Arbeitsrecht

Gebührenfestsetzung für Verkehrswertgutachten

Aktenzeichen  B 4 K 17.247

Datum:
17.10.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 47457
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 34
BauGB § 192, § 198
BGB § 839
BayGaV § 15 Abs. 1 S. 4, Abs. 2

 

Leitsatz

Eine inhaltliche Überprüfung der Wertermittlung von Gutachterausschüssen (§ 192 BauGB) kann nicht mit einer Klage gegen die Gebührenfestsetzung erreicht werden, sondern nur im Wege einer Schadensersatzklage wegen Amtspflichtverletzung (§ 839 BGB iVm Art. 34 S. 1 GG). (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)

Gründe

1. Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Gebührenbescheid des Beklagten vom 24.02.2017 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Kläger nicht in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für die Gebührenerhebung ist § 15 Abs. 1 S. 1 der Verordnung über die Gutachterausschüsse, die Kaufpreissammlungen und die Bodenrichtwerte nach dem Baugesetzbuch (BayGaV). Danach erheben die Gutachterausschüsse für die Erstellung von Gutachten Gebühren und Auslagen (Benutzungsgebühren).
Die Höhe der Gebühr regelt § 15 Abs. 1 S. 4 i.V. m. Abs. 2 BayGaV: Kommt es für die Bemessung der Gebühr auf den ermittelten Wert an (wertabhängige Gebühr), ist der marktangepasste vorläufige Wert ohne besondere wertobjektspezifische Grundstücksmerkmale maßgebend. Dieser maßgebliche Wert beträgt hier 261.900 EUR (Seite 22 des Gutachtens vom 28.06.2016). Die vom Beklagten festgesetzte Gebühr von 1.700 EUR für einen ermittelten Wert bis zu 300.000 EUR entspricht § 15 Abs. 2 Ziff. 2. BayGaV und ist daher nicht zu beanstanden. Gegen die Auslagen werden keine Einwände erhoben.
Letztendlich geht es den Klägern nicht um die Höhe der Gutachtensgebühr, die bei einem ermittelten Wert von bis zu 200.000 EUR nur um 50 EUR niedriger wäre. Sie halten das Ergebnis der Wertermittlung für falsch, weil ihrer Ansicht nach das Grundstück Fl.-Nr. cccc/2 nicht als Rohbauland sondern als Grünfläche hätte bewertet werden müssen.
Dieses Ziel, die Wertermittlung des Gutachterausschusses inhaltlich überprüfen zu lassen, können die Kläger nicht mit einer Klage gegen die Gebührenfestsetzung für die Gutachtenserstattung erreichen, sondern nur im Wege einer Schadensersatzklage wegen Amtspflichtverletzung gemäß § 839 BGB i.V. m. Art. 34 Satz 1 Grundgesetz (GG). Für eine solche Klage ist nicht der Verwaltungsrechtsweg, sondern der ordentliche Rechtsweg zu den Zivilgerichten gegeben (Art. 34 Satz 3 GG, § 40 Abs. 2 VwGO).
Gemäß § 192 Abs. 1 BauGB sind die Gutachterausschüsse unabhängig und selbständig. Ist ein Gutachten fehlerhaft und erleidet ein Dritter (z.B. auch der Auftraggeber) einen Schaden, richtet sich die Haftung des Gutachterausschusses nach den Grundsätzen der Amtshaftung.
Der Bundesgerichtshof hat schon früh entschieden (BGH, U. v. 04.03.1982 – III ZR 156/80 -, NVwZ 1982, 395; siehe auch BGH, U. v. 09.03.2006 – III ZR 143/05 -, BGHZ 166, 313) dass es sich bei der Gutachtertätigkeit in einem Gutachterausschuss um eine öffentlich-rechtliche Tätigkeit im haftungsrechtlichen Sinne handelt. Haben die Gutachter ihre Amtspflicht, nach bestem Wissen und Gewissen die allgemein anerkannten Regeln der Wertermittlungslehre, insbesondere die Vorschriften des Baugesetzbuchs, zu beachten und die ihnen zugänglichen Erkenntnisquellen und die Gründe der Festsetzung in nachvollziehbarer Weise darzulegen, schuldhaft verletzt (vorsätzlich oder fahrlässig), und erleidet dadurch ein geschützter Dritter einen Schaden, so ist der Dienstherr zum Schadensersatz verpflichtet (vgl. dazu: Berliner Kommentar zum BauGB, Stand Mai 2015, Rn. 59 ff. zu § 192). Es trifft also nicht zu, wie die Kläger meinen, dass ein Gutachterausschuss nach Belieben Verkehrswertgutachten erstellen könne und jeglicher gerichtlichen Prüfung entzogen wäre. Sie müssen sich allerdings an das Zivilgericht wenden. Die Rechtswegzuweisung gemäß Art. 34 Satz 3 GG, § 40 Abs. 2 VwGO besteht unabhängig davon, ob die Kläger dies für „unbillig“ halten.
Im vorliegenden Gebührenrechtsstreit hat das Verwaltungsgericht nur die richtige Anwendung des § 15 BayGaV im Hinblick auf die Gebührenhöhe unter Zugrundelegung des vom Gutachterausschuss ermittelten maßgeblichen Werts zu prüfen, was – wie bereits ausgeführt – nicht zu einer Beanstandung führt. Dies gilt auch unter dem Gesichtspunkt des § 15 Abs. 6 BayGaV i.V. m. Art. 16 Abs. 5 Kostengesetz (KG), wonach Kosten nicht erhoben werden, wenn sie bei richtiger Sachbehandlung nicht entstanden wären. Da die Kläger die Gutachtenserstattung beantragt haben (§ 14 Abs. 1 BayGaV), war die Erstellung des Gutachtens die „richtige“ Sachbehandlung.
Soweit die Klägerin zu 2 in der mündlichen Verhandlung hilfsweise beantragt hat, den Oberen Gutachterausschuss mit einem Obergutachten zu beauftragen, ist dieser Antrag für den vorliegenden Rechtsstreit nicht sachdienlich, denn auch damit wird die inhaltliche Überprüfung des Gutachtens des Gutachterausschusses begehrt. Der Obere Gutachterausschuss hat neben verschiedenen anderen Aufgaben gemäß § 198 Abs. 3 BauGB auch die Aufgabe, auf Antrag eines Gerichts ein Obergutachten zu erstatten, wenn schon das Gutachten eines Gutachterausschusses vorliegt. Er ist keine Kontrollinstanz für die Gutachterausschüsse, sondern kann nur ein weiteres Gutachten erstatten, das ebenso wie die Gutachten des Gutachterausschusses gemäß § 193 Abs. 3 BauGB keine bindende Wirkung hat. Allein die Gerichte entscheiden, welchem Gutachten sie folgen wollen (vgl. Voß in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Rn. 16 ff. zu § 198). Ein solches (ebenfalls kostenpflichtiges) Obergutachten könnte das zuständige Zivilgericht im Rahmen eines Amtshaftungsrechtsstreits erstatten lassen. Für den hier anhängigen Gebührenrechtsstreit wäre ein Obergutachten nicht relevant.
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 i.V. m. § 159 Satz 2 VwGO.
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.

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