Verwaltungsrecht

Gröbliche Verletzung der Mitwirkungspflichten im Asylverfahren

Aktenzeichen  M 4 S 16.34156

Datum:
2.12.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 80 Abs. 5
AsylG AsylG § 15, § 25, § 33

 

Leitsatz

Ein Antragsteller verletzt seine Mitwirkungspflichten gröblich, wenn er trotz mehrfacher Ladung unter der bekannten Adresse und mehrfacher Belehrung nach § 33 Abs. 4 AsylG nicht erscheint, obwohl ihm der Termin zur Anhörung offensichtlich bekannt war und Gründe für ein Nichtvertreten nicht erkennbar sind.  (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.
Der am … November 2001 geborene Antragsteller – eine irakischer Staatangehöriger – begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen einen Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt), nach dem sein Asylantrag als zurückgenommen gilt.
Der im April 2016 in das Bundesgebiet eingereiste Antragsteller stellte am 19. August 2016 Asylantrag. Der Antragsteller wird von seiner Schwester … als Vormündin vertreten.
Mehrere Ladungen zur Anhörung wurden an den Antragsteller mit PZU an die von ihm genannten Adressen bzw. die ermittelten Adressen zugestellt. Der Antragsteller wurde dabei auch aufgefordert, das Verfahren zu betreiben und über die Folgen des Nichtbetreibens belehrt. Mit Schreiben vom 20. Oktober 2016, zugestellt mit PZU, wurde er zur Anhörung geladen, zu der er nicht erschienen ist.
Mit Bescheid vom 7. November 2016 stellte die Antragsgegnerin fest, dass der Asylantrag als zurückgenommen gelte und das Asylverfahren eingestellt ist (Ziff. 1).
Zur Begründung führte die Antragsgegnerin an, dass der Antragsteller und seine Vertreterin ohne Entschuldigung zur Anhörung nicht erschienen sind. Daher werde nach § 33 Abs. 2 Nr. 1 AsylG vermutet, dass er das Verfahren nicht betreibe. Der Bescheid wurde am 8. November 2016 als Einschreiben zur Post gegeben.
Mit Schreiben ohne Datum (eingegangen beim Bundesamt am 9. November 2016) teilte die Vormündin mit, dass sie den Termin zur Anhörung nicht wahrnehmen konnte. Eine Begründung wurde nicht gegeben.
Der Antragsteller erhob am 11. November 2016 Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes, über die noch nicht entschieden ist (M 4 K 16.34155).
Gleichzeitig beantragte er nach § 80 Abs. 5 VwGO,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen darauf hingewiesen, dass dem Antragsteller der Anhörungstermin nicht bekannt war.
Die Antragsgegnerin äußerte sich im Verfahren nicht und legte die Bundesamtsakten vor.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegte Akte des Bundesamtes sowie die Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist zulässig, er bleibt in der Sache ohne Erfolg.
1. Der Antrag ist zulässig; er wurde rechtzeitig innerhalb der 2-Wochen-Frist gestellt.
2. Der Antrag ist unbegründet.
a) Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine originäre Ermessensentscheidung. Es hat bei der Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem öffentlichen Interesse an der vom Gesetzgeber vorgesehenen sofortigen Vollziehung des Bescheides und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens dagegen nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer Interessenabwägung.
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs überwiegt das öffentliche Interesse, weil sich der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamtes nach summarischer Prüfung als rechtmäßig erweist.
Nach § 33 Abs. 1 AsylG in der Fassung von Art. 1 Nr. 7 des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11. März 2016 (BGBl. I, S. 390 f.) gilt der Asylantrag als zurückgenommen, wenn der Ausländer das Verfahren nicht betreibt. Nach § 33 Abs. 2 Nr. 1 AsylG n. F. wird vermutet, dass der Ausländer das Verfahren nicht betreibt, wenn er einer Aufforderung zur Vorlage von für den Antrag wesentlichen Informationen gemäß § 15 oder einer Aufforderung zur Anhörung gemäß § 25 nicht nachgekommen ist. Dieser Tatbestand ist im Falle des Antragstellers erfüllt.
Ergänzend wird ausgeführt:
Der Antragsteller hat seine Mitwirkungspflichten gröblich verletzt; ein Nichtvertreten ist nicht erkennbar. Es ist Aufgabe des Antragstellers, sein Asylverfahren so zu betreiben, dass er für die Behörde postalisch erreichbar ist. Die Antragsgegnerin hat den Antragsteller über seine Vormündin unter der ihr genannten/bekannten Adresse mehrfach zur Anhörung geladen und auch mehrfach entsprechend § 33 Abs. 4 AsylG belehrt. Dem Antragsteller war der Termin zur Anhörung offensichtlich auch bekannt, wie sich aus dem Schreiben seiner Vormündin ergibt.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

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