Arbeitsrecht

Verschiedene Angelegenheiten iSd RVG hinsichtlich Eigentümer und davon personenverschiedenem Betreuer in der Nutztierhaltung

Aktenzeichen  M 18 M 16.5623

Datum:
13.2.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 143745
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO §§ 164, 151

 

Leitsatz

1 Werden der Eigentümer einer Nutztierhaltung und der davon personenverschiedene verantwortliche Betreuer der Nutztierhaltung tierschutzrechtlich in Anspruch genommen, handelt es sich um zwei Angelegenheiten iSv § 7 RVG. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2 Allein die aus Gründen der Prozessökonomie und aufgrund des gleichen Bevollmächtigten gemeinsame Verhandlung begründet nicht das Vorliegen (nur) einer Angelegenheiten iSv § 7 RVG. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
3 Bei Klageverfahren und Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO handelt es sich – auch wenn sie den gleichen Bescheid betreffen – um verschiedene Angelegenheiten. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin/Antragstellerin und Erinnerungsführerin trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens.
Gerichtsgebühren werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Die Erinnerungsführerin ist Eigentümerin des landwirtschaftlichen Anwesens S. 2 in der Gemeinde R.. Sie betrieb dort eine Milchvieh- und Mutterkuhhaltung. Betriebsleiter und Betreuer der Tiere war ihr Sohn.
Bezüglich der Rinderhaltung erließ das Landratsamt Landsberg/Lech (Landratsamt) sowohl gegen die Erinnerungsführerin wie auch gegen ihren Sohn verschiedene tierschutz- und tierseuchenrechtliche Bescheide, gegen die die Erinnerungsführerin und ihr Sohn jeweils gerichtlichen Rechtschutz in Anspruch nahmen.
Am 22. April 2014 erhob sie Klage gegen den tierschutzrechtlichen Auflagenbescheid vom 21. März 2014 (M 18 K 14.1696), am 9. Mai 2014 Klage und Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen den Bescheid vom 7. April 2014, mit dem weitere Zwangsgelder angedroht wurden (M 18 S 14.2009, M 18 K 14.2010), am 4. Juli 2014 Klage gegen den Bescheid vom 30. Mai 2014, mit dem ihr das Halten und Betreuen von Rindern untersagt und die Auflösung des Rinderbestandes angeordnet wurde (M 18 K 14.2836) und am 3. Oktober 2014 Klage und Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen den Änderungsbescheid des Beklagten vom 3. September 2014, mit dem der Bescheid vom 30. Mai 2014 in Ziff. 5 und 6 hinsichtlich der angedrohten Zwangsmittel geändert wurde (M 18 K 14.4529, M 18 S 14.4530).
Zudem wurden zwei weitere Eilverfahren mit Beschlüssen des Verwaltungsgerichts München vom 9. Juli 2014 (M 18 S 14.1697) und vom 18. August 2014 (M 18 S 14.2843) entschieden.
Der für die mündliche Verhandlung der bis dahin noch nicht entschiedenen Streitsachen für den 18. Februar 2015 angesetzte Termin musste aufgrund der kurzfristigen Mandatierung des Bevollmächtigten der Erinnerungsführerin abgesetzt werden.
In der mündlichen Verhandlung am 15. April 2015 wurden die Streitsachen der Erinnerungsführerin und ihres Sohnes verhandelt. Zu diesem Termin erschienen sowohl die Erinnerungsführerin wie auch ihr Sohn persönlich mit ihrem Bevollmächtigten.
Bezüglich des Ausgangs der oben genannten Verfahren, die zurückgenommen oder erledigt erklärt wurden, wird auf die in den beigezogenen Verfahrensakten enthaltene Niederschrift Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 19. Juli 2016 beantragte der Bevollmächtigte der Erinnerungsführerin beim Verwaltungsgericht München die Festsetzung der sich aus der Kostenrechnung ergebenden Vergütung seiner Tätigkeit in den oben genannten Verfahren. Seine Mandatierung sei am 13. Februar 2015 erfolgt, wie aus der beigefügten, von der Erinnerungsführerin unterschriebenen Vollmacht ersichtlich sei. Auf die Kostenrechnung vom 11. Mai 2015 habe sie trotz Aufforderung keine Zahlungen geleistet.
Auf die Anhörung der Urkundsbeamtin des Gerichts vom 20. September 2016 zu möglichen Einwendungen zu dem Antrag ihres Rechtsanwaltes äußerte sich die Erinnerungsführerin nicht.
Mit Beschluss vom 17. November 2016, gegen Postzustellungsurkunde zugestellt am 19. November 2016, setzte die Urkundsbeamtin den von der Erinnerungsführerin ihrem Bevollmächtigten geschuldeten gesetzlichen Vergütungsanspruch auf 2.213,12 EUR zuzüglich Zinsen ab dem 20. Juli 2016 fest.
Mit Beschluss gleichen Datums wurde die von ihrem Sohn dem Bevollmächtigten geschuldete Vergütung auf 3.075,47 EUR zuzüglich Zinsen festgesetzt.
Mit Schreiben vom 5. Dezember 2016, beim Verwaltungsgericht München eingegangen am gleichen Tag, wandte sich die Erinnerungsführerin gegen den Beschluss vom 17. November 2016.
Zur Begründung trug sie vor:
Ihre gerichtlichen Verfahren seien mit den Gerichtsverfahren ihres Sohnes in der Hauptverhandlung zusammengelegt und gleichzeitig verhandelt worden. Ihre und die Verfahren ihres Sohnes seien identisch und könnten von dem Rechtsanwalt nicht doppelt abgerechnet werden. Auch der Richter habe in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass durch voreiliges Handeln der Behörde es nichts mehr zu entscheiden gäbe und er habe einen Vergleich angeboten, wonach sich bei einer Klagerücknahme die Kosten für die jeweiligen Kläger auf ein Drittel ermäßigen würden. Diese Reduzierung habe das Gericht auch dem Bevollmächtigten hinsichtlich seiner Honorarforderung vorgeschlagen, der hiermit einverstanden gewesen sei.
Durch die Vorwegnahme der gerichtlichen Entscheidung gebe es nichts mehr zu entscheiden und auch keinen Streitwert. Schließlich habe der Anwalt eine Schadensersatzklage entgegen des Auftrages bisher nicht eingereicht; das Verfahren sei daher nicht abgeschlossen. Es werde vorgeschlagen, im Wege eines außergerichtlichen Vergleichs dem Anwalt einmalig für die Verfahren von Mutter und Sohn 2.213,12 EUR zu bezahlen. Für eine Doppelforderung fehle die Gegenleistung.
Der Rechtsanwalt äußerte sich mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2016 und führte aus: Bei allen Verfahren habe es sich um getrennte, mittlerweile abgeschlossene Streitgegenstände gehandelt, denen verschiedene Angelegenheiten zugrunde gelegen hätten. Mit der Erhebung einer Schadensersatzklage sei er nie beauftragt worden; dieses Verfahren verwechsle die Erinnerungsführerin offensichtlich mit ihrem noch beim Verwaltungsgericht München anhängigen Verfahren wegen der Kosten für die Wegnahme und Unterbringung der Rinder.
Schließlich seien sowohl sie wie auch ihr Sohn bei der Verhandlung persönlich anwesend gewesen. Ein Vergleich, wonach er seine Honorarforderung auf ein Drittel reduzieren würde, sei weder vom Gericht vorgeschlagen, noch von ihm akzeptiert worden. Angesprochen worden sei nur eine Reduzierung der Gerichtskosten auf ein Drittel im Fall einer Antrags- oder Klagerücknahme.
Die Urkundsbeamtin half der Erinnerung nicht ab und legte sie am 14. Dezember 2016 dem Richter zur Entscheidung vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte aus diesem Verfahren sowie den Verfahren M 18 S 14.2007, M 18 K 14.2008, M 18 K 14.1685, M 18 S 14.4326, M 18 K 14.4328, M 18 K 14.2845, M 18 S 14.2009, M 18 K 14.2010, M 18 K 14.1696, M 18 S 14.4530, M 18 K 14.2836 und M 18 K 14.4529 Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Entscheidung des Gerichts ist statthaft (§§ 165, 151 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO) und innerhalb der Frist von 2 Wochen nach Bekanntgabe des Vergütungsfestsetzungsbeschlusses bei Gericht eingegangen.
Die Erinnerung hat aber in der Sache keinen Erfolg; die Vergütung wurde zutreffend und entsprechend den gesetzlichen Vorgaben festgesetzt.
Die Erinnerungsführerin wendet sich vor allem dagegen, dass ihr Bevollmächtigter sowohl von ihr wie auch von ihrem Sohn Kosten für die Vertretung in den oben genannten Verfahren verlangt.
Die Vergütung eines Rechtsanwaltes richtet sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Dabei erhält der Rechtsanwalt gemäß § 7 Abs. 1 RVG die Gebühren nur einmal, wenn er in derselben Angelegenheit für mehrere Auftraggeber tätig wird. Dies ist bei den Streitverfahren der Erinnerungsführerin sowie ihres Sohnes nicht der Fall; ihr Bevollmächtigter wurde vielmehr in verschiedenen Angelegenheiten tätig.
Auch wenn es in allen Verfahren im weitesten Sinn um die Rinderhaltung der Erinnerungsführerin ging, wurden sie und ihr Sohn durch die jeweils angefochtenen Bescheide des Beklagten in unterschiedlicher Weise in Anspruch genommen; die Erinnerungsführerin als Eigentümerin der Rinderhaltung und ihr Sohn als verantwortlicher Betreuer. Damit war bereits eine unterschiedliche Interessenlage und Betroffenheit der Erinnerungsführerin einerseits und ihres Sohnes andererseits gegeben. Dementsprechend wurde auch in allen Verfahren von den Parteien getrennt Klage erhoben bzw. eine Eilentscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO beantragt. Die Verfahren wurden zwar aus Gründen der Prozessökonomie und aufgrund des gleichen Bevollmächtigten gemeinsam verhandelt, jedoch getrennt erledigt. Von derselben Angelegenheit kann insoweit nicht ausgegangen werden (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, VV 1008, Rn. 4). Schon vom Wortlaut des § 17 Nr. 4c RVG handelt es sich bei Klageverfahren und Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO – auch wenn sie den gleichen Bescheid betreffen – um verschiedene Angelegenheiten (vgl. auch VG Aachen, B.v. 13.1.2016 – 5 L 295/15 – juris).
Damit steht die Vergütung, die sich – entsprechend der für die jeweiligen Verfahren festgesetzten Streitwerte – auch der Höhe nach von der gegen ihren Sohn festgesetzten Vergütung unterscheidet, dem Klägerbevollmächtigte wie gefordert und festgesetzt zu.
Nicht richtig ist das Vorbringen der Erinnerungsführerin, dass das Gericht den Hinweis gegeben hätte, dass es „nichts mehr zu entscheiden gäbe, da die Behörde in dem Verfahren dem Gericht vorgegriffen habe“ und es somit auch keinen Streitwert zur Bemessung eines Honorars mehr gebe. Wie aus dem Protokoll über die mündliche Verhandlung ersichtlich ist, wurden alle Streitsachen der Erinnerungsführerin sachlich und rechtlich erörtert, auch wenn sie sich teilweise durch die Wegnahme der Tiere sowie durch Zeitablauf erledigt hatten bzw. aufgrund obergerichtlich bestätigter vorangegangener Entscheidungen des Verwaltungsgerichts im Eilverfahren eine Fortsetzungsfeststellungsklage nicht erfolgreich gewesen wäre.
Insbesondere zur Einsparung von Gerichtskosten und im Hinblick auf das noch laufende Strafverfahren gegen die Erinnerungsführerin wurden nach Erörterung der Streitsachen diese durch die Erinnerungsführerin und ihren Bevollmächtigten erledigt erklärt oder zurückgenommen.
Erst mit den daraufhin ergehenden Einstellungsbeschlüssen wurden die gerichtlichen Verfahren beendet. Eine automatische Beendigung der Gerichtsverfahren ist nicht schon durch die Wegnahme der Tiere erfolgt.
Der Verzicht auf die Beitreibung von gegen die Erinnerungsführerin festgesetzten Zwangsgeldern war ein von dem Gericht vorgeschlagenes Entgegenkommen des Beklagten, das keine Auswirkungen auf den festgesetzten Streitwert oder die Gebührenhöhe des Bevollmächtigten hat.
Im Übrigen wurde diesbezüglich auch kein Vergleich geschlossen, sondern die Erinnerungsführerin hat diesbezüglich die Klage und den Eilantrag vor Schluss der mündlichen Verhandlung zurückgenommen, was zu einer Reduzierung der Gerichtsgebühren um 2/3 führte.
Es trifft nicht zu, dass das Gericht – auch im Hinblick auf das Honorar des bevollmächtigten Rechtsanwalts – eine Reduzierung von dessen Honorarforderung auf 1/3 vorgeschlagen und der Bevollmächtigte hiermit sein Einverständnis erklärt hat.
Der Hinweis des Gerichts auf die Ermäßigung der Gebühren im Fall der Klagebzw. Antragsrücknahme bezog sich ausdrücklich auf die Gerichtsgebühren bei Ergehen einer gerichtlichen Entscheidung oder einer Rücknahme.
Das Honorar des Bevollmächtigten der Erinnerungsführerin wurde zu keiner Zeit in der mündlichen Verhandlung angesprochen und ist auch zunächst eine Angelegenheit zwischen einer Partei und ihrem Rechtsanwalt.
Da die von der Erinnerungsführerin gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss vorgebrachten Einwendungen nicht durchgreifen, war die Erinnerung mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuwiesen.
Gerichtsgebühren werden in dem Verfahren gemäß § 66 Abs. 8 Gerichtskostengesetz (GKG) nicht erhoben.
Zuständig für die Entscheidung war der Berichterstatter gemäß § 87a VwGO (vgl. Eyermann, VwGO, § 87a, Rn. 12).

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