Arbeitsrecht

Zur Neuberechnung eines extern zu teilenden Anrechtes bei Vorliegen einer nachehelichen Barwertminderung ohne Ehezeitbezug

Aktenzeichen  11 UF 1479/14

Datum:
15.12.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
FamRZ – 2017, 873
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
VersAusglG VersAusglG § 5 Abs. 2, § 15, § 17

 

Leitsatz

1. Beruft sich ein Versorgungsträger auf eine nachehezeitliche Barwertminderung ohne Ehezeitbezug (§ 5 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG) eines extern zu teilenden Anrechts, so kann dies allenfalls dann berücksichtigt werden, wenn eine vollständige Neuberechnung stattfindet, bei der alle Rechnungsgrundlagen einschließlich des Rechnungszinses auf einen entscheidungsnahen Zeitpunkt bezogen werden (im Anschluss an BGH FamRZ 2016, 775 und FamRZ 2016, 2000). (amtlicher Leitsatz)
2 Das Stichtagsprinzip wird verwirklicht, wenn der Barwert der Versorgung am Stichtag mit den Rechnungsgrundlagen ermittelt wird, die bei einer Bilanzierung am Stichtag erfolgt. (redaktioneller Leitsatz)
3 Nicht nur der Zinssatz ist stichtagsbezogen, sondern auch die biometrischen Rechnungsgrundlagen. (redaktioneller Leitsatz)
4 Der fehlende Ehezeitbezug und die Halbteilung wird aufgefangen, indem die dem zu zahlenden Ausgleichswert innewohnende Wertsteigerung vom Ende der Ehezeit bis zur rechtskräftigen Entscheidung berücksichtigt wird, was im Wege der Verzinsung des Ausgleichswerts erreicht wird. (redaktioneller Leitsatz)
5 Der Wegfall der Verzinsung verstößt gegen das Verbot der Schlechterstellung (reformatio in peius). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

4 F 1521/13 2014-10-07 Bes AGERLANGEN AG Erlangen

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Versorgungsausgleich in Ziffer 2 des Endbeschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Erlangen vom 7.10.2014 unter Fortgeltung des Versorgungsausgleichs im Übrigen geändert und wie folgt neu gefasst:
Absätze 2 und 3:
Im Wege der externen Teilung wird zulasten des Anrechts des Antragsstellers bei der S. AG – BSAV Beitragsorientierte S. AV 60 (Vers.Nr. …) zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 19.502,50 Euro bei der A. L. L. auf Gegenseitigkeit, bezogen auf den 30.11.2013, nach Maßgabe des Vertragsangebots vom 21.10.2014 begründet. Die S. AG wird verpflichtet, diesen Betrag nebst 4,92% Zinsen seit dem 01.12.2013 an die A. L. L. auf Gegenseitigkeit zu zahlen.
Im Wege der externen Teilung wird zulasten des Anrechts des Antragsstellers bei der S. AG – BSAV Besitzstand IP (Vers.Nr. …) zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 46.499,48 Euro bei der A. L. L. auf Gegenseitigkeit, bezogen auf den 30.11.2013, nach Maßgabe des Vertragsangebots vom 21.10.2104 begründet. Die S. AG wird verpflichtet, diesen Betrag nebst 4,92% Zinsen seit dem 01.12.2013 bis zur Rechtskraft dieser Entscheidung an die A. L. L. auf Gegenseitigkeit zu zahlen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.203,60 Euro festgesetzt.

Gründe

I. Auf den am 6.12.2013 zugestellten Scheidungsantrag hat das Amtsgericht Erlangen mit Endbeschluss vom 7.10.2014 die am 17.9.1982 geschlossene Ehe der beteiligten früheren Eheleute geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt. Hierbei hat das Amtsgericht unter Zugrundelegung einer versorgungsrechtlichen Ehezeit vom 1.9.1982 bis 30.11.2013 die beiderseitigen Anrechte der Beteiligten in der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeglichen und unter Ziffer 2, Absätze 2 und 3 folgende Regelung getroffen:
„Im Wege der externen Teilung wird zulasten des Anrechts des Antragsstellers bei der S. AG Beitragsorientierten BSAV (Vers.Nr. …) zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 19.502,50 Euro bei der E. LV AG, bezogen auf den 30.11.2013, begründet. Die S. AG Beitragsorientierte BSAV wird verpflichtet, diesen Betrag nebst 4,92% Zinsen seit dem 01.12.2013 bis zur Rechtskraft dieser Entscheidung an die E. LV AG. zu zahlen.
Im Wege der externen Teilung wird zulasten des Anrechts des Antragsstellers bei der S. AG Besitzstand (Vers.Nr. …) zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 46.499,48 Euro bei der E. LV AG, bezogen auf den 30.11.2013, begründet. Die S. AG Besitzstand wird verpflichtet, diesen Betrag nebst 4,92% Zinsen seit dem 01.12.2013 bis zur Rechtskraft dieser Entscheidung an die E. LV AG. zu zahlen.“
Gegen diese Entscheidung, welche dem Bevollmächtigten der Antragsgegnerin am 17.10.2014 zugestellt worden ist, ließ sie mit Schriftsatz vom 22.10.2014, eingegangen beim Amtsgericht Erlangen am selben Tag, Beschwerde einlegen, mit der Begründung, die E. Lebensversicherung AG habe telefonisch mitgeteilt, sie sei kein geeigneter Zielversorgungsträger, weil kein entsprechender Tarif für Anwartschaften aus dem Versorgungsausgleich bestehe. Die Antragsgegnerin hatte innerhalb der ihr vom Amtsgericht gesetzten Frist die E. Lebensversicherung AG als Zielversorgungsträger benannt und einen Versorgungsvorschlag vorgelegt. Mit Schriftsatz vom 25.11.2014 benannte die Antragsgegnerin nunmehr die A. L. Lebensversicherung auf Gegenseitigkeit als neuen Zielversorgungsträger und legte hierzu deren Bestätigung vom 21.10.2014 vor, wonach der Antragsgegnerin über den im Rahmen des Versorgungsausgleichs zur Verfügung stehenden Ausgleichswert eine Versorgung in Form einer Basisrentenversicherung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2b EStG eingerichtet werden könne. Die Zertifizierung des Basisrentenvertrags BasiAL (Tarif RV70) sei durch die Zertifizierungsstelle unter der Zertifizierungsnummer 005852 erteilt und zum 19.6.2013 wirksam geworden.
Der Ausgleich betrifft zwei bei der S. AG im Wege der Direktzusage erworbene Anrechte, nämlich eine reine Leistungszusage, die BSAV Besitzstand IP, sowie eine reine (im Ausbau befindliche) Beitragszusage, die BSAV Beitragsorientierte S. AV 60. Zu beiden Versorgungen hat der Versorgungsträger zunächst dem Familiengericht und auf Anforderung dem Senat mehrere Berechnungen vorgelegt.
(1) BSAV Besitzstand IP
Zu dieser Versorgung hat der Versorgungsträger mitgeteilt, der korrespondierende Kapitalwert gemäß den beiden Berechnungsbögen sei mittels Barwertberechnung zum jeweils aktuellen Auskunftszeitpunkt – mit WertsteIlung zum Ehezeitende – ermittelt worden.
Dies bedeute, dass bei mehreren Auskünften zum selben Anrecht zu unterschiedlichen Anfragezeitpunkten jeweils die bereits realisierte Wertentwicklung des Anrechts durch Eintreten bzw. Ausbleiben biometrischer Risiken wie Invalidität oder Tod berücksichtigt werde. Die ausgleichsberechtigte Person werde somit also an der biometrischen Wertentwicklung beteiligt, soweit sie zur Auskunftserteilung bekannt sei. Realisiert werde dies, indem die bei der Berechnung verwendeten versicherungsmathematischen Barwertfaktoren jeweils aktuell zum Zeitpunkt der Anfrage des Gerichts (dem Monatsletzten) bestimmt werden.
Um dennoch eine WertsteIlung zum Ehezeitende zu erreichen, werde der so ermittelte versicherungsmathematische Barwert anschließend für den Zeitraum zwischen Ehezeitende und Gerichtsanfrage abgezinst. Dies sei nötig, weil die verwendeten versicherungsmathematischen Barwertfaktoren an sich nur eine Abzinsung der zukünftig zu leistenden Rentenzahlungen auf den Zeitpunkt der Gerichtsanfrage berücksichtigen.
Abhängig vom genauen Zeitpunkt der Gerichtsanfrage könne es hierbei zu unterjährigen Wertschwankungen kommen. Das liege daran, dass der versicherungsmathematischen Methode der Barwertermittlung üblicherweise eine jahresgenaue Betrachtung zugrunde liege. Unterjährig wachse also der versicherungsmathematische Barwert einer Rentenanwartschaft nicht kontinuierlich an, sondern “springe” lediglich in dem Moment, in dem sich das versicherungstechnische Alter des Mitarbeiters um ein Jahr erhöhe. Dies sei schlicht in der Systematik der Berechnung von handelsbilanziellen Pensionsrückstellungen begründet, die auch bei der Ermittlung korrespondierender Kapitalwerte im Versorgungsausgleich maßgeblich sei.
Die Abzinsung auf den Zeitpunkt des Ehezeitendes müsse demgegenüber allerdings monatsgenau erfolgen, da der Versorgungsträger davon ausgehe, dass auch das Gericht bei einer externen Teilung eine monatsgenaue Verzinsung des korrespondierenden Kapitalwerts bis zur Rechtskraft der Entscheidung anordnen wird – sofern die betreffende Zusage überhaupt zinsabhängig sei.
Aus dem Verhältnis von jahresgenauer Barwertermittlung und monatsgenauer Abzinsung ergebe es sich, dass im Falle zweier Berechnungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten die korrespondierenden Kapitalwerte nicht nur um die Effekte aus der fortgeschrittenen Biometrie, sondern auch um den Wert einer Ab- bzw. Verzinsung mit dem Rechnungszins für einige Monate voneinander abweichen könnten. Vorliegend habe dies zu einem Absinken des korrespondierenden Kapitalwerts zum späteren Berechnungszeitpunkt geführt.
Für die Berechnung des korrespondierenden Kapitalwerts enthält Nr. 4.2. der Teilungsordnung des Versorgungsträgers folgende Regelung: „Maßgebend sind die biometrischen Rechnungsgrundlagen und Bewertungsannahmen, die auch der Bewertung … für das letzte, spätestens zum Ehezeitende abgeschlossene Geschäftsjahr zugrunde gelegt wurden.“
Zu den der Entscheidung des Amtsgerichts zugrundeliegenden Werten hat der Versorgungsträger folgende Berechnung mitgeteilt:
12 x 372,69 € x (8,8833 + 60% x (2,2625 + 0,6967)) x 0,9833 x 1.0492 HOCH(-2/12) = 46.499,48 €
Zu den einzelnen Faktoren wird u. a. ausgeführt (im Übrigen wird auf die weiteren Berechnungen verwiesen):
– Der Barwertfaktor 8,8833 steht für den Barwert der Anwartschaft eines 52-jährigen Mannes (versicherungstechnisches Alter des Ausgleichspflichtigen) auf Alters- und Invalidenrente [der Antragsteller ist im Dezember 1961 geboren] zum Stichtag Monatsletzter nach Anfrage des Gerichts (31.1.2014) bei einem Rechnungszins von 4,92% p.a., einem angenommenen Pensionierungsalter von 63 Jahren und einem Rententrend von 1,75% p.a. im 3-jährigen Anpassungsturnus. …
– Der Faktor 1,0492 Hoch(-2/12) berücksichtigt die Abzinsung des zum Stichtag 31.1.2014 ermittelten Barwerts auf den Zeitpunkt des Ehezeitendes 30.11.2013 (2 Monate) mit dem Rechnungszins 4,92% p.a.
Nach Aussetzung und Wiederaufnahme des Versorgungsausgleichsverfahrens und nach rechtlichen Hinweisen des Senats hat die S. H. GmbH für die S. „BSAV Besitzstand IP“ unter dem 30.6.2016 den Ehezeitanteil der monatlichen Rente mit 745,37 €, den Ausgleichswert mit 372,69 € und den korrespondierenden Kapitalwert mit 45.860,78 € unter Verwendung eines Rechnungszinses von 4,89% (monatsgenauer sogenannter BilMoG-Zins zum Stichtag Ehezeitende) mitgeteilt.
Nach der Auskunft des Versorgungsträgers errechnet sich der Barwert nunmehr wie folgt:
12 x 372,69 € x (9,7922 + 60% x (2,4755 + 0,6791)) x 0,9888 x 1,0489 HOCH(-30/12) = 45.860,78 €.
Zur Erläuterung führt der Versorgungsträger aus:
– Der hälftige in der Ehezeit erdiente Teil der Anwartschaft beträgt gemäß dem Berechnungsbogen vom 27.06.2016 372,69 Euro monatlich. Durch den Faktor 12 wird dieser Betrag in eine Jahresrente umgerechnet.
– Der Barwertfaktor 9,7922 steht für den Barwert der Anwartschaft eines 54-jährigen Mannes (versicherungstechnisches Alter des Ausgleichspflichtigen) auf Alters- und Invalidenrente zum Stichtag Monatsletzter nach Anfrage des Gerichts (31.5.2016) bei einem Rechnungszins von 4,89% p.a., einem angenommenen Pensionierungsalter von 63 Jahren und einem Rententrend von 1,75% p.a. im 3-jährigen Anpassungsturnus.
– Der Barwertfaktor 2,4755 steht für den Barwert der Anwartschaft eines 54-jährigen Mannes auf eine mögliche Witwenrente nach Aktiventod oder Erreichen des Pensionierungsalters von 63 Jahren zum Stichtag 31.5.2016 bei einem Rechnungszins von 4,89% p.a. und einem Rententrend von 1,75% p.a. im 3-jährigen Anpassungsturnus.
– Der Barwertfaktor 0,6791 steht für den Barwert der Anwartschaft eines 54-jährigen Mannes auf eine mögliche Witwenrente nach Invalidität zum Stichtag 31.5.2016 bei einem Rechnungszins von 4,89% p.a. und einem Rententrend von 1,75% p.a. im 3-jährigen Anpassungsturnus.
– Die Höhe einer eventuellen Witwenrente beträgt 60% des Anspruchs bzw. der Anwartschaft, die der Mitarbeiter im Zeitpunkt des Versterbens hatte.
– Der Verlaufsfaktor in Höhe von 0,9888 trägt der Tatsache Rechnung, dass die verwendeten Bartwertfaktoren eine konstante Höhe der Rentenanwartschaft voraussetzen. In Wirklichkeit werden bei vorzeitigem Bezug der Besitzstandsrente vor Alter 60 (z. B. im Invaliditätsfall) aber versicherungsmathematische Abschläge in Abzug gebracht. Somit verringert sich der korrespondierende Kapitalwert geringfügig.
– Der Faktor 1,0489 -30/12 berücksichtigt die Abzinsung des zum Stichtag 31.5.2016 ermittelten Barwerts auf den Zeitpunkt des Ehezeitendes 30.11.2013 (30 Monate) mit dem Rechnungszins 4,89% p.a.
Nach Hinweisen des Senats zum Stichtagsprinzip hat der Versorgungsträger mit Schreiben vom 27.10.2016 den Barwert auf Anforderung des Senats wie folgt berechnet:
12 x 372,69 € x (8,9370 + 60% x (2,2829 + 0,7024)) x 0,9833 = 47.179,57 €.
Zur Erläuterung führt der Versorgungsträger zu dieser Berechnung unter ausdrücklichem Hinweis auf seine weiterhin abweichende Rechtsauffassung aus:
– Der Barwertfaktor 8,9370 steht für den Barwert der Anwartschaft eines 52-jährigen Mannes (versicherungstechnisches Alter des Ausgleichspflichtigen) auf Alters- und Invalidenrente zum Stichtag Ehezeitende (30.11.2013) bei einem Rechnungszins von 4,89% p.a. einem angenommenen Pensionierungsalter von 63 Jahren und einem Rententrend von 1,75% p.a. im 3-jährigen Anpassungsturnus.
– Der Barwertfaktor 2,2829 steht für den Barwert der Anwartschaft eines 52-jährigen Mannes auf eine mögliche Witwenrente nach Aktiventod oder Erreichen des Pensionierungsalters von 63 Jahren zum Stichtag 30.11.2013 bei einem Rechnungszins von 4,89% p.a. und einem Rententrend von 1,75% p.a. im 3-jährigen Anpassungsturnus.
– Der Barwertfaktor 0,7024 steht für den Barwert der Anwartschaft eines 52-jährigen Mannes auf eine mögliche Witwenrente nach Invalidität zum Stichtag 30.11.2013 bei einem Rechnungszins von 4,89% p.a. und einem Rententrend von 1,75% p.a. im 3-jährigen Anpassungsturnus.
– Der Verlaufsfaktor in Höhe von 0,9833 trägt der Tatsache Rechnung, dass die verwendeten Barwertfaktoren eine konstante Höhe der Rentenanwartschaft voraussetzen. In Wirklichkeit werden bei vorzeitigem Bezug der Besitzstandsrente vor Alter 60 (z. B. im Invaliditätsfall) aber versicherungsmathematische Abschläge in Abzug gebracht. Somit verringert sich der korrespondierende Kapitalwert geringfügig.
– Da der Barwert bereits zum Stichtag Ehezeitende berechnet wird, findet keine weitere Abzinsung statt. Realisierte biometrische Effekte ab dem Ende der Ehezeit sind in diesem Barwert nicht enthalten.
Zur Begründung seiner von der Berechnung abweichenden Rechtsauffassung führt der Versorgungsträger ergänzend aus, die Berücksichtigung der nachehezeitlichen biometrischen Entwicklung sei aus seiner Sicht nicht grundsätzlich zu beanstanden. Der Bundesgerichtshof habe die Maßgeblichkeit eines nachehezeitlich verringerten Kapitalwerts (in der vom Senat zuvor zitierten Entscheidung vom 17.02.2016 zum Werteverzehr) letztlich ebenfalls anerkannt, auch wenn dies argumentativ nicht auf die Regelung des § 5 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG gestützt worden sei. Zudem sei der Grundsatz der Aufwandsneutralität des Versorgungsausgleichs für den Versorgungsträger mehrfach bestätigt worden. Eine Bilanz- bzw. Aufwandsneutralität werde nur dann (annähernd) erreicht, wenn es erlaubt sei, die während des Verfahrens realisierten biometrischen Entwicklungen bei der Bestimmung des korrespondierenden Kapitalwerts zu berücksichtigen.
(2) BSAV Beitragsorientierte S. AV 60
Nach den Auskünften des Versorgungsträgers ist bei der “BSAV Beitragsorientierte S. AV 60” vorgesehen, dass vom Arbeitgeber jährlich ein Versorgungsbeitrag zur Verfügung gestellt werde. Der Versorgungsbeitrag werde auf einem Versorgungskonto gutgeschrieben und dort angespart. Das garantierte Versorgungskonto verzinse sich hierbei jährlich mit dem aktuellen Höchstrechnungszins für Zinsgarantien der Versicherungswirtschaft, d. h. mit dem gemäß der Deckungsrückstellungsverordnung maßgeblichen Höchstrechnungszins (vom 01.01.2012 bis 31.12.2014: 1,75%, davor 2,25% bzw. 2,75% p.a.).
Neben dem garantierten Versorgungskonto werde die BSAV-Versorgungsbeiträge in sog. fiktive Fondsanteile umgerechnet und angesammelt. Die Umrechnung des BSAV-Versorgungsbeitrags in fiktive Fondsanteile erfolge an Hand eines Referenzindex. Der Referenzindex werde auf Basis der Wertentwicklung aller zur Indexführung real angelegten – dem Arbeitnehmer jedoch nicht individuell zugeordneten – Beiträge geführt.
Trete der Versorgungsfall des Arbeitnehmers ein, so werde für den Arbeitnehmer das Versorgungsguthaben bestimmt. Das Versorgungsguthaben entspreche dem Maximum aus dem Wert der fiktiven Fondsanteile und dem garantierten Versorgungskonto, d. h. es erfolge ein Abgleich zwischen dem Garantiekonto und dem Wert der fiktiven Fondsanteile, wobei letztlich der höhere Wert von beiden als Versorgungsguthaben zur Ermittlung der Leistung festgestellt werde. Der Wert der fiktiven Fondsanteile werde durch Multiplikation der Anzahl der fiktiven Fondsanteile des Arbeitnehmers und des zum Versorgungsfall maßgeblichen Referenzindex ermittelt.
Für vorzeitige Versorgungsfälle (Invalidität oder Tod) erhöhe sich das Versorgungsguthaben durch Verzinsung des Versorgungsguthabens mit dem Garantiezins für den Zeitraum bis zum Erreichen des Alters 60. Diese zusätzlichen Zinsgutschriften würden in den Erläuterungen zum korrespondierenden Kapitalwert im Berechnungsbogen als Anhebungsbeträge bei vorzeitigen Versorgungsfällen gemäß der Pensionszusage bezeichnet.
Im vorliegenden Fall übersteige der Wert der Fondsanteile zum Ehezeitende den Stand des verzinsten Garantiekontos, folglich sei der Kapitalwert des Ehezeitanteils aus dem Wert der Fondsanteile zu ermitteln. Zu berücksichtigen sei hierbei, dass der Wert der Fondsanteile insoweit nicht selbst schon einen Kapitalwert darstelle, sondern lediglich eine Größe sei, aus der der korrespondierende Kapitalwert (d. h. der versicherungsmathematische Barwert) auf Basis von Bewertungsannahmen noch errechnet werden müsse.
Neben den bereits erwähnten Anhebungsbeträgen bei möglichen vorzeitigen Versorgungsfällen gingen in die Berechnung des korrespondierenden Kapitalwerts weitere Bewertungsannahmen ein. Hierbei würden die zur Ermittlung der handelsbilanziellen Rückstellung dieses Anrechts zum 30.09.2013 verwendeten Bewertungsprämissen zugrunde gelegt. Insbesondere komme hierbei ein Faktor zum Tragen, der das Wahlrecht des Versorgungsberechtigten abbilde, das angesammelte Versorgungskapital im Versorgungsfall in eine lebenslange Monatsrente umzuwandeln. Es werde gemäß den handelsbilanziellen Bewertungsannahmen davon ausgegangen, dass 37% der Begünstigten sich für diese Option anstatt einer Kapitalzahlung entscheiden. In Abhängigkeit vom maßgeblichen Rechnungszins könne sich die Berücksichtigung dieser Option positiv oder negativ auf die Höhe der Rückstellung auswirken. Zum 30.09.2013 habe der “Rentenoptionsfaktor” in der handelsbilanziellen Bewertung einem pauschalen Abschlag in Höhe von 10,96% entsprochen. Dieser Faktor komme bei der Ermittlung sowohl des Barwerts für die Garantieleistung als auch des Kapitalwerts der fiktiven Fondsanteile zum Tragen und erkläre damit, weshalb der [vom Senat zuvor beanstandete] ausgewiesene Kapitalwert von 19.853,50 € um “knapp 11%” vom hälftigen Wert der Fondsanteile zum Ehezeitende abweiche. Auch zu diesem Anrecht hat der Versorgungsträger auf Anforderung des Senats eine neue Auskunft erteilt, die nunmehr erstmals auch die fiktiven Fondsanteils für Oktober und November 2013 erfasst und deshalb zu einem höheren Wert gelangt als die Auskunft vom 17.03.2014, nämlich einem Ausgleichswert von 19.853,50 €.
Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme, insbesondere zum Schreiben der S. AG vom 30.08.2016. Der Antragsteller ließ mit Schriftsatz vom 21.9.2016 mitteilen, er erhebe keine Einwände gegen die neue Auskunft der S. AG. Eine Stellungnahme der ausgleichsberechtigten Antragsgegnerin zum Schreiben der S. AG vom 30.08.2016 erfolgte nicht.
Der Ankündigung des Senats, ohne mündliche Verhandlung über die Beschwerde zu entscheiden, wurde zugestimmt bzw. nicht widersprochen.
II. Die Beschwerde ist gem. §§ 58 ff., 228 FamFG statthaft und zulässig.
Der Senat hat von einer mündlichen Erörterung abgesehen, da die Beteiligten rechtliches Gehör hatten und der Sachverhalt hinreichend geklärt ist (§§ 69 Abs. 3, 221 Abs. 1 FamFG).
Die Teilanfechtung des Versorgungsausgleichs ist zulässig (vergl. BGH FamRZ 2016, 794; 2011, 547). Der Überprüfung durch den Senat unterliegt daher die Entscheidung des Amtsgerichts nur in Bezug auf den von der Beschwerde angegriffenen Ausgleich der beiden betrieblichen Anrechte.
Die Beschwerde hat Erfolg, weil die A. L. Lebensversicherung auf Gegenseitigkeit als neuer Zielversorgungsträger bezüglich des externen Ausgleichs der Anwartschaften bei der „S. AG Beitragsorientierten BSAV 60“ und der „BSAV Besitzstand IP“ in den Tenor aufzunehmen ist. Der Senat geht auch davon aus, dass trotz Ablaufs der vom Amtsgericht gesetzten Frist für die Wahl des Versorgungsträgers ein neuer Versorgungsträger noch im Beschwerdeverfahren gewählt werden kann (OLG Karlsruhe FamRZ 2016, 1167; KG FamRZ 2014, 1114; a. A. die wohl überwiegende Ansicht in der Literatur: Zöller/Lorenz, ZPO, 31. Aufl., § 222 FamFG Rn. 7; Götsche in Götsche/Rehbein/Breuers, VersAusglG, 2. Aufl., § 222 FamFG Rn. 14; Wagner, in Prütting/Helms, FamFG, 3. Aufl., § 222 FamFG Rn. 10). Bei der nunmehr gewählten Basisrente handelt es sich um eine nach § 15 Abs. 2, 4 VersAusglG angemessene Versorgung.
Der Ausgleich hat wegen des Schlechterstellungsverbots sowohl bei der „S. BSAV Besitzstand IP“ als auch bei der „S. Beitragsorientierte BSAV 60“ letztendlich mit den ursprünglich mitgeteilten Ausgleichswerten zu erfolgen.
(1) S. BSAV Besitzstand IP
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung eines Anrechts und auch für die Ermittlung des korrespondierenden Kapitalwerts ist gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 VersAusglG das Ende der Ehezeit.
Dieses Stichtagsprinzip muss im vorliegenden Verfahren (auch abweichend von der Teilungsordnung) so verwirklicht werden, dass der Barwert der Versorgung am Stichtag mit den Rechnungsgrundlagen ermittelt wird, die bei einer Bilanzierung am Stichtag erfolgen würde. Nicht nur der Zinssatz ist stichtagsbezogen, sondern auch die biometrischen Rechnungsgrundlagen. Nur so kann auch vermieden werden, dass der Wert des Anrechts von dem (rein zufälligen) Datum des Auskunftsersuchens des Gerichts abhängig ist. Einer Abzinsung für den Zeitraum zwischen der Neuberechnung und dem Ehezeitende (wie in den ersten Berechnungen des Versorgungsträgers) bedarf es dann nicht mehr. Insbesondere darf nicht der Barwert der Anwartschaft eines 54-jährigen Mannes (der bei Ehezeitende versicherungsmathematisch 52 Jahre alt war) zum Stichtag Monatsletzter nach Anfrage des Gerichts zugrunde gelegt und anschließend wieder abgezinst werden. Das kann auch nicht damit begründet werden, dass es durch den Ansatz des versicherungsmathematischen Lebensalters stets zu Ungenauigkeiten kommen kann. Solche Ungenauigkeiten (eher sollte man von einer Art „Rundung“ sprechen) rechtfertigen nämlich keine Berechnung mit einzelnen Berechnungsgrundlagen zum Zeitpunkt des Auskunftsersuchens, die zu einer Unterbewertung des Anrechts führen.
Der Ansatz des Versorgungsträgers widerspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, weil es sich insoweit um keine berücksichtigungsfähige nachehezeitliche Entwicklung nach § 5 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG handelt. Der Bundesgerichtshof führt (dort zu einem kapitalgedeckten Anrecht) aus (FamRZ 2016, 775 Rn. 34 a. A. wohl Norpoth FamRZ 2016, 677, 681: Verschlechterungen, die ohne Zutun des Anrechtsinhabers eintreten und von ihm nicht abgewendet werden können, haben Ehezeitbezug), auch bei dem fortschreitenden Lebensalter handele es sich nicht um eine auf die Verhältnisse bei Ehezeitende zurückwirkende Veränderung. Es habe keinen Rückbezug auf den Wert des während der Ehezeit erworbenen Versorgungsversprechens.
Allenfalls könnte man bei einem ohne Ehezeitbezug abnehmenden Barwert an den Grundsatz des Bundesgerichtshofs denken, wonach nur die im Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung noch dem Versorgungsausgleich unterfallenden Anrechte in diesen einbezogen werden (BGH FamRZ 2011, 1931 Rz. 13 ff.; FamRZ 2003, 664, 665 – „Was weg ist, ist weg“). Dabei müssten dann aber die vom Bundesgerichtshof zwischenzeitlich präzisierten Vorgaben berücksichtigt werden, die auch auf das vorliegende Verfahren übertragen werden könnten. In seiner Entscheidung vom 24.08.2016 (FamRZ 2016, 2000 Rn. 30) äußert sich der BGH zur externen Teilung eines auf einer rückstellungsfinanzierten Direktzusage beruhenden betrieblichen Anrechts, aus dem der ausgleichspflichtigen Person seit dem Ende der Ehezeit eine ungekürzte Versorgung gewährt wird, und führt seine Rechtsprechung vom 17. Februar 2016 (FamRZ 2016, 775) fort. Bei der Neuberechnung des Ausgleichswerts müssten dann grundsätzlich alle für die versicherungsmathematische Barwertermittlung maßgeblichen Größen auf den gewählten entscheidungsnahen Bewertungsstichtag mit den dann gültigen Rechnungsgrundlagen zu beziehen sein. Dies gelte, so der Bundesgerichtshof nicht nur für die biometrischen Rechnungsgrundlagen, sondern bei rückstellungsfinanzierten Versorgungen folgerichtig auch für den angewendeten Rechnungszins. Es wären deshalb im vorliegenden Verfahren, wie der Bundesgerichtshof nunmehr klargestellt hat, zwei Berechnungen erforderlich:
Zum einen eine stichtagsbezogene Berechnung mit allen Daten zum Stichtag ohne Berücksichtigung irgendwelcher nachehezeitlicher Veränderungen (solche wären bei dieser Erstberechnung allenfalls zu berücksichtigen, wenn sie unter § 5 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG fielen, was vorliegend aber nicht der Fall ist). Es wäre also der damals aktuelle Rechnungszins auf der Grundlage der damaligen Lebenserwartung zu berechnen. Eine solche Berechnung hat der Versorgungsträger zuletzt auf Anforderung des Senats vorgelegt.
Zum anderen eine Berechnung zu einem entscheidungsnahen Stichtag. Bei dieser Kontrollberechnung wären der aktuelle Rechnungszins und die aktuellen biometrischen Rechnungsgrundlagen zugrunde zu legen. Diese zweite Berechnung würde die Obergrenze des auszugleichenden Anrechts darstellen, der Ausgleichswert könnte sich also nicht erhöhen. Angesichts der Entwicklung des Rechnungszinses nach Ehezeitende (von 4,89% zu 3,58% beim vom Versorgungsträger angesetzten Datum des Auskunftsersuchens) lässt sich schon bei nur überschlägiger Betrachtung sagen, dass damit ein erheblich höherer Wert auszugleichen wäre. Dieser dem Versorgungsträger mitgeteilten Betrachtung, ist er auch nicht entgegengetreten. Durch den Ansatz der stichtagsbezogenen Rechnung fährt der Versorgungsträger deshalb sogar erheblich besser als bei einer Neuberechnung unter dem Grundsatz „was weg ist, ist weg“. Würde auf der Grundlage dieser Obergrenze ausgeglichen, wäre im Übrigen auch keine Abzinsung zum Ehezeitende hin erforderlich, vielmehr dürfte bei der externen Teilung keine Verzinsung des Ausgleichswerts ab Ehezeitende angeordnet werden (vgl. hierzu Voucko-Glockner „Überlegungen zur Werteverzehrentscheidung des BGH vom 17.02.2016“ unter http://www.darmstaedter-kreis.de/Anlagen/TDM_2016_11.pdf – bei Anordnung einer Verzinsung mit Zinseszinsen würde sich die Ab- und Verzinsung im Übrigen aufheben).
Jede Mischung der Berechnungsgrundlagen der beiden relevanten Zeitpunkte (einerseits Rechnungszins von vor über 2 Jahren, andererseits Berücksichtigung der biometrischen Entwicklung) führt zur Berechnung eines Ehezeitanteils, der niemals einer Bilanz zugrunde gelegt worden wäre. Die Aufwandsneutralität für den Versorgungsträger ist deshalb durch die Erst- und die Kontrollberechnung stets gewährleistet.
(2) S. Beitragsorientierte BSAV
Der Versorgungsträger hat zu diesem Anrecht nunmehr die bereits oben genannte Berechnung vorgelegt. Wegen des Grundsatzes der Aufwandsneutralität für den Versorgungsträger (BT-Drs. 16/10144 S. 43) geht der Senat davon aus, dass der Versorgungsträger von dem errechneten Fondswert den errechneten Abschlag wegen der Rentenoption der Versorgungsberechtigten machen darf. Dieser Abschlag, der auf dem (derzeit im Vergleich zur Zinsgarantie hohen) Rechnungszins beruht, muss sich zwar nicht realisieren. Wenn dem Versorgungsträger aber aufgrund der Bewertungsannahme, dass 37% der Begünstigten sich für diese Option anstatt einer Kapitalzahlung entscheiden, der Abschlag bilanziell gestattet ist, wird man ihm diesen Abschlag auch im Versorgungsausgleich zubilligen müssen. Auf eine Neuberechnung des Abschlags im Hinblick auf den um 0,03% gesenkten Rechnungszins hat der Senat aus Gründen der Verfahrensökonomie verzichtet (BGH FamRZ 2016, 1651 Rn. 22).
Eine Anpassung des Werts des Anrechts an den nur zu vermutenden Anstieg des Referenzindex in den vergangenen drei Jahren kann nicht erfolgen. Die Berücksichtigung der Wertentwicklung von nur fiktiven Fondsanteilen ließe sich auch nicht mit einer offenen Tenorierung erreichen, weil diese allenfalls dann bestimmt genug ist, wenn sich die Angaben im Titel rechnerisch auf der Grundlage offenkundiger Quellen ermitteln lassen (vgl. hierzu OLG Düsseldorf FamRZ 2015, 1805; OLG Frankfurt FamRZ 2013, 1806; entgegen BGH FamRZ 2014, 694 Rn. 26; FamRZ 2014, 1983 Rn. 24; FamRZ 2015, 236 Rn. 25). Solche Quellen fehlen aber bei nur fiktiven Fondsanteilen.
(3) Verzinsung
Wie bereits in der Entscheidung des Amtsgerichts angeordnet, ist der Ausgleichsbetrag vom Ehezeitende bis zur Rechtskraft der Entscheidung zu verzinsen. Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 07.09.2011 (FamRZ 2011, 1785 Rn. 19) ist die Verzinsung geboten, um dem Gebot der Halbteilung gerecht zu werden. Der fehlende Ehezeitbezug und somit die Halbteilung könne nur aufgefangen werden, indem die dem zu zahlenden Ausgleichswert innewohnende Wertsteigerung vom Ende der Ehezeit bis zur rechtskräftigen Entscheidung berücksichtigt werde, was im Wege der Verzinsung des Ausgleichswerts erreicht werden könne (BGH a. a. O. Rn. 23). Weil die Abzinsung aber einen Zinseszinseffekt enthält (vgl. auch die Potenzfunktion in den obigen Berechnungen des Versorgungsträgers), wäre an sich auch bei der Aufzinsung die Anordnung der Zahlung von Zinseszinsen naheliegend (OLG Frankfurt FamRZ 2015, 1799 Rn. 7 unter Hinweis auf Hauß/Bührer, Versorgungsausgleich und Verfahren in der Praxis, 2. Aufl., Rn. 465, ebenso Bergmann in BeckOK-BGB, Stand 01.11.2016, § 14 VersAusglG Rn. 9; Siede in MünchKomm-BGB, 7. Aufl., § 14 VersAusglG Rn. 39; Palandt/Brudermüller, BGB, 76. Aufl., § 14 VersAusglG Rn. 8). Das OLG Celle (FamRZ 2016, 1370 Rn. 16 ff.; zustimmend Götsche FamRB 2016, 225, 226; Schulze/Kemper, BGB, 9. Aufl., § 14 VersAusglG Rn. 6) sieht hierin aber einen Verstoß gegen das Zinseszinsverbot des § 248 BGB. Ob dies angesichts des Regelungszwecks des § 248 BGB, der Rechtsklarheit und Transparenz der Zinsbelastung für den Verpflichteten (Staudinger/Omlor, BGB, Bearbeitung 2016, § 248 BGB Rn. 2; Erman/Schaub, BGB, 14. Aufl.,
§ 248 BGB Rn. 1), zutreffend ist, bedarf im vorliegenden Verfahren keiner Entscheidung. In der Praxis hat sich – jedenfalls bislang – die Verzinsung ohne Zinseszinsen durchgesetzt (so auch die Tenorierung in BGH FamRZ 2016, 1144 und die Tenorierungsvorschläge in der Lit., etwa Holzwarth in Johannsen/Henrich, Familienrecht, 6. Aufl., § 14 VersAusglG Rn. 33; Wagner/Gutdeutsch in Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 10. Aufl., 7. Kap. Rn. 326). Aufgrund des Schlechterstellungsverbots der Beschwerdeführerin muss diese Frage aber nicht geklärt werden.
Abweichend von der Entscheidung des Amtsgerichts hätte der Senat an sich keine Verzinsung des Ausgleichsbetrags aus der BSAV Beitragsorientierte S. AV anzuordnen. Bei Ansatz von (fiktiven) Fondsanteilen, deren Wert nicht durch eine Abzinsung ermittelt wird, kommt eine Verzinsung des Ausgleichswerts zwischen dem Ehezeitende und der Rechtskraft des Beschlusses zum Versorgungsausgleich nicht in Betracht (BGH FamRZ 2013, 1635). Allein der vom Rechnungszins beeinflusste Abschlag aufgrund der Rentenoption führt zu keiner Abzinsung während des Anwartschaftszeitraums, die durch eine gegenläufige Verzinsung auszugleichen wäre.
(4) Schlechterstellungsverbot
Mit dem Wegfall dieser Verzinsung würde die vorliegende Entscheidung aber gegen das Verbot der Schlechterstellung (reformatio in peius) verstoßen. Dieses Verbot gilt auch im Rechtsmittelverfahren über den Versorgungsausgleich. Ist die Entscheidung über den Versorgungsausgleich (nur) von einem der Ehegatten angefochten worden, so darf sie zu dessen Nachteil weder in der Höhe des Ausgleichsbetrages noch in der Form des Ausgleichs abgeändert werden (BGH FamRZ 1989, 957 Rn. 21, juris). Das Verschlechterungsverbot gilt dabei nicht für jedes einzelne Anrecht (a. A. OLG Brandenburg FamRZ 2015, 1033 Rn. 46, juris). Hinsichtlich eines einzelnen Anrechts dürfte die angefochtene Entscheidung vielmehr zulasten des Rechtsmittelführers geändert werden, sofern dies durch eine Besserstellung hinsichtlich des Ausgleichs eines anderen Anrechts kompensiert wird (Wick, Der Versorgungsausgleich, 3. Aufl, Rn. 632; Holzwarth a. a. O. § 228 FamFG Rn. 6). Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Beschwerdeführerin mit ihrer Beschwerde die Wahl des von ihr gewünschten Zielversorgungsträgers erreicht und sie ausdrücklich keine Bedenken gegen die (zunächst niedrigere) Berechnung des Ausgleichswerts erhoben hat. Im Ergebnis würde die Antragstellerin nunmehr an Stelle von (19.502,50 € + 46.499,48 €) zuzüglich 4,92% Zinsen hieraus für ca. drei Jahre (also ca. 75.744 €) nunmehr 47.179,57 € + 4,89% Zinsen für ca. drei Jahre zuzüglich 19.853,50 € (unverzinst, also ca. 73.954 €, mit Zinseszins ca. 74.298 €) erhalten. Die ursprünglichen Ausgleichsbeträge sowie die vom Familiengericht angeordnete Verzinsung sind deshalb trotz ihrer Fehlerhaftigkeit aufrecht zu erhalten.
Die übrigen Regelungen des Versorgungsausgleichs werden nicht berührt.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 150 FamFG. Es ist angemessen, der Antragsgegnerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, weil dieses Verfahren nur durch die von ihr erfolgte Wahl eines nicht aufnahmebereiten Zielversorgungsträgers ausgelöst wurde.
IV. Die Festsetzung des Verfahrenswertes folgt aus § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG und entspricht dem Verfahrenswertbeschluss des Senats vom 13.7.2015. Der Senat ist von zwei Anrechten, die Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind, ausgegangen.
V. Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor. Die oben genannten Entscheidungen der Oberlandesgerichte Frankfurt und Düsseldorf zur externen Teilung eines fondsgebundenen Anrechts betreffen eine andere Fallkonstellation (reale Fondsanteile). Von der Frage, ob bei der Anordnung der Verzinsung zwischen dem Ehezeitende und der Rechtskraft der Entscheidung in jedem Fall auch eine Verpflichtung zur Zahlung von Zinseszinsen geboten ist, hängt die vorliegende Entscheidung nicht ab.
Erlass des Beschlusses (§ 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG):
Übergabe an die Geschäftsstelle am 15.12.2016.

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