Aktenzeichen S 13 AS 1149/15
Leitsatz
Hat ein unter Betreuung stehender Leistungsempfänger eine irrtümlich überwiesene Zahlung verbraucht und konnte er aufgrund seiner emotional kognitiven Einschränkung die Unrechtmäßigkeit der Zahlung nicht erkennen, ist eine Rückforderung ausgeschlossen. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Bescheid des Jobcenters C-Stadt vom 18.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2015 wird aufgehoben.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
Fraglich ist bereits, ob die Klage zulässig ist, da es sich bei der Fehlüberweisung auch um ein nicht hoheitliches Handeln des Beklagten gehandelt haben könnte, so dass die Rückforderung nach den Vorschriften des Bereicherungsrechtes ( §§ 812 ff BGB) abzuwickeln und die Geltendmachung durch Leistungsbescheid unrechtmäßig wäre. Das Sozialgericht Nürnberg geht jedoch von einem hoheitlichen Handeln aus, wenngleich ohne zugrunde liegenden Verwaltungsakt mit der Folge, dass die Zulässigkeit der Klage gegeben ist.
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte war aufgrund der Bewilligungsbescheide für die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes an den Kläger verpflichtet. Von dieser Verpflichtung wird sie nur frei, wenn die Leistungen auch auf das vom Kläger bzw. im vorliegenden Fall vom Betreuer angegebene Konto überwiesen werden. Demzufolge ist die Zahlungspflicht der Beklagten erst durch die Zahlung am 05.12.2014 auf das richtige Konto entfallen.
Der Zahlung auf das Postbankkonto des Klägers liegt insoweit kein Verwaltungsakt zugrunde. Es handelte sich um eine schlichte Fehlüberweisung, die allenfalls nach § 50 Abs. 2 SGB X zurückgefordert werden kann.
Unstreitig hat der Kläger die 416,00 € die auf sein Postbankkonto überwiesen worden waren, verbraucht. Eine Rückzahlung muss insoweit nur erfolgen, wenn der Kläger wusste oder hätte wissen können, dass ihm diese Zahlung nicht zusteht. Der Kläger konnte jedoch aufgrund seiner emotional kognitiven Einschränkung die Unrechtmäßigkeit der Zahlung nicht erkennen. Der Kläger ist aufgrund seiner Beeinträchtigung nicht in der Lage, solche Zusammenhänge ausreichend zu differenzieren und zu erkennen und danach zu handeln, weshalb er seit Jahren unter Betreuung steht. Dem Kläger fehlt die Fähigkeit, größere über einen Wochenbetrag hinausgehende Geldbeträge angemessen zu verwalten, ohne seinen laufenden Lebensunterhalt zu gefährden. Der Kläger selbst hat diese Zahlung als einmalige Beihilfe für die Wahrnehmung seiner Umgangsrechte mit den teilweise außerhalb des Wohnortes platzierten Kindern angesehen und diese dann verbraucht. Er agierte im erheblichen Maße steuerungsunfähig. Von einer grob fahrlässigen Unkenntnis einer zu Unrecht erfolgten Zahlung im Sinne des § 45 Abs. 1 Satz 2 SGB X kann nicht ausgegangen werden. Der Kläger hat die Zahlung nicht bösgläubig verbraucht.
Nach alledem war zu entscheiden wie geschehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.