IT- und Medienrecht

Auskunft über aktuelle Schuldneranschrift

Aktenzeichen  M 22 K 15.2519

Datum:
15.12.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
MRRG MRRG § 21
BMG BMG § 10, § 44 Abs. 1, § 51
BayMeldeG Art. 31 Abs. 7, Abs. 8
BayAGBMG BayAGBMG Art. 11 Abs. 2 Nr. 1

 

Leitsatz

1. Das von der Meldebehörde bei Melderegisterauskünften pflichtgemäß auszuübende Ermessen ist bei einfachen Melderegisterauskünften (§ 44 BMG) grundsätzlich regelmäßig schon wegen des allgemeinen Informationsbedürfnisses und aus Gründen der Gleichbehandlung beschränkt. (redaktioneller Leitsatz)
2. Folge einer Auskunftssperre ist hinsichtlich der betroffenen Tatsachen ein Übermittlungs- und Auskunftsverbot gegenüber nichtöffentlichen Stellen, wozu auch ein Inkassobüro zu zählen ist. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klage, über die trotz Ausbleibens eines Vertreters der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2016 verhandelt und entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 2 VwGO), bleibt ohne Erfolg.
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob ein auf Erteilung einer (einfachen) Melderegisterauskunft gerichtetes Begehren mit der allgemeinen Leistungsklage oder mit der Verpflichtungsklage zu verfolgen ist (vgl. OVG NRW, B.v. 10.9.2013 – 16 E 190/13 -; VG Köln, U.v. 26.3.2014 – 24 K 6001/11 – beide in juris; Medert/Süßmuth, Melderecht des Bundes und der Länder, Teil I: Bundesrecht, Stand: Mai 2012, § 21 MRRG Rdnr. 19), da die Klage jedenfalls – sei es als Leistungs-, sei es als Verpflichtungsklage – unbegründet ist.
Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Erteilung einer Auskunft über die aktuelle Anschrift des Schuldners bzw. eine der Meldebehörde im Wege der Rückmeldung bekannt gewordene Anschrift (vgl. zum Anspruch auf die Wegzugsanschrift auch OVG NRW, B.v. 10.9.2013 – 16 E 190/13 -; VG Köln, U.v. 26.3.2014 – 24 K 6001/11 – beide in juris).
Zwar darf die Meldebehörde nichtöffentlichen Stellen nach § 44 Abs. 1 BMG, der den von der Klägerin zur Begründung der Klage unter anderem angeführten Art. 31 BayMeldeG zum 1. November 2015 abgelöst hat [vgl. insoweit auch Art. 11 Abs. 2 Nr. 1 BayAGBMG vom 23.06.2015 (GVBl. 2015, 178) und Artikel 4 MeldFortG in der am 26.11.2014 geltenden Fassung durch Artikel 1 G. v. 20.11.2014 BGBl. I S. 1738], Auskunft über Anschriften von Einwohnerinnen und Einwohnern, die der private Dritte namentlich bezeichnen kann, erteilen, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Melderegisterauskunft erfüllt sind. Auch dürfte das von der Meldebehörde insoweit pflichtgemäß auszuübende Ermessen [vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2006, – 6 C 5/05 -, juris, zur Vorschrift des § 21 Abs. 1 Melderechtsrahmengesetz (MRRG)] bei derartigen einfachen Melderegisterauskünften grundsätzlich regelmäßig schon wegen des allgemeinen Informationsbedürfnisses und aus Gründen der Gleichbehandlung beschränkt sein (vgl. Medert/Süßmuth, Melderecht des Bundes und der Länder, Teil I: Bundesrecht, Stand: Mai 2012, § 21 MRRG, Rn. 17.) Doch ist vorliegend die Erteilung einer Melderegisterauskunft an die Klägerin gemäß § 51 BMG (vormals Art. 31 Abs. 7 und 8 BayMeldeG) unzulässig, da im Melderegister der Beklagten bezüglich der von der Klägerin angefragten Person am 17. Dezember 2009 von Amts wegen eine fortbestehende Auskunftssperre eingetragen wurde, wie die Beklagte mit Schriftsatz vom 21. Januar 2016 sowie – unter Darlegung der näheren Gründe, die gegenüber der Klägerin jedoch nicht offenbart werden können – in der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2016 dem Gericht gegenüber glaubhaft ausgeführt hat. Folge der Auskunftssperre ist hinsichtlich der betroffenen Tatsachen ein Übermittlungs- und Auskunftsverbot gegenüber nichtöffentlichen Stellen, wozu auch die Klägerin zu zählen ist. Selbst aus der Versagung der Auskunft dürfen keine Rückschlüsse auf den tatsächlichen Grund der Auskunftsverweigerung möglich sein, was die (angesichts der zunächst erfolgten Auskunft irritierenden) Mitteilungen der Beklagten auf die nach dem 17. Dezember 2009 bei ihr eingegangenen Melderegisteranfragen der Klägerin erklärt.
Ein Ausnahmetatbestand, aufgrund dessen die gewünschte Auskunft ungeachtet der bestehenden Auskunftssperre ausnahmsweise zulässig wäre, ist fallbezogen nicht ersichtlich. Weder konnte die Beklagte der Klägerin eine für diese verwertbare Auskunft geben, ohne den tatsächlichen Grund der Auskunftssperre zu offenbaren, noch greift ein etwaiger gesetzlicher Ausnahmetatbestand oder liegt eine Zustimmung der zu beauskunftenden Person vor.
Die Beklagte hat daher die Erteilung der einfachen Melderegisterauskunft nach § 44 BMG (vormals Art. 31 BayMeldeG) angesichts der gegenüber der Klägerin wirkenden Auskunfts- und Übermittlungssperre zu Recht abgelehnt. Aus den gleichen Gründen kommt – unabhängig vom Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – auch eine Auskunftserteilung auf der Grundlage von § 792 ZPO i.V.m. § 10 BMG (vormals Art. 9 BayMeldeG) nicht in Betracht.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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