Verwaltungsrecht

Zum Umfang des rechtlichen Gehörs im verwaltungsgerichtlichen Berufungszulassungverfahren

Aktenzeichen  9 ZB 16.1846

Datum:
24.11.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 86 Abs. 3, § 108 Abs. 2, § 152a Abs. 1 S. 1
GG GG Art. 103 Abs. 1

 

Leitsatz

1 Das Gebot rechtlichen Gehörs gem. Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO verpflichtet das Gericht nicht, dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsansicht eines Beteiligten inhaltlich zu folgen. Dementsprechend stellt die Anhörungsrüge keinen Rechtsbehelf zur Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit einer gerichtlichen Entscheidung dar. (redaktioneller Leitsatz)
2 Inhaltskritik und eine Erweiterung des Zulassungsvorbringens kann nicht zum Erfolg einer Anhörungsrüge führen. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

9 ZB 16.944 2016-08-10 Bes VGHMUENCHEN VG Ansbach

Tenor

I.
Die Anhörungsrüge wird zurückgewiesen.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Die Anhörungsrüge ist unbegründet, weil der Senat den Anspruch des Antragstellers auf rechtliches Gehör im Zusammenhang mit dem Beschluss vom 10. August 2016 (Az. 9 ZB 16.944) nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
Das rechtliche Gehör als prozessuales Grundrecht gemäß Art. 103 Abs. 1 GG sichert den Beteiligten im gerichtlichen Verfahren ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden. Das Gericht hat die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Es ist aber nicht verpflichtet, auf sämtliche Tatsachen und Rechtsansichten einzugehen, die im Laufe des Verfahrens vorgebracht worden sind. Nur wenn das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvorbringens eines Beteiligten zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht eingeht, lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (vgl. BVerfG, B.v. 29.10.2015 – 2 BvR 1493/11 – juris Rn. 45; BVerwG, B.v. 8.6.2016 – 8 B 14.15 – juris Rn. 2 m. w. N.).
Die Ausführungen des Antragstellers beschränken sich im Wesentlichen darauf, die inhaltliche Richtigkeit des Beschlusses vom 10. August 2016 (Az. 9 ZB 16.944) in Frage zu stellen. Damit kann der Antragsteller aber nicht durchdringen. Das Gebot rechtlichen Gehörs gem. Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO verpflichtet das Gericht nämlich nicht, dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsansicht eines Beteiligten inhaltlich zu folgen. Dementsprechend stellt die Anhörungsrüge keinen Rechtsbehelf zur Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit einer gerichtlichen Entscheidung dar (vgl. BVerwG, B.v. 18.3.2016 – 1 A 1.16 – juris Rn. 2).
Soweit der Kläger vorbringt, der Senat habe das rechtliche Gehör verletzt, weil – anders als das Verwaltungsgericht – von einer Abstandsflächenpflicht der klägerischen Gewächshäuser ausgegangen werde, kann dem nicht gefolgt werden. Die Frage der Abstandsflächenpflicht wurde im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht thematisiert, so dass keine weitere Hinweispflicht des Senats bestand (vgl. BVerwG, B.v. 4.8.2016 – 8 B 31.15 – juris Rn. 9). Der Senat hat – wie bereits auch das Verwaltungsgericht – auf die schutzmindernde bestehende Gesamtbelastung des klägerischen Grundstücks abgestellt. Die damit verbundene inhaltliche Kritik des Antragstellers bleibt erfolglos.
Soweit der Kläger die Verletzung der gerichtlichen Hinweispflicht nach § 86 Abs. 3 VwGO im Zusammenhang mit der Frage der Substantiierung seines Vortrags rügt, wird ein Fehler im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht – und nicht im für die Anhörungsrüge maßgeblichen Zulassungsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof – geltend gemacht. Zum gerügten Zulassungsvorbringen hat der Senat im Beschluss vom 10. August 2016 Ausführungen gemacht. Der Vortrag im Rahmen der Anhörungsrüge stellt sich damit auch insoweit als Inhaltskritik und Erweiterung des Zulassungsvorbringens dar und kann nicht zum Erfolg der Anhörungsrüge führen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO).

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