Arbeitsrecht

Keine Besorgnis der Befangenheit

Aktenzeichen  L 16 SF 233/16 AB

Datum:
21.9.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGG SGG § 60 Abs. 1 S. 2
ZPO ZPO § 41 Nr. 6, § 42 Abs. 2
SGG § 60 SGG
SGG § 60 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG
ZPO § 42 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO
ZPO § 41 Nr. 6 ZPO

 

Leitsatz

Tenor

Das Ablehnungsgesuch wegen Besorgnis der Befangenheit gegen die Richterinnen des 16. Senats am Bayer. Landessozialgericht wird abgewiesen.

Gründe

I. Der 1963 geborene Kläger bezieht Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Beklagten. Er bewohnt gemeinsam mit seiner Mutter ein in ihrem Eigentum stehendes Wohnhaus.
Zwischen dem Kläger und dem Beklagten werden seit 2005 zahlreiche Verfahren geführt, die zum großen Teil die vom Beklagten zu zahlenden Kosten für Unterkunft und Heizung betreffen. Beim erkennenden Senat sind derzeit drei Berufungen, die diesen Streitgegenstand betreffen, anhängig (Aktenzeichen L 16 AS 659/14, L 16 AS 778/14 und L 16 AS 233/15).
Am 06.04.2016 führte die Vorsitzende in allen drei Berufungsverfahren einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage durch, an dem der Kläger und dessen Prozessbevollmächtigte sowie ein Vertreter des Beklagten teilnahmen. Nach Durchführung dieses Erörterungstermins wurde im Verfahren L 16 AS 778/14 über einen Befangenheitsantrag gegen die Vorsitzende Richterin entschieden (L 16 SF 193/16 AB).
Mit einem beim Bayerischen Landessozialgericht am 09.08.2016 eingegangenen Schreiben stellte der Kläger einen Befangenheitsantrag gegen die Vorsitzende Richterin und ihre „Beirichter“. Er wiederhole seinen am 20.07.2016 abgesandten Befangenheitsantrag. Die Begründung liege bereits vor.
Im Befangenheitsantrag vom 20.06.2016 trug der Kläger vor, dass die Vorsitzende Richterin im Rahmen eines Erörterungstermins festgestellt habe, dass die noch ausstehenden Heizkosten zu zahlen seien, da das bisherige Verfahren dies verwaltungstechnisch offen lasse. In einem Schriftwechsel mit seiner Anwältin habe die Vorsitzende nunmehr erklärt, dass dies nicht mehr so sei. Außerdem werde ihm unterstellt, er hätte die Originalrechnungen nicht vorgelegt. Dies sei falsch. Er habe die Rechnungen dem Sozialgericht Landshut vorgelegt und außerdem im Beisein seiner Anwältin auch beim Beklagten. Es sei der Vorsitzenden möglich und zumutbar zum Beispiel durch vollständige Akteneinsicht dies nachzuprüfen. Es sei indiskutabel und nicht zumutbar, dass ihm zunächst vorgegaukelt werde, die zustehenden Leistungen seien zu zahlen und dann sei alles nach Rücksprache mit dem Beklagten nicht mehr wahr. Es gehe nur um Rechtsbeugung und Betrug.
Ein Befangenheitsantrag des Klägers vom 20.07.2016 liegt am Bayerischen Landessozialgericht nicht vor.
Im am 09.08.2016 eingegangen Antrag trägt er erstens vor, dass die Vorsitzende zur Erörterung mit der Feststellung erschienen sei, dass sämtliche Verfahren im Hornberger Schießen enden würden. Zweitens erklärt er, dass das Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz ausführe, dass der Hauseigentümer dementsprechende Anträge zu stellen habe. Weiter erklärt er, dass der Beklagte seinen gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen habe. Die Vorsitzende Richterin habe in der so genannten Erörterung bekundet, dass sie und ihre beisitzenden Richter sich eingehend und intensiv mit der anstehenden Problematik befasst hätten. Allerdings benötige sie eine Stellungnahme seiner Rechtsanwältin, weshalb der Beklagte seiner gesetzlichen Verpflichtung Wohnkosten zu zahlen nachkommen müsse. Weiter trägt er seine Rechtsmeinung vor, dass Wohnkosten zu übernehmen seien. Abschließend äußert er sich dahingehend, dass die Vorsitzende Richterin sich als nicht kompetent für Hartz IV erklärt habe. Sie sehe sich außer Stande ein gesetzeskonformes Urteil zusammenzubringen.
Sinngemäß wird mit diesem Antrag gerügt, dass die Berufsrichter des 16. Senats fachlich nicht ausreichend qualifiziert seien, um über die Rechtsstreitigkeiten des Klägers zu entscheiden. Daher könnten sie nicht unbefangen über die Streitsache entscheiden.
II. Das Ablehnungsgesuch betreffend die Richterin des 16. Senats wird als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen.
Über das Ablehnungsgesuch entscheidet das Landessozialgericht durch Beschluss ohne Mitwirkung der abgelehnten Richterinnen (§ 60 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Das Ablehnungsgesuch gegen die Vorsitzende Richterin des 16. Senats … sowie die weiteren Richterinnen des 16. Senats Richterin am Landessozialgericht … und Richterin am Landessozialgericht … ist unbegründet und daher zurückzuweisen. Ein Grund, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der betroffenen Richterin zu rechtfertigen, liegt offensichtlich nicht vor.
Nach § 60 SGG in Verbindung mit § 42 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Dabei kommt es nach ständiger Rechtsprechung darauf an, ob der betroffene Beteiligte von seinem Standpunkt aus bei vernünftiger objektiver Betrachtung Anlass hat, die Voreingenommenheit des oder der abgelehnten Richter zu bef … (BSG Beschluss vom (vgl. nur Beschluss des BayLSG vom 23.10.2014 Az.: L 16 SF 246/14 A B).
Der Kläger hat zur Begründung ihres Ablehnungsgesuches keine konkreten Umstände im Bezug auf das hier anhängige Verfahren genannt, geschweige denn einen solchen konkreten Umstand im Hinblick auf eine bestimmte Richterin des 16. Senats konkretisiert, so dass sich aus dem Verhalten der Richterin im konkreten Verfahren.? Ein Verhalten der betroffenen Richterinnen im konkreten Verfahren, das ein Ablehnungsgesuch insoweit rechtfertigen könnte, ist nicht im Entferntesten zu erkennen.
Auch hat der Kläger nicht dargelegt, inwiefern eine Vorbefassung in anderen Verfahren – soweit die Richterinnen in diesen Verfahren überhaupt tätig wurden – eine Voreingenommenheit für dieses Verfahren ableiten ließe, dargelegt.
Der Umstand der Vorbefassung allein für sich genommen die Besorgnis der Befangenheit nicht zu begründen? (BSG Beschluss vom 19.01.2010, B 11 AL 13/09 C Rz. 13). Das geltende Verfahrensrecht ist von dem Gedanken geprägt, dass ein Richter grundsätzlich auch dann unvoreingenommen an der Beurteilung einer Sache herantritt, wenn er bereits früher mit Angelegenheiten der Klägerin befasst war. Ausnahmen hiervon hat der Gesetzgeber in § 60 SGG in Verbindung mit § 41 Nr. 6 ZPO abschließend normiert. Mit der gesetzlichen Wertung des abschließenden Charakters dieses Ausschließungsgrundes ist nicht vereinbar, wenn der bloße Umstand der Vorbefassung eines Richters mit der Sache geeignet wäre, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen (BSG a. a. O.).
Vielmehr müssen besondere zusätzliche Umstände hinzutreten, um in den Fällen der Vorbefassung die Besorgnis der Befangenheit zu begründen (BSG a. a. O.). Solche besonderen Umstände hat der Kläger jedoch nicht vorgetragen und sind auch nicht erkennbar.
Nachdem besondere Umstände, die hier im konkreten Fall zur Vorbefassung hinzutreten könnten und die Besorgnis der Befangenheit begründen könnten, ist das Ablehnungsgesuch betreffend die Richterinnen des 16. Senats offensichtlich unbegründet.
Im Ergebnis sind nicht die geringsten Anhaltspunkte für Voreingenommenheit der Richterinnen zu erkennen und ist das Ablehnungsgesuch als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar, § 177 SGG.

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