Aktenzeichen 10 ZB 14.2603
StPO § 81b Alt. 2, § 153 Abs. 2
Leitsatz
1 Die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung eines Beschuldigten (§ 81b Alt. 2 StPO) darf nicht an beliebige Tatsachen anknüpfen und nicht zu einem beliebigen Zeitpunkt ergehen. Vielmehr muss sie aus einem konkret gegen den Betroffenen als Beschuldigten geführten Strafverfahren hervorgehen und ihre Notwendigkeit jedenfalls auch aus den Ergebnissen dieses Verfahrens herleiten. (redaktioneller Leitsatz)
2 Der spätere Wegfall der Beschuldigteneigenschaft infolge der Beendigung des Strafverfahrens durch Einstellung, Verurteilung oder Freispruch lässt die Rechtmäßigkeit der angeordneten erkennungsdienstlichen Maßnahmen grundsätzlich unberührt (ebenso VGH München BeckRS 2015, 44398). Dies gilt insbesondere, wenn nach der Beendigung des Strafverfahrens auf der Grundlage des § 153 Abs. 2 StPO von einem “Restverdacht” auszugehen ist. (redaktioneller Leitsatz)
3 Bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer auf § 81b Alt. 2 StPO gestützten erkennungsdienstlichen Behandlung ist das Verwaltungsgericht aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 VwGO) nicht verpflichtet, den Ablauf des strafgerichtlichen Verfahrens in allen Einzelheiten nachzuvollziehen. (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
M 7 K 14.1249 2014-10-15 Urt VGMUENCHEN VG München
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger seine in erster Instanz erfolglose Klage auf Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 26. Februar 2014 weiter, mit dem seine erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 81b 2. Alt. StPO angeordnet und er zu diesem Zweck vorgeladen wurde.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag ergeben sich weder die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (1.) noch der geltend gemachte Verfahrensmangel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO (2.).
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestünden dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B. v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – juris Rn. 11). Das ist jedoch nicht der Fall.
Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, nach § 81b 2. Alt. StPO dürften Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen und Messungen und ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden, soweit es für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig sei. Die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung sei zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses durch das gegen den Kläger als Beschuldigten geführte Strafverfahren veranlasst gewesen; dass dieses mittlerweile gemäß § 153 Abs. 2 StPO eingestellt worden sei, stehe dem nicht entgegen, da diese Vorschrift eine strafbare Tat voraussetze. Nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung lasse der spätere Wegfall der Beschuldigteneigenschaft infolge der Beendigung des Strafverfahrens durch Einstellung, Verurteilung oder Freispruch die Rechtmäßigkeit der nach § 81b 2. Alt. StPO angeordneten Maßnahmen unberührt. Dass eine erkennungsdienstliche Behandlung nach dieser Vorschrift nur gegen einen Beschuldigten angeordnet werden dürfe, besage lediglich, dass die Anordnung nicht an beliebige Tatsachen anknüpfen und zu einem beliebigen Zeitpunkt ergehen könne, sondern dass sie aus einem konkret gegen den Betroffenen als Beschuldigten geführten Strafverfahren hervorgehen und jedenfalls auch aus den Ergebnissen dieses Verfahrens die gesetzlich geforderte Notwendigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung herleiten müsse. Weiter seien die angeordneten erkennungsdienstlichen Maßnahmen im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nach einer Bewertung der gesamten tatsächlichen Umstände des Einzelfalles für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig. Die Notwendigkeit der Anfertigung von erkennungsdienstlichen Unterlagen bemesse sich danach, ob der anlässlich eines gegen den Betroffenen gerichteten Strafverfahrens festgestellte Sachverhalt nach kriminalistischer Erfahrung angesichts aller Umstände des Einzelfalles Anhaltspunkte für die Annahme biete, dass der Betroffene künftig oder gegenwärtig mit guten Gründen als Verdächtiger in den Kreis potentieller Beteiligter an einer noch aufzuklärenden strafbaren Handlung einbezogen werden könnte und dass die erkennungsdienstlichen Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen entlastend oder überführend fördern könnten. Zu Recht habe der Beklagte eine Wiederholungsgefahr aus den Umständen der Anlasstat vom 8. September 2013 hergeleitet. Durch die Einstellung des Verfahrens nach § 153 Abs. 2 StPO durch das Strafgericht nach mündlicher Verhandlung am 30. April 2014 sei der Tatverdacht gegen den Kläger nicht vollständig entfallen. Der Umstand, dass das Strafgericht die Schuld des Täters als gering angesehen und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung bejaht habe, spreche nicht gegen die Notwendigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung. Für eine Wiederholungsgefahr spreche ferner, dass der Kläger im Jahr 2012 mit zwei ähnlich gelagerten Vorfällen in Erscheinung getreten sei und die Taten, derer er verdächtigt werde, durch Unbeherrschtheit und Aggressivität gekennzeichnet seien. Die polizeilichen Daten über die entsprechenden Ermittlungsverfahren hätten verwendet werden dürfen. Vorliegend bestehe aufgrund der Aussagen unbeteiligter Zeugen ein Restverdacht, dass der Kläger am 8. Dezember 2012 an einer Schlägerei beteiligt gewesen sei und dabei auf eine am Boden liegende Person eingetreten habe. Das Verfahren sei gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden, weil eine gefährliche Körperverletzung nicht zweifelsfrei erweisbar gewesen und bezüglich einer vorsätzlichen Körperverletzung kein Strafantrag gestellt worden sei, somit eine Strafverfolgungsvoraussetzung gefehlt habe. Auch hinsichtlich des Vorfalls vom 1. Juli 2012 bestehe der Verdacht einer Körperverletzung nach wie vor; zu einer Einstellung des Strafverfahrens nach § 260 Abs. 3 StPO sei es nur wegen der Rücknahme des Strafantrags durch den Geschädigten und den Umstand, dass die Staatsanwaltschaft das öffentliche Interesse verneint habe, gekommen. Weiter spreche für eine Wiederholungsgefahr, dass der Kläger nach Wahrnehmung der Polizei bzw. den Atemalkoholtests mehrmals erheblich alkoholisiert gewesen sei. Es sei davon auszugehen, dass die Alkoholisierung Einfluss auf das Tatgeschehen gehabt habe. Ermessensfehler seien nicht ersichtlich, eine erkennungsdienstliche Behandlung des Klägers sei auch verhältnismäßig.
Die gegen die Erwägungen des Verwaltungsgerichts vorgebrachten Einwendungen greifen nicht durch.
a) Der Kläger macht zunächst geltend, das Verwaltungsgericht habe bei seiner Entscheidung nicht selbst festgestellt, inwieweit die angeordneten Maßnahmen für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig seien; es habe sich auf die Feststellung der Rechtmäßigkeit des polizeilichen Bescheids beschränkt und keine eigene Prüfung der rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen vorgenommen.
Dieser Vorwurf trifft nicht zu. Das Verwaltungsgericht hat entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Rechtmäßigkeit des angefochtenen polizeilichen Bescheids und hierzu eingehend und umfassend die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen der Maßnahme nach § 81b 2. Alt. StPO geprüft.
b) Weiter bringt der Kläger vor, das Verwaltungsgericht gehe rechtsirrig davon aus, dass der spätere Wegfall der Beschuldigteneigenschaft infolge der Beendigung des Strafverfahrens durch Einstellung oder Freispruch die Rechtmäßigkeit der nach § 81b 2. Alt. StPO angeordneten Maßnahmen unberührt lasse; das gelte nur insoweit, wie die Verdachtsmomente trotz Einstellung bzw. Freispruch tatsächlich fortbestünden. Hierzu habe das Verwaltungsgericht in seinem Urteil keine Feststellungen getroffen.
Auch dieser Einwand greift nicht durch. Ein unmittelbarer Zweckzusammenhang zwischen der Beschuldigteneigenschaft des Betroffenen und den gesetzlichen Zielen der erkennungsdienstlichen Behandlung nach dieser Vorschrift besteht nicht. Dass eine erkennungsdienstlichen Behandlung nach dieser Bestimmung nur gegen einen „Beschuldigten“ angeordnet werden darf, besagt – wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat – lediglich, dass die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung nicht an beliebige Tatsachen anknüpfen und zu einem beliebigen Zeitpunkt ergehen kann, sondern dass sie aus einem konkret gegen den Betroffenen als Beschuldigten geführten Strafverfahren hervorgehen und jedenfalls auch aus den Ergebnissen dieses Verfahrens die gesetzlich geforderte Notwendigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung herleiten muss. Der spätere Wegfall der Beschuldigteneigenschaft infolge der Beendigung des Strafverfahrens durch Einstellung, Verurteilung oder Freispruch lässt daher die Rechtmäßigkeit der angeordneten Maßnahmen grundsätzlich unberührt (st. Rspr.; vgl. BayVGH, B. v. 2.4.2015 – 10 C 15.304 – juris Rn. 5; BayVGH, U. v. 12.11.2013 – 10 B 12.2078 – juris Rn. 19; BayVGH, B. v. 28.11.2012 – 10 ZB 12.1468 – juris Rn. 6). Der Kläger war zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Anordnung Beschuldigter eines Strafverfahrens, das erst am 30. April 2014 nach mündlicher Verhandlung durch eine Einstellung nach § 153 Abs. 2 StPO – also nicht durch Freispruch – endete. Das Verwaltungsgericht hat außerdem ausführlich dargelegt, warum es bei der Anlasstat trotz der strafgerichtlichen Verfahrenseinstellung von einem „Restverdacht“ ausging, der hinreichende Anhaltspunkte dafür begründe, dass der Kläger auch zukünftig Anlass zu polizeilichen Ermittlungen geben könnte (UA S. 21/22). Das verwaltungsgerichtliche Urteil entspricht damit insbesondere auch den Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht in dem vom Kläger in seinem Zulassungsantrag angeführten Beschluss vom 16. Mai 2002 (1 BvR 2257/01 – NJW 2002, 3231) formuliert hat.
c) Der Kläger macht weiterhin geltend, das Verwaltungsgericht stütze sein Urteil darauf, dass der Kläger die ihm vom Beklagten zu Last gelegten Straftaten tatsächlich begangen habe, obwohl er nie verurteilt worden sei.
Auch dieser Einwand trifft nicht zu. Das Verwaltungsgericht ist weder bei der Anlasstat noch bei den weiteren zur Begründung einer Wiederholungsgefahr herangezogenen Vorfällen davon ausgegangen, dass der Kläger Straftaten „begangen“ habe. Vielmehr hat es jeweils im Einzelnen dargelegt, warum konkret ein „Restverdacht“ bestehen bleibt (UA S. 22-24).
d) Ferner wirft der Kläger dem Verwaltungsgericht vor, es gehe rechtsirrig davon aus, dass auch eine Verfahrenseinstellung nach § 153 StPO der erkennungsdienstlichen Behandlung nicht entgegenstehe, da diese Vorschrift eine strafbare Tat voraussetze. Dies sei fehlerhaft. Mit einer Einstellung nach § 153 StPO sei keine Entscheidung darüber getroffen worden, ob der Kläger die ihm vorgeworfene Tat begangen habe oder nicht. Die Unschuldsvermutung gelte daher fort.
Jedoch setzt die Anwendung des § 153 StPO das Vorliegen zumindest eines Anfangsverdachts für eine strafbare Handlung voraus; liegt dieser nicht vor, ist das Verfahren zwingend nach § 170 Abs. 2 StPO einzustellen. Bei einer Einstellung nach § 153 Abs. 1 oder Abs. 2 StPO aber bleibt offen, ob sich der Beschuldigte wirklich schuldig gemacht hat (Diemer in Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 7. Aufl. 2013, § 153 Rn. 4, 5 u. 8, m. w. N.). Wie bereits ausgeführt (siehe oben b), steht die Einstellung des anlassgebenden Strafverfahrens der Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung nicht entgegen. Aus der Einstellung des Verfahrens bei geringer Schuld des Täters und fehlendem öffentlichen Verfolgungsinteresse folgt nicht zwingend, dass der Täter nicht zum Kreis möglicher Verdächtiger einer zukünftigen Straftat gehören wird und die erkennungsdienstlichen Unterlagen nicht geeignet sind, die Ermittlungen – ergebnisoffen – zu fördern (OVG MV, B. v. 15.10.2008 – 3 L 491/04 – juris Rn. 12). Das Verwaltungsgericht hat auch dargelegt (UA S. 21/22), warum bei dem Vorfall vom 8. September 2013 trotz der Verfahrenseinstellung nach § 153 Abs. 2 StPO der Tatverdacht gegen den Kläger nicht vollständig entfallen, vielmehr ein Restverdacht verblieben ist. Ein Verstoß gegen die Unschuldsvermutung als Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips liegt darin nicht. Bei einer Verfahrensbeendigung durch Freispruch aus Mangel an Beweisen oder aus anderen Gründen, etwa nach §§ 153 ff. StPO, ist der Straftatverdacht nicht notwendig ausgeräumt. Darf der Straftatverdacht Grundlage für polizeiliche Maßnahmen sein, so steht dem die Unschuldsvermutung als solche nicht entgegen; solche Maßnahmen sind von einem fortbestehenden Tatverdacht, nicht aber von einer Schuldfeststellung abhängig (so ausdrücklich BVerfG, B. v. 16.5.2002 – 1 BvR 2257/01 – juris Rn. 11 u. 13, zur Speicherung personenbezogener Daten zu präventivpolizeilichen Zwecken; ferner BayVGH, B. v. 2.4.2015 – 10 C 15.304 – juris Rn. 7).
e) Der Kläger rügt ferner, das Verwaltungsgericht habe nicht eine eigenständige Würdigung der Strafakten vorgenommen, sondern ungeprüft die Angaben des Beklagten übernommen. Das Urteil beruhe damit allein auf Tatsachenfeststellungen des Beklagten, die sich schon aufgrund einer kurzen Überprüfung als falsch erweisen würden. Tatsächlich habe dem Kläger nie eine Alkoholisierung nachgewiesen werden können, ebenso sei er niemals flüchtig gewesen.
Auch dieses Vorbringen führt nicht zur Annahme ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils. Das Verwaltungsgericht hat zwar nicht die jeweiligen vollständigen Strafakten beigezogen, sondern die polizeilichen Ermittlungsvorgänge, die Bestandteil der polizeilichen Behördenakte waren bzw. dem Gericht vom Beklagten vorgelegt wurden, ferner (straf-) gerichtliche Unterlagen, darunter auch solche, die der Kläger selbst im Rahmen des Klageverfahrens vorgelegt hat. Diese Akten und Unterlagen hat das Gericht umfassend gewürdigt und ausführlich dargelegt, warum es bezüglich der einzelnen Vorfälle von einem fortbestehenden „Restverdacht“ ausgeht und warum hieraus abzuleiten ist, dass erkennungsdienstliche Unterlagen über den Kläger für etwaige spätere Ermittlungen förderlich sein könnten. Der Kläger kann nicht in Abrede stellen, dass die vorhandenen und herangezogenen polizeilichen Ermittlungsunterlagen Gegenstand von gegen ihn geführten Ermittlungsverfahren bzw. strafgerichtlichen Verfahren gewesen sind. Nicht erkennbar ist, welche Tatsachenfeststellungen des Beklagten sich „aufgrund einer kurzen Überprüfung als falsch erweisen“ sollten. Soweit der Kläger insoweit darauf verweist, dass er niemals flüchtig gewesen sei und dass er niemals behauptet habe, bei den ihm zur Last gelegten Straftaten habe es sich lediglich um jugendtypische Schlägereien gehandelt, ist dem entgegenzuhalten, dass das Verwaltungsgericht diese Gesichtspunkte ohnehin als „nicht entscheidungserheblich“ angesehen hat (UA S. 21 bzw. S. 24). Auch auf die Frage, ob der Kläger bei den herangezogenen Vorfällen alkoholisiert war, kommt es für diese Gesamtwürdigung nicht mehr an; jedenfalls lag aber in allen Fällen der Verdacht einer Alkoholisierung nahe.
f) Schließlich bringt der Kläger vor, auch wenn die Vorwürfe des Beklagten zutreffen würden und er die ihm zur Last gelegten Taten begangen hätte, habe das Verwaltungsgericht nicht davon ausgehen dürfen, dass die angeordnete erkennungsdienstliche Behandlung notwendig sei. Denn es fehlten jegliche Feststellungen dazu, inwieweit die durch die erkennungsdienstlichen Maßnahmen erstellten Unterlagen ihn von der Begehung von Straftaten abhalten und spätere strafprozessuale Ermittlungen fördern könnten. Hinsichtlich der dem Kläger zur Last gelegten Straftaten sei dessen Identität offenbar immer bekannt gewesen. Es gebe auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Feststellung der Identität des Klägers in Zukunft Schwierigkeiten bereiten könnte. Erkennungsdienstliche Unterlagen über den Kläger könnten somit, wenn überhaupt, nur einen geringen Wert für die zukünftige polizeiliche Ermittlungstätigkeit haben. Damit sei aber der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht mehr verhältnismäßig.
Auch damit legt der Kläger keine ernsthaften Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung dar. Das Verwaltungsgericht ist bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme durchaus auf diese Gesichtspunkte eingegangen und hat ausgeführt (UA S. 26), dass die zu erhebenden Daten (Lichtbildaufnahmen, Abnahme der Finger- und Handflächenabdrücke, Personenbeschreibung, Messungen) dem kriminalistischen Standard entsprächen. Sie seien geeignet und erforderlich, zur Feststellung oder zum Ausschluss einer Tatbeteiligung an potenziellen künftigen Straftaten beizutragen. Dies ist nicht zu beanstanden. Nicht bei jedem Fall gewalttätiger Auseinandersetzungen kann beim Eintreffen der Polizei noch ein Verdächtiger am Ort des Vorfalls angetroffen werden, wie es bei den Ereignissen, bei denen der Kläger der Beteiligung verdächtigt wurde, der Fall war. Es liegt auf der Hand, dass in solchen Fällen die erkennungsdienstlichen Unterlagen über den Kläger die Ermittlungen fördern können, indem sie einen gegen den Kläger entstandenen Verdacht bestätigen, aber auch widerlegen können (BayVGH, B. v. 5.11.2012 – 10 CS 12.1855 – juris Rn. 10; BayVGH, B. v. 12.11.2012 – 10 C 12.346 – juris Rn. 5). Damit ist auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht verletzt. Bei der bestehenden Sachlage überwiegt das Interesse der Allgemeinheit an der Aufklärung künftiger Straftaten den mit der erkennungsdienstlichen Behandlung verbundenen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Klägers, weil bei der Anordnung der erkennungsdienstlichen Maßnahmen ein hinreichender Tatverdacht bestand und angesichts des Gewichts gegebenenfalls betroffener Rechtsgüter dem Interesse der Allgemeinheit ein höherer Stellenwert zukommt als dem durch die erkennungsdienstliche Behandlung bewirkten vergleichsweise geringfügigen Grundrechtseingriff (BayVGH, U. v. 12.11.2013 – 10 B 12.2078 – juris Rn. 27; BayVGH, B. v. 16.11.2015 – 10 CS 15.1564 – juris Rn. 27).
2. Der vom Kläger gerügte Verfahrensmangel nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO liegt ebenfalls nicht vor.
Der Kläger bringt insoweit vor, dem Verwaltungsgericht hätten die strafrechtlichen Verfahrensakten nicht vollständig vorgelegen. Bei einer Einsicht in die Strafverfahrensakten hätte es jedoch feststellen können, dass mangels Anlassstraftat und Wiederholungsgefahr keine Notwendigkeit für eine erkennungsdienstliche Behandlung bestanden habe und die polizeiliche Anordnung nicht verhältnismäßig sei.
Eine Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 VwGO) ist damit schon nicht hinreichend substantiiert geltend gemacht (zu den Anforderungen vgl. z. B. BVerwG, B. v. 7.3.2012 – 6 B 40/11 – juris Rn. 2; BVerwG, B. v. 3.6.2015 – 5 B 36/15 – juris Rn. 3). Der Kläger hat weder vorgetragen, noch ist aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ersichtlich, dass er durch einen förmlichen Beweisantrag auf die Beiziehung bestimmter Akten hingewirkt hat. Es ist auch nicht erkennbar, dass sich dem Verwaltungsgericht hätte aufdrängen müssen, die vollständigen Strafverfahrensakten beizuziehen. Denn bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen nach § 81b 2. Alt. StPO ist es nicht geboten, den Ablauf eines strafgerichtlichen Verfahrens in allen Einzelheiten nachzuvollziehen, sondern es kommt darauf an, ob aus polizeilicher Sicht die Maßnahmen für Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig sind. Die vom Verwaltungsgericht beigezogene Behördenakte enthielt im Übrigen neben den polizeilichen Unterlagen auch Auszüge aus den jeweiligen Gerichtsakten, insbesondere zum Verfahrensausgang. Der Kläger hat nicht dargelegt, welche weiteren Unterlagen sich noch in den Strafverfahrensakten befinden könnten, die die Verdachtsmomente gegen den Kläger vollständig ausräumen könnten; die bloße Behauptung, das Verwaltungsgericht hätte „aufgrund eigener Aktenkunde zwingend zu einer anderen Erkenntnis gelangen müssen“, ist nicht nachvollziehbar und genügt hierfür nicht.
Die Kostenentscheidung folgt nach alledem aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 und § 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).