Aktenzeichen 10 ZB 16.81
Leitsatz
Bei der unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu treffenden Prognose sind die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat, die Umstände ihrer Begehung, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts sowie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (vgl. VGH München BeckRS 2016, 44269). (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
M 4 K 14.5085 2015-11-17 Urt VGMUENCHEN VG München
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.
Gründe
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger seine in erster Instanz erfolglose Klage auf Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 20. Oktober 2014 in der Fassung des Ergänzungsbescheids vom 13. November 2015 und Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis weiter. Mit diesem Bescheid wird er aus dem Bundesgebiet ausgewiesen, sein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels abgelehnt und die Abschiebung aus der Haft heraus angeordnet; für den Fall, dass letzteres nicht möglich sein sollte, wird die Abschiebung unter Fristsetzung angedroht. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht München reduzierte die Beklagte unter Ausübung von Ermessen die zunächst auf acht Jahre festgesetzte Wiedereinreisesperre auf sechseinhalb Jahre.
1. Der 1991 in Arbil geborene Kläger, ein irakischer Staatsangehöriger, reiste 1997 zusammen mit seiner Mutter und zwei Schwestern in das Bundesgebiet ein. Erstmals am 31. Januar 2006 erhielt er eine zuletzt bis 29. Januar 2010 gültige Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG, vor deren Ablauf er eine Niederlassungserlaubnis, später stattdessen eine Aufenthaltserlaubnis beantragte. Anlass für seine Ausweisung war eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten durch Urteil des Landgerichts München I vom 6. März 2014 wegen schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung; der Kläger, der seit 18. August 2014 inhaftiert ist, war im Januar 2013 zusammen mit einem Mittäter, der eine geladene Gaspistole bei sich führte, in die Wohnung des Opfers eingedrungen und hatte eine unbekannte Menge Marihuana an sich genommen, während der Mittäter das Opfer in Schach hielt und mit Schlägen verletzte. Nach den strafgerichtlichen Feststellungen konsumiert der Kläger, der eine Ausbildung zum Hochbaufacharbeiter abgeschlossen hat, seit seinem 13. Lebensjahr Cannabisprodukte; seine Schulden belaufen sich auf etwa 3.000 bis 4.000 Euro.
Das Verwaltungsgericht begründet die Klageabweisung damit, dass der Kläger durch seine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten den Ist-Ausweisungstatbestand des § 53 Nr. 1 AufenthG (a.F). erfüllt habe, ohne dass eine der Voraussetzungen für den besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG (a. F.) vorliege. Die Ausweisung sei nicht unverhältnismäßig, insbesondere liege kein Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK vor; beim Kläger handele es sich nicht um einen faktischen Inländer, auch wenn er seit etwa 18 Jahren zusammen mit seinen nächsten Angehörigen im Bundesgebiet lebe.
Der Kläger begründet seinen Zulassungsantrag in erster Linie unter Hinweis auf die nicht sachgerechte Gewichtung seines Bleibeinteresses im Sinn des ab 1. Januar 2016 geltenden Ausweisungsrechts. Das Erstgericht habe zur Begründung der angenommenen Wiederholungsgefahr ausschließlich die Strafhöhe in den Blick genommen, nicht aber die Umstände der zur Verurteilung führenden Tat und ihrer Ausführung untersucht; andernfalls hätte berücksichtigt werden müssen, dass der Kläger weder selbst das Opfer verletzt noch eine Waffe verwendet habe. Vielmehr dränge sich der Eindruck auf, er sei lediglich Mitläufer der sich im Drogenmilieu abspielenden Tat gewesen, zumal er erst kurz vor Erreichen der Wohnung von der Existenz der Waffe erfahren habe. Der Kläger sei auch nicht drogenabhängig, so dass sich die Notwendigkeit der vom Erstgericht geforderten klassischen Therapie nicht erschließe. Allerdings habe der Kläger in einem Zeitraum von mehr als einem Jahr an 19 Gesprächen im Rahmen einer externen Drogenberatung teilgenommen. Auch die überschaubaren Schulden ließen insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Kläger in der Haft eine zweite handwerkliche Ausbildung abgeschlossen und mit einer kurzen Ausnahme bisher stets seinen Lebensunterhalt selbst verdient habe, nicht den Schluss auf eine Wiederholungsgefahr zu, weil die Schuldentilgung aus einem künftigen Erwerbseinkommen erfolgen könne. Im Rahmen der Gesamtabwägung sei die vielschichtige Verwurzelung im Bundesgebiet nur am Rande berücksichtigt worden; sein gesamtes Privatleben spiele sich seit seinem 6. Lebensjahr in Deutschland ab, im Heimatland seiner Mutter habe er dagegen keine Kontakte. Er spreche zwar kurdisch, nicht jedoch Arabisch, die Landessprache des Irak; schreiben und lesen könne er in keiner der beiden Sprachen. Dass er im Zeitpunkt der Ausweisung noch nicht über eine Niederlassungserlaubnis mit der Rechtsfolge eines besonderen Ausweisungsschutzes verfügt habe, liege nur daran, dass er zwischen seinem 6. und 15. Lebensjahr lediglich Kettenduldungen erhalten habe, obwohl sein dauerhafter Aufenthalt wegen des der Mutter zuerkannten asylrechtlichen Schutzes festgestanden habe. Im Ergebnis stelle sich die Ausweisung als unverhältnismäßig dar.
2. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist im Hinblick auf das die Klage gegen die Ausweisung abweisende Urteil zulässig, jedoch unbegründet. Weil sich die Ausführungen im Zulassungsantrag ausschließlich auf die Ausweisung beziehen, nicht aber auf die ebenfalls streitgegenständliche Ablehnung des Antrags auf Aufenthaltserlaubnis sowie die Befristungsregelung, wird der Kläger insoweit bereits nicht dem Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO gerecht, weshalb sein Zulassungsantrag in Bezug auf diese beiden Regelungen unzulässig ist.
Die insoweit allein geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen nicht vor. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestünden im Hinblick auf die Ausweisung nur dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B. v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – juris Rn. 11). Dies ist hier nicht der Fall.
Die dargestellten Ausführungen begründen – gemessen an den nunmehr maßgeblichen Regelungen der §§ 53 ff. AufenthG in der ab 1. Januar 2016 gültigen Fassung des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl I S. 1386), zuletzt geändert durch das Gesetz zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern vom 11. März 2016 (BGBl I S. 394) – keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Hinblick auf die angefochtene Ausweisung.
2.1 Die Beurteilung, ob ein Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 VwGO vorliegt, richtet sich grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts. Eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ist daher zu berücksichtigen. Die Änderung der Sach- und Rechtslage ist allerdings grundsätzlich nur in dem durch die Darlegung des Rechtsmittelführers vorgegebenen Prüfungsrahmen relevant (BayVGH, B. v. 24.2.2016 – 10 ZB 15.2080 – juris; Seibert in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Aufl. 2014, § 124a Rn. 57). Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung einer Ausweisung ist nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Berufungsgerichts (vgl. z. B. BVerwG, U. v. 15.1.2013 – 1 C 10.12 – juris Rn. 12), also hier der Entscheidung über den Zulassungsantrag.
Der Senat hat daher das die Klage gegen die streitbefangene Ausweisung abweisende verwaltungsgerichtliche Urteil unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens – in Ermangelung einer entgegenstehenden Übergangsregelung – anhand der §§ 53 ff. AufenthG in der aktuell gültigen Fassung zu überprüfen. Seit der Rechtsänderung zum 1. Januar 2016 differenziert das Aufenthaltsgesetz nicht mehr zwischen der zwingenden Ausweisung, der Ausweisung im Regelfall und der Ermessensausweisung, sondern verlangt für eine Ausweisung eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und eine Verhältnismäßigkeitsprüfung, die für ein Ermessen der Ausländerbehörde keinen Raum mehr lässt. Die Ausweisungsentscheidung ist durch das Gericht in vollem Umfang nachprüfbar (Welte, InfAuslR 2015, 426; Cziersky-Reis in Hofmann, Kommentar zum Aufenthaltsgesetz, 2. Aufl. 2016, § 53 Rn. 30; Bauer in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, Kommentar, 11. Aufl. 2016, Vorb §§ 53 – 56 Rn. 13 und § 53 Rn. 5 ff.; a.A. Marx, ZAR 2015, 245/246). Eine – wie hier – nach altem Recht verfügte Ausweisung wird nach Inkrafttreten der §§ 53 bis 55 AufenthG in ihrer Neufassung am 1. Januar 2016 nicht rechtsfehlerhaft, wenn sie den ab diesem Zeitpunkt geltenden gesetzlichen Anforderungen entspricht, also gemäß der zentralen Ausweisungsnorm des § 53 Abs. 1 AufenthG (als Grundtatbestand; vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 18/4097 S. 49 f.) der weitere Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet und die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.
2.2 Die Ausweisung des Klägers ist unter Berücksichtigung des dargelegten Maß-stabs rechtmäßig, weil die vom Verwaltungsgericht angenommene Wiederholungs-gefahr nach wie vor gegenwärtig besteht und nach der erforderlichen Interessenab-wägung sämtlicher Umstände des Einzelfalls (§ 53 Abs. 1, 2 AufenthG) das Ausweisungs- gegenüber dem Bleibeinteresse des Klägers als vorrangig anzusehen ist.
2.2.1 Der Senat sieht – auch bei Anwendung des § 53 Abs. 1 AufenthG – eine erhebliche Gefahr der Begehung weiterer Straftaten durch den Kläger. Bei der insoweit zu treffenden Prognose sind – nicht anders als im Rahmen des bis 31. Dezember 2015 anwendbaren Ausweisungsrechts – die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat, die Umstände ihrer Begehung, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts sowie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 16.3.2016 – 10 ZB 15.2109 – juris). Das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass vom Kläger in Zukunft durchaus die Begehung gleichartiger Straftaten droht. In diesem Zusammenhang ist zunächst die erhebliche Höhe der verhängten Freiheitsstrafe in den Blick zu nehmen, in der sich das „Maß der Schuld“ wiederspiegelt. Die gesamten Tatumstände belegen, dass das Verhalten des Klägers nicht mehr als bloßes Mitläufertum bezeichnet werden kann; auch wenn er zwar mit eigener Hand keine Gewalt gegen das Opfer ausgeübt hat, sind ihm gleichwohl die Gewalthandlungen des Mittäters wie eigenes Verhalten zuzurechnen. Das Opfer hat durch die Tat, auch wenn deren Umstände nicht in vollem Umfang aufgeklärt werden konnten, jedenfalls erhebliche Verletzungen davongetragen. Weil sich die Tat vor dem Hintergrund des langjährigen Cannabismissbrauchs des Klägers abgespielt hat und bei dem derzeit noch inhaftierten Kläger – ungeachtet der Teilnahme an zahlreichen Einzelgesprächen im Rahmen einer externen Drogenberatung – nicht ausgeschlossen werden kann, dass er nach Entlassung aus der Strafhaft wieder in alte Verhaltensmuster zurückfällt und Cannabisprodukte konsumiert, besteht die konkrete Gefahr, dass er im Zusammenhang mit deren Beschaffung wiederum erhebliche Straftaten begehen wird. Dabei ist es gleichgültig, ob es sich bei der für die Ausweisung anlassgebenden Straftat – wie der Kläger vorträgt – um keine solche der klassischen Beschaffungskriminalität gehandelt habe, denn der Umgang mit Betäubungsmitteln ist in aller Regel mit verschiedenartigen, zum Teil erheblichen kriminellen Erscheinungsformen verbunden, die – wie der vorliegende Fall zeigt – auch das Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit dritter Personen betreffen können. Den Kläger entlastet auch nicht der Umstand, dass vorangegangene strafrechtliche Verfehlungen „im Zeitpunkt der Tat über 6 Jahre zurücklagen“; denn selbst wenn dies so gewesen sein sollte, besteht zwischen seiner strafrechtlichen Auffälligkeit bis zum Jahr 2007 und der aktuellen Verurteilung das übergreifende Band des anhaltenden Cannabismissbrauchs, auch wenn in den Jahren dazwischen offenbar keine Verurteilung erfolgt ist und die Verurteilung zu einer auf Bewährung ausgesetzten Jugendstrafe durch Urteil des Amtsgerichts München vom 21. Februar 2008 ausgeblendet wird, wie dies auch das Strafurteil vom 6. März 2014 und das angefochtene erstinstanzliche Urteil vom 17. November 2015 machen. Schließlich erhöht auch der Bestand obgleich nicht allzu hoher Schulden die Wiederholungsgefahr, zumal der Kläger in seiner bisherigen Biografie noch keine Zeiten einer längeren durchgehenden Erwerbstätigkeit aufweist, so dass der Schluss, er werde seine Schulden ohne weiteres aus eigener Erwerbstätigkeit tilgen können, nicht gerade naheliegend ist.
2.2.2 Die bei Vorliegen einer tatbestandsmäßigen Gefährdungslage nach § 53 Abs. 1 AufenthG somit unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmende Abwägung der öffentlichen Interessen an der Ausreise des Klägers mit seinen Interessen an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse überwiegt. Entgegen dem Zulassungsvorbringen ist die Ausweisung weder unter Berücksichtigung der in § 53 Abs. 2 AufenthG – allerdings nicht abschließend – aufgeführten Umstände noch mit Blick auf die Anforderungen des Art. 8 EMRK unverhältnismäßig. Das Verwaltungsgericht hat insoweit sämtliche entscheidungsrelevanten Gesichtspunkte berücksichtigt, die in diese Interessenabwägung einzustellen sind, und sie im Ergebnis in nicht zu beanstandender Weise gewichtet.
Dabei ist in der Person des Klägers zunächst ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse im Sinn von § 53 Abs. 1, § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG in Folge seiner rechtskräftigen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten gegeben. Das entgegenstehende Bleibeinteresse des Klägers wiegt hingegen weder nach § 55 Abs. 1 AufenthG besonders schwer noch nach § 55 Abs. 2 AufenthG schwer, weil er sich im Zeitpunkt der Wirksamkeit der Ausweisungsverfügung nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels befand und seinem Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht entsprochen wurde (vgl. § 55 Abs. 3 AufenthG).
Unabhängig vom Ergebnis der typisierten Abwägung der gegenläufigen Interessen gemäß §§ 54, 55 AufenthG ergibt auch die gemäß § 53 Abs. 2 AufenthG vorzunehmende Gesamtabwägung sämtlicher einzelfallbezogener Umstände ein Überwiegen des Ausweisungsinteresses, ohne dass hieran die vom Kläger vorgebrachten Argumente etwas ändern würden. Dem Kläger als jungem Mann kann zugemutet werden, dass er in den autonomen kurdischen Teil des Irak, etwa in die Nähe seiner Geburtsortes Arbil, übersiedelt, und sich dort ein neues Leben aufbaut, auch wenn er dort keine nahen Angehörigen mehr haben sollte. Die damit verbundene Trennung von Mutter und zwei Schwestern nach gemeinsamen 22jährigen Aufenthalt im Bundesgebiet stellt zwar einen erheblichen Eingriff in sein durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschütztes Privatleben dar; er ist gleichwohl noch als verhältnismäßig anzusehen, wenn man die andernfalls bei Verbleiben im Bundesgebiet fortbestehende Gefahr für hochrangige Rechtsgüter dritter Personen gegenüberstellt. Dem Kläger kann auch zugemutet werden, die arabische Landessprache des Irak in erforderlichem Umfang zu erlernen. Entsprechendes gilt für die angegebene Unkenntnis, kurdisch zu lesen und schreiben. Die von ihm kritisierten politischen und sozialen Zustände im Irak erschweren den Aufbau eines neuen Lebens, führen allerdings nach Auffassung des Senats ebenfalls nicht zu einer Unverhältnismäßigkeit der Ausweisung. Schließlich vermag auch der Umstand, dass der Kläger die Grundlagen für eine berufliche Integration in Deutschland gelegt hat, zu keinem anderen Ergebnis führen, zumal er noch keine Zeiträume längerer Erwerbstätigkeit nachweisen kann.
3. Die Kostenentscheidung folgt nach alldem aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 und § 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).