Aktenzeichen B 1 K 15.1016
BOKraft BOKraft § 26 Abs. 2 S. 1, Abs. 3, § 27 Abs. 1, § 43 Abs. 1 S. 1
StVZO StVZO § 22a Abs. 1 Nr. 3
PBefKostV § 5
GG GG Art. 12
Leitsatz
Der Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 43 Abs. 1 S. 1 BOKraft für Werbung am Heck eines Taxis kann aufgrund der damit verbundenen Beeinträchtigung der Erkennbarkeit der Ordnungsnummer abgelehnt werden. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Nach klarstellender Umformulierung des Klageantrags begehrt der Kläger (nur) die Verpflichtung der Beklagten zur Neuverbescheidung seines Antrags auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 43 Abs. 1 Satz 1 BOKraft. Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die erneute Verbescheidung seines Antrags (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO), da sich die ablehnende Entscheidung der Beklagten vom 18.12.2015 als rechtmäßig erweist und sein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung damit erfüllt worden ist.
1. Nach § 26 Abs. 2 Satz 1 BOKraft ist nach außen wirkende Werbung an Taxen und Mietwagen nur auf den seitlichen Fahrzeugtüren zulässig. Grundsätzlich unzulässig ist somit die Werbung auf dem Heck des Fahrzeugs, wie sie der Kläger begehrt. Die nach Landesrecht zuständigen Behörden können jedoch gem. § 43 Abs. 1 Satz 1 BOKraft Ausnahmen zulassen. Es handelt sich hierbei um eine Ermessensentscheidung der Behörde, bei der die mit dem Verbot oder der Beschränkung verfolgten öffentlichen Belange unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen die besonderen Interessen des Betroffenen abzuwägen sind. Dabei ist einerseits zu beachten, ob die Auswirkungen einer Ausnahmegenehmigung den Zielen des Verbotes, von dem eine Ausnahme zugelassen werden soll, nicht zuwiderlaufen. Andererseits hat die Behörde eine geltend gemachte und bestehende besondere Ausnahmesituation in diesem Licht zu gewichten (vgl. Fielitz/Grätz, Personenbeförderungsgesetz, Kommentar, Bd. 2, § 43 BOKraft, Rn. 2 m.w.N.).
Diese behördliche Ermessensentscheidung ist gem. § 114 Satz 1 VwGO gerichtlich nur darauf überprüfbar, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von diesem in einer dem Zweck der Ermächtigungsgrundlage nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Das Gericht hat hierbei keine eigenen Zweckmäßigkeitserwägungen anzustellen oder der Frage nach etwaigen besseren oder sachgemäßeren Lösungen nachzugehen, solange die Grenzen des § 114 VwGO nicht überschritten sind (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, § 114 Rn. 1, 4 f.).
Gemessen an diesen Maßstäben erweist sich die streitgegenständliche Verbescheidung des klägerischen Antrags auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 43 Abs. 1 Satz 1 BOKraft als rechtmäßig.
a) Rechtlich nicht zu beanstanden ist es, dass die Beklagte bei der Versagung des Antrags auf die Beeinträchtigung der Erkennbarkeit der Ordnungsnummer abgestellt hat. Diese ist gem. § 27 Abs. 1 BOKraft in der rechten unteren Ecke der Heckscheibe anzubringen. Aus-weislich der amtlichen Begründung zu § 27 BOKraft (wiedergegeben bei Fielitz/Grätz a.a.O., § 27 BOKraft, Rn. 1) ist es der Zweck des Schildes mit der Ordnungsnummer, dem Fahrgast auf schnelle und einfache Weise die Feststellung des Fahrzeuginhabers oder -führers in den Fällen zu ermöglichen, in denen diese die Sicherheit oder Ordnung des Betriebes gefährdet haben. Die Zielsetzung, dem Fahrgast auf schnelle und einfache Weise die Feststellung des Unternehmers bzw. Fahrers aufgrund diverser Gründe (im Taxi verloren gegangene Gegenstände, Fehlverhalten des Fahrers, Fahrpreisübererhebung etc.) zu ermöglichen, erfordert Eindeutigkeit (vgl. ebd., Rn. 2). Deswegen hat der Verordnungsgeber in § 27 Abs. 1 BOKraft i.V.m. deren Anlage 3 dezidierte Bestimmungen zur Gestaltung dieses Schildes getroffen. Die hiernach eher klein bemessene Ausgestaltung des Schildes (Breite: 150 mm, Höhe: 70 mm, Schrifthöhe: 50 mm) ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass nach der grundsätzlichen gesetzgeberischen Wertung des § 26 Abs. 2 Satz 1 BOKraft auf der Heckscheibe keine Werbung angebracht ist und deswegen eine schnelle und einfache Erkennbarkeit der Ordnungsnummer sichergestellt ist.
Bei den beiden vom Kläger per E-Mail an die Beklagte übersandten Vorlagen – die sich lediglich dadurch unterscheiden, dass der zweite Entwurf in Farbe eingereicht wurde – ist jeweils eine Abfolge von elf Ziffern in größerer Schrift als die Ziffern der Ordnungsnummer enthalten, die zudem nah an diese heranreichen. Soweit sich die Beklagte daher mit ihrer ablehnenden Entscheidung auf diese Aspekte gestützt hat, kann ein Ermessensfehler nicht festgestellt werden. Die im Bescheid aufgeführten Gründe erweisen sich als sachlich und an der Zielsetzung des § 26 Abs. 2 Satz 1 BOKraft orientiert. Die Entscheidung hält insoweit einer an den Maßstäben des § 114 Satz 1 VwGO ausgerichteten gerichtlichen Nachprüfung somit stand.
b) Der Kläger kann auch nicht mit dem Einwand durchdringen, dass die Beklagte durch die Erwägungen zur etwaig notwendigen Bauartgenehmigung für Fahrzeugteile gem. § 22a Abs. 1 Nr. 3 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) unzutreffende Aspekte in ihre Ermessensentscheidung mit eingestellt und deshalb ermessensfehlerhaft entschieden habe. Die hierzu im Bescheid enthaltenen Ausführungen (S. 3, vorletzter Absatz) sind bei Auslegung nach dem sog. „Empfängerhorizont“ (vgl. hierzu Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, § 35, Rn. 55 m.w.N.) nicht als tragende Gründe der getroffenen Ablehnungsentscheidung, sondern als lediglich ergänzende Anmerkung bzw. als Hinweis aufzufassen. Dies ergibt sich schon daraus, dass am Ende der Ausführungen zur Beeinträchtigung der Erkennbarkeit der Ordnungsnummer und unmittelbar vor der entsprechenden Passage zur Bauartgenehmigung ausgeführt wird: „Um aber die Identifizierbarkeit zu gewährleisten wird keine Ausnahme für die Werbung an der Heckscheibe (…) erteilt“. Die Beklagte hatte somit schon aus diesen – im Bescheid ausführlich dargelegten – Gründen die Genehmigungsfähigkeit des vorgelegten Entwurfs abschließend verneint. Gegen die Annahme, dass es sich bei der Bemerkung zur Bauartgenehmigung um eine tragende Ermessenserwägung handelt, sprechen weiterhin die gewählten Formulierungen: „Zusätzlich gilt es zu beachten (…)“ sowie die Bezugnahme auf die lediglich „erste, überschlägige Einschätzung des TÜV SÜD“. Ein Ermessensfehler liegt somit nicht vor.
Insgesamt hat die Beklagte daher das von Art. 12 GG geschützte Interesse des Klägers an der Anbringung von Eigenwerbung an der Heckscheibe seines Taxis ermessensfehlerfrei gegen das in §§ 26 Abs. 2 Satz 1, 27 Abs. 1 BOKraft zum Ausdruck kommende öffentliche Interesse an einer schnellen und zuverlässigen Identifizierung des Fahrzeugführers bzw. Fahrzeughalters abgewogen, wodurch der Anspruch des Klägers auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung erfüllt worden ist.
c) Auch die Kostenentscheidung des Ablehnungsbescheids erweist sich als rechtmäßig. Nach § 1 i.V.m. § 5 der Kostenverordnung für Amtshandlungen im entgeltlichen oder geschäftsmäßigen Personenverkehr mit Kraftfahrzeugen (PBefGKostV) werden (u.a.) für die Ablehnung eines Antrags Gebühren erhoben. Gem. Tarifnummer III/7. des zugehörigen Gebührenverzeichnisses beträgt der Gebührenrahmen bei der Genehmigung von Ausnahmen gem. § 43 BOKraft 25,- bis 500,- Euro. Bei der Ablehnung eines Antrags ermäßigt sich die Gebühr gem. § 5 PBefKostV i.V.m. § 15 Abs. 2 Verwaltungskostengesetz (VerwKG) um ¼. Die vorliegend erhobene Gebühr bewegt sich in diesem gesetzlichen Rahmen. Ermessensfehler sind auch insoweit nicht zu erkennen. Insbesondere hat die Beklagte in rechtlich nicht zu beanstandender Weise den konkret verursachten Verwaltungsaufwand bei der Ermittlung der Gebührenhöhe berücksichtigt.
2. Als unterlegener Teil hat der Kläger gem. § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.