Handels- und Gesellschaftsrecht

Anspruch auf Entschädigung wegen bauablaufbezogener Störungen

Aktenzeichen  1 HK O 1976/12

Datum:
8.2.2017
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Memmingen
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB BGB § 295, § 305c Abs. 2, § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 631 Abs. 1, § 642 Abs. 1, Abs. 2, § 649 S. 2
ZPO ZPO § 287 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Ein Anspruch nach § 642 Abs. 1 BGB kommt in Betracht, wenn das Baugrundstück nicht rechtzeitig zur Verfügung gestellt wird und der Besteller sich deshalb in Verzug mit der Annahme befindet. (redaktioneller Leitsatz)
2. Es genügt gem. § 295 BGB ein wörtliches Angebot, wenn eine Mitwirkungshandlung erforderlich ist. Ein solches Angebot kann der Behinderungsanzeige und der Vorhaltung der Arbeitskräfte entnommen werden. (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Ausschluss von Entschädigungsansprüchen aufgrund von üblichen Bauablaufstörungen durch allgemeine Geschäftsbedingungen verstößt ohne anderweitigen Ausgleich als unangemessene Benachteiligung des Unternehmers gegen § 307 Abs. 1 BGB, soweit davon auch eine Behinderung von 5 Wochen bei einer geplanten Bauzeit von weniger als 4 Monaten umfasst ist.  (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Berechnung des Entschädigungsanspruchs bestimmt sich nach der während des Annahmeverzugs entgangenen Vergütung unter Berücksichtigung der ersparten Aufwendungen sowie der Vorteile aus der anderweitigen Verwendung der Arbeitskraft und nicht nach den Vorhaltekosten. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 88.342,44 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 30.10.2010 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 950,15 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 10.01.2013 zu zahlen.
II. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 30% und die Beklagte 70%.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Gründe

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.
Die Klage ist in Höhe von 88.342,44 € begründet, weil die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch aus § 642 BGB in Höhe von 79.526,00 € Entschädigung für unnütz bereit gehaltenes Kapital und Arbeitskraft, 4.500,00 € Entschädigung für allgemeine Gemeinkosten und 1.621 € für Baustellengemeinkosten zusteht sowie ein Anspruch aus § 631 Abs. 1 BGB in Höhe von 2.695,44 € restliche Vergütung für vereinbarungsgemäß erbrachte Bauleistungen.
I.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus § 642 BGB in Höhe von 85.647,00 €.
1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte dem Grunde nach einen Anspruch aus § 642 Abs. 1 BGB i. V. m. § 6 Abs. 6 S. 2 VOB/B.
a) Nach § 642 Abs. 1 BGB kommt ein Entschädigungsanspruch des Unternehmers in Betracht, wenn sich der Besteller deshalb in Verzug der Annahme befindet, weil er das Baugrundstück für die Leistung des Auftragnehmers nicht rechtzeitig aufnahmebereit zur Verfügung stellt (BGH, BauR 2003, 531 Tz. 8, zitiert nach Juris). Der Entschädigungsanspruch kann auch dann selbständig und unabhängig neben dem Anspruch auf vereinbarte Vergütung bestehen, wenn der Gläubiger die ihm obliegende Handlung nachholt und das Werk hergestellt wird (BGHZ 143, 32 Tz. 26, zitiert nach Juris). Nach der bei Abschluss des streitgegenständlichen Bauvertrages am 02.02.2009 bereits gültigen Fassung von § 6 Abs. 6 S. 2 VOB/B (vgl. Döring, in: Ingenstau/Korbion, VOB, 18. Aufl., § 6 VOB/B Tz. 1), die mit der bereits vorher gültigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 143, 32 Tz. 28, zitiert nach Juris) übereinstimmt, setzt der Entschädigungsanspruch gemäß § 642 BGB außerdem eine Behinderungsanzeige des Bestellers gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 VOB/B oder die Offenkundigkeit nach § 6 Abs. 1 S. 2 VOB/B voraus. Der Auftragnehmer trägt die Darlegungs- und Beweislast für die unterlassene Mitwirkung des Bestellers, den Annahmeverzug und dessen Dauer (KG Berlin, BauR 2012, 951 Tz. 101; Brandenburgisches OLG, BauR 2016, 1058 Tz. 49, jeweils zitiert nach Jurist). Der Anspruchsteller muss zunächst den bauvertraglich vereinbarten Bauablauf darlegen, dann die genaue Behinderung und schließlich deren konkrete Auswirkungen auf seine Leistungen (OLG München, BauR 2009, 548 Tz. 10; OLG Köln, BauR 2015, 1367 Tz. 63, jeweils zitiert nach Juris). Nach diesen Grundsätzen besteht hier ein Entschädigungsanspruch gemäß § 642 Abs. 1 BGB.
b) Die Klägerin legte für den Zeitraum vom 06.07. bis 07.08.2009 den geplanten Bauablauf, die Behinderung und deren konkrete Auswirkung auf die Leistungen ausreichend konkret dar und erbrachte – soweit von der Beklagten bestritten – auch den Beweis, dass die positionsweise dargelegten Leistungen wegen der Behinderung in diesem Zeitraum nicht ausgeführt werden konnten.
aa) Zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass die Beklagte im Zeitraum vom 06.07. bis 07.08.2009 die zur Herstellung des Werkes erforderliche und ihr obliegende Mitwirkungshandlung, das Baugrundstück für die Leistungen der Klägerin aufnahmebereit zur Verfügung zu stellen, nicht vornahm hinsichtlich des Kleinspielfeldes 44 x 28, des Kleinspielfeldes 28 x 20, der Laufbahn, des Kugelstoßbereiches und des Rasenspielfeldes. Unstrittig verlief durch das Rasenspielfeld im fraglichen Zeitraum die Baustraße und auf einem Teil des Kleinspielfeldes 44 x 28 befand sich das Baugerüst für die Turnhalle. Unbestritten blieb ferner die Behauptung der Klägerin, dass auch in den weiteren Bereichen, die auf dem Lageplan Anlage K 19 grün markiert sind, Behinderungen aufgrund nicht geleisteter Vorarbeiten bestanden, weil die Wegearbeiten und die Kleinspielfelder nicht ausgeführt worden waren. Unbestritten blieb ferner die Behauptung der Klägerin, dass deswegen die anderen Flächen der Kleinspielfelder, des Rasenspielfeldes, der Laufbahn und der Kugelstoßanlage durchgehend von der Beklagten als Zufahrts- oder Zugangswege zu den dahinterliegenden noch zu bearbeitenden Flächen und teilweise auch als Lagerflächen benutzt wurde.
bb) Zur Überzeugung des Gerichts steht ferner fest, dass im Behinderungszeitraum vom 06.07. bis 07.08.2009 die von der Klägerin in der Klageschrift auf Seiten 8 bis 13 positionsweise aufgeführten Leistungen geplant waren (Soll-Leistungen).Maßgeblich für die Bestimmung des Soll-Ablaufs ist nicht der ursprüngliche Bauzeitenplan, sondern der Planungsstand bei Beginn des Behinderungszeitraums am 06.07.2009. Der Bauzeitenplan (Anlage K 3) geht noch von einem Baubeginn in der KW 21/2009 aus, obwohl unstrittig die Klägerin nicht wie ursprünglich geplant am 18.05.2009, sondern weisungsgemäß erst am 03.06.2009 mit ihren Bauleistungen beginnen konnte. Dieser Bauzeitenplan ist daher nicht maßgeblich.Aufgrund der glaubwürdigen und glaubhaften Aussage des Zeugen L. in den Hauptverhandlungen am 19.03.2014 und am 29.06.2014 steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass auch der Bauzeitenplan (Anlage K 25), der den verspäteten Baubeginn am 03.06.2009 berücksichtigt, nicht den Planungsstand bei Beginn des Behinderungszeitraums am 06.07.2009 widergibt, sondern dass für diesen Zeitraum genau die Leistungen geplant waren, die von der Klägerin in der Klageschrift auf Seiten 8 – 13 positionsweise aufgeführt wurden. Für das Rasenspielfeld, das nach dem Bauzeitenplan (Anlage K 25) noch im Juni fertiggestellt werden sollte, ergibt sich die notwendige Planungsänderung bereits aus dem unstrittigen Umstand, dass bis 07.08.2009 die Baustraße durch diesen Bereich führte. Der Zeuge L. gab dazu an, das Rasenspielfeld sei ursprünglich für den Beginn der Baumaßnahme geplant gewesen, damit es einwachsen könne und habe einheitlich durch wenige Maschinisten mit nur wenig Handarbeit ausgeführt werden müssen, was aufgrund der Baustraße zu einer Planungsänderung hinsichtlich des gesamten Rasenspielfeldes geführt habe. Bereits wegen der Gefahr unterschiedlicher Bodensetzungen und eines uneinheitlichen Bildes der Bepflanzung bei einer abschnittsweisen Bearbeitung des Rasenspielfeldes überzeugt die Aussage des Zeugen L. Der Zeuge L. bestätigte auch allgemein, dass die Anlage K 25 lediglich die Planung bei Baubeginn am 03.06.2009 wiedergibt, die aber wegen der Behinderungen bereits vor dem 06.07.2009 habe geändert werden müssen. Für das Kleinspielfeld 44 x 28 m schilderte der Zeuge L. überzeugend, dass auch hier die Arbeitsgänge Feinplanie, Frostschutzschicht, Schottertragschicht und Asphaltierung einheitlich gemacht werden mussten, was wegen des unstrittig auf diesem Spielfeld bestehenden Gerüstes und außerdem wegen eines Baulagers nicht möglich gewesen sei bis zum 07.08.2009. Hinsichtlich der weiteren Positionen Kantensteine, Rinnen vor Verschmutzung schützen, bituminös gebundene Tragschicht reinigen und primern, Kunststoffbelag und Linierung ist offenkundig, dass diese Arbeiten erst nach den anderen Arbeiten gemacht werden konnten. Für die Positionen, die das Kleinspielfeld 28 x 20 m betreffen, ergibt sich die Planung dieser Leistungen im Behinderungszeitraum neben der Aussage Lampert auch aus dem Schreiben der Klägerin an die Beklagte vom 10.07.2009 (Anlage B 1). Hinsichtlich der Laufbahnen ergibt sich aus den insoweit übereinstimmenden Plänen der Klägerin (Anlage K 19) und der Beklagten (Anlage B 2), dass das Gerüst bzw. das Baulager auch einen Teil der Laufbahnen erfasste. Im Übrigen entsprechen die Leistungspostionen der Laufbahnen denen des Kleinspielfeldes 44 x 28 m. Deshalb ist auch insoweit die Aussage des Zeugen L. überzeugend, dass die Leistungen wegen der Behinderungen bis in den Zeitraum nach dem 06.07.2009 umgeplant wurden. Überzeugend ist ferner die Aussage des Zeugen L., dass die Arbeiten an der sehr kleinen Fläche des Kugelstoßbereiches und die Arbeiten in den angrenzenden Bereichen begleitend zu den anderen Arbeiten für den Zeitraum 06.07. bis 07.08.2009 bis zum Betriebsurlaub der Klägerin eingeplant waren. Der Zeuge L. machte seine Angaben detailliert, widerspruchsfrei und ohne Belastungseifer. Sie stimmen überein mit den unstrittigen Umständen. Die Beklagte, die mit ihrem eigenen Bauleiter Haupt auf der Baustelle vertreten war, hat die Darstellung der Klägerin und des Zeugen L. nur in der Klageerwiderung pauschal bestritten, ohne substantiierte Einwendungen.
Demgegenüber überzeugen die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen K. insoweit nicht. Im Hauptgutachten ignorierte der Sachverständige die ausdrückliche Anweisung im Beweisbeschluss (Bl. 113 d. A.), dass das Ausmaß der Behinderung den Plänen K 19 und B 2 sowie den Angaben des Zeugen L. im Hauptverhandlungsprotokoll vom 19.03.2014 zu entnehmen ist und stützt sich allein auf den Bauzeitenplan (Anlage K 3), obwohl dieser Bauzeitenplan bei Beginn des Behinderungszeitraums wie bereits dargelegt überholt war. Auch in den Ergänzungsgutachten vom 10.07.2015 und vom 25.02.2016 kam der gerichtliche Gutachter zum Ergebnis, dass für den Behinderungszeitraum vom 06.07. bis 07.08.2009 insbesondere keine Arbeiten am Rasenspielfeld eingeplant gewesen seien. Diese Annahme ist fehlerhaft, weil der gerichtliche Sachverständige sich dabei ausschließlich auf die Bauzeitenpläne Anl. K 3 und K 25 stützt und den unstrittigen Umstand außer Betracht lässt, dass durch das Rasenspielfeld bis zum 06.07.2009 die Baustraße führte und deshalb die Arbeiten am Rasenspielfeld umgeplant werden mussten auf den Zeitraum nach dem 06.07.2009.
cc) Ferner steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass wegen der Behinderungen sämtliche dargelegten Soll-Leistungen nicht von der Klägerin erbracht werden konnten. Auch insoweit ergibt sich die Überzeugung des Gerichts im Wesentlichen aus den glaubhaften und glaubwürdigen Aussagen des Zeugen L. in den mündlichen Hauptverhandlungen am 19.03.2014 und am 29.06.2016. Hinsichtlich des Rasenspielfeldes wurde bereits dargelegt, dass wegen der Baustraße sämtliche geplanten Leistungen nicht ausgeführt werden konnten. Auch für das Kleinspielfeld 44 x 28 m und die Laufbahnen wurde bereits dargelegt, dass die Ausführung der Leistungen einheitlich erfolgen musste, was wegen des Gerüstes und des Baulagers nicht möglich war. Hinsichtlich des Kleinspielfeldes 28 x 20 m und der Kugelstoßanlage gab der Zeuge L. an, er habe der Beklagten eine Ausführung in zwei Abschnitten mit entsprechenden Zusatzkosten angeboten, was aber daran gescheitert sei, dass die Bauherrin keine Zustimmung dafür erteilt habe. Für diese Darstellung spricht auch das von der Beklagtenseite als Anlage B 1 vorgelegte Schreiben der Klägerin an die Beklagte vom 10.07.2009, wonach die Ausführung der Arbeiten am Kleinspielfeld 28 x 20 m laut telefonischer Aussage des Bauleiters der Beklagten Haupt eventuell zurückgestellt werden sollte. Für die Richtigkeit der Aussage des Zeugen L. spricht im Übrigen auch insoweit, dass die Beklagte der Darstellung des Zeugen L. nicht widersprach. Unter diesen Umständen ergibt sich aus § 6 Abs. 3 S. 1 VOB/B keine Pflicht der Klägerin, im Behinderungszeitraum die Flächen des Kleinspielfeldes 28 x 20 m und des Kugelstoßbereiches zu bearbeiten. Auch die Beklagte räumt ein, dass eine einheitliche Ausführung einfacher gewesen sei. Bereits aus dem unstrittigen Vortrag der Klägerin zu den Kosten für die Baustelleneinrichtung in Höhe von 12.500 € ergibt sich, dass die gesonderte Ausführung der Kunststoffbeläge für die relativ kleinen Flächen des Kleinspielfeldes 28 x 20 m und der Kugelstoßanlage deutlich höhere Kosten verursacht hätte als eine einheitliche Ausführung auf allen Flächen. Aus dem Vortrag der Parteien zum Bauvertrag ergibt sich nicht, dass die Klägerin vertraglich eine abschnittsweise Ausführung schuldete. Es handelte sich daher insoweit um eine Zusatzleistung gemäß § 1 Abs. 4 VOB/B. Jedenfalls bei einer vom Auftraggeber zu vertretenden Behinderung wie hier ist der Auftragnehmer nicht zu Zusatzleistungen verpflichtet, wenn der Auftraggeber nicht bereit ist, dafür eine zusätzliche Vergütung zu zahlen (BGH, BauR 2004, 1613 Tz. 31, zitiert nach Juris; Döhring, aaO, § 6 Abs. 3 VOB/B Tz. 5). Daher wurden durch die Behinderungen auch die Arbeiten am Kleinspielfeld und an der Kugestoßanlage vereitelt.
dd) Dem Anspruch der Klägerin steht auch nicht das Erfordernis einer Behinderungsanzeige gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 VOB/B entgegen. Wird die Behinderung angezeigt, muss die Anzeige alle Tatsachen enthalten, aus denen sich für den Auftraggeber mit hinreichender Klarheit die Gründe der Behinderung ergeben (BGH, BauR 2000, 722 Tz. 11, zitiert nach juris). Die Anzeige dient dem Schutz des Auftraggebers. Der Auftraggeber soll über die Störung informiert und gewarnt werden. Ihm soll die Möglichkeit eröffnet werden, Behinderungen abzustellen und Beweise für eine in Wahrheit nicht oder nicht im geltend gemachten Umfang bestehende Behinderung zu sichern. Nur wenn die Informations-, Warn- und Schutzfunktion im Einzelfall keine Anzeige erfordert, ist die Behinderungsanzeige wegen Offenkundigkeit entbehrlich (BGH aaO Tz. 12). Diesen Anforderungen genügen hier die schriftlichen Behinderungsanzeigen der Klägerin vom 22.06.2009 und vom 31.07.2009 (Anlagen K 5, K 6).
Hinsichtlich des Kleinspielfeldes 44 x 28 m, der Laufbahn, des Rasenspielfeldes und des Kleinspielfeldes 28 x 20 m enthalten die Behinderungsanzeigen alle notwendigen Angaben.
Unschädlich ist, dass in diesen Behinderungsanzeigen die Kugelstoßanlage und die angrenzenden Bereiche nicht erwähnt werden. Insoweit ist eine Offenkundigkeit gemäß § 6 Abs. 1 S. 2 VOB/B anzunehmen. Wegen der Gespräche über die Übernahme von Zusatzkosten für die abschnittsweise Ausführung der Arbeiten und die sehr kleine Fläche der Kugelstoßanlage von lediglich 58 m² musste die Erstreckung der Behinderung auch auf den Kugelstoßbereich für die Beklagte offenkundig und bekannt gewesen sein. Entsprechendes gilt für die Arbeiten in den angrenzenden Bereichen, weil klar war, dass die Pflanz- und Saatarbeiten erst nach der Fertigstellung der anderen Arbeiten möglich waren. Eine Berufung auf eine fehlende Behinderungsanzeige insoweit ist im Übrigen auch ausgeschlossen, weil es an jeglichen Anhaltspunkten dafür fehlt, dass die Beklagte objektiv in der Lage war, durch Abhilfemaßnahmen Nachteile zu vermeiden (vgl. Döhring, aaO, § 6 Abs. 1 VOB/B Tz. 4). Auch im Prozess hat sich die Beklagte insoweit nie auf eine fehlende Behinderungsanzeige berufen.
ee) Aufgrund der unterbliebenen Mitwirkungshandlung der Beklagten und den Behinderungsanzeigen sind auch die Voraussetzungen für den Annahmeverzug gegeben. Ein wörtliches Angebot der Leistung genügt nach § 295 BGB, wenn eine Mitwirkungshandlung des Gläubigers erforderlich ist. Es kann auch dadurch zum Ausdruck gebracht werden, dass der Auftragnehmer seine Mitarbeiter auf der Baustelle zur Verfügung hält und zu erkennen gibt, dass er bereit und in der Lage ist, seine Leistung zu erbringen (BGH, BauR 2003, 531 Tz. 13, zitiert nach juris). So ist es hier. Das wörtliche Angebot war bereits in der Behinderungsanzeige vom 22.06.2009 enthalten. Die Klägerin hielt ihre Mitarbeiter bis zum Betriebsurlaub am 10.08.2009 bereit. Die Beklagte konnte erkennen, dass die Klägerin infolge ihrer unterlassenen Mitwirkung nicht in der Lage war, die Soll-Leistungen zu erbringen und sie deshalb die Mitwirkung sofort vornehmen muss, um den Verzugsfolgen und damit auch dem Anspruch aus § 642 BGB zu entgehen (vgl. Pause/Vogel, in: Kniffka, ibr-online-Kommentar Bauvertragsrecht, Stand 18.09.2016, § 642 BGB Tz. 34).
ff) Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus § 642 BGB ist auch nicht ausgeschlossen durch die Regelung in Ziff. 6.1 S. 2, 3 der besonderen Vertragsbedingungen, wonach etwaige bauübliche Störungen in Kauf genommen werden müssen und nicht zu Ersatzansprüchen berechtigen. Erstens ist diese Regelung gemäß § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Unstrittig handelt es sich dabei um vorformulierte Vertragsbedingungen der Beklagten, die der Klägerin vorgegeben wurden und somit um allgemeine Geschäftsbedingungen gemäß § 305 Abs. 1 BGB. Wenn die für die Inhaltskontrolle gebotene kundenfeindlichste Auslegung zugrunde gelegt wird (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 305 c Tz. 18), erfasst die Vertragsklausel auch eine vom Auftraggeber zu vertretende 5-wöchige Behinderung bei einer insgesamt geplanten Ausführungszeit von weniger als 4 Monaten. Dafür spricht bereits, dass sich die Beklagte auf die Vertragsklausel beruft. Der Ausschluss der Anwendung des § 642 BGB auch für derart bedeutende Behinderungen ist mit dem Grundgedanken dieser Regelung nicht zu vereinbaren, wonach der Unternehmer eine Entschädigung dafür erhalten soll, dass er während des Annahmeverzugs verpflichtet ist, Arbeitskraft und Kapital bereit zu halten und seine zeitliche Disposition durchkreuzt wird (vgl. BGH, BauR 1988, 739 Tz. 21, zitiert nach Juris; Palandt/Sprau, aaO, § 642 Tz. 5; Pause/Vogel, aaO, Tz. 54; Roquette/Viering/Leupertz, Handbuch Bauzeit, 3. Aufl., Teil II – nachfolgend: Handbuch Bauzeit, Tz. 754; Peters/Jacoby, in: Staudinger (2014), BGB, § 642). Da die Nachteile auch nicht anderweitig ausgeglichen werden, liegt eine unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB vor. Wenn dagegen die Wirksamkeit der Klausel unterstellt wird und gemäß § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten der Beklagten als Verwenderin die kundenfreundlichste Auslegung angewandt wird (vgl. Grüneberg, aaO), ist die von der Beklagten zu vertretende 5-wöchige Behinderung nicht mehr als bauübliche Störung anzusehen.
2. Der Höhe nach hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch gemäß § 642 Abs. 2 BGB von 85.647,00 €.
a) Nach § 642 Abs. 2 BGB bestimmt sich die Höhe der Entschädigung einerseits nach der Dauer des Verzugs und der Höhe der vereinbarten Vergütung, andererseits nach demjenigen, was der Unternehmer infolge des Verzugs an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwerben kann. Nach der herrschenden Lehre ist für die Berechnung des Entschädigungsanspruchs nicht auf die schadensrechtliche Differenzhypothese zurückzugreifen, sondern zunächst die Vergütung zu bestimmen, die dem Unternehmer durch den Annahmeverzug des Bestellers im Verzugszeitraum entging und den Abzug erstens der ersparten Aufwendungen und zweitens der Vorteile aus einer anderweitigen Verwendung der Arbeitskraft von dieser Vergütung (Handbuch Bauzeit, Tz. 753 f., 873, 880 ff.; Markus in: Kapellmann/Messerschmidt, VOB, 5. Aufl., § 6 VOB/B Tz. 91; Döring, aaO, § 6 Abs. 6 VOB/B Tz. 59; Pause/Vogel, aaO, Tz. 57, 65 f.; Staudinger/Peters/Jakobi, aaO, Tz. 25; a.A. OLG Köln, BauR 2015, 1367). Das erkennende Gericht folgt dieser Ansicht, weil nur sie mit dem Gesetzeswortlaut übereinstimmt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes umfasst der Anspruch aus § 642 BGB jedoch nicht entgangenen Gewinn und Wagnis (BGHZ 143, 32 Tz. 26, zitiert nach Juris). Auch dieser Ansicht folgt das erkennende Gericht, weil der Anspruch im Unterschied zu Schadensersatzansprüchen verschuldensunabhängig allein wegen Gläubigerverzugs des Bestellers besteht und nicht wegen Verletzung einer Schuldnerpflicht. Die Einbeziehung von Wagnis und Gewinn erscheint für die Billigkeitsentschädigung gemäß § 642 Abs. 2 BGB außerdem nicht erforderlich, wenn der Gläubiger wie hier die ihm obliegende Handlung nachholt und der Auftragnehmer das Werk deshalb herstellt und Wagnis und Gewinn mit der vereinbarten Vergütung erhält.Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte auf die Ansicht von Hartwig (BauR 2014, 1055 ff.), wonach § 642 BGB dem Unternehmer lediglich die Verzinsung der vereinbarten Vergütung für die Dauer des Annahmeverzugs mit einem angemessenen Zinssatz wegen der verzögerten Zahlung der Vergütung gewährt werden soll. Auch Hartwig erkennt, dass seine Auffassung kaum mit dem Gesetzeswortlaut in Einklang zu bringen ist. Er erklärt auch nicht, warum die Entschädigung gemäß § 642 BGB dem Unternehmer nicht auch einen Ausgleich für die Vorhaltung von Kapital und Arbeitskraft bieten soll.Auch die von der Beklagten zusätzlich in Bezug genommenen Aufsätze von Leupertz (BauR 2014, 381 ff.), Glöckner (BauR 2014, 368 ff.) und Sienz (BauR 2014, 390 ff.) zwingen nicht zu einer Änderung oder Anpassung der Berechnungsmethode. Leupertz stellt grundsätzliche Erwägungen an, die dem herrschenden Ansatz nicht widersprechen und betont für die konkrete Berechnung in Übereinstimmung mit Glöckner, dass nur die Nachteile zu ersetzen seien, die während der Dauer des Annahmeverzugs auftreten. Das entspricht auch der Ansicht des erkennenden Gerichts. Im Übrigen spricht sich Glöckner für eine wertende Abwägungsentscheidung mit den konkreten Vorhaltekosten als Anhaltspunkt für eine Schätzung gemäß § 287 ZPO aus. Auch Sienz will den Entschädigungsanspruch nach konkreten Vorhaltekosten bemessen. Das entspricht zwar dem allgemein anerkannten Sinn und Zweck des § 642 BGB, dem Unternehmer für die Bereithaltung von Arbeit und Kapital und die Durchkreuzung seiner zeitlichen Position zu entschädigen. Sienz muss aber selber einräumen, dass man sich für seine Berechnungsmethode vom Wortlaut „Vergütung“ lösen müsste und die ersparten Aufwendungen danach keine eigenständige Bedeutung haben. Die Abweichung vom Gesetz ist nicht notwendig, weil der Vergütungsanteil für Lohn und Maschinen sowie allgemeine Gemeinkosten und Baustellengemeinkosten in der Regel den Vorhaltekosten entspricht, so dass nach dem Ansatz von Sienz und Glöckner in den meisten Fällen ähnliche Ergebnisse zu erwarten sind wie nach der herrschenden Meinung. Gemeinsam erscheint den neueren Ansätzen das Bestreben, den Entschädigungsanspruch gemäß § 642 BGB sinnvoll zu begrenzen. Das ist aber auch innerhalb des herrschenden Berechnungsschemas in Übereinstimmung mit dem Wortlaut des § 642 Abs. 2 BGB möglich indem Wagnis und Gewinn sowie reine Schadenspositionen aus der Entschädigung herausgenommen werden und bei der Beurteilung der ersparten Aufwendungen sowie des anderweitigen Erwerbs ein strenger Maßstab angelegt wird.Die Darlegungs- und Beweislast für die Grundlagen der Entschädigung, die aus der dem Vertrag zugrunde liegenden Vergütungsvereinbarung abzuleiten sind, trägt der Auftragnehmer (KG Berlin, BauR 2012, 951 Tz. 101; OLG Köln, BauR 2015, 1367 Tz. 63, jeweils zitiert nach Juris). Hinsichtlich der ersparten Aufwendungen und der anderweitigen Verwendung der Arbeitskraft gelten die Grundsätze zu § 649 S. 2 BGB entsprechend, wonach der Besteller die Darlegungs- und Beweislast trägt, dem Unternehmer aber eine sekundäre Behauptungslast obliegt, wonach er substantiiert zu den Ersparnissen und der Möglichkeit anderweitigen Erwerbs vortragen muss (BGH, BauR 1997, 304 Tz. 10; KG Berlin, aaO; Pause/Vogel, aaO Tz. 73).
b) Zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass die vertraglich vereinbarte Vergütung für die Soll-Leistungen, die behinderungsbedingt im Zeitraum vom 06.07. bis 07.08.2009 von der Klägerin nicht erbracht werden konnten insgesamt 201.506,00 € netto beträgt. Abzüglich Wagnis und Gewinn ergibt sich ein Betrag von 193.510,00 €.
Der Betrag von 201.506,14 € wurde von der Klägerin durch die Vorlage der kalkulatorischen Ausarbeitungen von Dipl.-Ing. Andreas Thiele (Anlage K 10) substantiiert vorgetragen. Die Vergütung wird positionsweise in der Anlage 4.2 zur Anlage K 10 aufgeteilt nach den Kostenbestandteilen Material, Lohn, Geräte, Fremdleistungen, Baustellengemeinkosten (BGK), allgemeine Gemeinkosten (AKG), Wagnis und Gewinn vorgetragen und ermittelt. Der gerichtliche Sachverständige K. bestätigte die rechnerische Richtigkeit dieser Ausführungen, die von der Beklagten auch nicht in Frage gestellt wurde.
Zur Überzeugung des Gerichts steht ferner fest, dass die Anlage K 10 die tatsächlich von der Klägerin für diesen Auftrag kalkulierten Preise enthält. Dafür spricht zunächst die Aussage des Zeugen L., dass er persönlich die Positionen aus dem Einheitspreisvertrag herausgerechnet habe. Der Kalkulator der Klägerin Diedrichs gab als Zeuge an, die Einheitspreise seien von der Beklagten vorgegeben worden für diesen Auftrag. Die Klägerin habe ursprünglich für ein eigenes Gesamtangebot gegenüber dem Bauherrn kalkuliert und dann nach der Auftragsvergabe durch die Bauherrin an die Beklagte für einen Teil den Auftrag von der Beklagten erhalten zu den vorgegebenen Einheitspreisen. Die bereits vorliegende Kalkulation mit einer Aufgliederung des Einheitspreises in die Bestandteile Lohn, Gerät und Material sei entsprechend angepasst worden. Die Aufgliederung dieser Einheitspreise habe der Zeuge dem Privatsachverständigen Thiele übergeben, der sie in sein Berechnungsprogramm eingespeist habe. Für die Richtigkeit dieser Aussage spricht die Aufstellung auf Seite 10 f. der Anlage K 10, die unter Berücksichtigung der unstrittigen Zuschläge von jeweils 10% für Baustellengemeinkosten und allgemeine Gemeinkosten sowie 5% für Wagnis und Gewinn exakt den zwischen den Parteien vertraglich vereinbarten Gesamtpreis ergibt. Schließlich bestätigte auch der gerichtliche Sachverständige im Hauptgutachten (Seite 31 f.) die Übereinstimmung zwischen Bauvertrag, Auftragsleistungsverzeichnis, Urkalkulation und Kalkulationsschlussblatt und verneinte die Notwendigkeit einer Anpassung der kalkulatorischen Aufwendungen.
Die Ausführungen des Privatsachverständigen Thiele sind als substantiierter Parteivortrag zu werten. Unbestritten blieb die Angabe, dass die prozessualen Zuschläge für Gemeinkosten, Wagnis und Gewinn sich auf die Summe der Einzelkosten in Höhe von insgesamt 347.953,22 € beziehen, so dass sich bezogen auf die Netto-Angebotssumme niedrigere Prozentsätze in Höhe von insgesamt 19,8146% statt 25% ergeben (Anlage K 10 Seite 10, 12 und Anlagenteil S. 33). Das Gericht entnimmt daher die Werte für die einzelnen Kostenbestandteile der vertraglichen Vergütung für die Soll-Leistungen im Verzugszeitraum den vom Privatsachverständigen Thiele errechneten Werten (Anlagenteil der Anlage K10 Seite 483), wobei die Beträge jeweils um 4% zu kürzen sind, weil der Privatsachverständige den unstrittigen Nachlass in dieser Höhe nicht abgezogen hat. Es ergeben sich folgende Werte:Lohn: 53.523,00 €Material: 69.499,00 €Geräte: 34.671,00 €Fremdleistungen: 3.769,00 €BKG: 15.918,00 €AKG: 16.098,00 €Wagnis/Gewinn: 7.997,00 €Die Gesamtsumme dieser Einzelwerte liegt mit 201.475,00 € knapp unterhalb der vom Privatsachverständigen Thiele errechneten Vergütung von 201.506,14 € (S. 460 des Anlagenteils der Anlage K 10), was mit Rundungsdifferenzen begründet werden kann und für die Berechnung des Entschädigungsanspruchs unerheblich ist (§ 287 Abs. 1 ZPO). Soweit der gerichtliche Sachverständige zu einem anderen Ergebnis kam, beruht dies darauf, dass er nicht alle Soll-Leistungen berücksichtigt, was – wie bereits oben bei der Haftung dem Grunde nach im Einzelnen dargelegt – fehlerhaft war.
Wenn der danach maßgebliche Betrag von 7.997,00 € für Wagnis/Gewinn abgezogen wird vom Gesamtwert von 201.506,14 € ergibt sich der Betrag von 193.509,00 €. Dies stellt somit die Vergütung der Klägerin für die Soll-Leistungen im Verzugszeitraum als Grundlage der Entschädigung gemäß § 642 Abs. 2 BGB dar. Davon werden Ansprüche wegen Materialkosten und Fremdleistungen nicht geltend gemacht, weil sie insgesamt erspart wurden.
c) Für die Kostenbestandteile Lohn und Geräte ergibt sich unter Berücksichtigung der ersparten Aufwendungen und des anderweitigen Erwerbs ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Entschädigung gemäß § 642 BGB in Höhe von 79.526,00 €. Dabei werden die Lohnkosten in Höhe von 53.523,00 € in voller Höhe angesetzt und für die Gerätekosten abzüglich der ersparten Aufwendungen ein Betrag von 26.003,00 €.
aa) Ersparte Aufwendungen sind lediglich im Hinblick auf die Gerätekosten zu berücksichtigen. Die Lohnkosten waren im Verzugszeitraum ohne Einschränkung weiter zu zahlen. Weder der Privatgutachter Thiele, noch der gerichtliche Gutachter Klotz setzten insoweit Abzüge an.Die Gerätekosten setzen sich nach den als unbestrittenen Parteivortrag zugrunde liegenden Ausführungen des Privatsachverständigen Thiele zusammen aus 60% Abschreibung und Verzinsung, 15% Reparaturkosten sowie 25% Treib- und Schmierstoffe (Anlage K 10 Seite 13). Das stimmt überein mit den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen auf Seite 29 des Hauptgutachtens, wobei der gerichtliche Sachverständige für Betriebskosten/Betriebsstoffe lediglich 10 – 15% in Ansatz bringen will. Übereinstimmend führen der Privatsachverständige und der gerichtliche Sachverständige aus, dass bei einer relativ kurzen Verzögerungsdauer von 5 Wochen lediglich die Treib- und Schmierstoffe bzw. Betriebskosten/Betriebsstoffe als erspart anzusehen sind. Vom Gericht wird der von der Klägerin zugestandene Anteil von 25% in Abzug gebracht. Von der Vergütung für die Geräte in Höhe von 34.671,00 € wird daher nur 75% zugesprochen, mithin 26.003,00 €.
bb) Ein Abzug wegen anderweitigem Erwerb der Arbeitskraft ist hier nicht vorzunehmen.Als anderweitige Verwendung der Arbeitskraft sind sogenannte Füllaufträge anzusehen (BGHZ 131, 362 Tz. 20, zitiert nach Juris). Ein Füllauftrag liegt nicht nur in den Fällen vor, in denen ein zusätzlicher Auftrag nur wegen der Kündigung angenommen und in dem Zeitraum ausgeführt werden kann, in dem der gekündigte Auftrag ausgeführt werden sollte, sondern auch dann, wenn dieser Zeitraum durch das Vorziehen bereits erteilter Aufträge ausgefüllt und für die dadurch zeitlich versetzt entstehende Lücke ein Zusatzauftrag angenommen werden kann (OLG Hamm, Urteil vom 20.11.2003 – 24 U 125/01, Tz. 98, zitiert nach Juris; Palandt/Sprau, aaO § 649 Tz. 9; Engler, IBR 2013, 1221 Tz. 36 f.). Da ein Unternehmen stets um Nachfolgeaufträge bemüht ist, kann ein Füllauftrag in der Regel nur dann festgestellt werden, wenn ein Unternehmen voll oder zumindest im Grenzbereich von 100% ausgelastet ist, so dass es den weiteren Auftrag ohne das verzugsbedingte Freiwerden der Arbeitskräfte nicht hätte annehmen können (OLG Hamm, aaO Tz. 99; Engler, aaO). Anspruchsmindernd wird auch berücksichtigt, wenn Aufträge in den Behinderungszeitraum vorgezogen werden, die für die Zeit nach der geplanten Erledigung des gestörten Auftrags vorgesehen waren, um dann den gestörten Auftrag im Anschluss daran zu bearbeiten (OLG Köln, BauR 2015, 1367 Tz. 66, zitiert nach Juris). Auch das kann jedoch nur gelten, wenn das Vorziehen der anderen Aufträge behinderungsbedingt erfolgt, weil das Unternehmen voll ausgelastet ist.
Hier hat die Klägerin detailliert zu ihrer Auslastung im Verzugszeitraum und den Einsatz der für das streitgegenständliche Bauvorhaben im Verzugszeitraum eingeplanten Arbeitskräfte auf anderen Bauvorhaben vorgetragen. Unstrittig wurde das Personal während der Bauablaufstörung am streitgegenständlichen Bauvorhaben auf anderen Bauvorhaben eingesetzt, für die die Aufträge jedoch bereits schon vor Beginn des Behinderungszeitraums erteilt worden waren. Es handelte sich damit nicht um zusätzliche Aufträge, die wegen des Annahmeverzugs der Beklagten angenommen werden konnten.
Es steht auch nicht fest, dass Aufträge vorgezogen wurden. Einziger Anhaltspunkt für eine Auslastung der Klägerin im fraglichen Zeitraum im Grenzbereich von 100% und ein behinderungsbedingtes Vorziehen der anderen Aufträge stellt die Äußerung des Bauleiters Lampert gegenüber dem Bauleiter der Beklagten Haupt dar, die Klägerin sei froh über die Behinderung gewesen, weil sie dadurch andere Aufträge habe erledigen können. Diese Aussage wurde so vom Zeugen H. glaubwürdig bestätigt. Gegen eine Vollauslastung der Klägerin im fraglichen Zeitraum und ein Vorziehen anderer Aufträge spricht jedoch die Aussage des Zeugen D. in der mündlichen Hauptverhandlung am 11.01.2017, wonach sich die Klägerin im fraglichen Zeitraum in keinster Weise an der Auslastungsgrenze befunden habe und der Einsatz auf der streitgegenständlichen Baustelle frei gewordenen Arbeiter auf anderen Baustellen keinen echten Vorteil für die Klägerin gebracht habe. Seine Aussage konnte der Zeuge D. belegen mit den Bauleiterprotokollen aus der fraglichen Zeit, wonach sich insbesondere für die Kolonne Königsberger ergab, dass sie in der fraglichen Zeit teilweise ohne Arbeit war. Die Aussage des Bauleiters L. erklärte der Zeuge D. damit, dass der Bauleiter L. möglicherweise persönlich mehr Baustellen hatte und noch Abrechnungen habe machen müssen und deshalb über den Zustand froh gewesen sei. Auch der Zeuge D. machte seine Aussagen ohne erkennbaren Belastungseifer, detailliert und widerspruchsfrei. Allein aus der Bemerkung des Bauleiters Lampert ergibt sich daher kein bezifferbarer Vorteil für die Klägerin. Etwaige Zweifel gehen zu Lasten der Beklagten, weil sie die Beweislast für den anderweitigen Erwerb trägt.
Die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen K. im Hauptgutachten (S. 25 – 28) zu Personal-Leerkosten sind daher nicht entscheidungserheblich, weil die Voraussetzungen für einen anspruchsmindernden anderweitigen Erwerb nicht vorliegen. Deshalb kann offen bleiben, ob und inwieweit der Einsatz der Arbeitskräfte auf den anderen Baustellen mit Produktivitätsminderungen verbunden war.
cc) Die vom Gericht somit errechnete Entschädigung in Höhe von 79.526,00 € steht im Einklang mit den Berechnungen des Privatsachverständigen Thiele, der insoweit einen Betrag von 86.001,16 € errechnete (Anlage K 10, Anlagen 4.3 – 4.5, Seite 485 – 615). Der Privatsachverständige Thiele bezog in seine Berechnungen Wagnis/Gewinn ein, was bezogen auf die in Ansatz gebrachten Angebotspreise ca. 4% ausmacht, weil sich der unstrittige Zuschlag von 5% insoweit auf die Einzelkosten der Teilleistungen bezieht. Außerdem berücksichtigte der Privatsachverständige Th. nicht den Nachlass in Höhe von 4%. Wenn 8% von dem so errechneten Betrag von 86.001,16 € abgezogen werden, ergibt sich fast genau der zugesprochene Betrag.
d) Der Klägerin steht gegen die Beklagte außerdem ein Anspruch auf Entschädigung gemäß § 642 Abs. 2 BGB wegen allgemeiner Gemeinkosten in Höhe von 4.500,00 € zu. Insoweit wurde nichts erspart, weil die Kosten nicht kausal der einzelnen Baustelle zugeordnet werden können (vgl. Hauptgutachten K., Seite 18 f. = 167 d. A.; Handbuch Bauzeit Tz. 944; Kapellmann, in: Kapellmann/Messerschmidt, aaO, § 2 VOB/B Tz. 139). Sie fallen daher auch an, wenn auf der Baustelle im Behinderungszeitraum nicht gearbeitet wird.
Allerdings ist die spätere Abrechnung der allgemeinen Gemeinkosten wegen der Soll-Leistungen im Behinderungszeitraum einem anderweitigen Erwerb gleichzustellen, wenn die Abrechnung noch in der Geschäftsperiode erfolgt, in der sie ohne die Behinderung geplant war (so im Ergebnis auch OLG Köln, BauR 2015, 1367 Tz. 65, zitiert nach Juris). Die allgemeinen Geschäftskosten werden je Geschäftsperiode im Voraus geplant und in Bezug zum für diese Geschäftsperiode geplanten Umsatz – bewertet mit Herstellkosten – gesetzt, also anteilig auf die Herstellkosten aufgeschlüsselt (Hauptgutachten K. Seite 18; K. aaO). Die allgemeinen Geschäftskosten können daher im Unterschied zu den nicht ersparten direkten Kosten nicht dem Verzögerungszeitraum zugeordnet werden, sondern nur der ganzen Geschäftsperiode. Soweit die Herstellkosten wie geplant in dieser Geschäftsperiode abgerechnet werden, erfolgt die Deckung der allgemeinen Gemeinkosten wie geplant ohne Nachteil für den Unternehmer (Hauptgutachten K. S. 17 f., 20). Hier wurde unstrittig die Vergütung für die Soll-Leistungen im Behinderungszeitraum in Höhe von 201.506,14 € nur in Höhe von 56.331,76 € nicht im Jahr 2009 abgerechnet, mithin ca. 28%. Wie bereits dargelegt ermittelte der Privatsachverständige Thiele rechnerisch korrekt, dass die Vergütung der Soll-Leistungen im Verzögerungszeitraum von 201.506,14 € allgemeine Gemeinkosten in Höhe von 16.098,00 € enthält. 28% aus diesem Betrag ergeben den zugesprochenen Betrag von 4.500,00 €.
e) Ein Entschädigungsanspruch wegen Baustellengemeinkosten besteht nur in Höhe von 1.621 €, weil sie im Übrigen im Verzögerungszeitraum erspart bzw. nicht angefallen sind. Eine Beaufschlagung der direkten Kosten mit einem kalkulierten Umlagesatz für Baustellengemeinkosten kommt nicht in Betracht, solange sich die Baustellengemeinkosten nicht erhöhen (Markus, aaO § 6 VOB/B Tz. 93; Pause/Vogel aaO Tz.66). Die Baustellengemeinkosten setzen sich hier zusammen aus Kosten für die Baustelleneinrichtung, technische Bearbeitung und Kontrolle, Plankontrolle / Massenermittlung / Bestellung, Absprachen vor Ort, Aufmaß, Vorbereitung der Abrechnung, Abrechnung, Eingabe der Massenlisten, Rechnungsstellung, Abstimmung mit der Bauleitung, für die örtliche Bauleitung, Bauüberwachung sowie umgelegte Geschäftskosten. Auch soweit es sich dabei um Kosten handelt, die allgemein als zeitabhängig angesehen werden (vgl. Handbuch Bauzeit Tz. 937), ergibt sich aus dem Vortrag der Klägern nicht, dass sich diese Kosten im Behinderungszeitraum erhöhten. Vielmehr ist davon auszugehen, dass diese Kosten während der Bauzeitunterbrechung nicht anfielen, sondern erst im Zusammenhang mit der späteren Leistungserbringung. Eine Ausnahme bilden die umgelegten Geschäftskosten in Höhe von unstrittig 5.790 €, die wie allgemeine Gemeinkosten behandelt werden. Insoweit wird daher der Anteil von 28% zugesprochen, der im Geschäftsjahr 2009 nicht mehr abgerechnet werden konnte, mithin 1.621 € (§ 287 Abs. 1 ZPO)..
f) Die Klägerin hat außerdem auch keinen Anspruch auf Ersatz der Gutachterkosten in Höhe von 6.771,75 € nach § 642 BGB, weil es sich dabei um eine reine Schadensposition handelt und nicht um einen Teil der vereinbarten Leistung (Döhring, aaO Tz. 59; Pause/Vogel aaO Tz. 60).
II.
Die Klägerin hat außerdem gegen die Beklagte einen Anspruch auf restliche Vergütung gemäß § 633 S. 1 BGB in Höhe von 2.695,44 €.
1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 1.313,55 € für die Rechnungsposition 01.04.05.01 Prüfverfahren Baugrund, Erdplanung. Die von der Beklagten bestrittene Leistungserbringung wurde bewiesen durch die glaubwürdige Aussage des Zeugen L. in der mündlichen Hauptverhandlung am 19.03.2014 und die Vorlage des Prüfberichtes (Anlage K 2). Auch der Bauleiter der Beklagten Haupt räumte bei seiner Zeugenaussage in der Hauptverhandlung am 29.06.2016 ein, dass die Leistung möglicherweise von der Klägerin ausgeführt wurde.
2. Die Klägerin hat ferner einen Anspruch gegen die Beklagte auf eine Restzahlung von 422,77 € für die Rechnungsposition 01.08.02.09 Fleinplanum/Rasenfläche, weil aufgrund der Aussage des Zeugen L. in der mündlichen Hauptverhandlung am 19.03.2014 und die Vorlage der Positions-Aufmaßliste vom 29.09.2010 (Anlage K 13) feststeht, dass die berechnete Masse von 343,71 m³ tatsächlich geleistet wurde.
3. Abzuweisen war die Klage hinsichtlich eines Betrages von 115,00 € für die Rechnungsposition 01.09.01 Stabilizer, weil der Zeuge L. insoweit den von der Klägerin behaupteten Einheitspreis nicht bestätigen konnte.
4. Die Klägerin hat gegen die Beklagte schließlich einen weiteren Anspruch in Höhe von 959,12 € für die Rechnungsposition 01.02.07.02. Frostschutzschicht, weil sich die berechnete Masse ebenfalls aus der Positions-Aufmaßliste vom 29.09.2010 (Anlage k 13) ergibt und der Zeuge L. auch insoweit die Richtigkeit der dortigen Angabe bestätigte und erklärte, die Rechnungskürzung betreffe einen zusätzlichen Weg, der aufgrund einer Vereinbarung mit dem Bauleiter der Beklagten Haupt von der Klägerin ausgeführt worden sei.
III.
Der Anspruch auf die Verzinsung ergibt sich aus §§ 288 Abs. 2, 286 Abs. 1, 3 BGB. Wie bereits dargelegt handelt es sich beim Entschädigungsanspruch gemäß § 642 BGB nicht um einen Schadensersatzanspruch, sondern um einen vergütungsähnlichen Anspruch für die Bereithaltung von Kapital und Arbeitskraft (vgl. BGH, BauR 2008, 821 Tz. 10 f., zitiert nach Juris). Sie ist daher als Entgeltforderung im Sinne von §§ 288 Abs. 2, 286 Abs. 3 BGB anzusehen.
Der Anspruch auf die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 930,15 € beruht auf § 280 Abs. 1, 2, § 286 Abs. 1, 3 BGB.
IV.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 1 BGB.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 BGB.

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