Aktenzeichen 15 U 3222/15
AO § 169, § 171, § 175, § 180
PartGG § 8, § 10
Leitsatz
1 Richtet sich der Auftrag des Steuerberaters darauf, das Einspruchsverfahren gegen einen Grundlagenbescheid mit dem Ziel durchzuführen, die Steuerfreiheit eines Veräußerungsgewinns zu erreichen, ist der Mandant dahin zu belehren, dass der geänderte Festsetzungsbescheid, mit dem die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften auf 0 € festgesetzt wurden, nicht aus sich heraus zu geringeren Steuerzahlungen führt, sondern noch der Umsetzung in die jeweiligen Einkommensteuerbescheide bedarf. (Rn. 58 und 66) (redaktioneller Leitsatz)
2 Zudem hat sich die Belehrung darauf zu richten, dass das Finanzamt auch ohne einen Änderungsantrag nach § 171 Abs. 3 AO zur Umsetzung des geänderten Grundlagenbescheides verpflichtet ist, der Mandant mit einem eigenen Änderungsantrag deshalb noch bis zu zwei Jahre abwarten kann und zur Vermeidung eines Rechtsverlusts durch Festsetzungsverjährung erst dann einen Änderungsantrag zu stellen braucht, wenn das Finanzamt nicht von sich aus innerhalb der Frist tätig wird. (Rn. 58 und 65) (redaktioneller Leitsatz)
3 Der Zurechnungszusammenhang zwischen der unterlassenen Belehrung und der Nachzahlung der unverändert gebliebenen Einkommensteuer wird nicht dadurch unterbrochen, dass das Finanzamt entgegen seiner Verpflichtung aus §§ 175, 182 Abs. 1 AO untätig geblieben ist. (Rn. 78) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
4 O 14128/14 2015-07-30 Endurteil LGMUENCHENI LG München I
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 30.07.2015, Az. 4 O 14128/14, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Urteilsformel in Ziffern I und II wie folgt neu gefasst wird:
I. Die Beklagten werden wie Gesamtschuldner verurteilt, die Kläger (Steuer-Nr. „.150) von folgenden Nachforderungen der Finanzverwaltung (Finanzamt M.) in Höhe von 158.699,05 € (157.146,55 € Schuldbeträge und 1.552,50 € Säumniszuschläge), aufgeführt in der Mahnung vom 07.01.2014, freizustellen:
– Einkommensteuer 2004: 30.019,00 € Schuldbetrag und 300,00 € Säumniszuschlag;
– Einkommensteuer 2004 Verspätungszuschlag: 600,00 € Schuldbetrag;
– Einkommensteuer 2004 Einkommensteuerzinsen: 900,00 € Schuldbetrag;
– Einkommensteuer 2006: 24.709,00 € Schuldbetrag und 247,00 € Säumniszuschlag;
– Einkommensteuer 4. VJ 2007: 29.450,00 € Schuldbetrag und 294,50 € Säumniszuschlag;
– Einkommensteuer 2007: 46.204,00 € Schuldbetrag und 462,00 € Säumniszuschlag;
– Einkommensteuer 2007 Einkommensteuerzinsen: 231,00 € Schuldbetrag;
– Einkommensteuer 2008: 17.172,00 € Schuldbetrag und 171,50 € Säumniszuschlag;
– Solidaritätszuschlag ESt. 2004: 1.600,22 € Schuldbetrag und 16,00 € Säumniszuschlag;
– Solidaritätszuschlag ESt. 2006: 1.257,42 € Schuldbetrag und 12,50 € Säumniszuschlag;
– Solidaritätszuschlag 4. VJ 2007: 1.487,98 € Schuldbetrag und 14,50 € Säumniszuschlag;
– Solidaritätszuschlag ESt. 2007: 2.571,47 € Schuldbetrag und 25,50 € Säumniszuschlag;
– Solidaritätszuschlag ESt. 2008: 944,46 € Schuldbetrag und 9,00 € Säumniszuschlag.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten wie Gesamtschuldner den Klägern sämtliche über diese 158.699,05 € hinausgehenden Schäden zu ersetzen haben, die aus der unterbliebenen Anpassung der Einkommensteuerbescheide 2004 (Kläger zu 1 und Klägerin zu 2) und der Einkommensteuerbescheide 2005 bis 2008 (Kläger zu 1 und Klägerin zu 2 zusammen veranlagt) wegen des geänderten Grundlagenbescheids vom 06.05.2011 entstanden sind oder noch entstehen.
2. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar, soweit es aufrecht erhalten bleibt. Die Beklagten können die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 200.000,00 €, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 183.699,05 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Parteien streiten über Schadensersatz aus Steuerberaterhaftung.
Die Kläger waren Gesellschafter der A. V. GmbH (im Folgenden: GmbH) und der S./N. A. V. Besitz GbR (im Folgenden: GbR), die unter anderem Räume an die GmbH vermietete. Die Beklagte zu 1 war für die Kläger als Steuerberaterin tätig, wobei der jetzt ausgeschiedene Beklagte zu 2 sachbearbeitend zuständig war.
Der Gewerbebetrieb der GmbH wurde im Jahr 2003 aufgegeben. Im Jahr 2004 wurde die Immobilie der GbR veräußert. Mit Grundlagenbescheid vom 17.03.2006 (Anl. K 1) wies das Finanzamt M. V die Einkünfte aus dem Verkauf gemäß § 23 EStG beiden Klägern in Höhe von jeweils 244.786,68 € als Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften zu.
Die Beklagte zu 1 erwirkte einen Änderungsbescheid vom 06.05.2011 (Anl. K 2), mit dem die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften für beide Kläger jeweils auf 0,00 € festgesetzt wurden.
Den Änderungsbescheid vom 06.05.2011 setzte das Finanzamt hinsichtlich der Einkommensteuerbescheide für die Kläger nicht um. Die Frist von zwei Jahren zur Anpassung (vgl. Anl. K 43) gemäß § 171 Abs. 10 AO lief ab. Ein Antrag auf Änderung der betroffenen Einkommensteuerbescheide gemäß § 171 Abs. 3 AO wurde nicht gestellt.
Gemäß Mahnung des Finanzamts vom 07.01.2014 (Anl. K 31) sollen die Kläger für die Jahre 2004 bis 2008 Steuern und Säumniszuschläge von 158.699,05 € bezahlen. Die Beklagte zu 1 beantragte im Auftrag der Kläger den Erlass der Steuernachzahlungen, was das Finanzamt ablehnte. Eine Entscheidung über den hiergegen eingelegten Einspruch hat das Finanzamt zunächst zurückgestellt, die Zahlungen ausgesetzt.
Die Kläger haben ein umfassendes Mandat der Beklagten zu 1 behauptet. Diese habe ihre Pflichten dadurch verletzt, dass sie die Kläger nicht hinwies auf den drohenden Rechtsverlust im Hinblick auf § 171 Abs. 10 AO und die Möglichkeit der Hemmung der dort geregelten Frist durch einen Antrag gemäß § 171 Abs. 3 AO.
Im ersten Rechtszug haben die Kläger beantragt,
I. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, die Kläger von sämtlichen Nachforderungen der Finanzverwaltung bezüglich der Einkommensteuerveranlagung 2004 bis 2008 einschließlich Solidaritätszuschlag, Zinsen und Versäumniszuschlägen infolge unterbliebener Anpassung an den zu Gunsten der Kläger geänderten Grundlagenbescheid vom 06.05.2011 freizuhalten.
Hilfsweise:
Die Beklagten werden verurteilt, gesamtschuldnerisch an die Kläger 158.699,05 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch den Klägern sämtliche Schäden und Vermögensnachteile zu ersetzen haben, die aus der unterbliebenen Anpassung der Einkommensteuerbescheide 2004 (Kläger zu 1) und Klägerin zu 2)) und der Einkommensteuerbescheide 2005 bis 2008 (Kläger zu 1) und zu 2) zusammenveranlagt) wegen des geänderten Grundlagenbescheids vom 06.05.2011 entstanden sind oder noch entstehen.
Mit Endurteil vom 30.07.2015 hat das Landgericht München I nach dem Hauptantrag zu I und dem Antrag zu II erkannt.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil des Landgerichts München I vom 30.07.2015 wird Bezug genommen.
Im Berufungsverfahren unstreitig fertigten der Kläger zu 1 und ab dem Veranlagungszeitraum 2005 (gemeinsame Veranlagung) auch die Klägerin zu 2 ihre persönlichen Einkommensteuererklärungen ohne Zuhilfenahme der Beklagten selbst. Die Beklagten erhielten damals keine Kopien dieser Einkommensteuererklärungen.
Die Beklagten und Berufungskläger bringen im Berufungsverfahren vor:
Ein unbeschränktes Mandat in allen steuerlichen Belangen der Kläger sowie der Gesellschaften der Kläger liege schon deshalb nicht vor, weil der Kläger zu 1 und ab VZ 2005 auch die Klägerin zu 2 ihre persönlichen Einkommensteuererklärungen ohne Zuhilfenahme der Beklagten selbst fertigten.
Auch die Richtigkeit der daraufhin erfolgten Steuerveranlagungen hätten die Kläger selbst geprüft. Geprüft hätten die Beklagten in den Einkommensteuerbescheiden nur die Berücksichtigung des Verlustvortrags aus 2004.
Damit hätten die beiden Kläger selbst die grundsätzliche und generelle Verantwortung für die Richtigkeit der streitgegenständlichen Steuerveranlagungen gehabt, während die Beklagten sich nur auf Anforderung durch die Kläger in deren persönliche Steuerangelegenheiten einschalteten.
Ein auf Änderung der Einkommensteuerbescheide gerichtetes Mandat liege nicht vor.
Hinsichtlich des streitgegenständlichen Sachverhalts sei der eingeschränkte Auftrag nur auf folgende Maßnahmen gerichtet gewesen: Führung des Einspruchsverfahrens gegen den Grundlagenbescheid Anlage K 1, und vorläufiger Rechtsschutz durch Aussetzung der Vollziehung der in den persönlichen Einkommensteuerbescheiden festgesetzten Steuern.
Fehlerhaft habe das Erstgericht aus verschiedenen Einzeltätigkeiten der Beklagten Rückschlüsse darauf gezogen, dass sich den Beklagten eine bestimmte Interessenlage der Kläger „aufgedrängt“ habe. Aus einem Gemisch von Einzeltätigkeiten des Beraters und Interessen des Mandanten ließen sich aber keine Hinweispflichten eines Beraters herleiten. Dafür müsse dessen Aufgabenbereich exakt analysiert werden, der allein maßgeblich für den Umfang der Pflichten sei (BGH, Urt. v. 26.01.1995 – IX ZR 10/94, NJW 1995, 958).
Das Schreiben vom 28.02.2008 (Anl. KK 39) beziehe sich lediglich auf das Dokument „Fortschreibung Verlustvortrag“, das den Auftragsschreiben Anl. KK 12, KK 20, KK 26 und KK 29 als Anlage beigefügt sei, und aus dem die rechnerische Entwicklung des Verlustvortrags ersichtlich sei. Allein dies sei Aufgabe der Beklagten gewesen: Dem Finanzamt zu verdeutlichen und zu überprüfen, in welcher Höhe in den einzelnen Jahren noch ein Verlustvortrag zwecks Aussetzung der Vollziehung des jeweiligen Einkommensteuerbescheids vorhanden war.
Das Schreiben vom 04.09.2006 (Anl. KK 8a) habe mit der Vollziehungsaussetzung nichts zu tun. Es betreffe ersichtlich nur die Klägerin zu 2 und nur die Veranlagungszeiträume 2003 und 2004, während im Übrigen auf das für die Zukunft bedeutsame Einspruchsverfahren gegen den Grundlagenbescheid Anlage K 1 Bezug genommen werde.
Der den Beklagten erteilte Auftrag sei beschränkt gewesen auf folgende Einzeltätigkeiten:
– Erstellung der jährlichen Steuererklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte der GbR bis zu deren Auflösung im Jahr 2004 nebst Führung des Einspruchsverfahrens gegen den fehlerhaften Grundlagenbescheid Anlage K 1;
– Durchführung eines Einspruchsverfahrens wegen der aus der Liquidation der GmbH resultierenden steuerlichen Verluste der beiden Kläger und Überprüfung der rechnerisch korrekten Verrechnung der hieraus resultierenden Verlustvorträge in den Einkommensteuerveranlagungen der beiden Kläger;
– Erwirkung der Vollziehungsaussetzung des fehlerhaften Grundlagenbescheids Anlage K 1 und der aus diesem resultierenden Zahlungsverpflichtungen der beiden Kläger;
– Erstellung der Steuererklärungen der Klägerin zu 2 für die Kalenderjahre 1988 bis 2004.
Demgemäß habe keine Pflicht der Beklagten bestanden, die persönlichen Steuerfestsetzungen der Kläger zu überwachen im Hinblick auf eine Umsetzung des geänderten Grundlagenbescheids Anlage K 2 in den persönlichen Einkommensteuerveranlagungen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass das Erstgericht, das eine solche Überwachungspflicht ebenfalls nicht annahm, gleichwohl eine Warnpflicht im Hinblick auf die zweijährige Frist des § 171 Abs. 10 AO postulierte. Dies widerspreche der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der auf eine außerhalb des Beraterauftrags liegende Fehlentscheidung des Mandanten nur dann hinzuweisen ist, wenn diese für einen durchschnittlichen Berater auf den ersten Blick ersichtlich ist oder er auf Grund seines persönlichen Wissens die Sach- und Rechtslage positiv kennt (BGH, Urt. v. 26.01.1995 – IX ZR 10/94, NJW 1995, 958, Ls. 2).
Ein solches auf den ersten Blick ersichtliches Risiko habe hier nicht vorgelegen. Die Anpassung des Folgebescheids sei gemäß §§ 175 Abs. 1 Nr. 1, 182 Abs. 1 AO allein Aufgabe des Wohnsitzfinanzamts. Eine Pflicht des Steuerpflichtigen zur Veranlassung oder Mitwirkung, etwa durch Antragstellung, bestehe nicht. Das Risiko eines formal pflichtwidrigen Handelns der Finanzämter sei zwar nicht auszuschließen, aber keine offen zutage liegende Gefahr.
Für eine Belehrungs- und Hinweispflicht der Beklagten fehle es an einem Anlass. Ein solcher hätte nur bei einer realen Gefahr bestanden, dass das Wohnsitzfinanzamt seinen Verpflichtungen nicht nachkommt.
Auch für die Veranlagung der Klägerin zu 2 für 2004 (Seite 13 unten des angefochtenen Urteils) habe eine Hinweispflicht der Beklagten nicht bestanden. Es fehle bereits an einer Begründung des Erstgerichts hierzu. Ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung für 2004 zu Gunsten der Klägerin zu 2 habe nicht gestellt werden können, weil das zu versteuernde Einkommen gemäß Steuerbescheid Anlage K 5 negativ war. Eine Hinweispflicht habe auch deshalb nicht bestanden, weil bei Ergehen des geänderten Grundlagenbescheids vom 06.05.2011 (Anl. K 2) das Mandat der Beklagten für die persönlichen Einkommensteuerveranlagungen der Klägerin zu 2 längst beendet war.
Die Kläger treffe ein Mitverschulden an der fehlenden Umsetzung des Grundlagenbescheids im Folgebescheid. Sie hätten Veranlassung gehabt, bei den Beklagten nachzufragen.
Ein Mitverschulden der Kläger liege auch darin, dass diese sich nicht um eine Stundung bemüht hätten.
Der von den Klägern behauptete Schaden habe sich bislang nicht realisiert. Der gestellte Erlassantrag sei nicht aussichtslos. Die seinerzeit gewährte Vollziehungsaussetzung (Anl. K 22) habe nicht beendet werden dürfen vor Bekanntgabe eines geänderten Folgebescheids, der den geänderten Grundlagenbescheid Anlage K 2 umsetzt.
Im Berufungsverfahren beantragen die Beklagten und Berufungskläger:
I.
Das Urteil des Landgerichts München I vom 30.07.2015 – Aktenzeichen 4 O 14128/14 -wird aufgehoben.
II.
Die Klage wird – auch hinsichtlich der neuformulierten Anträge der Kläger – abgewiesen.
Die Kläger und Berufungsbeklagten beantragen,
1.Die Berufung wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2.Das Endurteil des Landgerichts München I vom 30.07.15 wird wie folgt aufrechterhalten:
I. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, die Kläger (Steuer-Nr. …150) von Nachforderungen der Finanzverwaltung (Finanzamt M.) gegenüber den Klägern bezüglich der Einkommensteuerveranlagung 2004 bis 2008 einschließlich Solidaritätszuschlag, Zinsen, Verspätungszahlungen und Säumniszuschlägen in Höhe von € 158.699,05 gem. Mahnschreiben des Finanzamts vom 07.01.14 (Anlage K 31) gemäß nachfolgender Aufstellung
… (auf Seite 2 des Schriftsatzes vom 29.07.2016, Bl. 230 d. A.) infolge unterbliebener Anpassung an den zu Gunsten der Kläger geänderten Grundlagenbescheid vom 06.05.11 freizustellen.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch den Klägern sämtliche über € 158.699,05 hinausgehenden Schäden und Vermögensnachteile zu ersetzen haben, die aus der unterbliebenen Anpassung der Einkommensteuerbescheide 2004 (Kläger zu 1 und Klägerin zu 2) und der Einkommensteuerbescheide 2005 bis 2008 (Kläger zu 1 und Klägerin zu 2 zusammen veranlagt) wegen des geänderten Grundlagenbescheids vom 06.05.11 entstanden sind oder noch entstehen.
Die Kläger bringen vor:
Die Beklagten hätten die Verantwortlichkeit für die bestmögliche Berücksichtigung der Verlustvorträge in der Einkommensteuererklärung übernommen. Sie seien daher mit der Übersendung des geänderten Grundlagenbescheids im Jahr 2011 zu einem Hinweis auf die Zwei-Jahres-Frist gemäß § 171 Abs. 10 AO oder zu verjährungshemmenden Maßnahmen gemäß § 171 Abs. 3 AO verpflichtet gewesen.
Aus dem konkreten Auftrag und dem Gang der Entwicklung ergebe sich, dass die Beklagten in einem vieljährigen Zeitraum die Aufgabe übernommen hätten, für die bestmögliche Berücksichtigung der Veräußerungsverluste in den Einkommensteuerbescheiden der Kläger und für die Reduzierung des Immobiliengewinns im Jahr 2004 auf null zu sorgen.
Die konkrete Beauftragung der Beklagten ergebe sich aus dem Sachzusammenhang einer einheitlichen Beauftragung und eines einheitlichen Tätigwerdens selbst und aus der Verzahnung des geschäftlichen und privaten Bereichs.
Die Beklagten hätten in der Korrespondenz mit Kläger und Finanzamt (so etwa Anl. KK 8A, K 54, KK 39 und K 29) die Verantwortung für die Umsetzung der vollen Veräußerungsverluste in den Einkommensteuererklärungen der Kläger ausdrücklich bestätigt, was bei den Klägern auch ein entsprechendes Vertrauen begründet habe.
Die persönlichen Einkommensteuerbescheide der Kläger seien – auch nach dem Veranlagungszeitraum 2004 – von den Beklagten geprüft worden, wie sich insbesondere an deren Prüfstempeln auf den Anlagen K 4 bis K 17 zeige.
Die Kläger hätten die Beklagten generell mit der Verteidigung gegen die zu hohe Einkommensteuerfestsetzung beauftragt, nicht mit Einzelmaßnahmen (Einspruch, AdV etc.), die ihnen nicht bekannt gewesen seien.
Die Regelungen in § 171 Abs. 10 und Abs. 3 AO seien Vorschriften, die einem durchschnittlichen Berater auf den ersten Blick ersichtlich und offenkundig sind, weil sie als allgemeines Basis- und Fachwissen zum Grundwerkzeug eines jeden steuerlichen Beraters gehörten.
Die Steuerbeträge, die das Finanzamt bei den Klägern anfordere, würden sich einschließlich Zinsbeträgen und Säumniszuschlägen auf eine Summe von 203.464,48 € belaufen. Wegen der Zusammensetzung dieses Betrags und weiterer Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Schriftsatz der Kläger vom 10.06.2016 (Bl. 207/209 d. A.), ferner auf die Schriftsätze der Kläger vom 07.07.2016 (Bl. 218/222 d. A.) und vom 29.07.2016 (Bl. 229/235 d. A.).
Die Kläger vertiefen zudem ihre rechtlichen Ausführungen weiter.
Die Beklagten und Berufungskläger meinen, für einen Versäumniszuschlag gemäß § 152 AO in Höhe von 600,00 € und eine Einkommensteuervorauszahlung für das vierte Quartal 2007 in Höhe von 29.450,00 € seien die Beklagten nicht verantwortlich. Gleiches gelte für Säumniszuschläge; jedenfalls aber gelte insoweit § 254 BGB.
Aus den Verwaltungsakten Anl. KK 24 und KK 31 sei für jeden Normalbürger offenkundig, dass die Aussetzung der Vollziehung keinen Verzicht des Staates auf Zahlung der durch Steuerbescheid festgesetzten Steuern beinhalte, sondern nur eine vorläufige Suspendierung der Zahlungspflicht (unter ausdrücklichem Hinweis auf den Zinsanspruch des Fiskus). Der Kläger zu 1, der ein kaufmännisches Unternehmen führte, der Volljurist mit Zulassung als Rechtsanwalt ist und dem wie der Klägerin zu 2 die Zweistufigkeit des steuerlichen Veranlagungsverfahrens bekannt war (Anl. KK 3, KK 8), habe bei seiner Anhörung in der Berufungsverhandlung nicht überzeugt.
Mit Verfügung vom 27.01.2016 (Bl. 124/127 d. A.) ist den Klägern und Berufungsbeklagten eine Frist zur Berufungserwiderung bis spätestens 01.03.2016 gesetzt worden.
Das Berufungsgericht hat mit Verfügung vom 27.01.2016 (Bl. 124/127 d. A.), in der Sitzung vom 18.05.2016 (Prot. Bl. 203/206 d. A.) und mit Hinweisbeschluss vom 08.07.2016 (Bl. 223/228 d. A.) Hinweise erteilt.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 01.10.2015 (Bl. 114/122 d. A.), vom 27.04.2016 (Bl. 191/198 d. A.), vom 22.06.2016 (Bl. 210/217 d. A.), vom 28.07.2016 (Bl. 236/239 d. A.) und vom 06.10.2016 (Bl. 240/242 d. A.) sowie der Kläger vom 22.03.2016 (Bl. 140/190 d. A.), vom 11.05.2016 (Bl. 199/202 d. A.), vom 10.06.2016 (Bl. 207/209 d. A.), vom 07.07.2016 (Bl. 218/222 d. A.), vom 29.07.2016 (Bl. 229/235 d. A.) und vom 12.10.2016 (Bl. 243/245 d. A.) verwiesen.
Ergänzend wird Bezug genommen auf das Protokoll der Sitzung vom 18.05.2016 (Bl. 203/206 d. A.), in welcher der Kläger zu 1 persönlich angehört worden ist, und auf das Protokoll der Sitzung vom 19.10.2016 (Bl. 246/248 d. A.).
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten war als unbegründet zurückzuweisen, wobei die Urteilsformel der angefochtenen Entscheidung auf die im Berufungsverfahren umformulierten Klageanträge neu zu fassen war.
1. Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 517, 519, 520 ZPO).
Die Berufung der Beklagten richtet sich ohne weiteres gegen den angepassten Klageantrag der Kläger (BGH, Urt. v. 12.01.2006 – VII ZR 73/04, NJW-RR 2006, 669, Rn. 10). Der Umformulierung des Klageantrags im Berufungsverfahren steht weder § 533 ZPO entgegen noch § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Die Voraussetzungen einer Klageänderung im Berufungsverfahren gemäß § 533 ZPO sind nicht zu prüfen, wenn die Änderung des Antrags gemäß § 264 Nr. 3 ZPO nicht als Klageänderung anzusehen ist (BGH, Urt. v. 22.04.2010 – IX ZR 160/09, NJW-RR 2010, 1286, Rn. 6; BGH, Urt. v. 19.03.2004 – V ZR 104/03, BGHZ 158, 295 = NJW 2004, 2152). Das ist beim Übergang vom Feststellungsantrag zum Leistungsantrag grundsätzlich der Fall (vgl. Greger in Zöller, ZPO, 31. Aufl., § 263 Rn. 8, § 264 Rn. 5). In Nr. II des angefochtenen Urteils ist ein umfassender Feststellungsausspruch enthalten, von dem die Kläger im Rahmen von § 264 Nr. 3 ZPO zum Leistungsantrag übergehen können. Im Fall des § 264 Nr. 3 ZPO ist auch die Einlegung einer Anschlussberufung entbehrlich, wenn mit dem nunmehr geltend gemachten Antrag nicht mehr verlangt wird als bereits erstinstanzlich zuerkannt, wenn also das Begehren des in erster Instanz erfolgreichen Klägers nicht über eine Abwehr der Berufung hinausgeht (BGH, Urt. v. 07.05.2015 – VII ZR 145/12, NJW 2015, 2812, Rn. 29; BGH, Urt. v. 12.01.2006 – VII ZR 73/04, NJW-RR 2006, 669, Rn. 9, 10). Bereits im ersten Rechtszug sind die Beklagten zur Freistellung in einer Gesamthöhe von 158.699,05 € verurteilt worden, wie die Auslegung des angefochtenen Urteils anhand seiner Gründe (dort Seite 14) ergibt. Der umformulierte Antrag der Kläger im Berufungsverfahren geht darüber nicht hinaus, sondern nimmt lediglich die gebotene Individualisierung der einzelnen Forderungen vor, von denen die Kläger freigestellt werden sollen.
2. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.
Die Prüfung der Berufung durch den Senat zeigt weder auf, dass das angefochtene Urteil auf einer Rechtsverletzung gemäß § 546 ZPO beruht, noch dass die nach § 529 ZPO zu Grunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen würden (§ 513 Abs. 1 ZPO).
Das Landgericht hat die Beklagten zu Recht zur Freistellung von Nachforderungen der Finanzverwaltung verurteilt, wenngleich mit einer für einen Leistungsausspruch zu unbestimmten Urteilsformel, die auf den neu formulierten Klageantrag im Berufungsverfahren neu zu fassen war. Zu Recht hat das Landgericht auch die Ersatzpflicht der Beklagten für weitere Schäden der Kläger festgestellt.
Denn die Kläger können von der Beklagten zu 1 aus dem Steuerberatervertrag dieser Parteien den mit der Klage geltend gemachten Schadensersatz gemäß §§ 280 Abs. 1, 249 BGB verlangen. Die gleiche Verpflichtung trifft den Beklagten zu 2 als ausgeschiedenen Partner gemäß §§ 8 Abs. 1 und 2, 10 Abs. 2 PartGG, § 160 HGB.
2.1. Die Erteilung eines umfassenden Mandats an die Beklagte zu 1 hat das Landgericht offen gelassen (Seite 8 Mitte des angefochtenen Urteils). Auch im Berufungsverfahren bedarf diese Frage keiner Entscheidung. Jedenfalls war die Beklagte zu 1 beauftragt, das Einspruchsverfahren gegen den Grundlagenbescheid vom 17.03.2006 durchzuführen mit dem Ziel, die Steuerfreiheit des Veräußerungsgewinns zu erreichen.
Diese Feststellung des Landgerichts (Seite 8 unten des angefochtenen Urteils) wird mit der Berufung nicht in Frage gestellt und ist im Berufungsverfahren zu Grunde zu legen, nachdem auch der Senat keine Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der diesbezüglichen Feststellungen sieht (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
2.2. Aus dem Auftrag, das Einspruchsverfahren gegen den Grundlagenbescheid vom 17.03.2006 durchzuführen mit dem Ziel, die Steuerfreiheit des Veräußerungsgewinns zu erreichen, ergab sich unter anderem die Pflicht der Beklagten zu 1, die Kläger sinngemäß wie folgt zu belehren: Ein geänderter Feststellungsbescheid führt nicht aus sich heraus zu geringeren Steuerzahlungen, sondern bedarf noch der Umsetzung in die jeweiligen Einkommensteuerbescheide. Die Kläger können hierzu selbst oder über die Beklagte einen Antrag stellen; man hat aber auch zwei Jahre Zeit um abzuwarten, ob das Finanzamt von sich aus tätig wird.
2.2.1. Im Rahmen seines Auftrags hat der Steuerberater seinen Mandanten, von dessen Belehrungsbedürftigkeit er grundsätzlich auszugehen hat, umfassend zu beraten und ungefragt über alle bedeutsamen steuerlichen Einzelheiten und deren Folgen zu unterrichten (BGH, Urt. v. 18.12.1997 – IX ZR 153/96, WM 1998, 301, 302; BGH, Urt. v. 23.01.2003 – IX ZR 180/01, WM 2003, 936, 937).
Insbesondere muss der Steuerberater seinen Auftraggeber möglichst vor Schaden bewahren; deshalb muss er den nach den Umständen sichersten Weg zu dem erstrebten steuerlichen Ziel aufzeigen und sachgerechte Vorschläge zu dessen Verwirklichung unterbreiten (BGH, Urt. v. 11.05.1995 – IX ZR 140/94, BGHZ 129, 386, 396 = NJW 1995, 2108; BGH, Urt. v. 18.12.1997 -IX ZR 153/96, WM 1998, 301, 302; Gräfe in Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung, 5. Aufl. 2014, Rn. 229). Dabei hat der Berater grundsätzlich von der Belehrungsbedürftigkeit seines Mandanten in steuerlichen Fragen auszugehen. Deshalb muss er auch ungefragt Hinweise geben (BGH, Urt. v. 04.03.1987 – IVa ZR 222/85, NJW-RR 1987, 1375).
2.2.2. Ziel der Kläger war es, keine Steuern auf den Veräußerungsgewinn bezahlen zu müssen. Mit dem geänderten Grundlagenbescheid vom 06.05.2011 war dieses Ziel noch nicht erreicht. Der Bescheid über die gesonderte Feststellung gemäß § 180 AO führt nicht bereits mit seinem Erlass zu einer Verringerung der jeweils festgesetzten jährlichen Einkommensteuer, sondern bedarf der Umsetzung durch Änderung der jeweiligen Einkommensteuerbescheide gemäß §§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 182 Abs. 1 AO. Eine solche Änderung ist gemäß § 169 Abs. 1 Satz 1 AO nur innerhalb der Festsetzungsfrist möglich. Die Festsetzungsfrist beginnt grundsätzlich mit Ablauf des jeweiligen Veranlagungszeitraums (§ 170 Abs. 1 AO) und beträgt vier Jahre (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO); sie endet aber nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids (§ 171 Abs. 10 AO). Der Ablauf der Festsetzungsfrist wird jedoch auch dann hinausgeschoben, wenn der Steuerpflichtige gemäß § 171 Abs. 3 AO vor Ablauf dieser Frist einen Änderungsantrag gestellt hat.
2.2.3. Anders als die Beklagten meinen gab es vorliegend nicht nur einen Weg zum Erreichen des klägerischen Ziels, der in der gemäß § 175 AO von Amts wegen vorzunehmenden Umsetzung des Grundlagenbescheids im Folgebescheid bestanden hätte.
Für die Frage, welche steuerliche Beratung die Beklagte zu 1 den Klägern schuldete, ist auf die Situation der steuerpflichtigen Kläger abzustellen. Für diese gab es zwei Wege, zu einer Umsetzung des geänderten Grundlagenbescheids in den Einkommensteuerfestsetzungen zu gelangen: Die Kläger konnten entweder selbst einen Änderungsantrag im Sinn des § 171 Abs. 3 AO stellen, oder abwarten, bis das Finanzamt von Amts wegen die gebotene Änderung vornimmt.
Das Abwarten einer Änderung durch das Finanzamt hätte den Vorteil gehabt, Zeit- und möglichen Kostenaufwand einer eigenen Antragstellung zu vermeiden. Es wäre aber mit dem Risiko verbunden gewesen, dass das Finanzamt – trotz seiner Verpflichtung zu rechtmäßigem Handeln und Anpassung der Steuerfestsetzungen an den Grundlagenbescheid – eine Änderung der Einkommensteuerbescheide nicht innerhalb der Festsetzungsfrist vornimmt, etwa weil dies übersehen wurde.
Der sicherste Weg in dieser Situation wäre es gewesen, vorsorglich einen Änderungsantrag zu stellen, obwohl das Finanzamt auch ohne einen solchen Antrag zur Umsetzung des geänderten Grundlagenbescheids verpflichtet war. Damit wäre der Gefahr eines Rechtsverlust durch Festsetzungsverjährung zuverlässig vorgebeugt worden (§ 171 Abs. 3 AO). Zur Vermeidung unnötigen Aufwands hätte mit einem Antrag noch zugewartet werden können, bis sich abzeichnet, dass das Finanzamt nicht von sich aus innerhalb der Frist tätig wird, denn der Antrag konnte bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist gestellt werden.
2.2.4. In diesem Sinn hätte die Beklagte zu 1 die Kläger belehren müssen im Rahmen ihrer Verpflichtung, den nach den Umständen sichersten Weg zu dem erstrebten steuerlichen Ziel aufzuzeigen und sachgerechte Vorschläge zu dessen Verwirklichung zu unterbreiten. Diese Belehrung wäre jederzeit – bis kurz vor Ablauf der Festsetzungsverjährung – möglich gewesen, wurde jedoch von den Beklagten unterlassen.
Der Pflicht zu einer solchen Belehrung steht nicht entgegen, dass der Auftrag an die Beklagte zu 1 sich zunächst (primär) auf das Einspruchsverfahren gegen den ursprünglichen Grundlagenbescheid vom 17.03.2006 bezog, und die Kläger ihre Einkommensteuererklärungen selbst anfertigten. Das Anliegen der Kläger, das Einspruchsverfahren gegen den Grundlagenbescheid vom 17.03.2006 durchzuführen mit dem Ziel, die Steuerfreiheit des Veräußerungsgewinns zu erreichen, musste die Beklagte zu 1 so verstehen (§§ 133, 157 BGB), dass es den Klägern nicht nur um die Änderung der gesonderten Feststellung ging, sondern – in erster Linie – darum, tatsächlich keine Steuern auf den Veräußerungsgewinn bezahlen zu müssen. An diesem klar erkennbaren Ziel musste die Beklagte zu 1 ihre Beratung ausrichten. Sie durfte sich nicht darauf beschränken, im Weg des Einspruchs gegen den Grundlagenbescheid vorzugehen, mit dessen Änderung das eigentliche Ziel der Kläger noch nicht erreicht war, sondern musste die Kläger durch sachgerechte Beratung in die Lage versetzen, ihr steuerliches Ziel zu verwirklichen.
Auch wenn die Kläger die grundsätzliche Zweistufigkeit des Festsetzungsverfahrens (Grundlagenbescheid und Folgebescheide) gekannt haben mögen, gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass ihnen auch die Existenz und die Dauer einer Festsetzungsfrist bekannt waren, und dass sie die Abhängigkeit der Umsetzung von der Festsetzungsfrist kannten, also wussten, dass ihnen nach Fristablauf ein Rechtsverlust droht. Gleiches gilt für eine Kenntnis der Kläger von der Möglichkeit, durch einen eigenen Antrag beim Finanzamt den Fristablauf zu hindern. Für eine insoweit fehlende Belehrungsbedürftigkeit der Kläger wären die Beklagten darlegungs- und beweispflichtig.
2.3. Die Pflichtverletzung der Beklagten zu 1 war für den eingetretenen Nachteil kausal.
2.3.1. Zwischen der Pflichtverletzung und dem geltend gemachten Schaden muss eine ursächliche Verknüpfung in dem Sinne bestehen, dass das dem Berater vorgeworfene Handeln oder Unterlassen nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfällt (BGH, Urt. v. 25.09.2014 – IX ZR 199/13, NJW 2015, 770, Rn. 23). Die Pflichtverletzung, die in einer Unterlassung besteht, ist dann kausal, wenn die gebotene Handlung nicht hinzugedacht werden kann, ohne dass die eingetretene Schadensfolge entfiele (BGH, Urt. v. 25.09.2014 – IX ZR 199/13, NJW 2015, 770, Rn. 23; Greger in Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, 4. Aufl. 2014, § 19 Rn. 15).
Als Gläubiger eines Schadensersatzanspruchs muss der Mandant die Kausalität und den Schadenseintritt mit dem Beweismaß des § 287 ZPO beweisen (BGH, Urt. v. 27.01.2000 – IX ZR 45/98, NJW 2000, 1572, 1573, Rn. 31 bei Juris; Gräfe in Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung, 5. Aufl. 2014, Rn. 625).
2.3.2. Bei pflichtgemäßer Beratung durch die Beklagte zu 1 hätten die Kläger spätestens rechtzeitig vor Ablauf der Festsetzungsfrist einen Antrag im Sinn von § 171 Abs. 1 AO gestellt oder stellen lassen (§ 287 ZPO).
Allein diese Entscheidung hätte bei zutreffender rechtlicher Beratung vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters aus nach der Lebenserfahrung nahe gelegen, sodass den Klägern die Vermutung beratungsgemäßen Verhaltens zu Gute kommt (BGH, Beschluss vom 15.05.2014 – IX ZR 267/12, NJW 2014, 2795, m.w.N.). Den sich daraus ergebenden Anscheinsbeweis haben die Beklagten nicht erschüttert.
Die Kläger hätten, wenn sie über den möglichen Rechtsverlust durch Fristablauf beraten worden wären, keinen Anlass gehabt, von einem einfachen Antrag beim Finanzamt abzusehen, mit dem sie sich eine für sie günstige Änderung der Steuerfestsetzung in sechsstelliger Höhe sichern konnten.
2.3.3. Das rechtmäßig handelnde Finanzamt hätte sodann die auf Grund des geänderten Grundlagenbescheids vom 06.05.2011 gebotenen Änderungen der Steuerfestsetzungen vorgenommen und geänderte Steuerbescheide erlassen, mit denen der Veräußerungsgewinn der Kläger nicht mehr besteuert worden wäre (§ 287 ZPO).
Auch Säumniszuschläge und Einkommensteuerzinsen wären dann nicht festgesetzt worden, da diese vom rückständigen Steuerbetrag abhängig sind (§§ 240, 238 AO) und daher bei Festsetzung einer Steuer von null nicht angefallen wären. Der Verspätungszuschlag gemäß § 152 AO knüpft zwar an die nicht fristgemäße Abgabe einer Steuererklärung an, setzt aber ebenfalls die Festsetzung einer Steuer voraus (§ 152 Abs. 2 Satz 1 AO), wäre also auch entfallen.
2.4. Der eingetretene Nachteil ist den Beklagten zurechenbar.
2.4.1. Der Zurechnungszusammenhang zwischen der Pflichtverletzung der Beklagten und dem eingetretenen Nachteil wird nicht dadurch unterbrochen, dass das Finanzamt entgegen seiner Verpflichtung aus §§ 175, 182 Abs. 1 AO untätig blieb.
Zwischen der Pflichtverletzung und dem geltend gemachten Schaden muss ein adäquater Zusammenhang in dem Sinn bestehen, dass das Verhalten die objektive Möglichkeit eines Nachteils der eingetretenen Art generell in nicht unerheblicher Weise erhöht hat, also im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen zur Herbeiführung des Erfolgs geeignet war (BGH, Urt. v. 23.10.1951 – I ZR 31/51, BGHZ 3, 261; G. Fischer in Fischer u.a., Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Aufl. 2015, § 5 Rn. 43, 149).
Auch der Fehler einer Behörde ist regelmäßig als adäquat kausale Folge des Fehlers eines rechtlichen Beraters anzusehen. Einem fehlerhaft handelnden Rechtsanwalt sind gerichtliche Fehlentscheidungen in der Regel zuzurechnen (BGH, Urt. v. 13.03.2003 – IX ZR 181/99, MDR 2003, 742 = NJW-RR 2003, 850; BGH, Urt. v. 18.12.2008 – IX ZR 179/07, NJW 2009, 987; G. Fischer in Fischer u.a., Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Aufl. 2015, § 5 Rn. 54 ff.; Gehrlein, Anwalts- und Steuerberaterhaftung, 1. Aufl. 2010, S. 65 f.). Die Zurechnung wird nur unterbrochen, wenn der Schadensbeitrag des Gerichts denjenigen des Anwalts soweit überwiegt, dass dieser daneben ganz zurücktritt (BGH, Urt. v. 13.03.2003 – IX ZR 181/99, MDR 2003, 742 = NJW-RR 2003, 850; G. Fischer in Fischer u.a., Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Aufl. 2015, § 5 Rn. 58). Nichts anderes kann für Fehler des Finanzamts gelten, da der rechtliche Berater auch behördlichen Fehlern entgegenwirken muss (vgl. Vill in Fischer u.a., Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Aufl. 2015, § 2 Rn. 130).
Von einem gänzlichen Zurücktreten des Fehlers der Beklagten zu 1 kann hier nicht gesprochen werden: Ein Antrag auf Änderung der Steuerbescheide hätte das Finanzamt mit ganz erheblicher Wahrscheinlichkeit (§ 287 ZPO) noch innerhalb der ursprünglichen Festsetzungsfrist auf das behördliche Versäumnis aufmerksam gemacht, jedenfalls aber gemäß § 171 Abs. 3 AO dafür gesorgt, dass die Festsetzungsverjährung nicht abläuft und eine Änderung der Steuerbescheide möglich bleibt. Zwar wiegt die Unterlassung des Finanzamts, das seiner gesetzlichen Pflicht aus §§ 175, 182 Abs. 1 AO nicht nachgekommen ist, durchaus schwer. Doch zeigt nicht zuletzt die Wertung des § 839 Abs. 1 Satz 3 BGB, dass auch in solchen Fällen, solange kein Vorsatz vorliegt, die Haftung eines weiteren Schadensverursachers – hier des Steuerberaters – nicht ausgeschlossen sein soll.
Das Argument der Beklagten, die Untätigkeit des Finanzamts sei vorliegend nicht vorhersehbar gewesen, vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs dient die fristhemmende Antragsmöglichkeit gemäß § 171 Abs. 3 AO gerade dazu, den Steuerpflichtigen davor zu schützen, dass die Finanzverwaltung ausnahmsweise doch untätig bleibt, und soll sicherstellen, dass der Erfolg eines einmal gestellten Antrags nicht von der Arbeitsweise und -geschwindigkeit der Behörde abhängt (BFH, Urt. v. 27.11.2013 – II R 57/11, BFHE 243, 313 = BStBl II 2016, 506 = DStR 2014, 474). Die Beklagten können sich nicht mit Erfolg darauf berufen, diejenige Untätigkeit des Finanzamts sei nicht vorhersehbar gewesen, vor der die außer Acht gelassene Beratungspflicht nach ihrem Schutzzweck die Kläger gerade schützen sollte. Ob das Untätigbleiben des Finanzamts hier konkret vorhersehbar war (dazu Schriftsatz der Kläger vom 22.03.2016, Bl. 140/190 d. A., dort S. 48 ff.), kann deshalb dahinstehen.
2.4.2. Was die Säumniszuschläge und Einkommensteuerzinsen sowie den Verspätungszuschlag angeht, ist der Zurechnungszusammenhang nicht durch eigenen Willensentschluss oder Verhalten der Kläger unterbrochen.
Ein eigener selbstständiger Willensakt des Geschädigten oder ein Verhalten Dritter schließt es nicht aus, demjenigen die Schadensfolge zuzurechnen, der die Kausalkette in Gang gesetzt hat. Wurde die Handlung des Mandanten durch das haftungsbegründende Ereignis herausgefordert oder bestand für sie ein rechtfertigender Anlass, so bleibt der Zurechnungszusammenhang grundsätzlich bestehen. Er wird nur dann unterbrochen, wenn der Geschädigte selbst oder ein Dritter in gänzlich ungewöhnlicher und unsachgemäßer Weise in den Geschehensablauf eingreift und eine weitere Ursache setzt, die den Schaden erst endgültig herbeiführt (BGH, Urt. v. 28.06.1990 – IX ZR 209/89, NJW-RR 1990, 1241, 1244, Rn. 44 bei Juris; BGH, Urt. v. 03.12.1992 – IX ZR 61/92, NJW 1993, 1139, 1141, Rn. 28 bei Juris; G. Fischer in Fischer u.a., Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Aufl. 2015, § 5 Rn. 46 ff.; Gehrlein, Anwalts- und Steuerberaterhaftung, 1. Aufl. 2010, S. 63; Grüneberg in Palandt, BGB, 75. Aufl., Rn. 41 ff. vor § 249).
Für die zuletzt genannte Ausnahme sind hier keine Anhaltspunkte ersichtlich. Ein gänzlich unsachgemäßes Betreiben des Besteuerungsverfahrens durch die Kläger kann nicht unterstellt werden.
2.5. Den Klägern ist aus der Pflichtverletzung der mit dem Freistellungsantrag geltend gemachte Schaden entstanden.
Ausgangspunkt der Schadensberechnung ist die Differenzhypothese. Ob und inwieweit ein nach §§ 249 ff. BGB zu ersetzender Vermögensschaden vorliegt, beurteilt sich regelmäßig nach einem Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre. Erforderlich ist ein Gesamtvermögensvergleich, der alle von dem haftungsbegründenden Ereignis betroffenen finanziellen Positionen umfasst. Dieser erfordert hierbei nicht lediglich eine Berücksichtigung von Einzelpositionen, sondern eine Gegenüberstellung der hypothetischen und der tatsächlichen Vermögenslage (BGH, Urt. v. 18.02.2016 – IX ZR 191/13, ZIP 2016, 1541, Rn. 9 m.w.N.).
Tatsächlich sind die Kläger den vom Freistellungsantrag umfassten Nachforderungen des Finanzamts ausgesetzt, die in dessen Mahnung vom 07.01.2014 (Anl. K 31) bezeichnet sind. Dies gilt auch für den Einkommensteuer-Schuldbetrag von 29.450,00 € („4. Vj. 07“). Dieser Betrag und der Betrag von 46.204,00 € („2007“) ergeben zusammen die verbleibende Steuer von 75.654,00 €, wie im Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 13.05.2009 (Anl. K 10) genannt.
Die Aussetzung der Vollziehung, die nur vorläufiger Natur ist (vgl. Rätke in Klein, AO, 13. Aufl., § 361 Rn. 3), ändert am Bestehen der Steuerforderungen nichts. Die Steuernachforderungen beruhen unstreitig darauf, dass der Veräußerungsgewinn der Kläger – entgegen dem geänderten Grundlagenbescheid vom 06.05.2011 – der Besteuerung unterworfen worden ist. Die Beklagten haben die Kläger durch Freistellung von diesen Verpflichtungen so zu stellen, wie sie ohne das schädigende Ereignis stehen würden (§ 249 BGB).
Einem Anspruch der Kläger auf Schadensersatz steht es nicht entgegen, dass ein Einspruchsverfahren gegen die Ablehnung des Erlasses der Steuernachzahlungen noch anhängig ist. Ein Schaden auf Grund falscher steuerlicher Beratung entsteht grundsätzlich bereits mit dem Erlass des belastenden Steuerbescheids. Der bereits eingetretene Schaden ist bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung auch nicht weggefallen. Die Kläger sind derzeit den Steuerforderungen des Finanzamts ausgesetzt, sodass die Beklagten sie im Rahmen der geschuldeten Naturalrestitution (§ 249 BGB) hiervon zu befreien haben. Ob die Steuerforderungen unabhängig davon in Zukunft möglicherweise wegfallen, ist als im Zeitpunkt des Verhandlungsschlusses ungewisse zukünftige Entwicklung bei der Schadensermittlung gemäß § 287 ZPO nicht maßgeblich. Von einem wahrscheinlichen Erfolg des Antrags auf Erlass kann aus den im angefochtenen Urteil dargestellten Gründen (dort S. 15 f.), denen sich der Senat anschließt, nicht ausgegangen werden.
Vorteile bzw. Ersparnisse der Kläger durch die fehlerhafte Beratung sind nicht erkennbar. Das Gericht legt als erheblich wahrscheinlich im Sinn von § 287 ZPO zu Grunde, dass die Kläger, die ihre Einkommensteuererklärungen selbst anfertigten, den Antrag auf Änderung der Einkommensteuerbescheide entweder selbst beim Finanzamt gestellt hätten, oder dass die Beklagten den einfachen Antrag ohne gesonderte Berechnung als Teil des übernommenen Auftrags eingereicht hätten.
2.6. Der Anspruch ist nicht durch ein Mitverschulden der Kläger im Sinn von § 254 BGB vermindert oder ausgeschlossen.
2.6.1. Die Beklagten argumentieren, die Kläger, die ihre Einkommensteuererklärungen selbst erledigten, hätten bei den Beklagten nachfragen müssen, was es mit der – ausstehenden -Umsetzung des Grundlagenbescheids im Folgebescheid auf sich hat.
Für die Anrechnung eines Mitverschuldens ist in Verfahren wegen Fehlberatung regelmäßig kein Raum. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann dem Auftraggeber nicht als mitwirkendes Verschulden vorgeworfen werden, er hätte das, worüber ihn sein Berater hätte aufklären sollen, bei entsprechenden Bemühungen auch ohne fremde Hilfe erkennen können (BGH, Urt. v. 18.12.2008 – IX ZR 12/05, NJW 2009, 1141, Rn. 21; Gehrlein, Anwalts- und Steuerberaterhaftung, 1. Aufl. 2010, S. 95 f.).
Entscheidend ist deshalb nicht, dass „den Klägern die Zweistufigkeit des steuerlichen Veranlagungsverfahrens bekannt“ war, wie die Beklagten vortragen, sondern dass die Kläger nicht wussten, dass nach Ablauf einer bestimmten Frist der Grundlagenbescheid nicht mehr in der Steuerfestsetzung umgesetzt werden konnte. Sie hatten gar keinen Anlass, sich Sorgen über die Umsetzung zu machen, der möglicherweise eine ausnahmsweise Obliegenheit zu Nachfragen bei den Beklagten hätte auslösen können.
2.6.2. Die Kläger müssen sich auch hinsichtlich der Säumniszuschläge kein Mitverschulden anrechnen lassen.
Die Beklagten sind für die Umstände beweispflichtig, aus denen sich ein Mitverschulden der Kläger ergeben soll. Sie bringen vor, ein Mitverschulden der Kläger liege darin, dass diese sich nicht ernsthaft um eine Stundung der nachzuzahlenden Steuern bemüht hätten.
Die Kläger bringen vor, für eine Stundung habe weder eine rechtliche noch eine tatsächliche Möglichkeit bestanden.
Das Finanzamt teilte den Klägern durch Schreiben vom 24.04.2014 (Anl. K 36) mit, dass eine Stundung allenfalls aus wirtschaftlichen Gründen in Betracht komme, wobei neben der Stundungsbedürftigkeit unter anderem Voraussetzung wäre, dass der Steueranspruch durch eine Stundung nicht gefährdet wird.
Die beweispflichtigen Beklagten haben nicht dargelegt, welche konkreten Bemühungen die Kläger gleichwohl hätten unternehmen sollen, um eine Stundung zu erreichen, dass den Klägern dann eine Stundung zu gewähren gewesen wäre und welche Säumniszuschläge dann nicht angefallen wären.
2.7. Neben dem Befreiungsanspruch umfasst der Schadensersatzanspruch der Kläger auch, dass die Beklagten den Klägern sämtliche weiteren Schäden zu ersetzen haben, die aus der unterbliebenen Anpassung der Einkommensteuerbescheide 2004 (Kläger zu 1 und Klägerin zu 2) und der Einkommensteuerbescheide 2005 bis 2008 (Kläger zu 1 und Klägerin zu 2 zusammen veranlagt) wegen des geänderten Grundlagenbescheids vom 06.05.2011 entstanden sind oder noch entstehen.
Dies war auf den Feststellungsantrag der Kläger festzustellen.
Der Feststellungsantrag ist zulässig. Bei der Feststellungsklage muss das Recht oder das Rechtsverhältnis, dessen Bestehen oder Nichtbestehen festgestellt werden soll, so genau beschrieben werden, dass über dessen Identität und damit über den Umfang der Rechtskraft des Urteils keinerlei Ungewissheit herrschen kann (Becker-Eberhard in MüKo, ZPO, 5. Aufl., § 253 Rn. 154). So muss etwa eine Klage auf Feststellung der Gewährleistungspflicht die Mängel im Einzelnen so genau bezeichnen, dass kein Zweifel darüber entstehen kann, für welche Mängel die Gewährleistungspflicht besteht (BGH, Urt. v. 06.12.2001 – VII ZR 440/00, NJW 2002, 681). Bei einer Feststellungsklage wegen Pflichtverletzung eines rechtlichen Beraters muss sich aus dem Antrag ergeben, dass sich die Feststellung auf den Schaden bezieht, der infolge der Pflichtverletzung eingetreten ist. Wie konkret dies im Antrag zu formulieren ist (vgl. BGH, Urt. v. 21.02.1991 – III ZR 204/89, VersR 1991, 788), braucht vorliegend nicht im Einzelnen entschieden zu werden. Der Feststellungsantrag der Kläger, dessen Formulierung der Senat in der Urteilsformel weitgehend übernommen hat, bezieht sich auf sämtliche (weitere) Schäden, die aus der unterbliebenen Anpassung der Einkommensteuerbescheide entstanden sind oder entstehen werden. Gerade diese unterbliebene Anpassung soll nach dem klägerischen Vortrag Folge der Pflichtverletzung sein, die den Beklagten vorgeworfen wird. Der Senat hält es in diesem Fall für (noch) ausreichend, wenn die Formulierung des Feststellungsantrags an eine derartige erste Folge der vorgeworfenen Pflichtverletzung anknüpft, während die eigentliche Pflichtverletzung lediglich im Sachvortrag der Klagepartei (und zur Auslegung des Urteils in dessen Gründen) im Einzelnen beschrieben wird (vgl. Senatsurt. v. 12.10.2016 – 15 U 4192/15, dort unter
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 108 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Es handelt sich um die Entscheidung eines Einzelfalls. Das Erfordernis, die Kläger hier über die Antragsmöglichkeit gemäß § 171 Abs. 3 AO zu belehren, ergibt sich aus dem durch Auslegung zu ermittelnden Inhalt des der Beklagten zu 1 konkret erteilten Auftrags.
Die Festsetzung des Berufungsstreitwerts beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 39 Abs. 1, 40, 43 Abs. 1, 47, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO.