Verwaltungsrecht

Anspruch auf Zustimmung zur Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis

Aktenzeichen  M 25 K 16.975

Datum:
12.10.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG AufenthG § 5 Abs. 3 S. 1 Hs. 1, § 25 Abs. 3, § 60 Abs. 7 S. 1, § 71 Abs. 1
ZustVAuslR ZustVAuslR § 5
VwGO VwGO § 75

 

Leitsatz

1 Die Ausländerbehörde hat einem Ausländer nach § 25 Abs. 3 AufenthG regelmäßig eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen hat, wenn das Bundesamt die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG festgestellt hat. Nur in atypischen Fällen entscheidet die Ausländerbehörde ausnahmsweise nach Ermessen (ebenso BVerwG BeckRS 2006, 21475). (redaktioneller Leitsatz)
2 Ein atypischer Ausnahmefall in diesem Sinn liegt vor, wenn das Bundesamt ein Verfahren auf Widerruf der Feststellung nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG eingeleitet hat (ebenso BVerwG BeckRS 2006, 21475). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 3 AufenthG zu erteilen.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn ich der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage ist begründet. Der Kläger hat einen Anspruch, dass der Beklagte die beantragte Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 3 AufenthG genehmigt.
Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).
1. Die Klage ist als Untätigkeitsklage zulässig. Die Voraussetzungen des § 75 VwGO sind erfüllt. Der Beklagte hat über den Antrag des Klägers auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis vom 24. November 2015 ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden.
Es liegt kein zureichender Grund dafür vor, dass der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist. Die Anhängigkeit des Verfahrens M 25 K 15.595, in dem der Kläger sich gegen die wohnsitzbeschränkende Auflage in seiner zuletzt erteilten, mittlerweile abgelaufenen Aufenthaltserlaubnis wendet, und die Befürchtung des Beklagten, der Kläger werde sich gegen die auch für die nunmehr beantragte Aufenthaltserlaubnis beabsichtigte Nebenbestimmung einer Wohnsitzbeschränkung wehren, stellen keinen zureichenden Grund im Sinne von § 75 Satz 1 VwGO dar.
2. Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat einen Anspruch, dass der Beklagte ihm die beantragte Aufenthaltserlaubnis erteilt (§ 113 Abs. 5 VwGO).
2.1. Auf die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis finden dieselben Vorschriften Anwendung wie auf die Erteilung (§ 8 Abs. 1 AufenthG).
2.2. Der Beklagte ist örtlich für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zuständig (§ 71 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 5 ZustVAuslR).
Das Gericht verweist hierzu in vollem Umfang auf seine Ausführungen im Beschluss vom 27. Mai 2016 im Verfahren M 25 E 16.2114 unter 1.2. Die dort zur örtlichen Zuständigkeit des Beklagten für die Ausstellung der Fiktionsbescheinigung gemachten Darlegungen gelten hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis entsprechend.
Lediglich ergänzend ist noch anzuführen, dass der Umzug des Klägers in eine therapeutische Übergangswohngemeinschaft im Bezirk der Beigeladenen gegen den ausdrücklichen Widerspruch der Beigeladenen stattfand und dass die Unterbringung des Klägers in einer therapeutischen Übergangswohngemeinschaft Kläger ausweislich der ärztlichen Stellungnahme vom 14. Januar 2014 (nur) für die Dauer von „bis zu“ 24 Monaten – und somit für einen nur vorübergehenden Zeitraum – erforderlich ist.
2.3. Der Kläger hat einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG.
Danach soll einem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 vorliegt (§ 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG). Die Sollvorschrift besagt, dass die Ausländerbehörde einem Ausländer nach § 25 Abs. 3 AufenthG regelmäßig eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen hat, wenn das Bundesamt die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG festgestellt hat. Nur in atypischen Fällen entscheidet die Ausländerbehörde ausnahmsweise nach Ermessen (vgl. BVerwG, U.v. 22.11.2005 – 1 C 18/04 – NVwZ 2006, 711, BeckOK AuslR/Maaßen/Kluth, Stand 15.8.2016, AufenthG § 25 Rn. 55). Ein atypischer Ausnahmefall in diesem Sinn soll vorliegen, wenn das Bundesamt ein Verfahren auf Widerruf der Feststellung nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG eingeleitet hat (BVerwG. U.v. 22.11.2005, a.a.O.).
Das Bundesamt hat – für die Ausländerbehörde bindend (§ 42 Satz 1 AsylG) – mit bestandskräftigem Bescheid vom 15. Oktober 2014 festgestellt, dass beim Kläger ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG vorliegt. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Ausnahmefalls, der der Ausländerbehörde abweichend von der regelmäßigen Erteilung eine Entscheidung nach Ermessen ermöglichen würde, sind nicht ersichtlich. Auch ein Ausschlussgrund nach § 25 Abs. 3 Satz 2 Nrn. 1 bis 4 AufenthG liegt nicht vor.
Dass der Lebensunterhalt nicht gesichert ist, ist wegen § 5 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 AufenthG unschädlich.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen auf § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht billigem Ermessen, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt, da sie keinen Antrag gestellt hat und sich nicht in das Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO begeben hat.
4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung stützt sich auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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