IT- und Medienrecht

Angabe des Energieträgers in Immobilienanzeige durch Makler

Aktenzeichen  1 HK O 1676/16

Datum:
1.2.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
UWG UWG § 3, § 5a Abs. 2 S. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1
EnEV EnEV § 16a Abs. 1, Abs. 2

 

Leitsatz

1. Der Verbraucher benötigt die Information über den wesentlichen Energieträger für die Heizung eines Gebäudes, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen.  (red. LS Dirk Büch)
2. Das Weglassen der Information über den Energieträger für die Heizung eines Gebäudes durch einen Immobilienmakler in einer Immobilienanzeige ist unzulässig (§ 5a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UWG). (red. LS Dirk Büch)

Tenor

1. Das Versäumnisurteil vom 16.11.2016 wird aufrechterhalten.
2. Die Beklagte trägt die weiteren Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 €. Die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil darf nur gegen Leistung dieser Sicherheit fortgesetzt werden.

Gründe

I.
Auf den zulässigem, insbesondere fristgerechten Einspruch (§§ 341, 339 Abs. 1 ZPO) hin, war das Versäumnisurteil aufrecht zu erhalten (§ 343 ZPO), denn die Klage ist zulässig und begründet.
1. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ergibt sich jedenfalls aus § 3 Abs. 1, § 5a Abs. 2, §8 Abs. 1,3 Nr. 3 UWG. ‚
Das Gericht folgt insoweit der zuletzt vom OLG Hamm (Urteil vom 30.8,2016, 4 U 8/16) und vom OLG München (Urteil vom 8.12.2016, 6 U 4625/15) vertretenen Rechtsauffassung.
a) Nach der ab dem 10.12.2015 geltenden Rechtslage handelt gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 UWG unlauter, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält, die dieser je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen (Nr. 1), und deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (Nr. 2).
aa) „Eine Information ist nicht allein schon dann wesentlich …, wenn sie für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers von Bedeutung sein kann, sondern nur dann, wenn ihre Angabe unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen vom Unternehmer erwartet werden kann und ihr für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers zudem ein erhebliches Gewicht zukommt …
Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Information als wesentlich … anzusehen ist, ist das Interesse des Unternehmers zu berücksichtigen, die Information nicht zu erteilen, in die Interessenabwägung mit einzustellen sind der zeitliche und der kostenmäßige Aufwand des Unternehmers für die Beschaffung der Information, die für den Unternehmer mit der Informationserteilung verbundenen Nachteile sowie möglicherweise bestehende Geheimhaltungsbelange. … Ein schutzwürdiges Interesse der Beklagten, nicht über den wesentlichen Energieträger für die Heizung des Gebäudes zu informieren, ist nicht erkennbar. Ihr ist es zuzumuten, die verlangten Informationen zu erteilen. Für die Beschaffung der Informationen entsteht der Beklagten nur ein geringfügiger zeitlicher und kostenmäßiger Aufwand. Sie muss sich lediglich bei ihrem Auftraggeber nach diesen Informationen erkundigen, sich gegebenenfalls den Energieausweis vorlegen lassen und die betreffenden Angaben in den Text der Anzeige übernehmen. … Die mit der Informationserteilung verbundenen Nachteile hat die Beklagte hinzunehmen. Der Verordnungsgeber schätzt die Mehrkosten, die durch die nach Maßgabe des § 16a EnEV vorgeschriebene Angabe energetischer Kennwerte entstehen, auf einen Betrag von 0,50 EUR bis 2,50 EUR pro Immobilienanzeige (je nachdem, in welchem [kommerziellen] Medium die Anzeige veröffentlicht wird) (vgl. BR-Drucksache 113/13, Seiten 71, 75 und 77). Dieser Bewertung schließt sich der Senat an. Die solchermaßen geschätzten Mehrkosten sind zumutbar.“ (OLG Hamm, a. a. O., Rz. 51 ff. – juris).
„Hinsichtlich eines Entschlusses zum Erwerb der angebotenen Immobilie ist es für den durchschnittlichen Verbraucher von erheblichem Interesse, Informationen zum wesentlichen Energieträger für die Heizung des Gebäudes zu erhalten. Dies ergibt sich bereits aus der in der Regelung des § 16a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EnEV zum Ausdruck kommenden Wertung. Auch wenn § 16a EnEV ausdrücklich nur den Verkäufer, Vermieter, Verpächter bzw. Leasinggeber als Adressaten der Informationspflichten nennt, ändert dies nichts daran, dass der Verordnungsgeber die in der Norm genannten Informationen als solche als wesentlich ansieht („Pflichtangaben“). Denn handelte es sich nur um Unbedeutende Informationen, bedürfte es nicht der Regelung des § 16a EnEV. Für den Interessenten ist es von besonderer Bedeutung, möglichst frühzeitig einen Eindruck von der energetischen Qualität des angebotenen Gebäudes und damit zugleich die Möglichkeit zu einem überschlägigen Vergleich der Kosten für Heizwärme mit anderen Immobilienangeboten zu erhalten (vgl. BR-Drucksache 113/13, Seite 99). Dieses Informationsbedürfnis wird durch die in § 16a EnEV vorgesehenen Angaben zum Endenergiebedarf bzw. -verbrauch, ergänzt um die Informationen zu den wesentlichen Energieträgern, umgesetzt. Die im Energieausweis genannten Energieträger sind erforderlich, um einen Eindruck der überschlägigen Kosten je Kilowattstunde benötigter Energie zu erhalten, da sich die Kosten je nach Energieträger erheblich unterscheiden können (vgl. BR-Drucksache 113/13, Seite 99).“ (OLG Hamm, a. a. O., Rz. 58).
„Einer Haftung des Beklagten wegen Irreführung durch Vorenthalten wesentlicher Informationen nach Maßgabe des § 5a Abs. 2 UWG steht im Ausgangspunkt der Umstand, dass dieser als Täter einer Verletzung der Kennzeichnungspflichten des § 16a EnEV im Streitfall ausscheidet… nicht entgegen. Zwar kommt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH GRUR 2008, 810 Tz. 14 – Kommunalversicherer, bestätigt durch BGH GRUR 2015, 1025, LS 2 und Tz. 16 – TV-Wartezimmer; s.a. Fezer/Büscher, UWG, 2. Aufl., § 8 Rn. 121 m. w. N.) eine täterschaftliche Handlung desjenigen, der nicht selbst Adressat der dem Unlauterkeitsvorwurf des § 4 Nr. 11 UWG 2008/§ 3a UWG 2015 zugrunde liegenden Norm ist, nicht in Betracht. Die- se Rechtsprechung findet jedoch auf den hier zu entscheidenden Fall der Beurteilung des vom Kläger als wettbewerbswidrig angesehenen Verhaltens des Beklagten nach Maßgabe des § 5a Abs. 2 UWG keine entsprechende Anwendung. Die spezielle Regelung des § 16a EnEV führt nicht zu einer Sperrwirkung der Anwendbarkeit des in § 5a Abs. 2. UWG weiter gefassten Unlauterkeitstatbestands (auch nicht über § 5a Abs. 4 UWG).“ (OLG München, a. a. O., Rz. 71 – juris).
bb) Der Verbraucher benötigt nach den Umständen die Information über den wesentlichen Energieträger für die Heizung des Gebäudes, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen (§ 5a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UWG).
„Geschäftliche Entscheidung“ ist jede Entscheidung eines Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, eine Zahlung leisten, eine Ware oder Dienstleistung behalten oder abgeben oder ein vertragliches Recht im Zusammenhang mit einer Ware oder Dienstleistung ausüben will, unabhängig davon, ob der Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer sich entschließt, tätig zu werden (§ 2 Abs. 1 Nr. 9 UWG). Die in Rede stehenden Informationen benötigt der Verbraucher, um beurteilen zu können, ob das angebotene Mietobjekt seinen Erwartungen in energetischer Hinsicht entspricht. Auf die obigen Ausführungen wird insoweit verwiesen.“ (OLG Hamm, a. a. O., Rz, 65 – juris).
cc) Das Vorenthalten der betreffenden Informationen ist geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Handlung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (§ 5a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UWG).
„Die unzureichenden energiebezogenen Informationen können den Verbraucher dazu veranlassen, aufgrund der Immobilienanzeige Kontakt zu der Beklagten aufzunehmen. Diese Entscheidung hätte der Verbraucher gegebenenfalls nicht getroffen, wenn er sich anhand der Angaben zum wesentlichen Energieträger für die Heizung des Gebäudes bereits aufgrund der Immobilienanzeige näher über die energiebezogenen Eigenschaften der Immobilie hätte informieren können.“ (OLG Hamm, a. a. O., Rz. 66 – juris).
b) Das Bestehen einer Wiederholungsgefahr wird aufgrund des vorliegenden Wettbewerbsverstoßes tatsächlich vermutet. Umstände, die geeignet sind, diese Vermutung zu widerlegen, sind nichtersichtlich.
2. Der vom Kläger geltend gemachte Zahlungsanspruch findet seine Grundlage in § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG. Die vom Kläger ausgesprochene Abmahnung war berechtigt. Die Höhe der vom Kläger geforderten Abmahnkostenpauschale wurde beklagtenseits nicht bestritten.
II.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 91, 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 709 S. 1, 3 ZPO.

Jetzt teilen:

Ähnliche Artikel

Der Influencer Vertrag

In den letzten Jahren hat sich Influencer Marketing einen starken Namen in der Werbebranche gemacht. Viele Unternehmen setzen auf platzierte Werbeanzeigen durch Influencer. Was jedoch zwischen Unternehmer und Influencer vertraglich im Vorfeld zu beachten ist, werden wir Ihnen im Folgenden erläutern.
Mehr lesen

Gültigkeit von Gutscheinen

Sie erweisen sich immer wieder als beliebtes Geschenk oder werden oft bei Rückgabe von Waren statt Geld ausgezahlt: Gutscheine. Doch wie lange sind Gutscheine eigentlich gültig, ist eine Einlösbarkeit von einem Monat überhaupt rechtmäßig und was passiert, wenn der Gutschein doch einmal verfällt?
Mehr lesen