Aktenzeichen 1 C 321/15
Leitsatz
1. Wollen die Vermieter und ihre Familien die Mietwohnung lediglich als Ferienwohnung nutzen, liegt kein “Benötigen” gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB vor. (redaktioneller Leitsatz)
2. Im Mietprozess getätigte Beleidigungen und üble Nachreden des Mieters können eine fristlose Kündigung rechtfertigen, wenn es sich bei den Äußerungen nicht um vereinzelt gebliebene Unbeherrschtheiten im Rahmen der gerichtlichen Auseinandersetzung handelt, sondern das Verhalten des Mieters über Monate hinweg andauert und auch nach ausgesprochener Kündigung fortgesetzt wird. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger die Wohnung im 2. O… in W… W…, bestehend auf drei Zimmern, Küche, Korridor, Bad/Toilette und ein Kellerabteil zu räumen und nebst sämtlichen Schlüsseln (Haustürschlüssel, Korridorschlüssel, Zimmerschlüssel) herauszugeben.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden und zwar hinsichtlich der Hauptsache (Räumung) durch Sicherheitsleistung von 2.500,00 € und hinsichtlich der Kostenentscheidung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages.
IV. Dem Beklagten wird eine Räumungsfrist bis 31.07.2017 gewährt.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 2.400,00 € festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Klage ist begründet, wobei die Kündigungen teilweise nicht zur Beendigung des Mietverhältnisses geführt haben.
I.
Den Klägern steht gegen den Beklagten gemäß § 546 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Rückgabe der streitgegenständlichen Wohnung zu, denn die Kündigungen vom 21.12.2015 und 16.03.2016 haben das Mietverhältnis der Parteien wirksam beendet, während die übrigen Kündigungen nicht greifen.
1. Kündigungen wegen Eigenbedarf
Die Kündigungen wegen Eigenbedarf nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB führen nicht zur Beendigung des Mietverhältnisses.
a) Kündigungen und Begründungserfordernis des § 573 Abs. 3 BGB Unter dem 08.07.2014, 27.04.2015 und 08.06.2015 haben die Kläger das bestehende Mietverhältnis über die streitgegenständliche Wohnung u.a. wegen Eigenbedarf gekündigt.
Die Kündigung vom 08.07.2014 ist bereits formell unwirksam, da sie dem Begründungserfordernis des § 573 Abs. 3 BGB nicht entspricht. In der Kündigung wird nicht aufgeführt, für wen und warum die streitgegenständliche Wohnung benötigt wird.
Die Kündigungen vom 27.04.2015 und 08.06.2015 sind formell ordnungsgemäß, da dem Begründungserfordernis des § 573 Abs. 3 BGB genüge getan wird.
b) berechtigtes Interesse im Sinn des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB Hinsichtlich der formell wirksamen Kündigungen vom 27.04.2015 und 08.06.2015 besteht jedoch kein berechtigtes Interesse im Sinn des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB kann der Vermieter das Mietverhältnis bei Eigenbedarf, d.h. wenn er die vermieteten Räume als Wohnung für sich oder seine Familienangehörigen benötigt, kündigen.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Kläger und ihre Familien die streitgegenständliche Wohnung für sich und ihre Familien insoweit nutzen möchten, dass sie jederzeit nach B… zu Besuch fahren und dort auch längere Zeit bleiben können. Hierbei ist jedoch nicht konkret beabsichtigt, dass die Kläger und ihre Familien bzw. einer von ihnen ihren Wohnsitz in Belgien aufgeben und nach Deutschland verlegen möchte(n). Dies haben die glaubhaften Angaben der glaubwürdigen Zeugin N… erbracht.
Die beabsichtigte Nutzung der streitgegenständlichen Wohnung genügt nicht, um dem Erfordernis des „Benötigens“ des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB genüge zu tun. Für das Benötigen genügt es, wenn der Vermieter die ernsthafte Absicht hat, die Räume selbst als Wohnung zu nutzen oder diese einem Angehörigen zu überlassen und wenn diese Absicht auf vernünftigen Erwägungen beruht. Die Kläger und ihre Familien benötigen jedoch vorliegend die streitgegenständliche Wohnung nicht als Wohnung, sondern als Ferienwohnung. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts legt jedoch zugrunde, dass das Wohnen untrennbar mit der menschlichen Existenz verknüpft ist. Wohnraum ist jeder Raum, der räumlicher Lebensmittelpunkt eines Menschen (allein oder mit anderen) zur privaten Lebensgestaltung ist (Bundesverfassungsgericht, NJW 1985, S. 2633; Bundesverfassungsgericht, NJW 1990, S. 309). Die Wohnung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Ort, an dem der Mittelpunkt der privaten Existenz des Menschen liegt. Hierbei ist das Nutzungsinteresse von einem starken personalen Bezug geprägt.
Auch nach § 7 BGB ist der Wohnsitz der Ort, an dem sich jemand ständig niederlässt. Zwar kann jemand auch mehr als nur einen Wohnsitz haben, jedoch setzt dies voraus, dass der räumliche Schwerpunkt der Lebensverhältnisse an zwei oder mehr Orten angelegt wird, wobei dabei die annähernd gleiche Verteilung der Lebensverhältnisse auf die betroffenen Orte gefordert wird. Dies ist vorliegend zur Überzeugung des Gerichts nicht gegeben. Insbesondere sollen die streitgegenständlichen Wohnungen von mehreren Familien wechselnd genutzt werden und lediglich für einen Zeitraum von wenigen Monaten im Jahr. Etwas anderes ist derzeit zumindest noch nicht absehbar. Ein Aufenthaltsort für nur längere Besuche genügt nicht, um einen Wohnsitz zu begründen (vgl. Bundesverwaltungsgericht, NJW 1986, S. 674). Es ist nicht erkennbar, dass die Kläger oder ihre Familienangehörigen beabsichtigen, in der streitgegenständlichen Wohnung eine Niederlassung von Dauer mit dem Willen, dort den räumlichen Schwerpunkt ihres Lebens einzurichten, haben. Insbesondere können vorliegend auch nicht die beabsichtigten Besuche einzelner Familienangehöriger und der Kläger zusammengerechnet werden, um zu einer Dauer zu gelangen, welche auf einen ständigen Wohnsitz hindeuten würde.
2. Kündigung wegen unsachgemäßer Behandlung/vertragswidriger Nutzung Die Kündigung vom 08.07.2014 wegen unsachgemäßer Behandlung der Mietwohnung und vertragswidriger Nutzung der Gemeinschaftsflächen führt nicht gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB zur Beendigung des Mietvertrags.
Zum einen entspricht die Kündigung nicht dem Formerfordernis des § 573 Abs. 3 BGB, da zum einen schon nicht ausdrücklich eine Kündigung wegen vertraglicher Pflichtverletzung ausgesprochen wurde und zum anderen diese auch nicht konkret genug dargelegt wurden.
Zudem ist festzustellen, dass die im Schreiben vom 08.07.2014 bemängelten Zustände bereits seit vielen Jahren vorgelegen haben und zum anderen von dem Beklagten, soweit diese die Gemeinschaftsbereiche betreffend, abgestellt wurden.
Aus alledem folgt, dass eine Erheblichkeit der Pflichtverletzung, wie sie von § 573 BGB gefordert wird, soweit die Begründung konkret erfolgt ist, zum damaligen Zeitpunkt nicht vorlag. Nach erfolgter Abmahnung durch die Kläger, soweit diese klägerseits konkret vorgetragen wurde, hat der Beklagte die Zustände verändert. So hat der Beklagte die Gemeinschaftsräumlichkeiten, insbesondere die Treppe zu der Wohnung von den von ihm dort lagernden Gegenstände befreit und hat auch den Zugang zu der Wohnung gewährt.
Aus alledem folgt, dass die Kündigung insoweit formell nicht ordnungsgemäß war, soweit eine konkrete Begründung vorliegt, nicht die erforderliche Erheblichkeit erreicht.
3. Kündigung wegen vertragswidriger Nutzung von Dachboden und Schuppen Das Mietverhältnis wurde nicht aufgrund der Kündigung vom 27.04.2015 gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB wirksam beendet, da es den Klägern nicht gelungen ist, nachzuweisen, dass eine solche gegeben ist.
Das Gericht ist zu der Überzeugung gelangt, dass der Beklagte bereits seit vielen Jahren sowohl den Schuppen als auch den Dachboden nutzt. Dies hat sich zum einen aus dem Augenschein ergeben, wobei festgestellt werden konnte, dass sowohl der Dachboden als auch der Schuppen derart mit Dingen des Beklagten gefüllt waren, dass dies – auch unter Berücksichtigung des gesundheitlichen Zustands des Beklagten – nicht innerhalb kurzer Zeit geschehen sein kann. Zudem haben die Kläger bereits seit Übernahme des Anwesens diesen Zustand vorgefunden.
Die Einlassung des Beklagten, er nutze sowohl Schuppen als auch Dachboden bereits seit den Jahren 2006 bis 2009 ist vor diesem Hintergrund glaubhaft. Dazu passt auch, dass die Miete entsprechend auf 200,00 € erhöht wurde.
Nach Ansicht des Gerichts ist damit zumindest eine konkludente Vereinbarung zwischen den Parteien getroffen worden, dass der Beklagte den Schuppen und den Dachboden nutzen kann.
Zudem verstößt eine darauf gestützte Kündigung, nachdem sehr viele Jahre lang die Nutzung zumindest geduldet wurde, gegen Treu und Glauben, § 242 BGB. Insoweit fehlt es an einer vertraglichen Pflichtverletzung, welche die Erheblichkeitsschwelle erreicht und damit zu einem Kündigungsgrund nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB führt.
4. ordentliche Kündigung nach § 2 Nr. 1 Mietvertrag Die in der Klageschrift ausgesprochene ordentliche Kündigung vom 08.06.2015, welche sich auf § 2 Nr. 1 des Mietvertrags stützt, ist unwirksam.
Die Regelung des § 2 Nr. 1 des streitgegenständlichen Mietvertrages verstößt gegen § 573 Abs. 4 BGB, da sie eine zum Nachteil des Mieters, nämlich des Beklagten, abweichende Vereinbarung darstellt. § 2 Nr. 1 des Mietvertrages ermöglicht es den Klägern, den Vermietern, grundlos das Mietverhältnis zu beendigen und stellt damit einen Nachteil des Beklagten dar.
5. Kündigung nach § 573 a BGB
Die mit der Klageschrift vom 08.06.2015 ausgesprochene Kündigung nach § 573 a BGB hat den Mietvertrag nicht wirksam beendet, da die Kläger, wie bereits festgestellt, nicht in dem streitgegenständlichen Anwesen wohnen, wie von § 573 a BGB gefordert.
Erforderlich für § 573 a BGB ist, dass die Wohnung von dem Vermieter, vorliegend den Klägern, tatsächlich genutzt wird. Dies ist vorliegend nicht gegeben, da die derzeitige Nutzung der weiteren Wohnung in dem streitgegenständlichen Anwesen durch die Kläger nicht genügt. Insoweit wird auf die Ausführung unter Ziff. I. 1. b) Bezug genommen. Derzeit nutzen die Kläger die Wohnung in einem geringeren Umfang als in Zukunft beabsichtigt.
6. Kündigung nach Beleidigung
Das Mietverhältnis zwischen den Parteien wurde wirksam aufgrund Kündigung vom 21.12.2015 gemäß § 543 Abs. 1 BGB beendet.
Die in den Schriftsätzen des Beklagten im hiesigen Verfahren getätigten Äußerungen stellen Beleidigungen und üble Nachrede dar und sind damit zugleich Vertragsverletzungen.
Die klägerseits vorgebrachten Tatsachen, welche der Beklagte in seinen Schriftsätzen als nachgewiesene Falschaussagen, Verleumdungen, Beleidigungen und arglistige Täuschungen bezeichnet, haben sich im hiesigen Verfahren bestätigt.
Wie bereits dargestellt beabsichtigen die Kläger und ihre Familien die streitgegenständliche Wohnung in naher Zukunft selbst zu benutzen in dem angegeben Umfang und nicht zu veräußern, wie beklagtenseits behauptet. Zudem hat der gerichtliche Augenschein ergeben, dass die Wohnung den klägerseits geschilderten Zuständen entspricht.
Die Äußerungen des Beklagten sind vorliegend auch nicht von der Meinungsfreiheit nach Artikel 5 Abs. 1 GG gedeckt. Hierbei berücksichtigt das Gericht, dass die Äußerungen des Beklagten nicht ohne Anlass geschehen sind, sondern im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung um die Räumung getroffen worden. Damit sind sie in einer bereits vorgegeben streitigen Atmosphäre erfolgt. Jedoch handelt es sich nicht um eine momentane und vereinzelt gebliebene Unbeherrschtheit des Beklagten, sondern vielmehr zieht sich das Verhalten des Beklagten über Monate hinweg und wird auch nach ausgesprochener Kündigung von diesem fortgesetzt. Auch in Streitigkeiten, welche auf einem Mietverhältnis fußen, haben es die Vermieter nicht zu dulden, sich fortwährend beleidigen zu lassen.
Die genannten Vertragsverletzungen liegen auch entsprechend so schwer, dass den Klägern als Vermietern die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass sich die Kläger mehrere Monate im Jahr im gleichen Anwesen, nämlich in der Wohnung unterhalb der streitgegenständlichen Wohnung aufhalten, sodass ein Zusammentreffen der Parteien unvermeidbar ist.
Eine Abmahnung war insoweit nicht erforderlich, da der Ausnahmetatbestand des § 543 Abs. 3 S. 2 BGB vorliegt. Das Vertrauen wurde vorliegend nachhaltig zerstört. Unabhängig davon ist auch festzuhalten, dass, falls eine Abmahnung erforderlich gewesen wäre, eine solche in der Kündigung vom 21.12.2015 zu sehen wäre. Nach dieser Kündigung hat der Beklagte die Beleidigungen beispielsweise im Schreiben vom 20.02.2016 wiederholt, sodass die erneut wegen Beleidigung ausgesprochene Kündigung vom 16.03.2016 insoweit greifen würde.
7. Kündigung wegen Zustand der Wohnung und unzureichende Beheizung Das Mietverhältnis wurde zudem durch die Kündigung vom 16.03.2016 aufgrund des anhaltenden vertragswidrigen Zustands der streitgegenständlichen Wohnung gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB beendet.
Der Beklagte hat seine vertraglichen Pflichten schuldhaft erheblich verletzt, § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB.
Die Verletzung der vertraglichen Pflichten umfasst auch den vertragswidrigen Gebrauch im Sinn von § 541 BGB. Der Beklagte hat die Rechte der Vermieter erheblich verletzt, weil er die Wohnung in erheblichem Umfang verwahrlosen ließ und ein übermäßiger Gebrauch der Mietsache durch Überlastung von Räumen vorliegt.
Zu dieser Überzeugung ist das Gericht gelangt aufgrund des Augenscheins vom 19.02.2016. In der gesamten Wohnung stapeln sich Unrat, Kartons, Taschen, Altpapier sowie Gegenstände diverser Art. Ein Benutzen der Küche ist nicht möglich, da Schränke und Waschmaschine mit diversen Geräten und Sachen belagert waren. Die benutzbaren Geräte, wie Mikrowelle und Elektroherdplatte, waren stark verschmutzt. In der gesamten Wohnung hat es unerträglich gestunken. Die Badewanne war nicht benutzbar und wurde wohl auch seit Jahren nicht benutzt. Eine Dusche ist nicht vorhanden. Außer dem Waschbecken befindet sich keine Waschmöglichkeit in der Wohnung. Das Bad hat einen nicht benutzbaren Eindruck hinterlassen und war ebenfalls mit Gegenständen vollgestellt. Soweit der Beklagte angegeben hat, ein Großteil der herumliegenden Sachen solle in dem zweiten Schuppen untergebracht werden, ist dies ein Ding der Unmöglichkeit, da die Schuppen bis zum Rand bereits mit diversen Dingen gefüllt sind. Die Wohnung wird lediglich durch einen Radiator in der Küche beheizt. Nicht nur die Küche, sondern auch das Bad waren stark verschmutzt.
Ein Raum in der Wohnung war derart vollgestellt, dass ein Betreten nicht möglich war. Eine Überbelastung des Raums war offensichtlich. Die Gefährdung der Mietsache durch Verwahrlosung und Vermüllung sowie des beißenden Geruchs führt zu einer Gefährdung der Mietsache. Zwar hat der Beklagte aufgrund der Kündigung vom 08.07.2014 den zuvor noch gravierenderen Zustand gebessert, insbesondere was die Gemeinschaftsräume betrifft, jedoch wurde die Gefährdung der Mietsache nicht beseitigt. Der Beklagte ist mit Blick auf sein vertragswidriges Nutzerverhalten auch nicht einsichtig und nicht zu einer Zusammenarbeit mit Ämtern bereit. So wurden von dem Beklagten entsprechende Personen, welche ihm helfen wollten, nicht empfangen.
Eine Gefährdung liegt auch bereits dann vor, wenn die Mietsache durch die Pflichtverletzung noch nicht beschädigt worden ist, sondern bereits dann, wenn der Eintritt eines Schadens nach der Sachlage signifikant höher ist als bei einem vertragsgerechten Verhalten. Dies liegt vorliegend auf der Hand bei dem Zustand der Wohnung und dem Heizverhalten des Beklagten. Der Beklagte hat auch seit seinem Einzug im Jahr 1986 keinerlei Schönheitsreparaturen an der Wohnung erbracht und diese auch nicht seitens der Kläger zugelassen.
Die Pflichtverletzung ist auch erheblich, da ihr eine gewisse Bedeutung zukommt. Anders als bei § 543 BGB ist es bei § 573 BGB nicht erforderlich, dass dem Vermieter die Vertragsfortsetzung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar ist.
Vorliegend ist zum einen die Pflichtverletzung nicht unerheblich und zum anderen auch die Gefährdung der Mietsache nicht. Bei übermäßigen Lagern von Gerümpel und Müll in einer Mietwohnung sowie einer ungenügenden Beheizung liegt sowohl die Erheblichkeit als auch die Gefährdung des Mietobjekts auf der Hand.
Zudem ist zu berücksichtigen, dass vorliegend eine bzw. mehrere diesbezügliche Abmahnungen erfolgt sind, sodass auch deshalb, da der Beklagte keine vollständige Abhilfe geschaffen hat, Erheblichkeit vorliegt (vgl. AG Hamburg-Harburg, ZMR 2011, S. 644; LG Berlin, ZMR 2011, S. 873). Nachdem vorliegend eine Abmahnung bzw. mehrere gegeben sind, kann offenbleiben, ob die Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB eine vorherige Abmahnung voraussetzt. Das Gericht schließt sich insoweit der Auffassung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 28.11.2007, Az. VIII ZR 145/07) an, wonach die ordentliche Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum durch den Vermieter wegen schuldhafter nicht unerheblicher Vertragsverletzung des Mieters eine Abmahnung des Mieters durch den Vermieter nicht voraussetzt, jedoch Bedeutung im Rahmen der Erheblichkeit erlangt. So ist es vorliegend auch gewürdigt worden.
Die vertragliche Pflichtverletzung begründet sich auch auf ein schuldhaften Verhalten des Beklagten, da dieser zumindest fahrlässig gehandelt hat. Allein aufgrund der zahlreichen Abmahnungen und des laufenden Verfahrens wurde der Beklagte auch ausdrücklich auf die durch sein Verhalten entstehenden Gefahren aufmerksam gemacht, welchen er sich jedoch verschließt.
Die Kündigung ist auch formell ordnungsgemäß nach § 573 Abs. 3 BGB, da die Gründe für das berechtigte Interesse der Kläger an der Kündigung in dem Schreiben vom 16.03.2016 ausreichend angegeben wurden.
Unter Berücksichtigung des § 573 c BGB i.V.m. § 2 Nr. 1 des Mietvertrages verlängert sich die Kündigungsfrist aufgrund der langen Mietdauer von über zehn Jahren um insgesamt neun Monate, sodass ausgehend von der Kündigung vom 16.03.3016 die Räumung zum 31.03.2017 zu erfolgen hat.
Die mit Schreiben vom 16.03.2016 erklärte außerordentliche Kündigung wegen vertragswidrigen Zustands der Wohnung und nicht ausreichender Beheizung nach § 543 Abs. 2 BGB greift nicht, da die Erheblichkeit, welche erforderlich ist, nicht vorliegt, da der vertragswidrige Zustand bereits seit vielen Jahren anhält.
8. Härtegründe § 574 BGB
Das Mietverhältnis ist auch nicht aufgrund des Widerspruchs des Beklagten gemäß §§ 574, 574 a BGB fortzusetzen. Nach § 574 Abs. 1 BGB kann das erkennende Gericht die Fortsetzung des Mietverhältnisses für eine bestimmte Zeit oder auf unbestimmte Zeit anordnen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter und seine Familie eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist. Eine solche Abwägung hat im vorliegenden Verfahren stattzufinden.
Unter einer Härte sind alle Nachteile wirtschaftlicher, finanzieller, gesundheitlicher, familiärer oder persönlicher Art zu verstehen, die infolge der Vertragsbeendigung auftreten können. Der Eintritt der Nachteile muss dabei nicht mit absoluter Sicherheit feststehen. Es genügt, wenn solche Nachteile mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. Die Nachteile müssen dergestalt sein, dass sie nicht zu rechtfertigen sind. Die kündigungstypischen Belastungen, wie Mühe und Kosten der Wohnungssuche, des Umzugs, der Herrichtung der neuen Wohnung usw. muss ein im durchschnittlichen Verhältnissen lebender Mieter hinnehmen. Erforderlich ist mithin, dass die Nachteile von einigem Gewicht sind. Maßgeblich ist hierbei eine Gesamtbewertung aller in der Person des Mieters bzw. der Mieter liegenden Härtegründe. Bei dieser Wertung sind auch diejenigen Gründe einzubeziehen, die bei isolierter Betrachtung keine Härte darstellen.
Bei einer Abwägung von grundsätzlich gleichrangig zu bewertenden Interessen der Parteien setzt sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts letztlich das Eigentümerinteresse durch. Auf beiden Seiten stehen sich vorliegend gewichtige Interessen gegenüber.
Die Kläger haben ein berechtigtes Interesse daran, dass das streitgegenständliche Objekt nicht durch die vertragswidrige Nutzung des Beklagten gefährdet wird. Weiter haben die Kläger auch ein berechtigtes Interesse daran, dass aufgrund des zerrütteten Vertragsverhältnisses das Mietverhältnis nicht fortgesetzt wird. Der Beklagte hat hingegen aufgrund der langen Dauer des Mietverhältnisses von nunmehr 30 Jahren ein erhebliches Interesse daran, dass das Mietverhältnis fortgesetzt wird. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Wohnung einen letztlich nicht bewohnbaren Zustand, mangels ausreichender Beheizbarkeit und sanitären Anlagen, aufweist. Gerade die Erkrankung des Beklagten erfordert jedoch, dass dieser in einer entsprechenden Wohnung lebt. Die insoweit gegebene Uneinsichtigkeit des Beklagten, welche auch dazu geführt hat, dass er sich nicht nach Ersatzwohnraum umgesehen hat, begründet kein berechtigtes Interesse. Die gesundheitlichen und finanziellen Schwierigkeiten des Beklagten sind zwar gewichtige Argumente, diesen kann jedoch durch die Gewährung einer Räumungsfrist gemäß § 721 ZPO hinreichend Rechnung getragen werden.
Ein durch den Umzug begründetes Herausreißen aus einem sozialen Umfeld o.ä. wurde seitens des Beklagten weder behauptet, noch ist ein solches erkennbar. Dem Beklagten geht es offensichtlich insbesondere darum, sich den günstigen Wohnraum zu erhalten, wobei er hier auch unzumutbare Wohnzustände in Kauf nimmt. Jedoch ist festzuhalten, dass der Mieter nach Erhalt einer berechtigten Kündigung verpflichtet ist, sich um einen angemessenen Ersatzwohnraum zu bemühen. Dabei er muss notfalls auch eine höhere Miete in Kauf nehmen. Ein solches Bemühen seitens des Beklagten ist nicht erfolgt.
Bei der im Rahmen des § 574 BGB durchzuführenden Interessenabwägung überwiegen die Belange der Kläger. Eine Fortsetzung des Mietverhältnisses war deshalb nicht geboten.
II.
1. Räumungsfrist
Nach alledem hat das Gericht dem Beklagten gemäß § 721 Abs. 1 ZPO von Amts wegen eine Räumungsfrist zum 31.07.2017 bewilligt. Die Frist von nahezu einem Jahr erscheint unter Berücksichtigung der Interessen der Kläger angemessen und auch in Abwägung mit den Interessen des Beklagten. Das Gericht hat hierbei die Schwierigkeiten bei der Anmietung von angemessenen Ersatzwohnraum für den gesundheitlich angeschlagenen und finanziell eingeschränkten Beklagten ebenso berücksichtigt wie die Mietdauer von 30 Jahren. Zudem hat das Gericht berücksichtigt, dass der Beklagte die Miete pünktlich und vollständig entrichtet. Andererseits ist jedoch auch zu bedenken, dass die erste, wenn auch unwirksame Kündigung bereits am 08.07.2014 und die wirksame Kündigung bereits am 21.12.2015 ausgesprochen wurde.
Unter Abwägung dieser Gesichtspunkte hält das Gericht eine Räumungsfrist bis zum 31.07.2017 für angemessen.
2. Kostenentscheidung
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
3. Vollstreckbarkeit
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 7 und 11, 711 S. 1 und 2, 709 ZPO.
4. Streitwert
Der Streitwertbeschluss folgt aus § 3 ZPO, § 63 Abs. 2 GKG und richtet sich nach der Jahresnettomiete.