Aktenzeichen M 25 K 16.902
Leitsatz
Die Ausländerbehörde und die Verwaltungsgerichte sind bei der Beurteilung der Wiederholungsgefahr nicht an die Strafaussetzungsentscheidung der Strafvollstreckungskammern gebunden. Solchen Entscheidungen kommt jedoch eine erhebliche indizielle Bedeutung zu, sodass es einer substantiierten Begründung bedarf, wenn von der strafgerichtlichen Einschätzung abgewichen werden soll (BVerfG BeckRS 2016, 53810 und BeckRS 2010, 53169). (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
1. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der angegriffene Bescheid der Beklagten vom 15. Februar 2015 ist zum maßgeblichen Zeitpunkt, der Entscheidung des Tatsachengerichts (vgl. BVerwG, U.v. 10.7.2012 – 1 C 19.11 – juris Rn. 12), rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in seinen Rechten.
a) Die Beklagte hat die Ausweisungsverfügung in Ziffer 1. des Bescheides zutreffend auf §§ 53 ff. AufenthG gestützt.
aa) Das Verwaltungsgericht kommt zu dem Ergebnis, dass die nach § 53 Abs. 1 AufenthG vorausgesetzte Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Zeitpunkt der Entscheidung weiterhin gegeben ist.
(1) Nach § 53 Abs. 1 AufenthG wird ein Ausländer ausgewiesen, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt. Bei der Beurteilung der Wiederholungsgefahr sind an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (vgl. BVerwG, U.v. 10.7.2012 – 1 C 19.11 – juris Rn. 16).
Bei der Beurteilung der Wiederholungsgefahr von Straftaten sind unter anderem der konkrete, der Verurteilung zugrundeliegende Sachverhalt, das Nachtatverhalten, der Verlauf von Haft und gegebenenfalls eine Therapie zu berücksichtigen. Die Ausländerbehörde und die Verwaltungsgerichte sind bei der Beurteilung der Wiederholungsgefahr nicht an die Strafaussetzungsentscheidung der Strafvollstreckungskammern gebunden. Solchen Entscheidungen kommt jedoch eine erhebliche indizielle Bedeutung zu. Es bedarf einer substantiierten Begründung, wenn von der strafgerichtlichen Einschätzung abgewichen werden soll (vgl. BVerfG, B.v. 19.10.2016 – 2 BvR 1943/16 – juris Rn. 21 und B.v. 27.8.2010 – 2 BvR 130/10 – juris Rn. 36).
(2) Gemessen an diesen Maßstäben kommt das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass von dem Kläger gegenwärtig nach wie vor eine Wiederholungsgefahr von Straftaten ausgeht.
Zwar hat das Landgericht Augsburg am 16. Mai 2015 entschieden, die Vollstreckung des Strafrestes zum 28. Mai 2015 zur Bewährung auszusetzen. Die indizielle Bedeutung dieser Entscheidung ist indes nach den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichts, die auf einer breiteren und aktuelleren Tatsachenbasis beruhen, maßgeblich reduziert.
Hierbei ist zunächst mit Blick auf das Verhalten in der Haft konstatieren, dass sich der Kläger dort nicht beanstandungsfrei geführt hat. Gegen ihn wurde wegen des unerlaubten Besitzes eines Mobiltelefons und einer SIM-Karte eine Disziplinarmaßnahme von sieben Tagen Arrest, davon vier Tage auf Bewährung ausgesetzt, ausgesprochen. Das Ausmaß dieser Sanktion, faktisch drei Tage Arrest, indiziert nach der Erfahrung der Kammer einen erheblichen und fortgesetzten Verstoß.
Bei der Beurteilung der Wiederholungsgefahr ist des Weiteren zu berücksichtigen, dass der Kläger ein Bewährungsversager ist. Der Kläger hat die Straftaten des gemeinschaftlichen Betrugs, die zu dem Strafbefehl vom 22. Dezember 2006 führten, in offener Bewährung begangen. Außerdem ist der Kläger mehrfach einschlägig wegen Betrugs vorbestraft. Das Landgericht München I hat mit Urteil vom 1. Dezember 2014 (Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts München vom 20.5.2014) zutreffend festgestellt, dass die Straftaten, die mit dem Urteil des Amtsgerichts München vom 18. Juni 2002 (Betrug) und mit dem Urteil des Amtsgerichts Ingolstadt vom 22. Dezember 2006 (Betrug) abgeurteilt wurden, dieselbe Stoßrichtung hatten wie die, über welche das Landgericht München I zu befinden hatte (Betrug). Hinzu kommen die Straftaten der Steuerhinterziehung, die mit Urteil vom 19. Dezember 2003 abgeurteilt worden, da die begangene Steuerhinterziehung ein Betrug zu Lasten des Staates war. Hinzu addieren sich die mit Urteil des Amtsgerichts München vom 2. März 2015 abgeurteilten Straftaten (ebenfalls Betrug). Alle Straftaten können für die Prognose der Wiederholungsgefahr ohne Weiteres verwertet werden. Ein etwaiger Verbrauch von Straftaten aufgrund eines Aufenthaltstitels kommt allein bei dem Ausweisungsinteresse zum Tragen, nicht jedoch bei der Prognose der Wiederholungsgefahr.
Von Bedeutung sind in diesem Zusammenhang auch die eingeübten Verhaltensmuster des Klägers, wie sie sich aus den Behördenakten der Beklagten, den strafgerichtlichen Akten und den Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts ergeben. Auffällig ist, dass sich der Kläger mehrfach unter Verweis auf diverse Krankheiten und Beschwerden mühseligen oder anderweitig nachteilsbehafteten Situationen entzogen hat, wie beispielsweise der Arbeit in der Justizvollzugsanstalt oder den Treffen mit der Bewährungshilfe (lediglich zwei Treffen in sieben Monaten im Zeitraum v. 27.5.2015 bis zum 21.12.2015 anstatt monatlicher Treffen) oder auch Haftbefehlen. Dabei ist gleichzeitig festzustellen, dass der Kläger, trotz seiner vielfältigen Beschwerden und Krankheiten auch kurzfristig Reisen unternommen und dabei auch größere Distanzen zurückgelegt hat. In Kombination mit Beschwerden und Krankheiten hat dies dazu geführt, dass er sich Haftbefehlen, strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, gerichtlichen Strafverfahren und auch der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren entzogen hat.
Zwar kann eine berufliche Tätigkeit, sei es selbstständig oder unselbständig, einem Betroffenen grundsätzlich Halt geben und Stabilität vermitteln. Allerdings geben der bisherige schulische und berufliche Werdegang, der Abbruch der Schule, die fehlende Berufsausbildung, die fehlende dokumentierte geregelte Erwerbstätigkeit seit dem Jahr 2011, die geschilderten eingeübten Verhaltensmuster keinen Anlass für die derartige Prognose. Die Tätigkeit aufgrund des Arbeitsvertrags vom 1. Juli 2015, den der Kläger in dem Verfahren über die Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung vorgelegt hatte, hat er nach eigenen Angaben „aus gesundheitlichen Gründen“ beendet („kurz unterbrochen“). Die Gründe hat er nicht näher erläutert und auch nicht anhand von Daten konkretisiert. Zwar hat er einen neuen Arbeitsvertrag vom 1. November 2016 (mit Beginn zum 15. November 2016) vorgelegt. Ein solcher neuer Arbeitsvertrag kann jedoch keine hinreichende Festigung begründen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der neue Arbeitsvertrag mit dem alten Arbeitgeber allein auf Bitte des Verwaltungsgerichts zum Nachweis des Lebensunterhalts in zeitlicher Nähe zu der mündlichen Verhandlung am 9. November 2016 vorgelegt wurde. Der Kläger hat dieses nach allgemeiner Lebenserfahrung unübliche Verhalten des Arbeitgebers („die Fortsetzung zugesichert“) auch nicht näher erläutert. Außerdem hält sich der Kläger nunmehr anscheinend ohnehin bis auf Weiteres außer Landes auf.
Das soziale Umfeld des Klägers im Bundesgebiet ist aktuell auch nicht als stabil einzustufen. Von seiner Lebensgefährtin hat sich der Kläger augenscheinlich getrennt. Der Sohn des Klägers und der Enkel, die wichtigsten Bezugspersonen des Klägers, sind nach Österreich verzogen. Einen (Unter-)Mietvertrag für eine Wohnung hat er nicht nachgewiesen.
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Familie des Klägers offenkundig gewöhnt war, auf großem Fuß zu leben. So hat der Sohn des Klägers, den der Kläger in der Vergangenheit nach eigenen Angaben unterstützt hat, Autos der Luxusklasse gefahren, namentlich einen Porsche Cayenne und einen VW Phaeton. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch, dass der Kläger, der in der Vergangenheit Casinos frequentiert hat, weiterhin sehr hohe Schulden aus den vorangegangenen Straftaten hat. Der Schaden der mit Urteil vom 20. Mai 2014 und mit Urteil vom 1. Dezember 2014 sowie der mit Urteil vom 2. März 2015 abgeurteilten Straftaten belief sich auf zusammen genommen 104.022 EUR (89.870 EUR zuzüglich 14.152 EUR). Dokumentiert sind jedoch bislang allein Wiedergutmachungszahlungen in Höhe von etwa 30.000 EUR. Damit hat der Kläger den Schaden bislang nicht im Wesentlichen wiedergutgemacht.
bb) Erfüllt sind die Voraussetzungen des § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG, wonach ein besonders schwer wiegendes Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Abs. 1 AufenthG unter anderem dann vorliegt, wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist. So liegt der Fall hier. Der Kläger ist mit Urteil des Amtsgerichts – Schöffengericht – vom 2. März 2015 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt worden.
cc) Der Kläger verfügt über ein Bleibeinteresse nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG, da er Inhaber einer Niederlassungserlaubnis ist und sich seit fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Zwar mag zweifelhaft sein, ob im konkreten Fall die allgemeinen und speziellen Voraussetzungen für die Erteilung überhaupt vorlagen und ob die Niederlassungserlaubnis nicht wegen zwischenzeitlicher Abwesenheit nachträglich erloschen ist. Allerdings hat die Beklagte von der Möglichkeit einer Aufhebung keinen Gebrauch gemacht, so dass dem Kläger die Tatbestandswirkung der Niederlassungserlaubnis zugutekommt.
dd) Die nach § 53 Abs. 1 AufenthG anzustellende Abwägung geht allerdings zu Lasten des Klägers aus. Die Ausweisung erweist sich unter Berücksichtigung der in § 53 Abs. 2 AufenthG aufgeführten – nicht abschließenden – Belange und mit Blick auf die Anforderungen des Art. 6 GG und des Art. 2 GG sowie des Art. 8 EMRK auch als verhältnismäßig.
(1) Bei der Abwägung nach § 53 Abs. 1 AufenthG sind neben einem Ausweisungsinteresse nach § 54 AufenthG und einem Bleibeinteresse nach § 55 AufenthG nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer des Aufenthalts, die persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.
(2) Für den Kläger spricht – unter dem Gesichtspunkt des Art. 2 Abs. 1 GG und des Art. 8 Abs. 1 EMRK -, dass dieser am 7. Februar 1996 in das Bundesgebiet eingereist ist. Er hat zwar in der Bundesrepublik Deutschland gelebt und sich hier ein Netzwerk an sozialen Beziehungen aufgebaut. Dabei verfügte er in der Vergangenheit auch über einen beachtlichen Zeitraum hinweg über Aufenthaltstitel. Gleichwohl ist festzustellen, dass der Kläger als Erwachsener aus Serbien in das Bundesgebiet eingereist ist und damit seine Sozialisierung im Herkunftsland erfahren hat.
(2) Für den Kläger sprechen des Weiteren – unter dem Gesichtspunkt des Art. 6 GG, Art. 2 Abs. 1 GG und des Art. 8 Abs. 1 EMRK – die verwandtschaftlichen Beziehungen des Klägers im Bundesgebiet. So leben etwa ein Bruder sowie eine Nichte und deren Ehemann in München. Dagegen hat der Sohn des Klägers mit dem Enkel nach dem Vortrag des Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung inzwischen das Bundesgebiet verlassen und Wohnsitz in Wien genommen.
Die verwandtschaftlichen Beziehungen des Klägers im Bundesgebiet sind zwar grundrechtlich geschützt. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich hieraus kein unmittelbarer Anspruch auf Aufenthalt ergibt, sondern dass er die Behörden verpflichtet, bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die Bindungen des ausgewiesenen Ausländers an Personen, die sich in berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, entsprechend dem Gewicht dieser Bindung Rechnung zu tragen. Die Ausweisung greift in diese Familienbeziehungen ein. Ihnen darf in der grundrechtlich gebotenen Abwägung jedoch regelmäßig ein geringeres Gewicht beigemessen werden als im Verhältnis von Eltern zu minderjährigen Kindern. In Bezug auf Bindungen zu volljährigen Familienangehörigen gebieten es die Schutzwirkungen daher regelmäßig nicht, einwanderungspolitische Gründe oder sonstige öffentliche Belange, die gegen einen angestrebten Daueraufenthalt sprechen, zurückzustellen (vgl. OVG LSA, U.v. 15.5.2014 – 2 L 136/12 – juris Rn. 32). Im vorliegenden Fall reduziert sich das Gewicht der Beziehungen des Klägers zu seinem Bruder sowie zu der Nichte samt deren Ehemann auf eine reine Begegnungsgemeinschaft.
Bindungen zwischen erwachsenen Personen genießen auch nicht unbedingt den Schutz nach Art. 8 Abs. 1 EMRK, es sei denn, es sind zusätzliche Elemente der Abhängigkeit dargelegt, die über die gefühlsmäßigen Bindungen hinausgehen (vgl. EGMR, U.v. 17.4.2003 – 52853/99 Yilmaz/Deutschland – juris Rn. 44). Hierzu hat der Kläger indes nichts vorgetragen. Derartige Elemente sind auch nicht anderweitig ersichtlich, zumal die übrigen in Deutschland lebenden Familienmitglieder den Kläger während dessen Haftzeit entbehrt haben.
(3) Der Kläger verfügt auch über mannigfaltige soziale Bindungen nach Serbien. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts München in dem Urteil vom 20. Mai 2014 lebte im Entscheidungszeitpunkt ein weiterer Bruder des Klägers in Serbien, auf dessen Namen ein Haus eingetragen ist (Behördenakte, Bl. 366). Der Kläger hat sich zudem vom 26. Oktober 2005 bis zum 30. Dezember 2005 sowie vom 15. Januar 2006 bis zum 29. Juni 2006 in Serbien aufgehalten. Nach Außervollzugsetzung des gegen ihn erlassenen Haftbefehls am 20. November 2012 setzte sich der Kläger nach Österreich beziehungsweise nach Serbien ab. Auch wurde seine Ehe von einem serbischen Gericht geschieden. Daher ist freilich davon auszugehen, dass sich der Kläger auf Serbisch verständigen kann. All dies spricht auch für mannigfaltige gelebte Kontakte nach Serbien. Diese liegen nicht in der entfernten Vergangenheit, so dass anzunehmen ist, dass der Kläger neben den genannten familiären Bindungen die Kontakte aktualisieren kann. Im Übrigen kann im vorliegenden Fall auch die Großfamilie des Klägers, zu der er nach eigenen Angaben ein intensives Verhältnis pflegt, diesen vom Bundesgebiet oder von Österreich aus oder auch vor Ort in mannigfaltiger Art und Weise unterstützen. Es ist davon auszugehen, dass sich der Kläger in die Verhältnisse seines Heimatlandes wieder wird einleben können.
(4) Zum Nachteil des Klägers ist – unter Berücksichtigung sämtlicher hier einschlägiger grundrechtlicher Schranken – zu werten, dass sich der Kläger wirtschaftlich nicht in die Bundesrepublik Deutschland integriert hat. Der Kläger verfügt weder über einen Schulabschluss noch über eine abgeschlossene Berufsbildung. Seit dem Jahr 2011 ist keine Erwerbstätigkeit mehr dokumentiert. Der Kläger verliert durch die Ausweisung nicht eine etwaige erreichte berufliche Existenz. Der Kläger kann sich eine berufliche Existenz auch in Serbien aufbauen. Es ist davon auszugehen, dass der Kläger, ein erwachsener Mann, der noch einige Jahre erwerbsfähig sein wird, ein eigenständiges Leben in Serbien führen und, wenngleich gegebenenfalls unter Umständen nach anfänglichen Schwierigkeiten, sein Auskommen finden kann.
(5) Unter diesen Vorzeichen fällt bei der Abwägung weiterhin zu Ungunsten des Klägers ins Gewicht, dass es ihm nicht gelungen ist, sich sozial in die Wertegemeinschaft der Bundesrepublik Deutschland zu integrieren. Der Kläger hat arbeitsteilig in größerem Stil Betrugsdelikte begangen, dabei die Hilfsbereitschaft seiner Mitmenschen ausgenutzt und großen finanziellen Schaden angerichtet, den er bislang nicht wieder vollständig gut gemacht hat.
(6) Gesundheitliche Beschwerden des Klägers stehen einer Ausweisung nicht entgegen. Zum einen sind keine konkreten Gründe vorgetragen oder auch anderweitig ersichtlich, aus denen sich ergäbe, dass die Beschwerden und Krankheiten des Klägers nicht in Serbien behandelt werden können. Zum anderen hat sich der Kläger in der Vergangenheit auch über längere Zeiträume hinweg in ärztlicher Behandlung in Serbien befunden.
Es ist nicht zu verhehlen, dass die Ausweisung nach dem langen Aufenthalt im Bundesgebiet für den Kläger persönlich eine Härte bedeutet. Bei Abwägung der für den Verbleib sprechenden Belange mit den für die Ausreise sprechenden Belangen erscheint das private Interesse des Klägers gegenüber dem öffentlichen Vollzugsinteresse an einer Ausreise jedoch insgesamt nachrangig.
Im Übrigen wird insoweit zur Ergänzung auf die ausführliche und umfangreiche Begründung des Bescheides der Beklagten verwiesen.
b) Auch das in Ziffer 2. des Bescheides angeordnete Einreise- und Aufenthaltsverbot von zuletzt fünf Jahren begegnet zum gegenwärtigen Zeitpunkt im Ergebnis keinen Bedenken.
aa) Über die Dauer der festzusetzenden Frist hat die zuständige Behörde gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG nach Ermessen zu entscheiden. Sie hat diese allein unter präventiven Gesichtspunkten und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu bestimmen. Die Dauer darf nach § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG fünf Jahre nur überschreiten, wenn der Kläger aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Diese Frist soll zehn Jahre nicht überschreiten. Im Rahmen dieser Ermessensentscheidung sind das Gewicht des Ausweisungsgrundes sowie der mit der Ausweisung verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Es bedarf der prognostischen Einschätzung im jeweiligen Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen, das zu der Ausweisung geführt hat, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr zu tragen vermag – insofern entspricht die für die Bestimmung der Dauer der Sperrfrist prognostische Einschätzung im Wesentlichen der sogenannten Wiederholungsgefahr (vgl. BayVGH, B.v. 12.7.2016 – 10 B 14.1854 – juris Rn. 8) – und gegebenenfalls wie lange eine abschreckende Wirkung auf andere Ausländer erforderlich ist. Die Frist muss sich zudem an den Wertentscheidungen des Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG und den Vorgaben aus Art. 8 EMRK messen und gegebenenfalls relativieren lassen (vgl. insgesamt zu § 11 AufenthG a.F: BVerwG, U.v. 6.03.2014 – 1 C 2/13 – juris Rn. 12). Sie ist ebenfalls vollumfänglich nach § 114 Satz 1 VwGO nachprüfbar (vgl. BayVGH, B.v. 12.7.2016 – 10 B 14.1854 – juris Rn. 6).
bb) Gemessen an diesen Vorgaben erweisen sich das Einreise- und Aufenthaltsverbot von zuletzt fünf Jahren zum gegenwärtigen Zeitpunkt als rechtmäßig. Ermessensfehler sind insoweit nicht ersichtlich.
Der Kläger ist aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden. Die Dauer der Fünf-Jahres-Frist nach § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG wurde nicht überschritten.
Bezüglich des Ausweisungsgrundes wird vollumfänglich auf die Ausführungen zu der Wiederholungsgefahr verwiesen (vgl. unter: II. 2. a) aa)). Dem Ausweisungsgrund kommt insgesamt ein sehr hohes Gewicht zu. Der mit der Ausweisung verfolgte Zweck besteht darin, die Wiederholung der Begehung von Straftaten durch den Kläger zu verhindern. Hierfür ist eine längere Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots erforderlich.
Zwar kommt auch den Belangen des Klägers, insbesondere dessen Bindungen im Bundesgebiet eine maßgebliche Bedeutung zu. Es ist auch nicht zu verhehlen, dass die Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots insoweit für den Kläger persönlich eine Härte bedeutet. Allerdings kann der Kläger jederzeit nach § 11 Abs. 4 Satz 1 AufenthG zur Wahrung schutzwürdiger Belange oder bei Wegfall des Zwecks des Verbots einen Antrag auf Verkürzung oder sogar Aufhebung der von der Beklagten festgesetzten Frist stellen. Des Weiteren kann der Kläger nach § 11 Abs. 8 AufenthG Betretenserlaubnisse erwirken.
Insgesamt erscheint die Ausgestaltung des Einreise- und Aufenthaltsverbots zum gegenwärtigen Zeitpunkt verhältnismäßig.
c) Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der in Ziffer 4. des Bescheides angeordneten und auf §§ 58, 59 AufenthG beruhenden Abschiebungsandrohung sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Der Kläger ist, angesichts der gefundenen Ergebnisse zu der Ausweisungsverfügung nach § 50 Abs. 1 AufenthG in Verbindung mit § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vollziehbar (vgl. 84 Abs. 1 AufenthG) ausreisepflichtig. Eine Fristsetzung für die Abschiebung wäre angesichts des Umstandes, dass sich der Kläger in der Vergangenheit der Strafverfolgung entzogen hat – nach § 59 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 AufenthG (Absehensgründe) in Verbindung mit § 51 Abs. 1 Nr. 5 (Ausweisung) und § 59 Nrn. 1 (Verdacht der Entziehung der Abschiebung) und 2 (Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung) AufenthG sogar entbehrlich gewesen. Die Abschiebung ist aufgrund der Ausweisung nach § 58 Abs. 3 Nr. 3 (besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse) in Verbindung mit § 54 AufenthG auch erforderlich.
2. Die Klage ist nach alledem insgesamt mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.