Aktenzeichen W 1 K 16.627
BayBhV § 32 Abs. 2 S. 2, S. 3, § 48 Abs. 6 S. 1
BayVwVfG BayVwVfG Art. 32
SGB XI SGB XI § 15, § 45a
Leitsatz
Maßgeblich für die Entscheidung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist die jeweilige Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Entstehens der streitbefangenen Aufwendungen. (redaktioneller Leitsatz)
Bei der Antragsfrist des § 48 Abs. 6 BayBhV handelt es sich um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist, deren Nichtbeachtung den Beihilfeanspruch zum Erlöschen bringt. (redaktioneller Leitsatz)
Angesichts der klaren gesetzlichen Regelung für den Fristbeginn bei pauschalen Pflegebeihilfen in § 48 Abs. 6 S. 2 BayBhV verbietet sich eine Analogie zu § 48 Abs. 6 S. 1 BayBhV mit einem Fristbeginn ab dem Datum des erstmaligen Bescheides der Pflegekasse auch im Falle einer rückwirkenden Pflegestufenfestsetzung . (redaktioneller Leitsatz)
Dass bei den Leistungen der privaten Pflegepflichtversicherung eine andere, einfachere Handhabung im Rahmen der Auszahlung der Pauschalbeihilfen als im System der staatlichen Beihilfe erfolgt, lässt sich durch die signifikanten Wesensunterschiede zwischen dem System der privaten Pflegeversicherung und dem öffentlich-rechtlichen Beihilfesystem rechtfertigen. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Kläger eine Beihilfe für das Produkt Sterillium begehrt hat. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Kostenbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Gründe
Über die Klage konnte mit Zustimmung der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.
Der Rechtsstreit konnte darüber hinaus nach § 6 Abs. 1 Satz 1 VwGO dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen werden, nachdem die Rechtssache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und ihr auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Beteiligten wurden zuvor hierzu angehört. Einer Übertragung stand auch nicht entgegen, dass der Kläger vorliegend sein Einverständnis zur Übertragung des Rechtsstreit auf den Einzelrichter nicht erteilt hat, da ein solches – anders als die Anhörung – keine Übertragungsvoraussetzung darstellt. Die von dem Kläger angenommene grundsätzliche Bedeutung im Hinblick auf die besondere Situation pflegebedürftiger Menschen vermag das Gericht nicht zu erkennen, da der vorliegende Rechtsstreit weder in rechtlicher, tatsächlicher, wirtschaftlicher noch in sonstiger Hinsicht Auswirkungen auf eine größere Zahl von Verfahren oder die Verwaltungspraxis haben wird (vgl. hierzu Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 6 Rn. 9). Es handelt sich vielmehr um eine durch die Umstände des Einzelfalls gekennzeichnete Fallgestaltung, der über den Einzelfall hinaus keine allgemeine Bedeutung zukommt.
Die mit Schreiben des Klägers vom 1. Juli 2015 als allgemeine Leistungsklage erhobene Klage ist gemäß § 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass der Kläger begehrt, den Beklagten im Sinne einer Verpflichtungsklage dazu zu verpflichten, Beihilfe in beantragter Höhe zu gewähren.
I.
Soweit die Klage im Hinblick auf das Begehren einer Beihilfegewährung für das Pflegehilfsmittel Sterillium übereinstimmend durch die Beteiligten für erledigt erklärt worden ist, war das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. Der Kläger hat eine wirksame Erledigungserklärung abgegeben; er hat rechtlich zulässig die Rechtsbedingung aufgestellt (vgl. hierzu BGH, U. v. 27.04.2001 – 3 StR 502/99 – juris), dass seine Teilerledigungserklärung nicht gelten solle, wenn das Verhalten des Beklagten ein (konkludentes) Anerkenntnis darstelle. Ein solches Anerkenntnis hat der Beklagte vorliegend jedoch nicht abgegeben, so dass die Teilerledigungserklärung des Klägers Wirksamkeit entfaltet. Anerkenntnis im Sinne des § 173 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 307 ZPO ist die Erklärung des Beklagten an das Gericht, dass der vom Kläger geltend gemachte Anspruch – ganz oder teilweise – besteht. Gegenstand des Anerkenntnisses ist der prozessuale Anspruch selbst. Die Erklärung muss nicht ausdrücklich, aber doch eindeutig und bedingungslos abgegeben werden (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 33. Aufl., § 307 Rn. 1 ff.). Ein solches eindeutiges Anerkenntnis des geltend gemachten (Teil-) Anspruches ist vorliegend nicht gegeben. Zwar hat der Beklagte eine Beihilfe für das Produkt Sterillium mit Bescheid vom 15. Juni 2016 nachträglich gewährt. Jedoch wird hieraus nicht mit der notwendigen Eindeutigkeit ersichtlich, dass dadurch der prozessuale Anspruch selbst anerkannt werden sollte. Auch lässt sich dem Schriftsatz des Beklagten vom 17. Juni 2016 diesbezüglich nichts entnehmen. Vielmehr hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 21. Juli 2016 ausdrücklich erklärt, er habe kein Anerkenntnis erklärt. Eine bloße Abhilfeentscheidung ohne weitergehende Anhaltspunkte in der Sache genügt nach Überzeugung des Gerichts nicht den hohen Anforderungen an die Eindeutigkeit, die vorliegen müssen, um ein prozessuales Anerkenntnis annehmen zu können. Schließlich vermag das Gericht auch nicht der Auffassung des Klägers zu folgen, wonach ein berechtigtes Interesse an der Feststellung des Anspruchs gerade durch ein (Anerkenntnis-) Urteil bestehe, um den Anspruch auch für die Zukunft festzuschreiben. Dem steht nämlich bereits entgegen, dass eine Bindungswirkung nach § 121 VwGO nur denselben Streitgegenstand betrifft, mit jedem neuen Beihilfeantrag jedoch – auch soweit dasselbe Produkt betroffen ist – ein neuer Streitgegenstand entsteht. Das Gericht geht unabhängig von vorstehenden Ausführungen jedoch davon aus, dass der Beklagte sich im Falle einer beantragten Beihilfe für das Produkt Sterillium künftig bei unveränderter Sach- und Rechtslage und sofern das Produkt als Pflegehilfsmittel verwendet wird an der mit Bescheid vom 15. Juni 2016 getroffenen Entscheidung einer Beihilfegewährung orientieren wird. Entsprechend der nach alledem wirksamen übereinstimmenden Teilerledigungserklärungen war das Verfahren einzustellen, soweit eine Beihilfe für das Produkt Sterillium begehrt war.
II.
Soweit über die Klage nach vorstehenden Ausführungen noch zu entscheiden war, ist sie zulässig, jedoch in der Sache unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 23. Dezember 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juni 2015 ist – soweit er Gegenstand dieses Verfahrens ist – rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Beihilfe in Form einer Pauschalbeihilfe für häusliche Pflege für den Monat Oktober 2013 (§ 113 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Maßgeblich für die Entscheidung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist die jeweilige Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Entstehens der streitbefangenen Aufwendungen (vgl. BVerwG, U. v. 8.11.2012 – 5 C 4.12 – juris m. w. N.).
1. Im vorliegenden Fall richtet sich die Gewährung einer Beihilfe nach § 32 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3a BayBhV i. d. F. vom 11. März 2011. Danach wird bei einer häuslichen Pflege durch andere geeignete Personen eine Pauschalbeihilfe gewährt, die sich nach den Pflegestufen des § 15 SGB XI richtet und ab dem 1. Januar 2012 in der hier einschlägigen Pflegestufe I (vgl. Schreiben der Versicherungskammer Bayern vom 2.4.2014) 235,00 Euro pro Monat beträgt. § 32 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BayBhV i. d. F. vom 29. Juli 2014, der am 1. Oktober 2014 in Kraft getreten ist, sieht dagegen bei Personen, die die Voraussetzungen des § 45 a SGB XI erfüllen (wie die Ehefrau des Klägers), abweichend von Satz 2 der Vorschrift eine Pflegepauschale i. H. v. monatlich 305,00 Euro vor. Die letztgenannte Vorschrift ist jedoch – entgegen der klägerischen Ansicht – im vorliegenden Fall nicht anwendbar, da diese erst am 1. Oktober 2014 in Kraft getreten ist, während sich die streitbefangene Pflegepauschale auf den Monat Oktober 2013 bezieht, so dass die während dieses Zeitraums geltende Rechtslage, mithin die Fassung der Bayer. Beihilfeverordnung vom 11. März 2011, der Entscheidung zugrunde zu legen ist.
2. Ein Beihilfeanspruch aus § 32 Abs. 2 BayBHV scheidet vorliegend jedoch – unabhängig von dessen Höhe – bereits deshalb zur Gänze aus, da die bestehende Ausschlussfrist für die Geltendmachung des Anspruchs vom Kläger nicht eingehalten wurde und der Anspruch somit erloschen ist. Mithin kann das Gericht hier die von der Beklagtenseite weiterhin aufgeworfene Frage dahinstehen lassen, ob der Kläger die aus Sicht des Beklagten erforderliche Abrechnung der privaten Pflegeversicherung für den Monat Oktober 2013 vorgelegt hat.
Nach Maßgabe des § 48 Abs. 6 Satz 1 BayBhV, der am 1. Oktober 2014 in Kraft getreten ist (bezüglich dieser reinen Verfahrensvorschrift ist nach Auffassung des Gerichts für die maßgebliche Rechtslage auf den Zeitpunkt der Beihilfeantragstellung abzustellen, was in der Sache jedoch letztlich nicht entscheidungserheblich ist, da die genannte Vorschrift in ihrem Wortlaut identisch mit der Vorgängervorschrift des § 48 Abs. 7 Satz 1 BayBhV i. d. F. vom 11.3.2011 ist, welche mit Ablauf des 30.9.2014 außer Kraft getreten ist), wird eine Beihilfe nur gewährt, wenn sie innerhalb eines Jahres nach Entstehen der Aufwendungen oder der Ausstellung der Rechnung beantragt wird. Bei Beihilfen wie der hier streitgegenständlichen Pauschalbeihilfe für häusliche Pflege nach § 32 Abs. 2 Satz 2 BayBhV ist für den Fristbeginn gemäß § 48 Abs. 6 Satz 2 BayBhV (in Kraft getreten am 1.10.2014, ebenfalls wortgleich mit der Vorgängervorschrift des § 48 Abs. 7 Satz 2 BayBHV i. d. F. vom 11.3.2011) der letzte Tag des Monats maßgebend, in dem die Pflege erbracht wurde. Die Fristberechnung richtet sich nach § 187 Abs. 1 i. V. m. § 188 Abs. 2 BGB. Der Beklagte hat daher zu Recht die am 17. Dezember 2014 begehrte Pauschalbeihilfe für den Zeitraum vom 14. Oktober 2013 bis 31. Oktober 2013 wegen Fristablaufs abgelehnt, da insoweit die Jahresfrist am 1. November 2013 begonnen und mit Ablauf des 31. Oktober 2014 geendet hat. Bei der Antragsfrist des § 48 Abs. 6 BayBhV handelt es sich um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist, deren Nichtbeachtung den Beihilfeanspruch zum Erlöschen bringt (vgl. BayVGH, B. v. 15.9.2010 – 14 ZB 10.1096 – juris; Mildenberger, Beihilferecht in Bund, Länder und Kommunen, Bd. 2, § 48 Anm. 10).
Der Kläger vermag auch nicht mit seiner Argumentation durchzudringen, dass bei der erstmaligen rückwirkenden Festsetzung einer Pflegestufe § 48 Abs. 6 Satz 2 BayBhV nicht zur Anwendung kommen könne, da mit einem solchen Festsetzungsbescheid ein datiertes Schriftstück vorliege, welches allein die Anwendung § 48 Abs. 6 Satz 1 BayBHV und somit einen Fristbeginn mit dem Datum des Festsetzungsbescheides rechtfertige. Dem kann nicht gefolgt werden, weil es sich bei dem Schreiben der privaten Pflegeversicherung, mit dem erstmals eine Pflegestufe gewährt wird, weder um eine Rechnung i. S. des § 48 Abs. 6 Satz 1 BayBhV handelt noch entstehen hierdurch Aufwendungen i. S. der genannten Vorschrift. Der Verordnungsgeber hat vielmehr mit § 48 Abs. 6 Satz 2 BayBhV, gestützt auf die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage des Art. 96 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 Bayer. Beamtengesetz (BayBG), den Zeitpunkt des Beginns der Ausschlussfrist im Falle der Pauschalbeihilfen bei häuslicher Pflege durch andere geeignete Personen ausdrücklich geregelt. Hiernach soll nach dem eindeutigen Willen des Verordnungsgebers für den Beginn der Frist der letzte Tag des Monats, in dem die Pflege erbracht wurde, maßgeblich sein. Dass im Falle der erstmaligen Festsetzung einer Pflegestufe etwas anderes gelten soll, lässt sich weder der gesetzlichen Grundlage noch der Verordnungsvorschrift entnehmen. Es lässt sich darüber hinaus den genannten Vorschriften auch nicht entnehmen, dass im Falle einer rückwirkenden Pflegestufenfestsetzung dem Antragsteller jeweils ein Zeitraum von einem vollen Jahr für die Bearbeitung seines Beihilfeantrages verbleiben müsste. Soweit in einem Ausnahmefall erforderlich, böte das Instrument der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausreichend Möglichkeit, einer derartigen Situation angemessen gerecht zu werden. Angesichts der klaren gesetzlichen Regelung für den Fristbeginn bei pauschalen Pflegebeihilfen in § 48 Abs. 6 Satz 2 BayBHV verbietet sich – auch im Falle einer erstmaligen rückwirkenden Pflegestufenfestsetzung – bereits mangels Vorliegens einer Regelungslücke eine Analogie zu § 48 Abs. 6 Satz 1 BayBHV mit einem Fristbeginn ab dem Datum des erstmaligen Bescheides der Pflegekasse.
Etwas anderes würde darüber hinaus aber auch dann nicht gelten, wenn man entgegen obiger Ausführungen annehmen würde, dass eine Pauschalbeihilfe nach § 32 Abs. 2 Satz 3 BayBhV n. F. hätte gewährt werden müssen, wie es der Kläger vertritt (vgl. aber auch Mildenberger, Beihilferecht in Bund, Ländern und Kommunen, Bd. 2, § 32 Anm. 3 Abs. 2). Denn auch in dieser Fallkonstellation würde die aus Sicht des Gerichts sodann gebotene analoge Anwendung des § 48 Abs. 6 Satz 2 BayBhV zu keinem anderen Ergebnis führen.
Die analoge Anwendung der von einer Norm angeordneten Rechtsfolge auf Sachverhalte, die dieser Norm nicht unterfallen, setzt das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke voraus. Der Anwendungsbereich der Norm muss wegen eines versehentlichen, mit dem Normzweck unvereinbaren Regelungsversäumnisses des Normgebers unvollständig sein. Eine derartige Lücke darf von den Gerichten dann im Wege der Analogie geschlossen werden, wenn sich aufgrund der gesamten Umstände feststellen lässt, dass der Normgeber die von ihm angeordnete Rechtsfolge auch auf den nicht erfassten Sachverhalt erstreckt hätte, wenn er diesen bedacht hätte (vgl. BVerwG, U. v. 27.3.2014 – 2 C 2/13 – juris Rn. 17; BayVGH, B. v. 7.9.2015 – 3 ZB 12.1941 – juris Rn. 22). Dies zugrunde gelegt, liegt vorliegend eine Regelungslücke vor, da die Regelung für den Fristbeginn bei Pauschalbeihilfen ihrem Wortlaut nach nur Beihilfen nach § 32 Abs. 2 Satz 2 BayBhV n. F., nicht jedoch solche nach § 32 Abs. 2 Satz 3 BayBhV n. F. erfasst. Es handelt sich hierbei nach Überzeugung des Gerichts auch um eine planwidrige Regelungslücke, da vorliegend von einem versehentlichen Regelungsversäumnis des Verordnungsgebers auszugehen ist. Denn die gesonderte Regelung zum Fristbeginn bei Pauschalbeihilfen galt bereits vor der Einführung des § 32 Abs. 2 Satz 3 BayBhV zum 1. Oktober 2014. Offensichtlich hat der Verordnungsgeber die bestehende Sonderregelung für den Fristbeginn bei Pauschalbeihilfen in § 48 Abs. 6 Satz 2 BayBhV im Sinne eines Redaktionsversehens sodann nicht um den Satz 3 des § 32 Abs. 2 BayBhV ergänzt. Schließlich besteht auch eine vergleichbare Interessenlage im Hinblick auf den Beginn der Ausschlussfrist in den beiden Konstellationen der Sätze 2 und 3 des § 32 Abs. 2 BayBhV, so dass das Gericht davon überzeugt ist, dass der Normgeber die Regelung des § 48 Abs. 6 Satz 2 BayBhV auch auf § 32 Abs. 2 Satz 3 BayBhV erstreckt hätte, wenn er diesen bedacht hätte. Dies ergibt sich aus der Überlegung, dass der Verordnungsgeber mit § 48 Abs. 6 Satz 2 BayBhV ganz offensichtlich von der gesetzlichen Möglichkeit des Art. 96 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 BayBG Gebrauch gemacht hat und hinsichtlich des Zeitpunkts des Beginns der Ausschlussfrist nach Art. 96 Abs. 3a BayBG bei Pauschalbeihilfen eine konkretisierende Regelung treffen wollte und getroffen hat. Auch bei dem zum 1. Oktober 2014 eingefügten Satz 3 des § 32 Abs. 2 BayBhV handelt es sich um eine solche Pauschalbeihilfe bei häuslicher Pflege, die lediglich im Hinblick auf den Zahlbetrag von Satz 2 abweichende höhere Leistungen für Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz nach § 45a SGB XI gewährt, jedoch dem Grunde nach keinerlei eigenständige und von Satz 2 abweichende Regelung trifft. Ein sachlichen Grund, warum der Verordnungsgeber in dieser Konstellation eine andere Regelung hätte treffen sollen als bei der lediglich betragsmäßig niedrigeren Pauschalbeihilfe des § 32 Abs. 2 Satz 2 BayBhV, wird in keiner Weise ersichtlich. Dieses Ergebnis wird zusätzlich dadurch gestützt, dass sich auch die nachfolgenden Sätze 4 bis 6 des § 32 Abs. 2 BayBhV wiederum sowohl auf die Konstellation nach Satz 2 als auch auf die nach Satz 3 beziehen (Anrechnung von Pflegegeld aus einer privaten oder sozialen Pflegeversicherung, hälftige Gewährung bei nicht pflegeversicherten Personen, Sonderregelung bei Verhinderung und Kurzzeitpflege etc.). In der Gesamtschau erscheint es allein sachgerecht, die Regelung des § 48 Abs. 6 Satz 2 auch auf die Pauschalbeihilfe nach § 32 Abs. 2 Satz 3 BayBhV n. F. analog anzuwenden.
3. Zu verspätet geltend gemachten Aufwendungen kann eine Beihilfe nur noch gewährt werden, wenn die Voraussetzungen für die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Art. 32 BayVwVfG vorliegen. Voraussetzung hierfür ist nach Art. 32 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG, dass der Betroffene ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist verhindert war, wobei nach Art. 32 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG das Verschulden eines Vertreters dem Vertretenen zuzurechnen ist. Verschuldet ist ein Fristversäumnis dann, wenn der Betroffene nicht die Sorgfalt walten lässt, die für einen gewissenhaften, seine Rechte und Pflichten sachgerecht wahrnehmenden Beteiligten geboten und ihm nach den gesamten Umständen zumutbar ist (BVerwG, U. v. 8.3.1983 – 1 C 34.80 – NJW 1983, 1923). Soweit der Kläger vorträgt, er sei angesichts des datierten Pflegekassenbescheides nicht auf die Idee gekommen, einen Beihilfeantrag vor Ablauf eines Jahres ab dem Datum dieses Schriftstücks stellen zu müssen, so vermag dies ein fehlendes Verschulden des Klägers bzw. seines mittels General- und Vorsorgevollmacht ausgestatteten Vertreters nicht zu begründen. Mangelnde Rechtskenntnis entschuldigt eine Fristversäumnis grundsätzlich nicht, ebenso nicht ein verschuldeter Rechtsirrtum. Im Einzelfall kann ein Rechtsirrtum aber auch unverschuldet sein (z. B. durch die falsche Auskunft einer Behörde). Dies setzt jedoch voraus, dass es dem Betroffenen weder möglich noch zumutbar war, sich in der ihm verbleibenden Zeit fachgerecht beraten zu lassen. Es kommt somit entscheidend darauf an, ob dem Betroffenen bzw. seinem Vertreter nach den gesamten Umständen des Falles ein Vorwurf daraus gemacht werden kann, dass er die Frist versäumt hat bzw. nicht alle ihm zumutbaren Anstrengungen unternommen hat (vgl. BayVGH, B. v. 15.9.2010 – 14 ZB 10.1096 – juris Rn. 6). Eine allgemeine Pflicht des Dienstherrn, seine Beamten über alle für sie einschlägigen Vorschriften und Fristen zu belehren, lässt sich aus der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht nicht herleiten (vgl. BVerwG, U. v. 30.1.1997 – 2 C 10.96 – juris Rn. 16), zumal sich vorliegend der Beginn der Ausschlussfrist der gesetzlichen Regelung eindeutig entnehmen lässt. Soweit der für den Kläger handelnde Vertreter keine hinreichende Sach- und Rechtkenntnis hatte, hätte diesen vorliegend die Pflicht getroffen, sich rechtskundig zu machen. Dieser Verpflichtung er jedoch nicht nachgekommen. Er hat es offensichtlich unterlassen, sich nach etwaigen Ausschlussfristen und deren Laufzeiten im Beihilferecht bei der Beihilfefestsetzungsstelle zu erkundigen (vgl. insoweit BayVGH, B. v. 15.9.2010 – 14 ZB 10.1096 – juris Rn. 7). Dies hätte im Übrigen auch für den Fall gegolten, wenn vorliegend eine Pauschalbeihilfe nach § 32 Abs. 2 Satz 3 BayBhV n. F. einschlägig gewesen wäre, welche in § 48 Abs. 6 Satz 2 BayBhV nicht ausdrücklich erwähnt wird. Allein aufgrund der oben dargestellten großen inhaltlichen Nähe der beiden Konstellationen nach § 32 Abs. 2 Sätze 2 und 3 BayBhV hätte sich dem Kläger(-vertreter) zumindest die Frage aufdrängen müssen, welcher Fristbeginn im Falle des Satzes 3 einschlägig ist, und er hätte sich dementsprechend bei der Beihilfefestsetzungsstelle diesbezüglich informieren müssen. Da dieser seinen insoweit bestehenden Sorgfaltspflichten nicht nachgekommen ist, kann vorliegend nicht von einem unverschuldeten Fristversäumnis ausgegangen werden. Anderweitige Wiedereinsetzungsgründe wurden weder geltend gemacht noch sind sie ersichtlich.
4. Die Ausschlussfrist des § 48 Abs. 6 Satz 1 und 2 BayBhV steht darüber hinaus mit höherrangigem Recht im Einklang. Sie findet ihre gesetzliche Grundlage in Art. 96 Abs. 3a, Abs. 5 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 BayBG und hält sich innerhalb der dort aufgestellten Voraussetzungen und Grenzen. Darüber hinaus besitzt der Freistaat Bayern das Recht zur Gesetzgebung zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Landesbeamten, Art. 70 Abs. 1 GG. Insofern obliegt es allein seiner Gesetzgebungskompetenz, den Bereich der Beihilfen für seine Landesbeamten unter Einschluss etwaiger Ausschlussfristen und deren Beginn zu regeln. Der vorgetragene Umstand, dass bei den Leistungen der privaten Pflegepflichtversicherung eine andere, einfachere Handhabung im Rahmen der Auszahlung der Pauschalbeihilfen als im System der staatlichen Beihilfe erfolgt, vermag vorliegend kein anderes Ergebnis zu rechtfertigen und lässt sich durch die signifikanten Wesensunterschiede zwischen dem System der privaten Pflegeversicherung und dem öffentlich-rechtlichen Beihilfesystem rechtfertigen (vgl. BayVGH, B. v. 14.6.2016 – 14 ZB 14.1508 – juris Rn. 9). Aufgrund dieser Wesensunterschiede ist darin auch kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV oder die Fürsorgepflicht des Beklagten zu erblicken.
5. Nach alledem war die Klage – soweit über diese noch zu entscheiden war – abzuweisen, so dass auch der geltend gemachte Zinsanspruch als akzessorischer Nebenanspruch nicht begründet ist. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass ein Anspruch auf Verzugszinsen, wie er offensichtlich geltend gemacht werden soll, ohnehin nur dann in Betracht kommt, wenn es sich bei der öffentlich-rechtlichen Forderung um eine Entgeltforderung i. S. einer vertragliche Leistungspflicht handelt, die in einem Gegenseitigkeitsverhältnis zur Leistungspflicht des anderen Vertragspartners steht bzw. wenn ein solcher Zinsanspruch aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Grundlage gegeben ist (vgl. BVerwG, U. v. 27.2.2014 – 5 C 1/13 D – juris Rn. 44 ff.). Beide Konstellationen sind vorliegend nicht einschlägig. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gibt es keinen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsrechts, der zur Zahlung von Verzugszinsen verpflichtet (BVerwG a. a. O.). Ein etwaiger Anspruch auf Prozesszinsen nach § 90 VwGO i. V. m. §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB scheitert – wie erwähnt – daran, dass eine Hauptforderung nicht gegeben ist.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten und insoweit eingestellten Teiles des Verfahrens war nach § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO noch über die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Es ergeht insoweit eine einheitliche Kostenentscheidung mit dem streitig entschiedenen Teil des Verfahrens. Zwar wäre die Klage hinsichtlich der begehrten Beihilfe für das Produkt Sterillium voraussichtlich erfolgreich gewesen, da Abschnitt VI der Bayer. Beihilfeverordnung im Gegensatz zu dessen Abschnitt IV keine dem von der Beklagtenseite herangezogenen § 18 BayBHV entsprechende „Ausschlussvorschrift“ enthält. Jedoch wäre der Beklagte bezogen auf den gesamten Streitgegenstand einschließlich der begehrten Pflegebeihilfe nur zu einem geringen Teil unterlegen, da die Beihilfe für das Produkt Sterillium weniger als 5% des Streitwertes ausmacht. Daher waren dem Kläger die Kosten nach § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO in Gänze aufzuerlegen.
IV.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.
V.
Gründe für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht nach § 124 Abs. 1, § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg,
Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder
Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg,
schriftlich zu beantragen. Hierfür besteht Vertretungszwang.
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,
einzureichen.
Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte, Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder die in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Der Antragsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 132,66 Euro festgesetzt.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 Euro übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.
Für die Streitwertbeschwerde besteht kein Vertretungszwang.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg,
Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder
Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg,
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.
Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.