Aktenzeichen B 4 E 16.569
Leitsatz
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 1.250,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege einer einstweiligen Anordnung eine Aussetzung der Abschiebung.
Der Antragsteller, ein kosovarischer Staatsangehöriger, reiste am 21.11.2014 ins Bundesgebiet ein und stellte einen Asylantrag, der mit Bescheid des Bundesamts für … (i. F. Bundesamt) vom 10.12.2015 als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde. Der Antragsteller wurde unter Androhung der Abschiebung in den Kosovo zur Ausreise binnen Wochenfrist aufgefordert. Gemäß § 11 Abs. 7 AufenthG wurde ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet und auf 10 Monate ab dem Tag der Ausreise befristet. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.
Am 12.02.2016 wies das Verwaltungsgericht Würzburg die asylrechtliche Klage gegen den Bescheid des Bundesamts vom 10.12.2015 als offensichtlich unbegründet ab (W 6 K 15.30055). Eine freiwillige Ausreise des Antragstellers erfolgte nicht.
Mit Bescheid vom 10.02.2016 wies die Regierung von Oberfranken dem Antragsteller die Ankunfts- und Rückführungseinrichtung (ARE) in … als Wohnsitz zu.
Eine für den 23.03.2016 geplante Abschiebung schlug fehl, weil sich der Antragsteller nicht in der zugewiesenen Unterkunft sondern bei seiner Verlobten im Saarland aufhielt. Die Eheschließung der beiden fand am 16.04.2016 vor dem Standesamt in … statt, wo der Antragsteller seinen bisher den Behörden vorenthaltenen Reisepass vorlegte. Die Ehefrau, kosovarische Staatsangehörige, verfügt über eine Niederlassungserlaubnis.
Am 18.07.2016 ordnete das Amtsgericht Homburg im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Freiheitsentziehung sowie die Durchsuchung der Wohnung der Ehefrau an. Am 08.08.2016 wurde der Antragsteller dort festgenommen. Seither befindet er sich in Abschiebehaft.
Mit Telefax vom 11.08.2016 hat der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes beantragt,
dem Antragsgegner zu untersagen, den Antragsteller bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über dessen Haftbeschwerde an das Amtsgericht Homburg vom 11.08.2016 in sein Heimatland Kosovo abzuschieben.
Zur Begründung wird auf die dem Verwaltungsgericht vorliegenden Ausführungen im Haftbeschwerdeschriftsatz verwiesen.
Der Antragsgegner hat in einer vorbeugend am 11.08.2016 eingereichten „Schutzschrift“ beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Antragsteller habe wegen der Eheschließung keinen Anspruch auf einen Aufenthaltstitel. Weil sein Asylantrag unanfechtbar abgelehnt worden sei, dürfe ihm gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG vor der Ausreise kein Aufenthaltstitel erteilt werden. Er müsse das Bundesgebiet verlassen und vom Heimatland aus einen Antrag auf Ehegattennachzug stellen. Dies sei der Ehefrau des Antragstellers, der selbst kein Deutsch spreche, erklärt und ihm ausnahmsweise trotz des gescheiterten Abschiebungsversuchs die Gelegenheit zur freiwilligen Ausreise angeboten worden. Er habe jedoch nicht das geforderte Flugticket vorgelegt. Die Abschiebung sei für den 12.08.2016 vorgesehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vom Antragsgegner vorgelegten Unterlagen verwiesen.
II.
1. Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechtes der Antragsteller vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Voraussetzung ist, dass die Antragsteller das von ihnen behauptete strittige Recht (den Anordnungsanspruch) und die drohende Gefahr seiner Beeinträchtigung (den Anordnungsgrund) glaubhaft machen, § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO. Maßgebend sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
Der vollziehbar ausreisepflichtige Antragsteller, dessen Ausreisefrist abgelaufen ist, hat keinen Anspruch auf eine Duldung (Aussetzung der Abschiebung) glaubhaft gemacht. Deshalb liegt wegen der bevorstehenden Abschiebung zwar ein Anordnungsgrund, aber kein Anordnungsanspruch vor.
Gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers auszusetzen, solange sie aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird.
Die Abschiebung des Antragstellers ist nicht aus tatsächlichen Gründen unmöglich, da er einen gültigen Pass besitzt.
Die Abschiebung des Antragstellers, der sein Begehren auf einen Verbleib im Bundesgebiet auf die Ehe mit seiner eine Niederlassungserlaubnis innehabende Frau stützt, ist auch nicht aus rechtlichen Gründen unmöglich.
Rechtlich unmöglich kann eine Abschiebung sein, wenn es durch die Abschiebung unmöglich gemacht oder jedenfalls in unzumutbarer Weise erschwert wird, eine ausländerrechtliche Rechtsposition (hier die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug gemäß §§ 29, 30 AufenthG) im Bundesgebiet zu verfolgen (BayVGH, B. v. 25.01.2010 –10 CE 09.2762 – juris Rn. 10).
Der Erteilung jedweder Aufenthaltserlaubnis steht hier jedoch die sich aus § 11 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 und Satz 3 i. V. m. Abs. 1 AufenthG ergebende Titelerteilungssperre entgegen, die selbst für den Fall eines gesetzlichen Anspruchs auf einen Aufenthaltstitel gilt.
Gemäß § 11 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 AufenthG kann das Bundesamt gegen einen Ausländer, dessen Asylantrag nach § 29a Abs. 1 AsylG als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, bei dem das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt, ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen, das gemäß § 11 Abs. 7 Satz 2 AufenthG mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam wird. Von dieser Möglichkeit hat das Bundesamt in seinem Bescheid vom 10.12.2015 Gebrauch gemacht mit der Folge, dass mit Eintritt der Rechtskraft des Urteils des VG Würzburg vom 12.02.2016 der Antragsteller gemäß § 11 Abs. 7 Satz 3 i. V. m. Abs. 1 AufenthG einem Einreise- und Aufenthaltsverbot unterliegt, welches die Erteilung eines Aufenthaltstitels selbst im Falle eines Anspruchs verbietet. Es kann deshalb dahinstehen, inwieweit im vorliegenden Fall überhaupt die speziellen (Spracherfordernis, § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG) oder allgemeinen (Lebensunterhalt, Visum, § 5 Abs. 1 und 2 AufenthG) Erteilungsvoraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug vorliegen.
2. Als unterliegender Teil trägt der Antragsteller gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens. Die Höhe des Streitwertes ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr.1 und § 52 Abs. 1 GKG. Dabei war der halbe Auffangstreitwert, der in einem auf einen Duldung gerichteten Klageverfahren anzusetzen ist, im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes wiederum zu halbieren.