Aktenzeichen 27 O 2549/18
Leitsatz
Die Einfügung der Angabe “0,00 Euro” macht die Widerrufsinformation in einem Darlehensvertrag nicht irreführend, da für den durchschnittlich verständigen Verbraucher offensichtlich ist, dass es sich um einen Formulardarlehensvertrag handelt, der für verschiedene Vertragsgestaltungen offen sein muss. Die Angabe von “0,00 Euro” ist auch nicht geeignet, den Verbraucher von der Ausübung des Widerrufsrechts abzuhalten. Es handelt sich um eine Regelung zugunsten des Darlehensnehmers, durch die dieser sogar besser gestellt wird, als dies gesetzlich möglich wäre. Der Verbraucher kann aber aus einer solchen für ihn günstigen Regelung keinen Belehrungsfehler herleiten. (Rn. 13 – 15) (red. LS Andy Schmidt)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 23.587,37 € festgesetzt.
Gründe
I. Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
Die Widerrufsfrist war bei Erklärung des Widerrufs längst abgelaufen. Die Widerrufsinformation der Beklagten ist nicht zu beanstanden.
A:
1) Angabe des Tageszinssatz
Entgegen der Ansicht der Klagepartei wurde mit der Angabe des Zinsbetrags mit „0,00 Euro“ im Rahmen der Widerrufsfolgen auch der Gestaltungshinweis (3) des Musters korrekt umgesetzt, denn dort heißt es nur, dass der genaue Zinsbetrag in Euro pro Tag einzufügen ist und Centbeträge als Dezimalstellen anzugeben sind. Diese Voraussetzungen sind aber auch bei der Angabe von „0,00 Euro“ erfüllt.
Der Widerspruch zu dem vorangehenden bzw. nachfolgenden Satz war für die Beklagte unvermeidbar, ohne den Text des Musters einer inhaltlichen Bearbeitung zu unterziehen und sich so der Schutzwirkung des Musters zu begeben. Die Einfügung der Angabe „0,00 Euro“ macht die Widerrufsinformation im Übrigen aber auch nicht irreführend, da für den durchschnittlich verständigen Verbraucher offensichtlich ist, dass es sich um einen Formulardarlehensvertrag handelt, der für verschiedene Vertragsgestaltungen offen sein muss. Die Angabe von „0,00 Euro“ ist auch nicht geeignet, den Verbraucher von der Ausübung des Widerrufsrechts abzuhalten. Es handelt sich um eine Regelung zugunsten des Darlehensnehmers, durch die dieser sogar besser gestellt wird, als dies gesetzlich möglich wäre. Der Verbraucher kann aber aus einer solchen für ihn günstigen Regelung keinen Belehrungsfehler herleiten.
Das Gericht schließt sich hier zudem dem Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts München vom 30.7.2018, Az.: 17 U 1469/18 (Anlage B 19) an. Das Oberlandesgericht führt hierzu folgendes aus: „Es liegt auch kein Verstoß gegen Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 2 EGBGB a.F. vor, weil der pro Tag zu zahlende Zinsbetrag angegeben ist. Wenn dieser – zugunsten des Verbrauchers – 0,00 € beträgt, mag der Verbraucher darüber positiv überrascht sein. Ein Widerspruch oder eine Irreführung lässt sich auch nicht zu Satz 1 der Widerrufsfolgen konstruieren. Der verständige Verbraucher kann aus der Gesamtschau entnehmen, dass die Beklagte zu seinen Gunsten beim Widerruf auf Verzinsung des Darlehens verzichtet; zudem würde die Beklagte durch eine Umformulierung des Satzes 1 den Verlust ihres Vertrauensschutzes riskieren, was ihr nicht zugemutet werden kann
2) Die Klagepartei hat auch sämtliche erforderlichen Pflichtangaben gemäß § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 §§ 6-13 EGBGB a.F. ordnungsgemäß erhalten. In den dem Kläger überreichten Unterlagen zu dem Darlehensvertrag und in den entsprechenden ADB sind alle zu erteilenden Pflichtgaben enthalten.
3) Die Beklagte kann sich zudem jedenfalls auch auf die Schutzwirkung des Musters nach Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB i.d.F. bis 20.03.2016 berufen, da sie gegenüber der Klagepartei in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form ein Formular verwendet hat, das dem Muster sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht. Die Beklagte hat das Muster exakt umgesetzt. Dass die Beklagte den Darlehensnehmer direkt anspricht, ist nach den Gestaltungshinweisen zur Anlage 7 zu Art. 247 § 6 EGBGB zulässig
Das OLG Hamburg (Az. 13 U 334/16, vorgelegt als Anlage B 11) führt hierzu überzeugend an: „Mit der Passage zur Wertersatzpflicht des Darlehensnehmers hat die Beklagte zulässigerweise von der Möglichkeit des Gestaltungshinweises (6c) Gebrauch gemacht“
4) Die Klagepartei kann sich auch nicht erfolgreich darauf berufen, dass in den Widerrufsinformationen nicht auf § 357 VII BGB verwiesen wird.
Die Widerrufsbelehrung enthält hierzu folgende nicht zu beanstandende Erklärung, welche dem Gestaltungshinweis 6 c der einschlägigen Muster-Widerrufsbelehrung entspricht:
„Wenn Sie die aufgrund des verbundenen Vertrags überlassene Sache nicht oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren können, haben Sie insoweit Wertersatz zu leisten.“
Die 14-tägige Widerrufsfrist wurde damit ordnungsgemäß in Gang gesetzt, sodass sie bei Erklärung des Widerrufs durch die Klagepartei längst abgelaufen war.
B.
Auf die Fragen des Rechtsmissbrauchs und der Verwirkung sowie einer etwaigen Wertersatzpflicht der Klagepartei kommt es daher schon nicht mehr an.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.
III.
Der Streitwert wurde gemäß §§ 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO in Höhe des Nettodarlehensbetrages zuzüglich geleisteter Anzahlung festgesetzt.