Aktenzeichen L 10 AL 293/15
SGB X § 44
SGG § 153 Abs. 4
Leitsatz
1. Fiktive Bemessung des Arbeitslosengeldes. (amtlicher Leitsatz)
2 Anders als bei Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch ist für die Leistungsbemessung des Arbeitslosengeldes ein individueller Bedarf Hinblick auf einen Mehrbedarf wegen einer Laktoseintoleranz unerheblich. (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
S 7 AL 407/14 2015-10-29 Urt SGAUGSBURG SG Augsburg
Tenor
I.
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 29.10.2015 wird zurückgewiesen.
II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Der Senat kann die Berufung vorliegend nach erfolgter Anhörung der Beteiligten durch Beschluss zurückweisen, da kein Fall des § 105 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vorliegt und er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Sätze 1 und 2 SGG).
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG), aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 08.07.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.09.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte zur Abänderung ihrer Bescheide vom 28.08.2012, 18.12.2012, 09.08.2013, 22.01.2014 und 13.02.2014 verpflichtet wird. Ihm steht kein höherer Anspruch auf Alg zu, als ihn die Beklagte mit 21,85 € täglich bemessen hat.
Das SG hat ausführlich und zutreffend erläutert, dass für die Bemessung des Alg für den Kläger auf ein tägliches Bemessungsentgelt von 51,10 € abzustellen ist. Insofern ist es insbesondere zutreffend, dass die Bemessung nach der Qualifikationsgruppe 4 gemäß § 132 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB III a. F. bzw. § 152 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB III n. F. zu erfolgen hat. Der Senat sieht insofern von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und folgt den Ausführungen des SG (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist auszuführen, dass das Alg richtig berechnet worden ist. Für das ab dem 02.12.2011 zu zahlende Alg erfolgte die fiktive Bemessung nach § 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 SGB III a. F. bzw. § 152 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 SGB III n. F. unter Zugrundelegung eines Arbeitsentgelts in Höhe von 1/600 der Bezugsgröße. Die Bezugsgröße im Sinne des § 18 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) betrug im Jahr 2011 jährlich 30.660,00 € (vgl. § 2 Abs. 1 der Verordnung über maßgebende Rechengrößen der Sozialversicherung für 2011 vom 03.12.2010 – BGBl. I 1761). 1/600 hiervon ergibt das Bemessungsentgelt von 51,10 €. Hierbei erfolgte keine Berechnung des Alg unter Zugrundelegung der Bezugsgröße (Ost) im Sinne des § 18 Abs. 2 SGB IV, da die entsprechende Bezugsgröße 2011 jährlich nur 26.880,00 € betragen und sich demzufolge lediglich ein Bemessungsentgelt von 44,80 € ergeben hätte. Für das Leistungsentgelt nach § 133 Abs. 1 SGB III a. F. bzw. § 153 Abs. 1 SGB III n. F. ist vom Bemessungsentgelt die Sozialversicherungspauschale in Höhe von 21% des Bemessungsentgelts, die Lohnsteuer und der Solidaritätszuschlag in Abzug zu bringen. Dies hat die Beklagte unter Zugrundelegung der Lohnsteuerklasse I und der Lohnsteuertabelle für das Jahr 2011 berücksichtigt und insofern zutreffend ein tägliches Leistungsentgelt in Höhe von 36,42 € ermittelt. Da der Kläger kinderlos ist, beträgt das Alg nach § 129 Nr. 2 SGB III a. F. bzw. § 149 Nr. 2 SGB III n. F. 60% des Leistungsentgelts, so dass der tägliche Zahlbetrag in Höhe von 21,85 € von der Beklagten zutreffend ermittelt wurde. Da ein individueller Bedarf – anders als ggf. bei Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) – im Hinblick auf einen Mehrbedarf wegen einer Laktoseintoleranz für die Leistungsbemessung des Alg unerheblich ist, ergibt sich diesbezüglich kein höherer Leistungsbetrag.
Auch für die nach dem Bescheid vom 28.08.2012 erfolgten weiteren Bewilligungsentscheidungen war dieser Leistungssatz maßgeblich. Der Kläger hat durch die versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse vom 25.10.2012 bis 19.11.2012, 19.12.2012 bis 30.06.2013 und vom 01.10.2013 bis 31.12.2013 mangels Erfüllung einer weiteren Anwartschaft keinen neuen Anspruch auf Alg erworben. In der Zeit ab dem 02.12.2011 war der Kläger nicht in einem Versicherungspflichtverhältnis von mindestens 12 Monaten gestanden (§ 142 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Die Rahmenfrist reichte insofern nicht in die der Alg-Bewilligung ab dem 02.12.2011 zugrundeliegende Rahmenfrist vom 02.12.2009 bis 01.12.2011 hinein (§ 143 Abs. 2 SGB III). Insofern konnte der Kläger alleine einen zum 02.12.2011 erworbenen und noch nicht verbrauchten Restanspruch geltend machen, der sich an der ursprünglichen Höhe des Alg bemisst.
Anhaltspunkte dafür, dass sich die Beklagte damit zu Ungunsten des Klägers verrechnet haben könnte, ergeben sich nicht. Soweit der Kläger auch einen Befangenheitsantrag gegen die Richterin am SG in seiner Berufung gestellt hat, hat der Senat hierüber mangels Zuständigkeit nicht zu entscheiden. Im Hinblick darauf, dass der Befangenheitsantrag erst nach Erlass des Urteils des SG gestellt worden ist, ergibt sich im Hinblick auf die Entscheidung unter Mitwirkung der Richterin am SG, gegen die der Antrag gestellt wurde, kein Verfahrensfehler.
Die Berufung war damit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.