Aktenzeichen M 10 S 16.4193
GewStG GewStG § 19
Leitsatz
1 Vorauszahlungen auf die Gewerbesteuer sind nach dem Steuerbetrag festzusetzen, der sich aus der vorangegangenen Veranlagung ergeben hat (§ 19 Abs. 2 GewStG). Der Festsetzung eines Messbetrages durch das Finanzamt bedarf es für die Festsetzung der Vorauszahlungen nicht. (redaktioneller Leitsatz)
2 Vorauszahlungen zum 15. Februar und 15. Mai können auch danach noch festgesetzt werden. § 19 Abs. 1 GewStG ist nicht so zu verstehen, dass Vorauszahlungen spätestens zu den dort genannten Terminen festgesetzt werden müssen und anderenfalls “verfallen”. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
II.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III.
Der Streitwert wird auf 884,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Gewerbesteuerbescheid vom 22. Juli 2016 anzuordnen.
Die Antragstellerin ist gewerbesteuerpflichtig. Mit Bescheid vom 3. Juni 2016 setzte das Finanzamt … gegenüber der Antragstellerin den Gewerbesteuermessbetrag für 2014 auf 532 Euro fest. Der Gewerbesteuermessbetrag für Zwecke der Vorauszahlungen ab 2016 wurde ebenfalls auf 532 Euro festgesetzt.
Mit Bescheid vom 22. Juli 2016 setzte die Antragsgegnerin daraufhin die Gewerbesteuer der Antragstellerin für 2014 auf 2.021,60 Euro fest (Fälligkeit: 25. August 2016). Als Vorauszahlung für 2015 wurden 2.021,00 Euro (Fälligkeit: 25. August 2016) festgesetzt und als Vorauszahlung für 2016 wurden 2.020,00 Euro (Fälligkeit: je hälftig am 15. August 2016 und 15. November 2016) festgesetzt. Als Messbeträge wurden diesen Berechnungen jeweils 532,00 Euro zugrunde gelegt. Zudem wurden Nachzahlungszinsen in Höhe von 30,00 Euro für 2014 festgesetzt.
Gegen den Bescheid hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 11. August 2016, eingegangen am 18. August 2016, Widerspruch eingelegt und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung beantragt. Die Antragsgegnerin hat dem Widerspruch nicht abgeholfen und der Antragstellerin mit Schreiben vom 24. August 2016 mitgeteilt, dass eine Aussetzung der Vollziehung nicht erfolge. Zur Begründung wird ausgeführt: Die Nachforderungszinsen seien ab dem 1. April 2016 rechtmäßig erhoben worden, da gem. § 233a Abs. 2 AO der Zinslauf von Steuernachforderungen 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres beginne, mit dem die Steuer entstanden sei. Endpunkt des Zinslaufs sei die Bekanntgabe des Gewerbesteuerbescheids, welche nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO am 25. Juli 2016 gewesen sei. Auch für 2015 habe die Antragsgegnerin Vorauszahlungen festsetzen dürfen, obwohl das Finanzamt hierzu im Grundlagenbescheid vom 3. Juni 2016 keine Festsetzung getroffen habe. Nach Punkt 19.2 der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Anwendung des Gewerbesteuerrechts könnten Vorauszahlungen der Steuer auch angepasst werden, die sich für den vorangegangenen Erhebungszeitraum voraussichtlich ergeben werden.
Mit Schreiben vom 2. September 2016 hat die Antragsgegnerin die Gewerbesteuer von 2016 gemahnt.
Am 14. September 2016 hat die Antragstellerin Klage erhoben und sinngemäß beantragt, den Gewerbesteuerbescheid vom 22. Juli 2016 aufzuheben, soweit er die Vorauszahlungen für 2015 festsetzt und soweit er Vorauszahlungen für 2016 über der Höhe von 505 Euro festsetzt. Zudem hat die Antragstellerin „Vollstreckungsschutz“ beantragt.
Zur Begründung führt sie aus: Das Finanzamt habe für Vorauszahlungen den Gewerbesteuermessbetrag nur ab 2016 festgesetzt, nicht für das Jahr zuvor. Für 2016 ergäbe sich zudem aus dem Gesetz und dem Grundlagenbescheid des Finanzamtes, dass nur zwei Vorauszahlungen fällig werden würden und zwar am 15. August sowie am 15. November von jeweils 505 Euro. Die Antragsgegnerin wolle demnächst vollstrecken, weshalb Eile geboten sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Der Antrag ist gemäß §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO nach dem Begehren der Antragstellerin auszulegen. Aus der Antragsbegründung ergibt sich, dass die Antragstellerin die Vollziehbarkeit des Gewerbesteuerbescheides aussetzen lassen möchte, was als Anordnung der aufschiebenden Wirkung des von der Antragstellerin fristgerecht eingelegten Widerspruchs zu verstehen ist. Die gleichzeitig mit dem Eilantrag erhobene Klage ist derzeit nach § 75 VwGO nicht unzulässig, da weder drei Monate seit der Einlegung des Widerspruchs verstrichen noch besondere Gründe für eine kürzere Klagefrist ersichtlich sind. Nach der Antragsbegründung ist nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin die Nachzahlungszinsen angreift.
1. Ein solcher Antrag ist zulässig, insbesondere hat die Antragstellerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung, wie von § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO verlangt, bei der Antragsgegnerin beantragt.
2. Der Antrag hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Im Rahmen der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO hat das Gericht eine eigene Interessenabwägung anzustellen (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 80 Rn. 68). Dabei sind insbesondere die Erfolgsaussichten der Klage einzubeziehen. Wird die Klage voraussichtlich erfolglos blieben, so überwiegt regelmäßig das öffentliche Interesse am Sofortvollzug das private Interesse der Antragstellerin, da kein schutzwürdiges Interesse daran besteht, von dem Vollzug eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes verschont zu bleiben. Nur wenn die Vollziehung einen erheblichen, nicht mehr rückgängig zu machenden Eingriff darstellt, mithin vollendete Tatsachen schafft, könnte auch in diesem Fall das private Interesse der Antragstellerin überwiegen (vgl. Schmidt in Eyermann, a. a. O. Rn. 76).
Im vorliegenden Fall wird der Widerspruch voraussichtlich keinen Erfolg haben. Unter Zugrundelegung der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung ist der angegriffene Gewerbesteuerbescheid rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
a. Die Antragstellerin richtet sich mit ihrem Widerspruch gegen die festgesetzten Vorauszahlungen für 2015 und (teilweise) für 2016, welche in § 19 Gewerbesteuergesetz (GewStG) geregelt sind.
aa. Soweit der Antrag die Vorauszahlungen für 2015 betrifft, bemängelt die Antragstellerin, dass die Antragsgegnerin von einem Messbetrag von 532,00 Euro ausgegangen ist, obwohl das Finanzamt für 2015 keinen Messbetrag festgesetzt habe. Dieses Vorgehen der Antragsgegnerin war jedoch rechtmäßig, denn die Antragsgegnerin durfte Vorauszahlungen auch für ein Jahr festsetzen, bezüglich dessen das Finanzamt keinen Messbetrag für Vorauszahlungen festgesetzt hat. Nach § 19 Abs. 1 GewStG erfolgen die Vorauszahlungen grundsätzlich vierteljährlich. Die Höhe der Vorauszahlungen regelt nicht das Finanzamt durch die Festsetzung des Messbetrages, sondern sie ergibt sich direkt aus dem Gesetz. In § 19 Abs. 2 GewStG ist hierzu geregelt: „Jede Vorauszahlung beträgt grundsätzlich ein Viertel der Steuer, die sich bei der letzten Veranlagung ergeben hat.“ Daraus ergibt sich, dass die Vorauszahlung für 2015 nach dem Steuerbetrag festzusetzen ist, welcher für den vorangegangenen Zeitraum – also 2014 – zugrunde gelegt wurde (vgl. auch Hofmeister in Blümich, 132. Aufl. 2016, § 19 GewStG Rn. 11). Einer Festsetzung des Messbetrages durch das Finanzamt bedarf es nicht. Tatsachen, die eine abweichende Berechnung nahelegen, hat die Antragstellerin nicht vorgebracht und sind auch nicht sonst ersichtlich. Auch gegen den Fälligkeitszeitpunkt bestehen keine Bedenken. Im Fall der nachträglichen Anpassung wird die Vorauszahlung gemäß § 19 Abs. 3 Satz 2 GewStG einen Monat nach der gem. § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO zu berechnenden Bekanntgabe des Gewerbesteuerbescheids am 25. Juli 2016 fällig. Die Antragsgegnerin hat daher rechtmäßig im Juli 2016 die Vorauszahlungen für 2015 festgesetzt.
bb. Die Vorauszahlungen für 2016 greift die Antragstellerin mit dem Argument an, die Antragsgegnerin habe nur noch die zwei zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses „übrigen“ Vorauszahlungen in Höhe eines Viertels am 15. August und am 15. November (gemeint wohl: 2016) festsetzen dürfen. Jedoch ist § 19 Abs. 1 GewStG nicht so zu verstehen, dass die Vorauszahlungen spätestens zu den dort genannten Zeitpunkten geltend gemacht werden müssen und ansonsten „verfallen“, sondern dass sie (frühestens) zu diesen Zeitpunkten fällig werden. Der Antragsgegnerin war aber unbenommen, die am 15. Februar und am 15. Mai 2016 fällig gewordenen Beträge erst später einzufordern. Gemäß § 19 Abs. 3 Satz 1 GewStG hätte die Antragsgegnerin sogar bis 15 Kalendermonate nach dem Erhebungszeitraum die Vorauszahlungen von 2016 noch anpassen können. Daraus lässt sich erkennen, dass die Steuerschuld nicht dadurch (teilweise) entfällt, dass die Antragsgegnerin die Vorauszahlungen für das erste Halbjahr 2016 erst nach dem 15. Mai 2016 eingefordert hat. Aus § 19 GewStG ergibt sich nur, dass die Antragsgegnerin die Vorauszahlungen für das erste Halbjahr 2016 bereits am 15. Februar und 15. Mai 2016 hätte einfordern können. Das ist vorliegend aber unerheblich, da es die Antragstellerin jedenfalls nicht in ihren Rechten verletzt, dass ihre Vorauszahlungen nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt erhoben wurden.
cc. Im Übrigen sind keine Anhaltspunkte für die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vorgebracht oder ersichtlich, insbesondere wurde der Hebesatz korrekt angewendet.
3. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 3 GKG i. V. m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs.