Handels- und Gesellschaftsrecht

Schlußrechnung

Aktenzeichen  13 U 3469/16 Bau

Datum:
18.11.2016
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 132048
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 128 Abs. 4,§ 286 Abs.1 S.1, § 513 Abs. 1, § 546
VOB/B § 16 Abs. 3 Nr. 1 S. 3

 

Leitsatz

Verfahrensgang

8 O 3451/15 2016-07-26 Bes LGTRAUNSTEIN LG Traunstein

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten vom 18.08.2016 gegen das Endurteil des Landgerichts Traunstein vom 26.07.2016, Az.: 8 O 3451/15, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil der Senat einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.
2. Es ist beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 26.429,56 Euro festzusetzen.
3. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe

I.
Die Berufung der Beklagten hat nicht aufzeigen können, dass das angefochtene Urteil des Landgerichts Traunstein auf einem Rechtsfehler (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO) beruht oder dass nach § 529 ZPO zu berücksichtigende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
Der Senat folgt der ausführlich begründeten Entscheidung des Erstgerichts und macht sie sich zu Eigen.
Im Hinblick auf die Berufungsbegründung vom 12.09.2016 (Bl. 124/135 d. A.) sowie den Schriftsatz vom 08.11.2016 (Bl. 143/145 d. A.) ist ergänzend Folgendes auszuführen:
1. Dem Erstgericht ist entgegen der Auffassung der Berufungsführerin kein berufungsrechtlich relevanter Fehler bei der Tatsachenfeststellung unterlaufen, § 529 ZPO.
a) Die Beklagte trägt keine konkreten Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Beweiswürdigung vor.
Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Beweiswürdigung sind ein unrichtiges Beweismaß, Verstöße gegen Denk- und Naturgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze, Widersprüche zwischen einer protokollierten Aussage und den Urteilsgründen sowie Mängel der Darstellung des Meinungsbildungsprozesses wie Lückenhaftigkeit oder Widersprüche (vgl. BGH VersR 2005, 945; OLG München in st. Rspr., u. a. Urteil vom 09.10.2009 – 10 U 2965/09 [Juris] und vom 21.06.2013 -10 U 1206/13). Konkreter Anhaltspunkt in diesem Sinn ist jeder objektivierbare rechtliche oder tatsächliche Einwand gegen die erstinstanzlichen Feststellungen (BGHZ 159, 254, 258; NJW 2006, 152, 153); bloß subjektive Zweifel, lediglich abstrakte Erwägungen oder Vermutungen der Unrichtigkeit ohne greifbare Anhaltspunkte genügen nicht (BGH a. a. O.).
Das Erstgericht hat zutreffend das Beweismaß des § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO zugrunde gelegt und die insoweit geltenden Regeln beachtet. Nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder nicht wahr zu erachten ist. Diese Überzeugung des Richters erfordert keine – ohnehin nicht erreichbare (vgl. RGZ 15, 338, 339; BGH NJW 1998, 2969, 2971; BAGE 85, 140; OLG München NJW-RR 2014, 601; KG NJW-RR 2010, 1113) – absolute oder unumstößliche, gleichsam mathematische Gewissheit und auch keine „an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit“, sondern nur einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet (grundlegend BGHZ 53, 245, 256, st. Rspr., insbes. BGH NJW 1992, 39, 40; NJW-RR 2008, 1380; OLG Frankfurt a. M. zfs 2008, 264, 265). Hinsichtlich des Wetterschutzdaches setzt sich das Erstgericht kritisch mit den Aussagen der Zeugen … und … (Protokoll vom 12.07.2016, Bl. 90/98 d. A.) auseinander. Dabei hat es auch gewürdigt, dass der Geschäftsführer der Klagepartei, Herr ., nach seiner Erinnerung eine Kostenbeteiligung abgelehnt hat. Anders als von der Beklagten in der Berufungsbegründung vorgetragen, hat sich das Erstgericht sehr wohl mit den unterschiedlichen Aussagen auseinandergesetzt und ist im Rahmen einer Beweislastentscheidung zum nicht zu beanstandenden Ergebnis gelangt, dass die Beklagte den Nachweis einer Vereinbarung über die Kostenbeteiligung nicht führen konnte.
Soweit die Berufungsführerin noch weitere Beweisangebote, insbesondere die Einholung eines Sachverständigengutachtens anbietet, übersieht sie, dass sie hiermit in der Berufungsinstanz präkludiert ist, § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
b) Das Erstgericht ist zutreffend von einer Prüfbarkeit der Schlussrechnung vom 17.03.2005 (Anlage K3) ausgegangen.
Das Erstgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Beklagte gemäß § 16 Abs. 3 Nr. 1 Satz 3 VOB/B nicht mehr auf die fehlende Prüfbarkeit der Schlussrechnung berufen kann. Die insoweit beweisbelastete Beklagte konnte den Nachweis, die Prüfbarkeit bereits vor der Klageerwiderung vom 04.11.2015 gerügt zu haben, nicht führen. Richtig trägt zwar die Beklagte vor, dass für die Rüge keine zwingende Schriftform vorgesehen ist. Allerdings hat sich das Erstgericht zutreffend mit dem Vermerk auf dem Rechnungsprüfungsprotokoll sowie den weiteren Bemerkungen auf Seite 13 und auf Seite 14 des genannten Protokolls auseinandergesetzt. Damit liegt letztlich wieder ein Angriff auf die Beweiswürdigung des Erstgerichts vor, der die Voraussetzungen des § 529 ZPO nicht erfüllt.
c) Hiervon zu unterscheiden ist allerdings die Frage, ob die Beklagte mit ihren Einwendungen sachlich durchdringen kann. Dies hat aber auch das Erstgericht erkannt. Von den geltend gemachten 35.509,71 Euro kann die Beklagte den vereinbarten Sicherheitseinbehalt von 6.580,15 Euro einbehalten. Weiter konnte sie erfolgreich in Höhe von 2.500,- Euro aufrechnen.
d) Da die Klagepartei ihrerseits nicht Anschlussberufung eingelegt hat, konnte der Senat die Auswirkungen der unstreitig mittlerweile übersandten Bürgschaftsoriginalurkunde im Berufungsverfahren nicht berücksichtigen.
2. Der Senat stellt der Beklagten anheim, die Berufung aus Kostengründen zurückzunehmen.

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