Verwaltungsrecht

Gestuftes Auswahlverfahren bei konstitutivem Anforderungsprofil rechtmäßig

Aktenzeichen  6 CE 16.2310

Datum:
9.1.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 123 Abs. 1 S. 1, § 146 Abs. 4 S. 6
GG GG Art. 33 Abs. 2

 

Leitsatz

1 Für vorläufigen Rechtsschutz gegen die Übertragung des (Beförderungs-)Dienstpostens an einen Mitbewerber fehlt es bereits an einem Anordnungsgrund, weil die Dienstpostenübertragung nicht dem Grundsatz der Ämterstabilität unterliegt, sie jederzeit aufgehoben und der Dienstposten anderweitig besetzt werden kann.  (redaktioneller Leitsatz)
2 Ein Anordnungsgrund besteht nur insofern, als der Antrag verhindern soll, dass ein anderer Bewerber auf dem streitigen Dienstposten in das höherwertige Statusamt befördert wird, bevor über die Bewerbung der Antragstellerin bestandskräftig entschieden ist. (redaktioneller Leitsatz)
3 Der Dienstherr kann im Rahmen seines organisatorischen Ermessens über die Eignung des Bewerberfeldes grundsätzlich auch in einem gestuften Auswahlverfahren befinden.  (redaktioneller Leitsatz)
4 Da der Bezugspunkt der Auswahlentscheidung nach Art. 33 Abs. 2 GG nicht die Funktionsbeschreibung des konkreten Dienstpostens, sondern das angestrebte Statusamt ist, ist es mit Art. 33 Abs. 2 GG grundsätzlich unvereinbar, einen Bewerber vom Auswahlverfahren auszuschließen, nur weil er den besonderen Anforderungen des aktuell zu besetzenden Dienstpostens nicht entspricht.  (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

21 E 16.1424 2016-10-27 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 27. Oktober 2016 – M 21 E 16.1424 – wird zurückgewiesen.
II.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I. Auf den beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) ausgeschriebenen, mit Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstposten des Leiters/der Leiterin der Abteilung 1.56 bewarben sich – unter anderem – die Antragstellerin und der Beigeladene. Diese Patentabteilung ist im Cluster „Physik“ der Hauptabteilung 1/II angesiedelt und umfasst die Fachgebiete „Messen, Steuern, Regeln, insbesondere in der Fahrzeugtechnik, Verkehrsleittechnik“. Die Ausschreibung enthält folgenden Zusatz: „Die Bewerber/innen müssen einen Studienabschluss entsprechend der fachlichen Ausrichtung der genannten Abteilung aufweisen.“
Die Antragstellerin, eine Diplom-Ingenieurin des Chemieingenieurwesens, Studienrichtung Verfahrenstechnik, ist als Regierungsdirektorin (A 15+Z) bei dem DPMA seit 2013 mit den Aufgaben einer Gruppenleiterin in einer Patentabteilung beauftragt. Mit Stichtagsbeurteilung vom 19. Februar 2016 wurden ihre Leistungen für den Beurteilungszeitraum vom 1. Januar 2012 bis 31. Dezember 2014 mit dem Gesamturteil „5“ bewertet; über eine hiergegen erhobene Klage ist bislang nicht entschieden. Der Beigeladene, ein promovierter Diplom-Physiker, ist seit 2008 als Regierungsdirektor (A 15+Z) Gruppenleiter in einer Patentabteilung; seine Leistungen sind für denselben Beurteilungszeitraum mit dem Gesamturteil „7“ bewertet, d. h. um zwei Stufen besser als bei der Antragstellerin.
Das DPMA berichtete dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) mit Schreiben vom 11. Januar 2016 über den Stand des Besetzungsverfahrens. Es führte aus, dass die Antragstellerin als einzige Bewerberin nicht über einen Studienabschluss entsprechend der fachlichen Ausrichtung der Patentabteilung 1.56 verfüge und bat um Zustimmung, den ausgeschriebenen Dienstposten mit dem Beigeladenen zu besetzen. Das BMJV erklärte mit Schreiben vom 7. März 2016 nach Unterrichtung des Hauptpersonalrats sein Einverständnis. Mit Schreiben vom gleichen Tag teilte das DPMA der Antragstellerin die Besetzungsentscheidung mit.
Ihren Antrag nach § 123 VwGO auf Sicherung des Bewerbungsverfahrensanspruchs hat das Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 27. Oktober 2016 abgelehnt. Die Antragstellerin habe wohl schon keinen Anordnungsgrund, jedenfalls aber keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die Auswahlentscheidung sei rechtlich nicht zu beanstanden.
Mit der Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Rechtsschutzziel weiter und beantragt,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 27. Oktober 2016 aufzuheben und der Antragsgegnerin vorläufig zu untersagen, die Stelle des Leiters/der Leiterin der Patentabteilung 1.56 mit einem anderen Bewerber zu besetzen, zu beschäftigen und eine auf den streitigen Dienstposten bezogene Ernennungsurkunde auszuhändigen, bevor nicht über die Bewerbung der Antragstellerin bestandskräftig entschieden worden ist.
Die Antragsgegnerin verteidigt den angegriffenen Beschluss und beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Beigeladene hat sich nicht geäußert. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II. Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
Das Beschwerdevorbringen, auf das sich die Prüfung des Senats beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigt es nicht, die angegriffene Entscheidung zu ändern. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht‚ dass durch die Besetzung des ausgeschriebenen Dienstpostens mit dem Beigeladenen die Verwirklichung eigener Rechte, nämlich des in Art. 33 Abs. 2 GG verankerten Bewerbungsverfahrensanspruchs, vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Es fehlt zum Teil bereits an einem Anordnungsgrund.
Der streitige (Beförderungs-)Dienstposten als Leiter/Leiterin der Abteilung 1.56 bei dem DPMA ist für die Antragstellerin und den Beigeladenen höherwertig. Die Auswahlentscheidung des BMJV vom 7. März 2016 zugunsten des Beigeladenen kann daher – anders als eine Auswahlentscheidung unter den Bewerbern um eine ämtergleiche Umsetzung (vgl. BVerwG, U. v. 19.11.2015 – 2 A 6.13 – BVerwGE 153, 246 Rn. 19 ff.) – die Rechtsstellung der Antragstellerin aus Art. 33 Abs. 2 GG beeinträchtigen‚ soweit sie eine Vorauswahl für die Vergabe eines höherwertigen Statusamts trifft. Eine solche, den Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG berührende Vorwirkung kommt der Auswahlentscheidung des BMJV zu, weil diese nicht nur die Vergabe des Dienstpostens an den Beigeladenen betrifft, sondern zugleich dessen Ernennung in das höherwertige Statusamt nach erfolgreicher Ableistung der Erprobungszeit in Aussicht stellt. Der Senat ist bei solchen Fallgestaltungen bislang in ständiger Rechtsprechung davon ausgegangen, dass diese Vorwirkung im Fall der Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs Anlass gibt, zugunsten des unterlegenen Bewerbers im Wege der einstweiligen Anordnung bereits die Vergabe des Dienstpostens – und nicht erst die spätere Beförderung in das höherwertige Statusamt – zu untersagen (vgl. etwa BayVGH, B. v. 4.2.2015 – 6 CE 14.2477 – NVwZ 2015, 604 Rn. 11 m. w. N.). Daran ist mit Blick auf die neue Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, B. v. 10.5.2016 – 2 VR 2.15 – NVwZ 2016, 1650 ff.) – in Übereinstimmung mit dem für Landesbeamtenrecht zuständigen 3. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. BayVGH, B. v. 12.10.2016 – 3 CE 16.1188 – juris Rn. 29) – nicht mehr uneingeschränkt festzuhalten:
Die Übertragung des (Beförderungs-)Dienstpostens an einen Mitbewerber – hier an den Beigeladenen – unterliegt nicht dem Grundsatz der Ämterstabilität. Sie kann jederzeit aufgehoben und der Dienstposten anderweitig besetzt werden. Insoweit steht die Schaffung vollendeter Tatsachen, die nachträglich nicht beseitigt werden könnten, nicht zu besorgen. Allerdings kann der Mitbewerber einen Bewährungsvorsprung (Gewinn von Führungserfahrung) erhalten, wenn ihm der streitige Dienstposten bereits vor einer bestandskräftigen Auswahlentscheidung übertragen wird. Nach der neuen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss jedoch im Rahmen einer eventuell notwendigen neuen Auswahlentscheidung der erlangte Bewährungsvorsprung auf der Position des höherwertigen Dienstpostens ausgeblendet werden. Ist ein Bewerber rechtswidrig nicht ausgewählt worden, können diese Leistungen in der Konkurrentensituation nicht herangezogen werden (sog. fiktive Ausblendung eines Bewährungsvorsprungs; hierzu Kenntner, ZBR 2016, 181/195).
Deshalb besteht kein Grund, der Antragsgegnerin bereits die Besetzung des Dienstpostens zu untersagen. Der Antragstellerin kann ein Anordnungsgrund nur insoweit zur Seite stehen, als ihr Antrag verhindern soll, dass ein anderer Bewerber auf dem streitigen Dienstposten in das höherwertige Statusamt befördert wird, bevor über ihre Bewerbung bestandskräftig entschieden ist.
2. Die Antragstellerin hat allerdings nicht glaubhaft gemacht (vgl. BVerwG, B. v. 20.1.2004 – 2 VR 3.03 – juris Rn. 8), dass das BMJV bei der streitigen Auswahlentscheidung ihren Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzt hat. Ein Anordnungsanspruch ist deshalb nicht gegeben.
Es kann offen bleiben, ob die für den Leistungsvergleich maßgebliche aktuelle dienstliche Beurteilung der Antragstellerin an Rechtsfehlern leidet. Denn es ist nicht zu beanstanden, dass das BMJV – auf der Grundlage des vom DPMA erstellten Besetzungsvorschlags und ausweislich des Schreibens vom 4. Februar 2016 an den Vorsitzenden des Hauptpersonalrats beim BMJV – die Antragstellerin schon aus Eignungsgründen nicht in die engere Auswahl einbezogen hat.
a) Der Dienstherr kann im Rahmen seines organisatorischen Ermessens über die Eignung des Bewerberfeldes grundsätzlich auch in einem gestuften Auswahlverfahren befinden. Bewerber, die die allgemeinen Ernennungsbedingungen oder die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllen oder die aus sonstigen Eignungsgründen für die Ämtervergabe von vornherein nicht in Betracht kommen, können in einer ersten Auswahl ausgeschlossen werden und müssen nicht mehr in den Leistungsvergleich einbezogen werden, dem dann grundsätzlich aktuelle dienstliche Beurteilungen zugrunde zu legen sind. Bei der Bestimmung des Anforderungsprofils ist der Dienstherr aber an die gesetzlichen Vorgaben gebunden und, soweit – wie hier – eine an Art. 33 Abs. 2 GG zu messende Dienstpostenvergabe in Rede steht, auch zur Einhaltung des Grundsatzes der Bestenauswahl verpflichtet. Hiermit ist eine Einengung des Bewerberfelds an Hand der Anforderungen eines bestimmten Dienstpostens grundsätzlich nicht vereinbar. Anderes gilt nur dann‚ wenn die Wahrnehmung der Aufgaben eines Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzt (BVerwG‚ B. v. 19.12.2014 – 2 VR 1.14 – juris Rn. 20 ff.; B. v. 20.6.2013 – 2 VR 1.13 – BVerwGE 147, 20 Rn. 18 ff.; BayVGH, B. v. 4.2.2015 – 6 CE 14.2477 – NVwZ 2016, 604 Rn. 14). Dies ist an der näheren Ausgestaltung des Dienstpostens zu messen, über die der Dienstherr innerhalb der ihm zustehenden Organisationsgewalt nach seinen Bedürfnissen entscheidet.
Sind aber mit der Dienstpostenzuweisung Vorwirkungen auf die spätere Vergabe des Amts im statusrechtlichen Sinn verbunden, ist die Organisationsgewalt jedoch insoweit beschränkt, als die Vorgaben des Anforderungsprofils den Maßstäben aus Art. 33 Abs. 2 GG unterworfen sind. Da der Bezugspunkt der Auswahlentscheidung nach Art. 33 Abs. 2 GG nicht die Funktionsbeschreibung des konkreten Dienstpostens, sondern das angestrebte Statusamt ist, ist es mit Art. 33 Abs. 2 GG grundsätzlich unvereinbar, einen Bewerber vom Auswahlverfahren auszuschließen, nur weil er den besonderen Anforderungen des aktuell zu besetzenden Dienstpostens nicht entspricht.
Ausnahmen hiervon sind nur zulässig‚ wenn die Wahrnehmung der Aufgaben eines Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzt‚ die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann. Diese Voraussetzungen hat der Dienstherr darzulegen‚ sie unterliegen voller gerichtlicher Kontrolle (BVerwG‚ B. v. 19.12.2014 – 2 VR 1.14 – juris Rn. 26; B. v. 20.6.2013 – 2 VR 1.13 – BVerwGE 147, 20 Rn. 31). Das Anforderungsprofil muss dabei zwingend vor Beginn der Auswahlentscheidung festgelegt und dokumentiert werden‚ damit die Gründe für diese Entscheidung transparent sind und die Entscheidung nach den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG überprüft werden kann (BayVGH, B. v. 4.2.2015 – 6 CE 14.2477 – NVwZ 2016, 604 Rn. 16 m. w. N.).
b) Gemessen an diesem Maßstab durfte das BMJV die Antragstellerin wegen Nichterfüllung des Anforderungsprofils für den Dienstposten des Leiters/der Leiterin der Patentabteilung 1.56 von der Auswahl ausschließen.
Die Stellenausschreibung verlangt als Eignungsvoraussetzung einen „Studienabschluss entsprechend der fachlichen Ausrichtung der genannten Abteilung“. Dabei handelt es sich nicht um ein bloßes allgemeines Anforderungsmerkmal, sondern um ein zwingend zu erfüllendes – sog. konstitutives – Anforderungsprofil. Wer es nicht erfüllt, ist von vornherein durch die Ausschreibung nicht angesprochen und kann an dem leistungsorientierten Auswahlverfahren nicht teilnehmen. Das ergibt sich unmissverständlich aus dem Wortlaut der Ausschreibung („Alle Bewerber/innen müssen … aufweisen“).
Diese – vor Beginn des Auswahlverfahrens festgelegte und dokumentierte – Anforderung ist hinreichend bestimmt (aa) und sachlich gerechtfertigt (bb); sie wird von der Antragstellerin nicht erfüllt (cc).
aa) Der Senat teilt nicht die Bedenken der Antragstellerin, die Anforderung „Studienabschluss entsprechend der fachlichen Ausrichtung der genannten Abteilung“ sei zu unbestimmt und damit ungeeignet, weil es nicht hinreichend deutlich erkennen lasse, welcher Studienabschluss ausreiche.
Der insoweit maßgebliche objektive Erklärungsempfänger muss die jeweilige Anforderung in Beziehung setzen zum konkret ausgeschriebenen Posten (vgl. BayVGH, B. v. 15.9.2016 – 6 ZB 15.2114 – juris Rn. 10). Dem vorliegend in Frage kommenden Bewerberkreis war bekannt, dass die Hauptabteilung 1/II des DPMA, zu welcher die Patentabteilung 1.56 gehört, die Cluster „Elektrotechnik“ (Patentabteilung 1.31 bis 1.36), „Chemie“ (Patentabteilung 1.43 bis 1.45) und „Physik“ (Patentabteilung 1.51 bis 1.56) umfasst. Die Antragsgegnerin durfte auch davon ausgehen, dass den Bewerbern die fachliche Ausrichtung speziell der Abteilung 1.56 (Fachgebiete Messen, Steuern, Regeln, insbesondere in der Fahrzeugtechnik, Verkehrsleittechnik) bekannt war. Es war für den Bewerberkreis unschwer möglich, festzustellen, ob der jeweilige eigene Studiengang dieser fachlichen Ausrichtung entspricht. Daher handelt es sich um eine Anforderung, deren Vorliegen anhand objektiv überprüfbarer Fakten letztlich eindeutig und unschwer festgestellt werden kann.
bb) Die Anforderung ist sachlich gerechtfertigt.
Der Dienstherr hat ausreichend dargelegt‚ dass die Wahrnehmung der Aufgaben des streitigen Dienstpostens zwingend besondere – durch einen Studienabschluss mit entsprechender fachlicher Ausrichtung zu belegende – Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzt‚ die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann. Bei einem Patent handelt es sich um ein technisches Schutzrecht, über das von sachverständigen technischen Mitarbeitern entschieden wird. Der Abteilungsleiter nimmt die Dienst- und Fachaufsicht über die technischen Mitglieder seiner Abteilung wahr. Im Hinblick auf die damit bezweckte Qualitätssicherung in allen Verfahren der Prüfungsstelle und der Patentabteilung, aber auch für unmittelbar selbst wahrzunehmende Fachaufgaben, wie insbesondere der Vorsitz im Kollegialverfahren nach dem Patentgesetz (nach dem Ausschreibungstext eine wesentliche Aufgabe der Abteilungsleitung), sind einschlägige Fachkenntnisse unabdingbar, insbesondere für die in der überwiegenden Anzahl von Fällen notwendige Beurteilung der sog. erfinderischen Tätigkeit. Dass diese aus dem Blickwinkel eines für das jeweilige Gebiet zuständigen Fachmanns vorzunehmen ist, liegt auf der Hand und wird seitens der Antragstellerin auch nicht bestritten.
Angesichts dessen ist die Einschätzung der Antragsgegnerin nicht zu beanstanden, dass ein Bewerber, der die für die Leitung der Patentabteilung 1.56 erforderlichen Fachkenntnisse in den physikalisch bzw. elektrotechnisch orientierten Fachgebieten „Messen, Steuern, Regeln, insbesondere in der Fahrzeugtechnik und Verkehrsleittechnik“ nicht durch einen entsprechenden Studienabschluss nachweisen kann, zur ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung auf dem Dienstposten nicht in der Lage ist. Insbesondere in technisch ausgerichteten Behörden, die wie das DMPA eine starke Ausdifferenzierung von Organisationseinheiten aufweisen, die hohe Anforderungen an die Spezialisierung der dort eingesetzten Beamten stellen, ist die Aufstellung besonderer Qualifikationsanforderungen insbesondere an die Abteilungsleitung im Interesse der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung sogar erforderlich (vgl. BVerwG, B. v. 20.6.2013 – 2 VR 1.13 – juris Rn. 34 ff.).
Nicht überzeugen kann der Einwand, die Anforderung sei deshalb unzulässig, weil die Antragsgegnerin den Abteilungsleiter-Dienstposten in der Vergangenheit „des Öfteren mit von der Ausbildung her fachfremden Personen besetzt“ habe, was zu einer entsprechenden Verwaltungspraxis geführt habe, die die Antragsgegnerin binde. Auch wenn das zutreffen und nicht auf den Mangel geeigneter Bewerber zurückzuführen sein sollte, wird der Dienstherr durch eine frühere Besetzungspraxis nicht daran gehindert, für zukünftige Besetzungen im Rahmen seines organisatorischen Ermessens im Interesse einer optimierten Funktionsfähigkeit der Verwaltung in der Ausschreibung weitere, zuvor nicht verlangte besondere Qualifikationsanforderungen an die Bewerber zu stellen, solange diese unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Einen Rechtssatz dahingehend, dass einmal angewandte Anforderungsprofile für bestimmte Dienstposten nicht mehr erweitert oder verändert werden dürften, gibt es nicht. Jeder Bewerber um ein Amt hat vielmehr lediglich einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind (BVerwG, B. v. 20.6.2013 – 2 VR 1.13 – BVerwGE 147, 20; OVG NW, B. v. 15.6.2016 – 6 B 253/16 – juris Rn. 9).
cc) Das zulässige Anforderungsprofil wird von der Antragstellerin als Diplom-Ingenieurin des Chemieingenieurwesens, Studienrichtung Verfahrenstechnik, nicht erfüllt. Sie ist demnach in rechtlich nicht zu beanstandender Weise nicht in die Bewerberauswahl im engeren Sinne einbezogen worden. Damit kommt es auf die mit der Beschwerde wiederholten Zweifel an der Rechtmäßigkeit ihrer aktuellen Beurteilung nicht entscheidungserheblich an.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Da der Beigeladene keinen eigenen Antrag gestellt und damit auch kein Kostenrisiko übernommen hat, entspricht es der Billigkeit, dass er seine etwaigen außergerichtlichen Kosten selbst trägt (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2, § 47 GKG, wobei der Senat im einstweiligen Anordnungsverfahren auf vorläufige Freihaltung einer Beförderungsstelle den Auffangwert in voller Höhe festsetzt (vgl. BayVGH, B. v. 16.4.2013 – 6 C 13.284 – juris).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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