Aktenzeichen 11 ZB 16.30463
AsylG § 31 Abs. 1 S. 2, § 78 Abs. 3 Nr. 1, § 80, § 83b
Leitsatz
1 Es ist keine fallübergreifende, verallgemeinerungsbedürftge Frage, ob bei Fehlen einzelfallbezogener Anhaltspunkte bei fehlenden Bindungen an das Bundesgebiet eine Befristung auf 30 Monate für das Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 3 AufenthG erfolgen darf und warum nicht eine kürzere Frist ausreichend ist. (redaktioneller Leitsatz)
2 Bei Nichtgeltendmachung individueller Gründe kann sich das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nach Ermessen generell aus Gründen der Gleichbehandlung für eine Frist von 30 Monaten entscheiden. (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
B 1 K 16.30733 2016-08-31 Urt VGBAYREUTH VG Bayreuth
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) zuzulassen.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) hat das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot für den Fall der angedrohten Abschiebung im angefochtenen Bescheid vom 12. Mai 2016 auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Zur Begründung des Zulassungsantrags macht der Kläger geltend, es sei grundsätzlich klärungsbedürftig, „ob beim Fehlen einzelfallbezogener Anhaltspunkte bei im Wesentlichen fehlenden Bindungen an das Bundesgebiet eine Befristung auf 30 Monate erfolgen darf – oder einzelfallbezogen auch zu der Frage begründungspflichtig ist, warum nicht eine kürzere Frist ausreichend ist.“ Diese Frage bedarf keiner Klärung in einem Berufungsverfahren.
Ein Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, darf weder erneut in das Bundesgebiet einreisen, noch sich darin aufhalten, noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach dem Aufenthaltsgesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden (Einreise- und Aufenthaltsverbot, § 11 Abs. 1 AufenthG). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist von Amts wegen zu befristen (§ 11 Abs. 2 Satz 1 AufenthG). Über die Länge der Frist wird nach Ermessen entschieden (§ 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG). Sie darf fünf Jahre nur überschreiten, wenn der Ausländer aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht (§ 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG). Gemäß § 75 Nr. 12 AufenthG entscheidet das Bundesamt (unter anderem) im Falle einer Abschiebungsandrohung nach den §§ 34, 35 AsylG über die Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots.
Dass die im Bescheid getroffene Ermessensentscheidung des Bundesamts zu begründen ist, ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz (§ 31 Abs. 1 Satz 2 AsylG). Zum Begründungsinhalt und -umfang kann ergänzend auf die Regelungen in § 39 Abs. 1 Sätze 2 und 3 VwVfG zurückgegriffen werden, wonach in der Begründung die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen sind, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben, und die Begründung von Ermessensentscheidungen auch die Gesichtspunkte erkennen lassen soll, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist. Inhalt und Umfang der Begründung von Ermessensentscheidungen richten sich im Übrigen nicht nach allgemeinen Maßstäben, sondern nach den Umständen des Einzelfalls (st. Rspr., vgl. nur BVerwG, U. v. 14.10.1965 – II C 3.63 – BVerwGE 22, 215). Auch bei der Bemessung der Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 3 AufenthG hat das Bundesamt die im Zeitpunkt seiner Entscheidung bekannten Umständen zu berücksichtigen. Fallübergreifende, verallgemeinerungsfähige Kriterien können hierzu nicht festgelegt werden. Es ist jedenfalls nicht zu beanstanden, wenn das Bundesamt sich in Fällen, in denen – wie hier – keine individuellen Gründe vorgebracht werden oder ersichtlich sind, generell aus Gründen der Gleichbehandlung für eine Frist von 30 Monaten entscheidet und damit das in § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG festgelegte Höchstmaß zur Hälfte ausschöpft.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.
Mit der unanfechtbaren (§ 80 AsylG) Ablehnung des Zulassungsantrags ist das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).