Medizinrecht

Verbot des Erwerbs und des Besitzes von Waffen und Munition

Aktenzeichen  W 9 K 17.817

Datum:
26.10.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 31377
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WaffG § 6, § 41, § 48 Abs. 1
BayVwVfG Art. 3 Abs. 1 Nr. 3a
AWaffV § 4 Abs. 3 S. 1

 

Leitsatz

1 Kommt ein Kläger einer behördlichen Anordnung zur Beibringung eines fachpsychologischen Gutachtens nicht nach, ist der Schluss auf seine Nichteignung zulässig. (Rn. 20 und 23) (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine psychische Erkrankung muss nicht feststehen, damit die Behörde Maßnahmen nach § 6 Abs. 2 WaffG einleiten kann. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
1. Der angefochtene Bescheid des Landratsamts … vom 17. Juli 2017 ist im für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. zu sog. Dauerverwaltungsakten BVerwG, U.v. 6.12.1978 – I C 23.76 – juris) in den Ziffern 1 und 4 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1.1. Der Bescheid ist formell rechtmäßig. Das Landratsamt ist für den Erlass des Bescheids nach § 48 Abs. 1 WaffG i.V.m. § 1 Abs. 1 AVWaffBeschR sachlich und nach § 49 Abs. 1 WaffG, Art. 3 Abs. 1 Nr. 3a BayVwVfG örtlich zuständig. Mit Schreiben vom 16. Dezember 2016 wurde der Kläger gemäß Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG angehört.
1.2. Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.
Rechtsgrundlage für die Ziffer 1 des verfahrensgegenständlichen Bescheids ist § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 WaffG.
1.2.1. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG für ein Besitz- und Erwerbsverbot von erlaubnisfreien Waffen und Munition in Ziffer 1 sind vorliegend erfüllt. Nach dieser Regelung kann die Behörde ein Besitzverbot für erlaubnisfreie Waffen oder Munition aussprechen und den Erwerb solcher Waffen oder Munition untersagen, wenn Tatsachen bekannt werden, die die Annahme rechtfertigen, dass der rechtmäßige Besitzer oder Erwerbswillige psychisch krank ist oder sonst die erforderliche persönliche Eignung nicht besitzt. Damit verweist das Gesetz auf die Regelung des § 6 WaffG (vgl. Runkel, in: Adolph/Brunner/Bannach, Waffenrecht, § 41 Rn. 11). Die persönliche Eignung besitzen Personen nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 WaffG nicht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie psychisch krank sind. Diese Voraussetzung ist vorliegend dadurch gegeben, dass der Kläger der Aufforderung des Landratsamts im Schreiben vom 16. Dezember 2016, ein amts-, fachärztliches oder fachpsychologisches Gutachten beizubringen, nicht nachgekommen ist. Damit war der Schluss auf die Nichteignung nach § 41 Abs. 1 Satz 2, § 6 Abs. 2, 4 WaffG i.V.m. § 4 Abs. 6, Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b AWaffV zulässig.
Der Kläger ist auch auf die Rechtsfolge gem. § 41 Abs. 1 Satz 2, § 6 Abs. 2 WaffG, § 4 Abs. 6 Satz 2 AWaffV im Schreiben vom 16. Dezember 2016 hingewiesen worden. Aus dem Schreiben ergeben sich zudem die Gründe für die Anordnung (§ 4 Abs. 3 Satz 1 AWaffV). So hat das Landratsamt auf die polizeilichen Maßnahmen vom 28. Oktober 2016 und die dabei sichergestellten Waffen abgestellt. Zudem hat es auf die über Jahre gegebenen Straffälligkeiten des Klägers verwiesen. Die Auskunft aus dem Bundeszentralregister vom 6. Dezember 2016 beinhaltet in den Jahren 2004-2015 insgesamt acht Eintragungen wegen Delikten wie Bedrohung, Nötigung oder Beleidigung. Der Kläger wurde mehrfach zu Geldstrafen rechtskräftig verurteilt. Auch im Übrigen genügt das Schreiben den formellen Anforderungen des § 4 Abs. 3, 6 AWaffV. Die dem Kläger gesetzte Frist war angemessen und wurde durch das Landratsamt verlängert. Die Vorlage eines Gutachtens erfolgte nicht.
Nach Auffassung der Kammer war die behördliche Anordnung der Beibringung eines Gutachtens auch anlassbezogen und im Hinblick auf die anlassgebenden Tatsachen und die Gefahren, die von Waffen in ungeeigneten Händen ausgehen können, auch verhältnismäßig. Der Kläger ist in den vergangenen Jahren wiederholt wegen strafrechtlicher Verstöße rechtskräftig verurteilt worden, wobei die begangenen Straftatbestände auf ein gesteigertes Aggressionspotential und auf eine Affinität zur Gewalt schließen lassen. Dieser Eindruck wird auch durch die schriftliche Stellungnahme des Klägers vom 7. November 2016 im Äußerungsbogen Betroffener gegenüber der Polizeiinspektion L. a. Main bestätigt, wonach er in seiner aktiven Kampfsportzeit gelernt habe, mit den Händen zu töten. In der mündlichen Verhandlung hat er dies wörtlich wiederholt. In diesem Sinn sind auch die Aussagen des Klägers nach dem Ereignisbericht der Polizei zu den Vorgängen vom 28. Oktober 2016 zu bewerten, wonach der Kläger von „Genick brechen“ und „platt machen“ gesprochen haben soll. Diese zeugen von einer hohen Gewaltbereitschaft. Bei einer Bewertung dieser Gesamtumstände konnte die Behörde im vorliegenden Fall eine Anordnung zur Vorlage eines Gutachtens treffen, um zu überprüfen, ob diesem Verhalten gegebenenfalls eine psychische Erkrankung des Klägers zu Grunde lag. Mit Blick auf das Schutzgut, auf das das waffenrechtliche Regime zielt und das soweit als möglich Gefährdungen aus dem Besitz und dem Führen von Waffen minimieren will, waren ausreichende Anhaltspunkte für entsprechende Bedenken i.S.v. § 6 Abs. 2 WaffG gegeben, um eine gutachterliche Abklärung zu fordern. Insbesondere muss eine psychische Erkrankung nicht feststehen, damit die Behörde Maßnahmen nach Absatz 2 einleiten kann (vgl. Runkel, in: Adolph/Brunner/Bannach, Waffenrecht, § 6 Rn. 6).
Die nicht rechtzeitige Vorlage eines Gutachtens durch den Kläger rechtfertigt den Schluss auf eine fehlende Eignung. Mit Blick auf die erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, bedarf es keiner weiteren Voraussetzung (BayVGH, B.v. 21.8.2015 – 21 C 15.1533 – juris Rn. 13).
Die Nichtvorlage erfolgte vorliegend auch ohne ausreichenden (rechtfertigenden) Grund (vgl. hierzu OVG Saarl, B.v. 16.3.2016 – 2 B 20/16 – juris). Die Erklärung des Klägers in der mündlichen Verhandlung, wonach das Gutachten zwar fertig sei, aber die Gutachterin es ihm bis heute nicht ausgehändigt habe, genügt hierfür nicht. Auch ist diese Erklärung unglaubhaft. Dies folgt daraus, dass sich bereits aus einem in den Verwaltungsvorgängen des Landratsamts befindlichen Schreiben der beauftragten Gutachterin vom 19. Juni 2017 (Bl. 58 d.V.) ergibt, dass das Gutachten für den Kläger nicht erstellt werden könne, weil dieser erforderliche Unterlagen nicht vorgelegt habe. Dies wurde im gerichtlichen Verfahren in einem weiteren Schreiben der beauftragten Gutachterin vom 22. August 2017 noch einmal ausgeführt. Gleichzeitig stellte sie darin die Erstellung des Gutachtens für Oktober/November 2017 für den Fall in Aussicht, dass der Kläger die Unterlagen noch einreiche. Danach sprechen aus Sicht des Gerichts die Umstände dafür, dass das Gutachten weiterhin wegen der fehlenden Vorlage von erforderlichen Unterlagen durch den Kläger nicht erstellt werden kann. Der Vortrag, dass die Gutachterin es nicht geschafft habe, das Gutachten an den Kläger zu geben, ist demgegenüber auch mit Blick auf den langen Zeitraum, der zwischenzeitlich vergangen ist, nicht plausibel.
1.2.2. Auch soweit in Ziffer 1 ein Besitz- und Erwerbsverbot für erlaubnispflichtige Waffen und Munition ausgesprochen wird, sind die Voraussetzungen nach § 41 Abs. 2 WaffG gegeben. Nach dieser Regelung kann die zuständige Behörde den Besitz von Waffen oder Munition, deren Erwerb der Erlaubnis bedarf, untersagen, soweit es zur Verhütung von Gefahren für die Sicherheit oder Kontrolle des Umgangs mit diesen Gegenständen geboten ist. Vorliegend ist das Verbot für erlaubnispflichtige Waffen nach § 41 Abs. 2 WaffG geboten, weil der Kläger nicht die Voraussetzungen für die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis erfüllt (vgl. BVerwG, U.v. 22.8.2012 – 6 C 30/11 – juris Rn. 35; VG Sigmaringen, U.v. 26.4.2006 – 1 K 1331/05 – juris). Nach den obigen Ausführungen verfügt der Kläger insoweit nicht über die persönliche Eignung i.S.d. § 6 WaffG. Es fehlen ihm die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG. Einer Annahme, dass die Voraussetzungen des § 41 Abs. 2 WaffG gegeben sind, steht nicht entgegen, dass auf Umstände abgestellt wird, die in der Person des Klägers liegen. Denn § 41 Abs. 2 WaffG betrifft nicht nur objektbezogene Gründe, sondern generell die Verhütung von Gefahren für Rechtsgüter, die für diese durch den nicht ordnungsgemäßen Umgang von Waffenbesitzern mit Waffen und Munition entstehen (vgl. BVerwG, U.v. 22.8.2012 – 6 C 30/11 – juris Rn. 36).
1.2.3. Der Beklagte hat sein ihm bei der Entscheidung nach § 41 Abs. 1 und 2 WaffG zukommendes Ermessen erkannt und es im Sinne von Art. 40 BayVwVfG im Rahmen der gesetzlichen Grenzen (§ 114 Satz 1 VwGO) ausgeübt. Die Ausführungen des Landratsamts sind zwar knapp, lassen aber insgesamt die angestellten Erwägungen erkennen. Das Waffenbesitzverbot ist auch mit Art. 12 GG vereinbar. Insoweit liegt schon kein Eingriff in den Schutzbereich vor. Gegenstände, welche für eine Tätigkeit als Baumfäller und Landschaftspfleger benötigt werden, sind grundsätzlich nicht von dem Waffenbesitzverbot erfasst (vgl. Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz vom 5. März 2012 zu Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nummer 1.1).
1.2.4. Auch die Kostenentscheidung in Ziffer 4 des Bescheids begegnet keinen Bedenken. Diesbezüglich wurde auch nichts vorgetragen.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Jetzt teilen:

Ähnliche Artikel