Arbeitsrecht

Beschwerde, Anrecht, Versorgung, Betriebsrente, Ehezeitanteil, Versorgungsausgleich, Ehezeit, Zulassung, Rechtsbeschwerde, Anrechte, Auskunft, Beitragsbemessungsgrenze, Ausgleichswert, Halbteilungsgrundsatz, externe Teilung, interne Teilung, Zulassung der Rechtsbeschwerde

Aktenzeichen  7 UF 323/13

Datum:
6.4.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 140048
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

4 F 865/03 2013-09-25 AGWUERZBURG AG Würzburg

Tenor

1. Auf die Beschwerde der A. wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Würzburg vom 25.09.2013 in Ziffer 1 Absatz 2 und 7 abgeändert wie folgt:
Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der A. (A.- Betriebsrente) zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 59.625,33 Euro bei der P., bezogen auf den 30. 06. 2003, begründet. Die A. wird verpflichtet, diesen Betrag nebst 6% Zinsen seit dem 01. 07. 2003 bis zur Rechtskraft dieser Entscheidung an die P. zu zahlen.
Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der A. (Zusatzrente C.) zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 1.600,60 Euro bei der P., bezogen auf den 30. 06. 2003, begründet. Die A. wird verpflichtet, diesen Betrag nebst 6% Zinsen seit dem 01. 07. 2003 bis zur Rechtskraft dieser Entscheidung an die P. zu zahlen.
2. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.
3. Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.580,00 € festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.
Die Beteiligten hatten am xx.xx.1984 geheiratet. Mit Endurteil des Amtsgerichts Würzburg vom 28.07.2009 wurde die Ehe geschieden. Eine Entscheidung zum Versorgungsausgleich erging nicht. Die Folgesache wurde ausgesetzt. Am 29.10.2012 hat das Familiengericht das Verfahren wieder aufgenommen und neue Auskünfte zum Versorgungsausgleich eingeholt.
Der Antragsteller hatte in der Ehezeit Anrechte erworben bei der D., der A. (hier konkret: „A.- Betriebsrente“ mit einem Ehezeitanteil (Kapital) in Höhe von 119.250,66 Euro und zudem „Ergänzungsrente C.“ mit einem Ehezeitanteil (Kapital) in Höhe von 3.201,19 Euro), der V. sowie der L.. Die Antragsgegnerin hatte Anrechte erworben bei der D. und der V..
1) Mit Beschluss vom 25.09.2013 hat das Amtsgericht Würzburg dann den Versorgungsausgleich durchgeführt. Hinsichtlich der Anrechte des Antragstellers bei der A. erging dabei folgende Entscheidung:
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der A. (Vers. Nr. 001 – Teil 2) zu Gunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 59.625,33 Euro nach Maßgabe des Tarifvertrags „A. Betriebsrente“, bezogen auf den 30.06.2003, übertragen.
Der Ausgleich des Anrechts des Antragstellers bei der A. (Vers. Nr. 001) findet nicht statt.
In den Gründen der Entscheidung wurde unter anderem ausgeführt:
Bei der A. hat der Antragsteller ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 3.201,19 Euro erlangt. Der Versorgungsträger hat gem. § 14 VersAusglG die externe Teilung gefordert. Der Ausgleichswert hierfür beträgt 1.600,60 Euro. Weil der Kapitalwert des Ausgleichs die Grenze von 5.712,00 Euro nach § 14 Abs. 2 Nr.2 VersAusglG nicht überschreitet, ist für die externe Teilung eine Vereinbarung mit der Antragsgegnerin nicht erforderlich.
Bei der A. hat der Antragsteller ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 119.250,66 Euro erlangt. Der Versorgungsträger hat gem. § 14 VersAusglG die externe Teilung gefordert. Der Ausgleichswert hierfür beträgt 59.625,33 Euro. Die Antragsgegnerin hat der externen Teilung aber nicht zugestimmt. Deshalb ist das Anrecht intern zu teilen. Der Versorgungsträger hat gem. § 5 Abs. 3 VersAusglG vorgeschlagen, den Ausgleichswert mit 59.625,33 Euro zu bestimmen.
Das Anrecht des Antragstellers bei der A. mit einem Kapitalwert von 1.600,60 Euro überschreitet nicht den Grenzwert des § 18 Abs. 3 VersAusglG von 2.856,00 Euro. Das Anrecht wird deshalb gem. § 18 Abs. 2 VersAusglG vom Versorgungsausgleich ausgeschlossen.
Das Anrecht des Antragstellers bei der A. mit einem Kapitalwert von 119.250,66 Euro ist nach § 10 I VersAusglG durch interne Teilung mit einem Ausgleichswert von 59.625,33 Euro zugunsten der Antragsgegnerin auszugleichen.
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Tenor und die Gründe der Entscheidung vom 25.09.2013 verwiesen.
2) Gegen diese ihr in der Folgezeit offenbar nicht zugestellte Entscheidung hat die A. mit Schreiben vom 17.10.2013, eingegangen beim Amtsgericht Würzburg am 22.10.2013, Beschwerde eingelegt und beantragt, hinsichtlich des Anrecht des Antragstellers bei der A. – Betriebsrente die externe Teilung nach § 17 i. V. m. § 14 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG durchzuführen.
Zur Begründung wird ausgeführt, dass es sich bei der A.-Betriebsrente um eine Direktzusage handele. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG sei eine externe Teilung auf Verlangen durchzuführen, sofern die Wertgrenzen nicht überschritten werden. Weil der Kapitalwert des Ausgleichs die Beitragsbemessungsgrenze vorliegend nicht überschreite, sei für die externe Teilung entgegen der Auffassung des Amtsgerichts eine Zustimmung der Antragsgegnerin nicht erforderlich.
3) Die Antragsgegnerin beantragt die Zurückweisung der Beschwerde der A., hilfsweise beantragt sie, im Falle einer externen Teilung auch die weitere Versorgung des Antragstellers bei der A. miteinzubeziehen und die Beträge mit dem in den Auskünften zugrunde gelegten Rechnungszins von 6% zu verzinsen.
Nach Ansicht der Antragsgegnerin ist die Beitragsbemessungsgrenze überschritten. Man müsse nämlich dem Ausgleichswert von 59.625,33 Euro den weiteren Ausgleichswert von 1.600,60 Euro hinzurechnen. Darüberhinaus sei die interne Teilung auch deswegen durchzuführen, weil der von der Beschwerdeführerin errechnete Ausgleichswert auf der Basis eines Rechnungszinses von 6% zu niedrig bemessen sei. Es sei offensichtlich, dass der Ausgleichswert nicht dem wirtschaftlichen Wert des halben Ehezeitanteils entspreche.
Rein vorsorglich beantragt die Antragsgegnerin die Zulassung der Rechtsbeschwerde hinsichtlich der Frage, welcher Zinssatz bei der Ermittlung des Ausgleichswertes zu Grunde zu legen sei und inwieweit eine Zusammenrechnung der beiden bei der A. bestehenden Versorgungsrechte zu erfolgen habe, so dass die jeweiligen Grenzwerte erreicht seien.
II.
Die nach §§ 58 ff, 217 FamFG zulässige Beschwerde der A. ist begründet. Dem Antrag des Versorgungsträgers entsprechend ist hinsichtlich des Anrecht „A. – Betriebsrente“ nach § 17 i. V. m. § 14 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG die externe Teilung durchzuführen. Zudem ist der Auskunft der A. vom 20.11.2012 folgend auch das Anrecht „Ergänzungsrente C.“ extern zu teilen.
1) Der Antragsteller hat aufgrund seiner Tätigkeit für die A. in der Ehezeit ein Anrecht auf Betriebsrente und zudem ein Anrecht auf Ergänzungsrente erworben.
Nach Auskunft der A. vom 20.11.2012 beträgt der Kapitalwert für das Anrecht „A. – Betriebsrente“ 119.250,66 Euro. Dementsprechend wurde als Ausgleichswert ein Betrag von 59.625,33 Euro vorgeschlagen. Der Ehezeitanteil des Anrechts „Ergänzungsrente C.“ beträgt 3.201,19 Euro. Dementsprechend wurde ein Ausgleichswert von 1.600,60 Euro vorgeschlagen. Hinsichtlich beider Anrechte wurde vom Versorgungsträger die Durchführung der externen Teilung beantragt. Der für die Versorgung maßgebliche Zinssatz (Rechnungszins) beträgt nach Angaben der A. 6%.
2) Bei dem Anrecht „A. – Betriebsrente“ handelt es sich um eine Direktzusage. Die Beitragsbemessungsgrenze nach § 17 VersAusglG für das Ehezeitende im Jahr 2003 liegt bei 61.200,00 Euro. Der Versorgungsträger hatte ein Ausgleichswert von 59.625,33 Euro vorgeschlagen.
a) Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin ist die genannte Beitragsbemessungsgrenze nicht deswegen überschritten, weil zum Ausgleichswert aus der Betriebsrente der Ausgleichswert aus der Ergänzungsrente C. (hier: 1.600,60 Euro) hinzugerechnet werden muss.
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist bei einer betrieblichen Altersversorgung, die sich aus verschiedenen Bausteinen zusammensetzt, im Versorgungsausgleich nämlich grundsätzlich jeder Baustein wie ein einzelnes Anrecht zu behandeln und auszugleichen (BGH FamRZ 2012, 189 ff).
Hiervon ausgehen kann es für den Grenzwert nach § 17 VersAusglG nicht auf den Gesamtwert aller betrieblichen Versorgungsanwartschaften des Antragstellers bei der A. ankommen, sondern nur auf das jeweils auszugleichende Anrecht (Breuers in: Herberger/Martinek/Rüßmann u. a., Juris PK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 17 VersAusglG; OLG Karlsruhe FamRZ 2014, 1368 ff).
b) Der von der A. zu Grunde gelegte Rechnungszins von 6% ist im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden.
Im Ergebnis zutreffend weist die Antragsgegnerin dabei auf folgenden Zusammenhang hin: je höher der Rechnungszins, desto niedriger der Barwert und der auf den externen Versorgungsträger zu übertragende Ausgleichswert.
Allerdings folgt aus dieser Feststellung nicht automatisch die Verpflichtung, den vom Träger gewählten Zinssatz zu korrigieren. Fraglich ist insoweit bereits, ob eine gerichtlich ausfüllbare Gesetzeslücke besteht. Die Wahl des Rechnungszinses hat der Gesetzgeber letztlich den Versorgungsträgern überlassen. Aus der von der Antragsgegnerin zitierten Entscheidung des OLG Frankfurt (FamRZ 2014, 760 ff) ergibt sich nichts anderes. Ob der BilMoG-Zins einen angemessenen Zinssatz darstellt, muss vorliegend nicht geklärt werden. Entscheidend ist insoweit, dass die Ehezeit bereits am 30.06.2003 endete. Der Zinssatz nach § 253 Abs. 2 HGB in der Fassung des BilMoG kann nach Rechtsprechung des OLG Bamberg zur Ermittlung des Barwertes eines Anrechts der betrieblichen Altersversorgung aber frühestens dann angewendet werden, wenn das Ehezeitende nach dem 30.11.2008 liegt (OLG Bamberg, FamRZ 2013, 1581 ff).
c) Auch der Halbteilungsgrundsatz ist nicht verletzt. Richtig ist zwar, dass die Verwendung eines unterschiedlichen Rechnungszinses bei Ausgangs- und Zielversorgung dazu führt, dass deutliche Unterschiede in der Höhe der zu erwartenden Renten bei Ausgleichsverpflichteten und beim Ausgleichsberechtigten entstehen. Eine Rendite von 6% können derzeit weder die P., noch andere Zielversorgungsträger erwirtschaften. Allerdings fordert § 1 VersAusglG nicht, dass die zu erwartenden Renten bei unterschiedlichen Versorgungen für den Verpflichteten und den Berechtigten stets gleich hoch sein müssen (OLG München FamRZ 2012, 130 ff).
3) Der Antragsgegnerin wurde mit Verfügung vom 05.02.2016 aufgegeben, bis spätestens zum 20.03.2016 ihr Wahlrecht nach §§ 14, 15 VersAusglG auszuüben. Nachdem die Antragsgegnerin in dieser Zeit keinen besonderen Zielversorgungsträger gewählt hat, ist nach § 15 Abs. 5 Satz 2 VersAusglG ein Anrecht bei der P. zu begründen.
Der Ausgleichsbetrag ist ab Ende der Ehezeit (hier: 01.07.2003) bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich in Höhe des dem auszugleichenden Anrecht zugrundeliegenden Rechnungszins zu verzinsen (vgl. BGH, Beschluss vom 07.09.2011, XII ZB 546/10 und vom 06.02.2013, XII ZB 204/11).
4) Das Anrecht des Antragstellers bei der A. – Zusatzrente C. mit einem Kapitalwert von 1.600,60 Euro überschreitet nicht den (damaligen) Grenzwert des § 18 Abs. 3 VersAusglG von 2.856,00 Euro.
Nach § 18 Abs. 2 VersAusglG soll das Familiengericht einzelne Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert nicht ausgleichen.
Allerdings ist zu sehen, dass auch dieses Anrecht – ebenso wie das Anrecht auf die A. – Betriebsrente – durch die Tätigkeit des Antragstellers für die A. erworben wurde. Zudem hat § 18 VersAusglG insbesondere zum Ziel, von einer Teilung eines geringfügigen Anrechts dann abzusehen, wenn damit ein unverhältnismäßig hoher Verwaltungsaufwand für den Versorgungsträger verbunden wäre.
Das im vorliegenden Fall ein besonderer Verwaltungsaufwand entsteht, ist aber nicht ersichtlich. Dementsprechend hat die A. mit Auskunft vom 20.11.2012 auch nicht beantragt, hinsichtlich dieses Anrechts nach § 18 Abs. 2 VersAusglG von der Teilung abzusehen, sondern vielmehr vorgeschlagen, auch dieses Anrecht extern zu teilen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 20 Abs. 1 Satz 1 FamGKG, 81 FamFG.
Die Festsetzung des Wertes für das Beschwerdeverfahren richtet sich nach §§ 40, 50 FamGKG. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts beträgt das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Ehegatten 27.900,00 Euro. Da in der Beschwerdeinstanz lediglich zwei Anrechte betroffen sind, war der Verfahrenswert auf (27.900,00 Euro x 0,2 =) 5.580,00 Euro festzusetzen.
Hinsichtlich der Frage, welcher Zinssatz bei der Ermittlung des Ausgleichswertes des Anrechts des Antragstellers bei der A. zu Grunde zu legen ist, sind die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde erfüllt (§ 70 Abs. 2 FamFG).

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