der Untersuchung hatte der Antragsteller angegeben, unter dem Einfluss seines Freundeskreises mit 19 Jahren mit dem Konsum von Cannabis begonnen zu haben; zuletzt habe er dreimal wöchentlich Joints geraucht. Am 07.09.2016 habe er ca. eine halbe Stunde vor Fahrtantritt bei einem Freund gekifft. Seitdem verzichte er auf Cannabiskonsum.
Mit sofortvollziehbarem Bescheid vom 03.02.2017 entzog das Landratsamt … dem Antragsteller die Fahrerlaubnis der Klassen B, AM und L, verpflichtete ihn, den Führerschein innerhalb einer Kalenderwoche nach Zustellung des Bescheides beim Landratsamt abzugeben und drohte für den Fall der Nichteinhaltung dieser Verpflichtung ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR an.
Zur Begründung führte das Landratsamt im Wesentlichen aus, dass die Fahrerlaubnis zu entziehen sei, wenn sich jemand als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweise. Die Fahreignung sei nicht mehr gegeben, wenn der Betreffende wegen einer Erkrankung oder einem Mangel nicht mehr in der Lage sei, ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Verkehr sicher zu führen oder sonst gegen Strafgesetze erheblich oder wiederholt verstoßen habe. Wer Betäubungsmittel nehme oder von ihnen abhängig sei, sei nicht in der Lage, den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen gerecht zu werden. Der Antragsteller habe am 07.09.2016 ein Kraftfahrzeug geführt mit dem Wissen, zuvor Cannabisprodukte eingenommen zu haben. Bei gelegentlicher Einnahme von Cannabisprodukten sowie fehlendem Trennvermögen von Konsum von Betäubungsmitteln und dem Führen eines Kraftfahrzeuges liege regelmäßig keine Fahreignung vor. Der gelegentliche Cannabiskonsum des Antragstellers in der Vergangenheit sei durch das Gutachten des TÜV Hessen ermittelt worden. Eine Fahrerlaubnis sei zwingend zu entziehen, wenn gelegentlicher Cannabiskonsum und eine Fahrt unter Einfluss von Cannabis mit einem THC-Wert von mehr als 2,0 ng/ml – nach neuerer Rechtsprechung sogar bereits einem Wert von mehr als 1,0 ng/ml – gegeben seien. Beide Voraussetzungen seien hier erfüllt. Die Fahrerlaubnis sei deshalb zwingend zu entziehen.
Weiter wird die Anordnung des Sofortvollzuges, die Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheins und die Androhung des Zwangsgeldes begründet.
Mit Schriftsatz vom 15.02.2017 erhob der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers Klage gegen diesen Bescheid zum Verwaltungsgericht Bayreuth und beantragte gleichzeitig:
Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 03.02.2017 wird wiederhergestellt.
Entgegen dem angefochtenen Bescheid sei der Antragsteller in der Lage, ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr sicher zu führen. In dem vorgelegten fachärztlichen Gutachten sei festgestellt worden, dass auch nach wiederholten und kurzfristig anberaumten Urinanalysen kein Hinweis auf Drogenkonsum vorliege und deshalb von nachgewiesener Drogenfreiheit auszugehen sei. Auch liege keine gelegentliche Einnahme von Cannabis vor. Der Antragsteller habe aufgrund des Vorfalls am 07.09.2016 jeglichen Konsum völlig eingestellt. Das Vorgehen der Behörde verwundere. Der Drogenkonsum des Antragstellers sei aufgrund der Fahrt vom 07.09.2016 bekannt gewesen. Dennoch habe das Landratsamt ein fachärztliches Gutachten gefordert. Dieser Aufforderung sei der Antragsteller nachgekommen; es habe ergeben, dass seit dem 07.09.2016 von völliger Drogenfreiheit auszugehen sei und gerade nicht von Drogenkonsum oder Abhängigkeit. Der Antragsteller sei auch ausdrücklich bereit, weiter Urinproben zum Nachweis seiner Drogenfreiheit abzugeben.
Das Landratsamt legte die Behördenakten vor und beantragte mit Schriftsatz vom 22.02.2017:
Der Antrag wird abgewiesen.
Der Antragsteller übersehe, dass entscheidend für die Fahrerlaubnisentziehung sei, dass er bei seiner Drogenfahrt gelegentlicher Cannabiskonsument gewesen sei. Genau dieser Umstand sei durch das Facharztgutachten belegt worden. Der Antragsteller habe seinen Drogenkonsum und das Führen von Kraftfahrzeugen nicht trennen können und sei deshalb ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen. Die Fahrerlaubnis habe deshalb zwingend entzogen werden müssen.
Wegen der Einzelheiten wird auf das Vorbringen der Beteiligten und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.
II.
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. anordnen. Bei der Entscheidung hat das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen, bei der entsprechend § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung abzuwägen. Dabei sind auch die überschaubaren Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist der vorliegende Antrag abzulehnen, da die Klage des Antragstellers nach summarischer Überprüfung keine Aussicht auf Erfolg haben dürfte. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides wiegt insoweit schwerer als das Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage.
Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde dem Inhaber einer Fahrerlaubnis, der sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, die Fahrerlaubnis zu entziehen. Das gilt nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach der Anlage 4 zu §§ 11,13 und 14 FeV (im Folgenden: Anlage 4) vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Gemäß Nummer 9.2.2 der Anlage 4 kann bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis die Fahreignung nur dann bejaht werden, wenn Konsum und Fahren getrennt werden, kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen stattfindet und wenn keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorliegen. Diese Bewertung gilt nach der Nummer 3 der Vorbemerkungen zu dieser Anlage für den Regelfall.
Danach wurde dem Antragsteller die Fahrerlaubnis zu Recht entzogen, ohne dass vorher noch ein medizinisch-psychologisches Gutachten einzuholen gewesen wäre (§ 11 Abs. 7 FeV). Der Antragsgegner geht zutreffend von gelegentlichem Cannabiskonsum des Antragstellers im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 (1.) sowie davon aus, dass das Führen eines Kraftfahrzeugs unter Cannabiseinfluss am 07.09.2016 den Schluss rechtfertigt, dass der Antragsteller entgegen den Anforderungen dieser Bestimmung nicht hinreichend zuverlässig zwischen einem seine Fahrtüchtigkeit beeinträchtigenden Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennt (2.).
1. Der Antragsteller war nach Aktenlage zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt gelegentlicher Konsument von Cannabis (Nr. 9.2.2 der Anlage 4). Nach einhelliger Auffassung in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist die Gelegentlichkeit des Cannabiskonsums ein Tatbestandsmerkmal, für das die Fahrerlaubnisbehörde nach dem sog. Günstigkeitsprinzip die materielle (und objektive) Beweislast trägt, mit der Folge, dass eine etwaige Nichterweislichkeit zu ihren Lasten geht (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 13.5.2013 – 11 ZB 13.523; B.v. 28.05.2013 – 11 ZB 13.607). Diesem Umstand hat der Antragsgegner durch die Anforderung eines ärztlichen Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle Rechnung getragen und die Richtigkeit der Annahme gelegentlichen Konsums belegt.
Eine Legaldefinition des Begriffs „gelegentliche“ Einnahme von Cannabis enthalten weder die Fahrerlaubnis-Verordnung selbst noch die Materialen hierzu. Auch die Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, auf denen die Anlage 4 maßgeblich beruht (vgl. BVerwG, U.v. 14.11.2013 – C 32.12 – BVerwGE 148, 230 Rn. 19), äußern sich dazu nicht.
Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung ist unter „regelmäßiger Einnahme“, die die Fahreignung per se – d.h. ohne dass weitere tatbestandliche Merkmale hinzukommen müssen – ausschließt, die tägliche oder nahezu tägliche Einnahme von Cannabis zu verstehen (vgl. BVerwG, U.v. 26.2.2009 – 3 C 1.08 – BVerwGE 133, 186; U.v. 23.10.2014 – 3 C 3/13). Ausgehend davon und unter Berücksichtigung des Wortsinns des Begriffs „gelegentlich“ – ergibt sich, dass eine solche Einnahme eine geringere Konsumfrequenz voraussetzt als ein „regelmäßiger“ Konsum, nach der Zahl der Konsumvorgänge aber mehr erfordert als einen nur einmaligen Konsum, sog. „Probierkonsum“ (vgl. dazu BVerfG, Kammerbeschluss vom 20.6.2002 – 1 BvR 2062/96 – NJW 2002, 2378; BVerwG, U.v. 26.2.2009 a.a.O.). Dementsprechend wird in der ganz überwiegenden verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 23.10.2014 a.a.O.; BayVGH, B.v. 03.08.2016 – 11 CS 16.1036; B.v. 6.5.2013 – 11 CS 13.425; B.v. 4.11.2008 – 11 CS 08.2576; OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 16.6.2009 – 1 S 17/09 – NZV 2010,531; OVG Lüneburg, B.v. 7.6.2012 – 12 ME 31/12; OVG Münster, B.v. 20.3.2014 – 16 E 1074/13) die Auffassung vertreten, dass eine „gelegentliche“ Einnahme von Cannabis bereits bei zwei selbstständigen Konsumvorgängen anzunehmen ist. Die einzelnen Konsumvorgänge müssen allerdings, damit sie als „gelegentliche“ Einnahme von Cannabis im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 gewertet werden können, einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen.
Diese Voraussetzungen liegen vor. Der im Zeitpunkt der Begutachtung 20-jährige Antragsteller hat laut Gutachten vom 21.11.2016 selbst angegeben, dass er mit 19 Jahren mit dem Konsum von Cannabis begonnen und zuletzt dreimal wöchentlich Joints geraucht habe, so dass von gelegentlichem Konsum auszugehen ist. Die eigenen Angaben belegen damit sowohl ein Konsumverhalten, das der obigen Definition entspricht, als auch den engen zeitlichen Zusammenhang zwischen den verschiedenen Konsumvorgängen. Dafür, dass diese Annahme zutrifft, spricht auch der in der Blutprobe nachgewiesene Wert von 73,1 ng/ml THC-COOH.
2. Ein gelegentlicher Konsument von Cannabis trennt dann nicht in der gebotenen Weise zwischen diesem Konsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs, wenn er fährt, obwohl angesichts des bei ihm festgestellten THC-Werts eine hierdurch bedingte Beeinträchtigung seiner Fahrtüchtigkeit nicht auszuschließen ist (st. Rspr., zuletzt BVerwG, U.v. 23.10.2014 a.a.O.; BayVGH, B.v. 3.8.2016 – 11 CS 16.1036; B.v.18.4.2016 – 11 ZB 16.285). Das ist hier der Fall, worauf auch im Gutachten des Universitätsklinikums Bonn vom 13.09.2016 hingewiesen wird. Nachdem der beim Antragsteller nachgewiesene THC-Wert von 19,8 ng/ml weit darüber liegt, bedarf es hier keiner Auseinandersetzung mit der z.T. in der Rechtsprechung diskutierten Frage, ob die Fahreignung erst bei 2,0 ng/ml oder bereits bei 1,0 ng/ml beeinträchtigt ist.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in jüngeren Entscheidungen (B.v. 27.10.2016 – 11 CS 16.1388, B.v. 14.9.2016 – 11 CS 14.1467 und B.v. 29.8.2016 – 11 CS 16.1460 – alle juris) die Frage aufgeworfen, ob in Fällen, in denen die erstmalige Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr mit einem Kraftfahrzeug unter Cannabiseinfluss nicht zu einer Entziehung der Fahrerlaubnis durch ein Strafgericht geführt hat, die Fahrerlaubnis nach § 11 Abs. 7 FeV entzogen werden muß oder ob entsprechend dem Vorgehen bei fahrerlaubnisrechtlichem Alkoholmissbrauch (§ 13 FeV i.V.m. Nr. 8.1 der Anlage 4) nur eine medizinisch-psychologische Untersuchung nach § 14 Abs. 1 Satz 3 StVO angeordnet werden kann. Er hat dabei insbesondere hervorgehoben, dass keinerlei Anwendungsbereich für § 14 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 FeV bliebe, wonach die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen sei, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a StVG begangen worden seien (vgl. BayVGH, B.v. 29.8.2016 – 11 CS 16.1460 – juris), wenn bereits der erstmalige Verstoß gegen das Trennungsgebot bei gelegentlichem Cannabiskonsum zur sofortigen Entziehung der Fahrerlaubnis führen würde. Diese Frage kann aber nach Auffassung des Gerichts hier offen bleiben, da dies weder vom Antragsteller selbst behauptet wurde und auch sonst keinerlei Anhaltspunkte dafür erkennbar sind, dass der Antragsteller am 07.09.2016 erstmals gegen das Trennungsgebot verstoßen hat. Damit hatte weder die Behörde noch das Gericht Anlass, dieser Frage nachzugehen. Hätte es sich um seine erste Drogenfahrt gehandelt, hätte es dem Antragsteller oblegen, unter genauer Schilderung aller konkreten Einzelumstände (z.B. warum es nach dem Konsum ausnahmsweise zu der Drogenfahrt gekommen ist, welche Vorkehrungen er sonst zur Vermeidung einer Drogenfahrt getroffen hat etc.) die Erstmaligkeit dieses Verstoßes darzulegen. Dies hat er nicht getan (vgl. dazu die ständige Rechtsprechung zu der Behauptung erstmaligen Cannabiskonsums und anschließender Verkehrsteilnahme, z.B. BayVGH, B.v. 25.1.2016 – 11 CS 15.2480, VGH BW, B.v. 22.7.2016 – 10 S 738/16; OVG NW, B.v. 12.3.2012 – 16 B 1294/11 – alle juris). Letztlich wäre ein derartiger Vortrag angesichts der Umstände, die zu der Drogenfahrt geführt haben, und seines doch recht häufigen Cannabiskonsums auch wenig glaubhaft. Damit war die Fahrerlaubnis zwingend zu entziehen, nachdem keinerlei Anhaltspunkte für ein Abweichen vom Regelfall ersichtlich sind.
Da – wie bereits mehrfach ausgeführt – die Entziehung der Fahrerlaubnis bei einem ungeeigneten Fahrerlaubnisinhaber zwingend zu erfolgen hat und nicht im Ermessen der Behörde steht, sind weder Auflagen, wie die angebotene Vorlage weiterer Urinuntersuchungen möglich, noch kann der Umstand berücksichtigt werden, dass der Antragsteller zum Erreichen seiner Arbeitsstelle auf eine Fahrerlaubnis angewiesen ist.
Soweit der Antragsteller meint, der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, weil er seit seiner Drogenfahrt am 07.09.2016 Drogenabstinenz einhält verkennt er, dass der durch das Führen eines Kraftfahrzeuges unter Drogeneinfluss deutlich gewordene charakterlich-sittliche Eignungsmangel (vgl. BVerfG, B.v. 20.6.2002 – 1 BvR 2062/96 – NJW 2002, 2378; BVerwG U.v. 23.10.2014 – 3 C 3/13) nicht bereits dadurch geheilt ist, dass der Betreffende unter dem Druck des Fahrerlaubnisentziehungsverfahrens Wohlverhalten zeigt. Seine Fahreignung kann erst dann wieder als gegeben angenommen werden kann, wenn er langfristig Drogenabstinenz und einen nachhaltigen Einstellungswandel nachweisen kann. Dafür genügt bereits die seit der Drogenfahrt verstrichene Zeit nicht.
Der angefochtene Bescheid lässt auch keine formellen Mängel erkennen. Insbesondere begegnet die Anordnung der sofortigen Vollziehung im angefochtenen Bescheid keinen Bedenken. Nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs reicht es bei einer Fahrerlaubnisentziehung aus, die für den Fall typische Interessenlage aufzuzeigen; die Darlegung besonderer zusätzlicher Gründe für die Erforderlichkeit der sofortigen Vollziehung ist nicht geboten (st. Rspr., so z.B. BayVGH, B.v. 10.10.2011 – 11 CS 11.1963; B.v. 24.08.2010 – 11 CS 10.1139 – Rn. 29; B.v. 25.05.2010 – 11 CS 10.227 – Rn. 12; VGH BW, B.v. 24.01.2012 – 10 S 3175/11). Dem werden die Ausführungen in der Begründung des Bescheides gerecht. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht bei der Entscheidung über einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO eine eigenständige Interessenabwägung vorzunehmen, bei der in der Regel das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Fahrerlaubnisentzugs schwerer zu gewichten ist als das private Interesse des Antragstellers, vorerst weiter am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen zu dürfen, selbst bei beruflicher Betroffenheit.
Nach allem ist der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Die Höhe des Streitwerts richtet sich nach § 63 Abs. 2, § 53 Abs. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG in Verbindung mit Nr. 1.5 und 46.3 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (s. NVwZ-Beilage 2013, 57).

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