IT- und Medienrecht

Nachforderung von Statikprüfgebühren

Aktenzeichen  B 2 K 14.689

Datum:
12.9.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 130137
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 242
KG Art. 1 Ab. 1 S. 1, Art. 11, Art. 13

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Über die Klage konnte durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da die Streitsache keine besonderen Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beteiligten wurden mit Schreiben des Gerichts vom 19.07.2016 zur beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört (§ 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO).
Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Der Kostenbescheid der Beklagten vom …, in Gestalt des Widerspruchsbescheids der … vom …, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 117 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für die Erhebung der Auslagen von der Beklagten gegenüber der Klägerin ist Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Art. 2, Art. 10 Abs. 1 Nr. 1 KG. Bei der Vergütung an den Prüfingenieur handelt es sich um Auslagen nach Art. 10 Abs. 1 Nr. 1 KG, denn die Beklagte hat zur Erfüllung ihrer Aufgaben und Befugnisse gem. Art. 63 Abs. 4 BayBO (a. F.) private Sachverständige herangezogen.
Die Kostenforderung der Beklagten ist weder verjährt noch liegt Verwirkung vor.
a. Das Kostengesetz unterscheidet zwischen der Festsetzungsverjährung nach Art. 13 KG und der Zahlungsverjährung nach Art. 19 KG.
Gem. Art. 13 ist eine Kostenentscheidung, ihre Aufhebung oder ihre Änderung nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre, sie beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres in dem der Kostenanspruch entstanden ist. Art. 11 KG regelt die Entstehung des Kostenanspruchs. Dieser entsteht grundsätzlich mit der Beendigung der Amtshandlung.
Das Ingenieurbüro … erstellte zusammen mit dem Abschlussbericht am 23.01.2002 die Gebührenrechnung. Beides ging bei der Beklagten am 28.01.2002 ein. Erst ab diesem Zeitpunkt bestand ein Anspruch des Ingenieurbüros auf Vergütung seiner Leistung gegenüber der Beklagten (vgl. hierzu: § 7 Abs. 2 GeboP vom 11.11.1986). Vor diesem Zeitpunkt sind der Beklagten zum einen keine Auslagen entstanden, die sie der Klägerin gegenüber hätte geltend machen können und zum anderen war die „Amtshandlung“ auch noch nicht beendet, denn die Statikprüfung war gerade noch nicht abgeschlossen. Die Beklagte hat von dem Instrument des Kostenvorschusses nach Art. 14 KG Gebrauch gemacht und mit Bescheid vom 09.03.1994 einen Auslagenvorschuss von der Klägerin gefordert, weil die in dem Verfahren notwendige Statikprüfung an Sachverständige vergeben werden sollte. In diesem Schreiben wurde die Klägerin auch darauf hingewiesen, dass nach Abschluss der Statikprüfung noch eine Kostenentscheidung über den endgültigen Kostenanspruch ergeht. Die Beklagte führt insoweit zu Recht aus, dass es der Klägerin hat bewusst sein müssen, dass noch eine abschließende Kostenrechnung zu erwarten ist. Erst mit dem Abschluss der Prüfungsleistungen des Ingenieurbüros … und der damit einhergehenden Gebührenrechnung ist der Beklagten gegenüber die Vergütung geltend gemacht worden und erst mit dem Abschlussbericht vom 23.01.2002 bescheinigte der Prüfingenieur den Abschluss der Prüfungen (vgl. Ziff. 9.2 des Abschlussberichtes vom 23.01.2002). Wie bereits oben ausgeführt, entsteht gem. Art. 11 Satz 1 KG der Kostenanspruch mit der Beendigung der kostenpflichtigen Amtshandlung. Kostenpflichtige Amtshandlung ist in diesem Baugenehmigungsverfahren auch die Prüfung der Statik. Der Prüfingenieur stellt sich in dieser Konstellation – Beauftragung durch die Baugenehmigungsbehörde – als Beteiligter der Amtshandlung dar (vgl. Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KG). Dass der Sachverständige die Prüfungsleistungen erbringt, ändert nichts daran, dass es sich um eine Aufgabe und damit Amtshandlung der Baugenehmigungsbehörde handelt. Der Kostenanspruch entstand damit frühestens mit der abschließenden Prüfung der Statik. Der Abschluss der Prüfung wurde im Abschlußbericht vom 23.01.2002 bescheinigt, so dass zum Zeitpunkt des Erlasses des Kostenbescheides vom 01.02.2002 keine Festsetzungsverjährung eigetreten ist. Entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten ist nicht auf den Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung vom 10.08.1994 oder der Tekturgenehmigung abzustellen. In der Baugenehmigung vom 10.08.1994 wurden Gebühren in Höhe von 13.640,00 DM für die Erteilung der Baugenehmigung erhoben. Unter Ziff. 4 ist jedoch ausgeführt, dass Auslagen gesondert erhoben werden. Der Klägerin muss auch insoweit bewusst gewesen sein, dass noch keine abschließende Festsetzung der Kosten des Verfahrens erfolgt ist, denn sie leistete nach der Erteilung der Baugenehmigung noch die Vorschüsse für die Statikprüfungen. Das Verfahren war damit mit Erteilung der Baugenehmigung bzw. der Tekturgenehmigung nicht im Sinne des Art. 11 KG abgeschlossen. Die Klägerin hat selbst im Schreiben vom 03.08.1998 dargelegt, dass bereits zum Zeitpunkt des Bauantrages feststand, dass das gesamte Bauprojekt fünf bis zehn Jahre andauernd würde. Am 20.11.2001 hat die Klägerin auch erst die Fertigstellung der BA 1, 2, 3a angezeigt. Insoweit hätte der Klägerin auch bewusst sein müssen, dass ein „Abschluss der Kosten“ mit der Erteilung der Baugenehmigung bzw. Tekturgenehmigung nicht gegeben ist, wenn die maßgeblichen Statikprüfungen nicht abgeschlossen sein konnten.
b. Es ist auch keine Zahlungsverjährung eingetreten. Gem. Art. 19 Abs. 1 KG erlischt ein festgesetzter Kostenanspruch durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre; sie beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch erstmals fällig geworden ist. Gem. Art. 19 Abs. 3 Nr. 1 KG wird die Zahlungsverjährung unterbrochen durch schriftliche Geltendmachung des Anspruchs. Dies geschah mit der Festsetzung der Kosten mit Bescheid vom 01.02.2002. Aufgrund des eingelegten Widerspruchs gegen den Kostenbescheid mit Schreiben vom 28.02.2002 (Eingang bei der Beklagten am 01.03.2002) wurde der Kostenbescheid nicht bestandskräftig, so dass die Unterbrechung der Zahlungsverjährung noch andauert (Art. 19 Abs. 4 Nr. 1 KG).
c. Auch eine Verwirkung liegt nicht vor. Zwar ist der Rechtsgedanke der Verwirkung als Unterfall des Grundsatzes von Treu und Glauben auch im öffentlichen Recht anwendbar. Für die Annahme der Verwirkung genügt aber – anders als für den Eintritt der Verjährung – nicht der bloße Zeitablauf. Vielmehr setzt sie zusätzlich ein bestimmtes Verhalten des Berechtigten voraus, das geeignet ist, bei dem anderen Teil die Vorstellung zu begründen, das Recht werde nicht mehr geltend gemacht werden, sowie eine Verletzung oder Gefährdung berechtigter Interessen des anderen Teils, etwa weil dieser sich auf die vom Berechtigten erweckte Erwartung der nicht Geltendmachung des Rechts einrichten durfte und eingerichtet hat (vgl. z. B. BVerwG, U. v. 29.08.1996 – 2 C 23/95 – juris). Ausweislich der vorliegenden Akten hat die letzte gemeinsame Besprechung am 09.12.2004 stattgefunden. In einem Schreiben der Klägerin vom 09.12.2004 wurde die Besprechung zusammengefasst und die Rechnung des Prüfstatikers … zum Teil akzeptiert, weitere Bedenken wurden jedoch aufrechterhalten. Anschließend ist dem Akt kein weiterer Kontakt zwischen den Beteiligten zu entnehmen. Erst mit Schreiben vom 21.12.2012 wandte sich die Beklagte an die Klägerin und forderte den Fehlbetrag ein. Der Widerspruch der Klägerin wurde der … nicht vorgelegt. Der lange Zeitraum des „Nichtweiterbetreibens“ reicht jedoch für die Annahme einer Verwirkung des Anspruchs nicht aus. Es lag nämlich außer dem „Nichtstun“ kein Verhalten der Beklagten vor, das bei der Klägerin berechtigt das Vertrauen erwecken könnte, die Beklagte werde dauerhaft von der Einvernahme der Kosten absehen. Ein Unterlassen im Wege der mangelnden Weiterbetreibung des Vorgangs z. B. durch weitere Anmahnungen reicht nicht aus, es muss vielmehr ein zusätzliches Verhalten hinzutreten, aus dem die Klägerin hätte schließen können, dass von der Einbringung der Kosten abgesehen wird. Dies ist hier jedoch nicht der
Fall. Entsprechende Äußerungen oder Schriftsätze der Beklagten gegenüber der Klägerin sind den Akten nicht zu entnehmen und wurden im Übrigen auch nicht vorgetragen. Insbesondere die Zahlung eines Teilbetrages und die damit einhergehende teilweise Anerkennung der Prüfgebühren durch die Klägerin, lässt nicht den Schluss zu, sie habe anschließend darauf vertrauen können, dass das Kostenverfahren damit abgeschlossen sei. Vielmehr war der Klägerin bewusst, dass ihr Widerspruchsverfahren noch anhängig ist, denn es erfolgte weder eine Abhilfe durch die Beklagte noch erfolgte bis zum Schreiben der Beklagten vom 21.11.2012 eine Entscheidung über den Widerspruch.
Im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführlichen und zutreffenden Gründe im Widerspruchsbescheid vom 10.09.2014 verwiesen (§ 117 Abs. 5 VwGO).
2. Die Berufung war durch das Gericht nicht zuzulassen, da weder die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO noch die des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO vorliegen (§ 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO). 3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 ff. ZPO.

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