Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Vergütungsansprüche aus einem Quartiermanagementvertrag

Aktenzeichen  20 U 3076/16

Datum:
18.1.2017
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB BGB § 133, § 157, § 273, § 611, § 675

 

Leitsatz

1. Ein Recht zur ordentlichen Kündigung des Quartiermanagementvertrages durch einen einzelnen Grundstückseigentümer ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag ein einheitliches Quartiermanagement vorsieht, um das Quartier als hochwertiges und anspruchsvolles Objekt entsprechend dem Höchststandard in Deutschland zu betreiben und zu unterhalten und damit die im Vertrag enthaltenen Leistung insoweit unteilbar sind. (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Quartiermanagementvertrag, in dem sich die Schuldnerin zur Erbringung von Managementleistungen und operativen Dienstleistungen verpflichtet hat, ist seinem Schwerpunkt nach als Dienstvertrag (und nicht als Werkvertrag) mit Geschäftsbesorgungscharakter einzustufen.  (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei einer Minderleistung bzw. Schlechterfüllung des Dienstverpflichteten aus dem Quartiermanagementvertrag in Form einer nicht ordnungsgemäßen Abrechnung der Betriebskosten kommt eine Minderung der Vergütung oder ein diesbezügliches Leistungsverweigerungsrecht nicht in Betracht. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

41 O 16263/14 2016-06-14 Endurteil LGMUENCHENI LG München I

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 14.06.2016, Az. 41 O 16263/14 teilweise abgeändert wie folgt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 105.637,27 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
aus 48.727,34 € seit 25.06.2015,
aus 2.379,72 € seit 02.04.2012,
aus 9.304,73 € seit 08.03.2013,
aus 1.856,80 € seit 31.05.2013,
aus 9.304,73 € seit 07.10.2013,
aus 9.304,73 € seit 04.11.2013,
aus 9.304,73 € seit 16.12.2013,
aus 9.304,73 € seit 10.01.2014 sowie
aus je 1.537,43 € seit 10.02.2014, 13.03.2014, 01.04.2014 und 05.05.2014 zu bezahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, weitere 1.250,60 € für vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten der Klägerin zu bezahlen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens erster Instanz.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
IV. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
VI. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 105.637,27 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerin macht gegen die Beklagte Vergütungsansprüche aufgrund eines Quartiermanagementvertrages geltend.
Die Beklagte ist die Wohnungseigentümergemeinschaft S.straße 24 und als solche Eigentümerin des zentral in den sog. L. Gärten in M. gelegenen Wohngebäudes der höchsten Preiskategorie (Block J der L. Gärten). Die L. Gärten waren ursprünglich von einem Bauträger, der F. E. M.-Viertel GmbH, gebaut und sodann als Teilgrundstücke an verschiedene Eigentümer veräußert worden. Die Eigentümer der einzelnen Grundstücke teilen sich gemeinschaftliche Einrichtungen wie etwa die Tiefgarage, die oberirdische Infrastruktur mit Parkanlage, Springbrunnen, Spielplätzen sowie haustechnische Einrichtungen, darunter auch eine sog. Sicherheitszentrale.
Die rechtlichen Beziehungen zwischen den einzelnen Grundstückseigentümern wurden in einer Grundlagenurkunde vom 12.09.2007 (Anlage K 1) geregelt. Am 14.05.2008 schloss darüber hinaus die F. auf der Grundlage dieser Urkunde mit der Klägerin einen Quartiermanagementvertrag (Anlage K 3), in den die Beklagte und die anderen Grundstückseigentümer jeweils als Rechtsnachfolger der F. eingetreten sind. Zweck des Quartiermanagementvertrages war es, die L. Gärten als hochwertiges und anspruchsvolles Objekt entsprechend dem Höchststandard in Deutschland zu betreiben und zu unterhalten. Die Klägerin verpflichtete sich zur Erbringung der im Vertrag festgelegten Managementleistungen sowie operativen Dienstleistungen. Hierfür sah § 4 des Vertrages eine jährliche Vergütung der Klägerin vor, die sich hinsichtlich der operativen Dienstleistungen aus den der Klägerin entstehenden Kosten durch die Beauftragung von Subunternehmern zuzüglich eines Aufschlages von 11% auf den Auftragswert der jeweiligen Dienstleistung zusammensetzt. Diese Vergütung ist monatlich im Voraus in Abschlagszahlungen zu erbringen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlagen K 1 und K 3 verwiesen.
In einer gemeinsamen Quartiersbesprechung vom 24.02.2011 (Anlage K 4) wurde zwischen den Grundstückseigentümern und der Klägerin vereinbart, dass die Klägerin ein Quartierskonto einrichten und einen jährlichen Wirtschaftsplan erstellen solle, auf dessen Grundlage monatliche Vorauszahlungen erfolgen sollten; die Klägerin sollte sodann einmal jährlich rückwirkend über die Betriebskosten abrechnen. Für die einzelnen Jahre wurden in der Folge übereinstimmend Jahresbudgets beschlossen.
In der Zeit vom 02.03.2012 bis 27.04.2015 stellte die Klägerin mehrere Rechnungen an die Beklagte (Anlagenkonvolute K 11, K 30), die von der Beklagten nicht oder nur teilweise beglichen wurden. Diese betrafen überwiegend monatliche Betriebskostenvorauszahlungen auf Grundlage der beschlossenen Jahresbudgets, außerdem wurden Rechnungen von Drittfirmen anteilig weiterberechnet und mit 11% beaufschlagt. Mit der Rechnung Nr. M/2013/85 vom 29.04.2013 wurde zudem eine aus Sicht der Klägerin nach der Jahresabrechnung 2012 noch zu zahlende Differenz in Höhe von 1.856,80 € geltend gemacht.
Mit Schreiben vom 29.04.2014 (Anlage B 13) erklärte die Beklagte die ordentliche Kündigung des Quartiermanagementvertrages zum 31.07.2014.
Die Klägerin trug in erster Instanz vor, dass das von den Grundstückseigentümern in 2012 für 2013 beschlossene Gesamtbudget einen Betrag von 425.814 € vorgesehen habe. Bei dem im Protokoll vom 13.12.2012 (Anlage B 1) unter TOP 6 angegebenen Betrag von 181.000 € handele es sich insoweit um einen Schreibfehler. Die Betriebskostenabrechnungen für das Jahr 2012 und 2013 seien ordnungsgemäß erstellt und fristgerecht an die Beklagte übermittelt worden. Die Beklagte habe zu den Abrechnungen 2012 und 2013 jeweils eine entsprechende Rechnung der Klägerin erhalten, in der die das betreffende Grundstück belastenden Gesamtkosten, die geleisteten Vorauszahlungen und der sich ergebende Differenzsaldo dargestellt worden seien (Anlage K 23). Nach der Grundlagenurkunde gelte – von einigen Ausnahmen abgesehen – die Regel, dass jedes Grundstück an den die Grundstückgemeinschaft betreffenden Kosten mit dem Anteil beteiligt sei, die dem Anteil der Geschoßfläche des jeweiligen Grundstücks im Verhältnis zur gesamten Geschoßfläche entspreche. Die Klägerin habe diese Aufteilungsregelungen und die Vorgaben des Quartiermanagementvertrages beachtet.
Ihre ursprünglich auf Zahlung von 59.905,81 € gerichtete Klage (Zeitraum März 2012 bis April 2014) hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 15.06.2015 um die Zahlung von weiteren 48.727,34 € für den Zeitraum von Mai 2014 bis April 2015 erweitert.
Die Klägerin beantragte daher in erster Instanz zuletzt,
die Beklagte zur Zahlung von 59.905,81 € sowie weiteren 48.727,34 € nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten von 1.531,90 € zu verurteilen.
Die Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trug vor, dass für die Kalenderjahre 2012 und 2013 jeweils bis zum 31.08. des Folgejahres keine (ordnungsgemäßen) Betriebskostenabrechnungen vorgelegt worden seien und auch bis heute für die Jahre 2012 bis 2014 keine ordnungsgemäßen Betriebskostenabrechnungen existierten. Die Klägerin lege alle in den Abrechnungen enthaltenen Positionen immer nach dem gleichen prozentualen Schlüssel von 20,29% auf die Beklagte (Block J) um, obwohl die Grundlagenurkunde unterschiedliche Verteilungsschlüssel vorsehe. Auch die nunmehr als Anlagen K 24c und K 24d vorgelegten Abrechnungen erfüllten die Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Betriebskostenabrechnung nicht; beispielsweise werde weiterhin der Block A (R. F.-Hotel) nicht an den Kosten für die Schädlingsbekämpfung, die technische Dienstleistung Quartier und Tiefgarage, den Sicherheitsdienst und die Unterhaltsreinigung beteiligt, obwohl die angefallenen Kosten alle Quartierbeteiligten beträfen. Darüber hinaus müsse die Klägerin die auf die Beklagte entfallenden Kosten berechnen und hiervon die bereits geleisteten Vorauszahlungen abziehen, woran es fehle.
Die Beklagte berief sich daher gegenüber den geltend gemachten Betriebskostenvorauszahlungen auf ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 Abs. 1 BGB bis zur Vorlage ordnungsgemäßer Betriebskostenabrechnungen.
Im Hinblick auf ihre ordentliche Kündigung des Quartiermanagementvertrages zum 31. Juli 2014 (Anlage B 13) machte die Beklagte geltend, dass die Klägerin ab 1. August 2014 nicht mehr aktivlegitimiert sei, der Beklagten Rechnungen zu stellen und Zahlungen zu verlangen.
Darüber hinaus habe die Beklagte auf die Rechnungen der Klägerin für den gesamten Zeitraum der Klageerweiterung von Mai 2014 bis April 2015 in Höhe von insgesamt 111.391,44 € brutto einen Betrag in Höhe von 81.653,74 € brutto und nicht nur einen Betrag in Höhe von 62.664,10 € geleistet, so dass die Klageerweiterung bereits in Höhe von 18.989,64 € unbegründet und allenfalls noch ein Betrag in Höhe von 29.737,70 € brutto zur Zahlung offen sei.
Hilfsweise rechnete die Beklagte in erster Instanz mit diversen Gegenforderungen gegen die Klägerin auf.
Ergänzend wird hinsichtlich des erstinstanzlichen Vorbringens auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Mit Endurteil vom 14.06.2016 hat das Landgericht der Klage nur im Hinblick auf sieben Einzelrechnungen aus dem Jahr 2012 über einen Gesamtbetrag von 2.995,88 € nebst Zinsen und anteiligen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten stattgegeben und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass der Klägerin gegen die Beklagte zwar grundsätzlich ein monatlicher Anspruch auf Betriebskostenvorauszahlungen aufgrund des jeweils geplanten und genehmigten Jahresbudgets im Rahmen des Quartiermanagementvertrages und der Vereinbarung vom 24.02.2011 zustehe. Jedoch seien die verlangten Betriebskostenvorauszahlungen von monatlich 9.304,74 € brutto bzw. hieraus noch offene Restbeträge für die Zeit von Februar 2013 bis April 2014 bereits der Höhe nach nicht schlüssig dargelegt. Denn bei dem von der Klägerin verwendeten Verteilungsschlüssel von 20,29% für die Beklagte errechne sich nur ein Betrag von monatlich 8.567,78 € brutto. Auch der Anspruch auf Zahlung von 1.856,80 € als Differenz der Jahresabrechnung 2012 sei nicht schlüssig dargelegt und könne der zuletzt vorgelegten Abrechnung für das Jahr 2012 (Anlage K 24c) nicht entnommen werden. Nachvollziehbar sei lediglich der Anspruch auf Bezahlung von sieben Rechnungen in Höhe von insgesamt 2.995,88 €, bei denen es sich um Rechnungen von Drittfirmen zuzüglich des vereinbarten Aufschlages von 11% handele. Den weiteren, mit der Klageerweiterung geltend gemachten Betriebskostenvorauszahlungen für den Zeitraum Mai 2014 bis April 2015 in Höhe von monatlich 9.304,73 € bzw. 9.275,25 € ab dem 01.08.2014 stehe zwar die Kündigung des Quartiermanagementvertrages mangels Einhaltung der Kündigungsfrist nicht entgegen. Jedoch könne sich die Beklagte auf ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB bis zur ordnungsgemäßen Abrechnung ihrer geleisteten Vorauszahlungen berufen. Die Hilfsaufrechnung der Beklagten greife hingegen nicht durch, da die behaupteten Gegenansprüche nicht bestünden.
Ergänzend wird auf die Gründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der Berufung und rügt die Verletzung materiellen Rechts. Der von ihr geforderte Vorschussbetrag von 9.304,73 € brutto sei schlüssig dargelegt, da sie entsprechend der Grundlagenurkunde unterschiedliche Beteiligungsquoten angewandt habe, insbesondere die tiefgaragenbezogenen Leistungen nach Stellplätzen und nicht mit 20,29% abgerechnet habe. Rechtsfehlerhaft habe das Landgericht der Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht zugebilligt. Das Rechtsverhältnis der Parteien sei mit einem Mietverhältnis nicht im Mindesten vergleichbar. Allenfalls sei die Situation mit dem Beschluss eines Wirtschaftsplans durch eine Eigentümergemeinschaft nach WEG vergleichbar, so dass der einzelne Eigentümer die ordnungsgemäße Bewirtschaftung nicht durch den Einbehalt von budgetierten Vorauszahlungen gefährden dürfe. Zudem stünden der Klägerin nach §§ 675, 669 BGB und dem Quartiermanagementvertrag Vorschüsse für ihre erwarteten Aufwendungen zu, gegenüber denen die Beklagte wegen der vereinbarten Budgetierung keine Zurückbehaltungsrechte geltend machen könne. Auch die Klageabweisung bezüglich der einzig verfahrensgegenständlichen Jahresabrechnung betreffend das Jahr 2012 in Höhe von 1.856,80 € sei rechtsfehlerhaft. Wenn die Klägerin fehlerhaft weniger fordere, als ihr zustehe, sei dies kein Grund, die Klage insoweit ganz abzuweisen. Ungeachtet dessen habe die Klägerin die als fehlerhaft gerügten Abrechnungen 2012 – 2014 unter Beachtung der in der Grundlagenurkunde festgelegten Verteilungsschlüssel nochmals neu erstellt (Anlage K 33). Danach ergäben sich weitaus erheblichere Nachforderungen gegen die Beklagte als bisher geltend gemacht (insgesamt 139.514,89 €).
Die Klägerin beantragt daher:
1. Das Urteil des Landgerichts München I vom 14.06.2016, Az. 41 O 16263/14, wird, soweit die Klage abgewiesen wurde, aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 105.637,27 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
aus 48.727,34 € seit Rechtshängigkeit
und
aus 2.379,72 € seit 17. März 2012,
aus 9.304,73 € seit 20. Februar 2013,
aus 1.856,80 € seit 14. Mai 2013,
aus 9.304,73 € seit 20. September 2013,
aus 9.304,73 € seit 18. Oktober 2013,
aus 9.304,73 € seit 29. November 2013,
aus 9.304,73 € seit 25. Dezember 2013,
aus je 1.537,43 € seit 25. Januar 2014, 25. Februar 2014, 16. März 2014 und 17. April 2014 zu bezahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, weitere 1.250,60 € für vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten der Klägerin zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt im Ergebnis das angefochtene Urteil als richtig und tritt dem Berufungsvorbringen der Klägerin entgegen. Sie bleibt dabei, den Quartiermanagementvertrag wirksam ordentlich zum 31. Juli 2014 gekündigt zu haben. Für die ab dem 1. August 2014 geltend gemachten Zahlungsansprüche im Rahmen der Klageerweiterung sei die Klägerin daher nicht mehr aktivlegitimiert. Sie behauptet weiterhin, für den gesamten Zeitraum der Klageerweiterung von Mai 2014 bis April 2015 einen Betrag in Höhe von 81.653,74 € brutto und nicht nur von 62.664,10 € gezahlt zu haben, so dass insoweit allenfalls noch ein Betrag in Höhe von 29.737,70 € brutto offen sei. Die von ihr geleisteten Zahlungen seien von der Klägerin erstinstanzlich nicht bestritten worden. Hinsichtlich des noch offenen Betrages sei die Klägerin infolge der Vertragskündigung in Höhe eines Betrages von 25.125,38 € wie dargelegt nicht mehr aktivlegitimiert und bezüglich eines Betrages in Höhe von 4.612,32 € mache die Beklagte ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB geltend. Sie könne sich hinsichtlich der Betriebskostenvorauszahlungen nach wie vor auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen, da die Klägerin nicht korrekt abgerechnet habe. Auch die als Anlage K 33 vorgelegten Quartierskostenabrechnungen für 2012 – 2014 seien nicht ordnungsgemäß, da Block A (Hotel) fehlerhaft an mehreren Positionen nicht beteiligt werde. Mit Ausnahme des Kalenderjahres 2013 seien auch die Aufstellung eines Budgets und eine Beschlussfassung darüber von der Klägerin nicht vorgetragen und würden von ihr bestritten. Zudem könne sie die Vergütungsansprüche der Klägerin in Höhe ihrer Einbehalte mindern, da der Vertrag auch teilweise werkvertraglichen Charakter habe.
Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze samt Anlagen, die Hinweise des Senats vom 12.10.2016 (Bl. 199/202) und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.01.2017 (Bl. 225/229 d.A.) Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist ganz überwiegend begründet. Die Klägerin hat – über die vom Landgericht bereits rechtskräftig zugesprochenen 2.995,88 € nebst vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten von 281,30 € hinaus – einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung weiterer 105.637,27 € nebst Zinsen und weiterer vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.250,60 €. Lediglich im Hinblick auf einen Teil der geltend gemachten Verzugszinsen erweist sich die Berufung als unbegründet.
1. In Übereinstimmung mit dem Landgericht geht der Senat davon aus, dass die Klägerin einen Anspruch gegen die Beklagte auf monatliche Vorauszahlungen aus § 4 Abs. 3 des Quartiermanagementvertrages vom 14.05.2008 (Anlage K 3) hat. Ergänzend dazu haben die Parteien in der Quartiersbesprechung am 24.02.2011 (Anlage K 4) unstreitig vereinbart, dass die Klägerin ein Quartierskonto einrichtet und einen jährlichen Wirtschaftsplan erstellt, auf dessen Grundlage die monatlichen Vorauszahlungen erfolgen sollten, und die Klägerin sodann einmal jährlich rückwirkend über die Betriebskosten abrechnet.
a) Nicht zu beanstanden sind die den Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bindenden Festzustellungen des Landgerichts, wonach für das Jahr 2013 ein Budget von 425.814 € und nicht – wie im Protokoll vom 31.12.2012 (Anlage B 1) fehlerhaft vermerkt – von 181.000 € beschlossen wurde. Der auf dieser Grundlage errechnete monatliche Vorauszahlungsbetrag für die Beklagte von 9.304,73 € brutto (s. Einzelrechnungen im Rahmen der Anlage K 11) ist entgegen der vom Landgericht vertretenen Auffassung auch schlüssig dargelegt. Insbesondere ergibt sich aus der den Einzelrechnungen jeweils beiliegenden Aufschlüsselung der Kosten, dass für die tiefgaragenbezogenen Leistungen nicht ein Verteilerschlüssel von 20,29% verwendet wurde, sondern diese nach dem Anteil der auf die Beklagte entfallenden Stellplätze erhoben wurden.
Soweit die Beklagte nunmehr erstmals mit Schriftsatz vom 02.12.2016 (Bl. 208/217 d.A.) eine Beschlussfassung über die Gesamtbudgets 2012, 2014 (und 2015) und sich daraus ergebende Einzelbudgets bestreitet, ist dies gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht mehr berücksichtigungsfähig. Entsprechender Vortrag der Klägerin zur Vorlage und Abstimmung über die einzelnen Jahresbudgets findet sich u.a. bereits im Schriftsatz vom 14.04.2015 (Bl. 58 d.A.) und wurde von der Beklagten erstinstanzlich nicht bestritten. Auch das Landgericht hat im angefochtenen Urteil zutreffend festgestellt, dass die Beklagte über das Bestreiten des Gesamtbudgets 2013 aufgrund der im Protokoll fehlerhaft vermerkten Zahl von 181.000 € hinaus keine Einwendungen gegen die Höhe der von der Klägerin geltend gemachten Zahlungen bzw. Rechnungen erhoben hat (vgl. S. 11 und 12 des Urteils; Bl. 156 und 157 d.A.).
Insgesamt errechnen sich für den Zeitraum Februar 2013 bis April 2014 damit noch ausstehende Vorauszahlungen in Höhe von 52.673,41 € (5 Rechnungen à 9.304,73 € und 4 Rechnungen mit offenen Restbeträgen à 1.537,44 €).
b) Aufgrund der klägerischen Ausführungen im Schriftsatz vom 10.11.2016 (Bl. 203/205 d.A.) sind nunmehr auch die Beträge von 2.379,72 € (ReNr. M/2012/112 vom 02.03.2012, letzte Seite der Anlage K 11) und 1.856,80 € (ReNr. M/2013/85 vom 29.04.2013, Anlage K 11) aus Sicht des Senats schlüssig und nachvollziehbar begründet.
Bei dem Betrag von 2.379,72 € handelt es sich um eine restliche Betriebskostenvorauszahlung, während die Rechnung über 1.856,80 € die Abrechnung der Vorauszahlungen für das Jahr 2012 betrifft, die anhand der als Anlage zu Bl. 203/205 d.A. nochmals vorgelegten Rechnung M 2013/85 mit Darstellung der Einzelpositionen näher erläutert wurde.
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist der von der Klägerin herangezogene Verteilungsschlüssel für die Beklagte bei der Abrechnung 2012, wie er sich aus Anlage K 24c und insbesondere zuletzt aus Anlage K 33 ergibt, aus Sicht des Senats nicht zu beanstanden. Soweit Block A (Hotel) bei Einzelpositionen nicht berücksichtigt wurde, hat die Klägerin richtigerweise 20,29% angesetzt, bei Beteiligung von Block A wurden 14,77% angesetzt und bei der Tiefgarage wurde nach Plätzen abgerechnet. Unrichtig ist, dass Block A nicht an den Kosten der Tiefgarage beteiligt wurde, da insoweit zutreffend differenziert wurde: Block A nutzt die Tiefgarage über die Ein- und Ausfahrt Block B (vgl. Teil B, Ziff. II, S. 14 ff. der Grundlagenurkunde K 1) und wurde bei der diesbezüglichen technischen Instandhaltung auch beteiligt, wie sich aus dem Ansatz der Gesamttiefgaragenplätze ergibt (Anlage K 33: 656,50 statt 605,50). An den Kosten für die Haustechnik ist Block A generell nicht zu beteiligen (vgl. Teil B, Ziff. IX, S. 30 ff. der Grundlagenurkunde K 1). Soweit die Beklagte ferner eine fehlende Beteiligung von Block A bei den Positionen Schädlingsbekämpfung, Gartenbepflanzung, Unterhaltsreinigung und Sicherheitsdienst rügt, liegen nach Ansicht des Senats keine Aufgaben vor, an denen sich Block A nach der Grundlagenurkunde zwingend beteiligen müsste. Die Klägerin hat hierzu auch unwiderlegt vorgetragen, dass es sich insoweit um Leistungen gehandelt habe, die ausschließlich für die restlichen Blöcke erbracht worden seien (S. 3 f. des Schriftsatzes vom 11.08.2015; Bl. 107 f. d.A.). Ungeachtet dessen ist darauf hinzuweisen, dass Block A ausweislich der Präambel des Quartiermanagementvertrages nicht Teil des Quartiers im Sinne dieses Vertrages ist, so dass eine Aufnahme des Blocks A in die Abrechnungen der Klägerin generell nicht unproblematisch erscheint. Hieraus könnte ggf. der Schluss gezogen werden, dass die Klägerin ihre Kosten nur auf die übrigen Blöcke umlegen kann und diese gehalten sind, ihre Ausgleichsansprüche selbst nach der Grundlagenurkunde zu berechnen, gegenüber dem Hotel abzurechnen und geltend zu machen. Diesen Weg hat die Klägerin hier allerdings nicht gewählt, sondern Block A jedenfalls bei den Positionen, bei denen dieser nach der Grundlagenurkunde eindeutig an den Kosten zu beteiligen ist, miteinbezogen. Dies hat sich daher auch zugunsten der Beklagten ausgewirkt.
c) Die mit Klageerweiterung vom 15.06.2015 (Bl. 86/89 d.A.) geltend gemachten monatlichen Vorauszahlungen von 9.304,73 € (Mai – Juli 2014) bzw. 9.275,25 € (August 2014 – April 2015) sind schlüssig dargelegt und von der Beklagten auch der Höhe nach erstinstanzlich nicht bestritten worden, wie auch das Landgericht im angefochtenen Urteil zutreffend festgestellt hat (s.o.). Hiervon ist nach Abzug der von der Beklagten geleisteten Zahlungen in der von der Klägerin zugestandenen Höhe noch der geltend gemachte Betrag von insgesamt 48.727,34 € offen.
aa) Entgegen der Auffassung des Landgerichts dürfte zwar die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung des Quartiermanagementvertrages mit Schreiben vom 29. April 2014 zum 31. Juli 2014 (Anlage B 13) fristgerecht erfolgt sein (§ 8 Ziff. 1 des Quartiermanagementvertrages K 3). Jedoch ist aus Sicht des Senats ein Recht zur ordentlichen Kündigung des Quartiermanagementvertrages durch einen einzelnen Grundstückseigentümer nicht gegeben. Dies ergibt die Auslegung des Vertrages (§§ 133, 157 BGB), die ausgehend vom Wortlaut der Regelung in einem zweiten Schritt auch die Begleitumstände (u.a. Entstehungsgeschichte), die Interessenlage und den mit der Vereinbarung verfolgten Zweck einzubeziehen hat (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 76. Auflage 2017, § 133 Rn. 14 ff.). Die im Vertrag enthaltenen Leistungen sehen ein einheitliches Quartiermanagement vor, um die Lenbach Gärten als hochwertiges und anspruchsvolles Objekt entsprechend dem Höchststandard in Deutschland zu betreiben und zu unterhalten und sind insoweit unteilbar. In den ursprünglich zwischen der Klägerin und dem Bauträger (F.) geschlossenen Vertrag sind nach und nach die Erwerber der einzelnen Grundstücke eingetreten, wobei diese gemäß Ziff. 2 Teil F der Grundlagenurkunde vom 12.09.2007 (Anlage K 1) verpflichtet sind, sich nicht grundlos einem zentralen Quartiermanagement zu verweigern. Vor diesem Hintergrund sieht der Senat für ein ordentliches Kündigungsrecht eines einzelnen Grundstückseigentümers keinen Raum. Anders könnte dies nur für ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund zu beurteilen sein, auf das die Beklagte ihre Kündigung aber vorliegend nicht gestützt hat.
bb) Soweit die Beklagte für den gesamten Zeitraum der Klageerweiterung (Mai 2014 – April 2015) Zahlungen und damit Erfüllung in Höhe von 81.653,74 € anstelle der von der Klägerin vorgetragenen 62.664,10 € behauptet, sind entsprechend höhere Zahlungen von der hierfür beweispflichtigen Beklagten nicht nachgewiesen worden, wie bereits das Landgericht im erstinstanzlichen Urteil ausdrücklich festgestellt hat (S. 13 des Urteils; Bl. 158 d.A.). Insbesondere können solche Zahlungen auch nicht gemäß § 138 Abs. 3 ZPO durch die Klägerin in 1. Instanz als zugestanden angesehen werden, auch wenn die Klägerin nicht explizit auf den Beklagtenvortrag im Schriftsatz vom 15.07.2015 (Bl. 101/104 d.A.) eingegangen ist. Denn die Klägerin hat in ihrer Klageerweiterung vom 15.06.2015 auf Zahlungen der Beklagten in Höhe von 62.664,10 € verwiesen, zum Beweis hierfür die Vorlage von Bankauskünften auf Anforderung des Gerichts angeboten (Bl. 89 d.A.) und sodann in der Sitzung vom 19.04.2016 ihren Antrag aus der Klageerweiterung unverändert gestellt (Bl. 141 d.A.). Eine Geständnisfiktion kommt vor diesem Hintergrund nicht in Betracht. Soweit die Beklagte nunmehr in der Sitzung vom 18.01.2017 zum Nachweis für die geleisteten Zahlungen Kontoauszüge übergeben hat (Bl. 230 d.A.), sind diese nicht mehr zu berücksichtigen, §§ 530, 521 Abs. 2, 296 Abs. 1 ZPO und § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO.
d) Ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten gemäß § 273 BGB gegenüber den Betriebskostenvorauszahlungen kommt aus Sicht des Senats nicht in Betracht. Wie die Berufung zutreffend rügt, erscheint die konkrete Fallkonstellation einem Mietverhältnis und den gegenüber einem Mieter bestehenden besonderen Schutzpflichten nicht vergleichbar. Vielmehr dürfte eher, wie in Ziffer 4 des Hinweises vom 12.10.2016 (Bl. 200 f. d.A.) ausgeführt, von einer Vergleichbarkeit mit der Aufstellung und dem Beschluss eines Wirtschaftsplans und den danach zu leistenden Vorschüssen von Wohnungseigentümern im Rahmen einer Wohnungseigentümergemeinschaft (§ 28 WEG) auszugehen sein. Letztlich kann diese Frage aber dahinstehen. Maßgebend ist, dass der Quartiermanagementvertrag (Anlage K 3), in dem sich die Klägerin zur Erbringung von Managementleistungen und operativen Dienstleistungen verpflichtet hat (vgl. § 1 des Vertrages), seinem Schwerpunkt nach eindeutig als Dienstvertrag (und nicht als Werkvertrag) mit Geschäftsbesorgungscharakter einzustufen ist, §§ 675, 611 BGB. Dementsprechend kommt bei der hier behaupteten Minderleistung bzw. Schlechterfüllung in Form einer nicht ordnungsgemäßen Abrechnung der Betriebskosten eine Minderung der Vergütung oder ein diesbezügliches Leistungsverweigerungsrecht nicht in Betracht (vgl. Palandt/Weidenkaff a.a.O., § 611 Rn. 16).
Unabhängig davon liegt aus Sicht des Senats jedenfalls mit der Anlage K 33 zwischenzeitlich auch eine ordnungsgemäße Abrechnung der Klägerin über die Betriebskosten vor (s.o.). Diese ist auch in der Berufungsinstanz noch zu berücksichtigen, insbesondere steht § 531 Abs. 2 ZPO nicht entgegen. Denn Nachlässigkeit im Sinne von § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO ist grundsätzlich zu verneinen, wenn ein neues Angriffs- und Verteidigungsmittel erst nach Schluss der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung entstanden ist (Zöller/Heßler, ZPO, 31. Auflage 2016, § 531 Rn. 29 f.; MünchKomm ZPO/Rimmelspacher, 4. Auflage 2012, § 531 Rn. 25; Musielak/Voit, ZPO, 13. Auflage 2016, § 531 Rn. 19). Dies beruht auf der Erwägung, dass die prozessrechtlichen Präklusionsvorschriften die Partei anhalten sollen, zu einem bereits vorliegenden Tatsachenstoff rechtzeitig vorzutragen, hingegen nicht den Zweck verfolgen, auf eine beschleunigte Schaffung der materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen hinzuwirken (vgl. BGH, NJW-RR 2005, 1687).
Die Berufung der Klägerin erweist sich mithin bezüglich ihrer Forderung nach Zahlung weiterer 105.637,27 € in vollem Umfang als begründet.
2. Die Klägerin kann außerdem weitere vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten bei einem Gegenstandswert von 48.380,45 € (vgl. Anlage K 10) in Höhe von 1.250,60 € verlangen, §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 3 BGB.
3. Demgegenüber waren die geltend gemachten Verzugszinsen in Übereinstimmung mit dem Landgericht jeweils erst 30 Tage nach Zugang der Rechnung bzw. Fälligkeit zuzusprechen, §§ 286 Abs. 3, 288 Abs. 1, 187 ff. BGB. Soweit die Klägerin bereits ab einem früheren Zeitpunkt Verzugszinsen beantragt hat, blieb es daher bei der erstinstanzlichen Klageabweisung und war die Berufung zurückzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen dafür liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Revisionsgerichts.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren bestimmt sich nach § 47 GKG, § 3 ZPO.

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