Aktenzeichen 7 V 1846/18
Leitsatz
Tenor
1. Die Bescheide vom 6. November 2017 zur Körperschaftsteuer 2011 bis 2015 werden in Höhe von 54.529 € (2011), 32.185 € (2012), 43.207 € (2013), 45.000 € (2014) und 45.000 € (2015) und zum Gewerbesteuermessbetrag 2011 bis 2015 in Höhe von 12.722 € (2011), 7.507 € (2012), 10.080 € (2013), 10.500 € (2014) und 10.500 € (2015) für die Dauer der Rechtshängigkeit des Hauptsacheverfahrens von der Vollziehung ausgesetzt. Die Aussetzung der Vollziehung entfällt rückwirkend, sofern nicht innerhalb von 3 Monaten nach Zustellung dieses Beschlusses eine Sicherheit im Höhe von 271.230 € geleistet wird.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.
Gründe
I.
Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung nach Durchführung einer Steuerfahndungsprüfung. Die Antragstellerin wurde am 1. Dezember 2010 gegründet. Gegenstand des Unternehmens der Antragstellerin ist der Betrieb gastronomischer Betriebe auf verschiedenen Volksfesten.
Aufgrund von Ermittlungen der Steuerfahndung erließ das Finanzamt am 20. September 2017 eine Arrestanordnung betreffend Körperschaftsteuer 2011, 2012 und 2013. Die Steuerfahndung war zu dem Ergebnis gekommen, dass die Buchführung der Antragstellerin der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden könne. Für die täglich erzielten Umsatzerlöse bei großen Veranstaltungen seien in manchen Fällen handschriftliche Zahlenkolonnen mit teils fünfstelligen Beträgen erstellt und der Buchführung als Beleg – anstelle der Z-Bons der elektronischen Registrierkasse – zugrunde gelegt worden. Für einige Veranstaltungen seien für die geprüften Veranlagungszeiträume überhaupt keine Erlöse gebucht worden. Die Belege seien sehr ungeordnet, insbesondere in einem Wäschekorb bzw. Müllbeutel, und in loser Form aufbewahrt worden. Als Buchungsbelege hätten in vielen Fällen Mahnungen oder Zahlungserinnerungen, nicht jedoch die eigentlichen Rechnungen gedient. Getränke- und Speisekarten seien nur für größere Veranstaltungen aufbewahrt worden. Wareneinkäufe im Zusammenhang mit größeren Veranstaltungen seien mit hohen Pauschalbeträgen eingebucht worden. Anhand von vorliegenden Z-Bons sei ersichtlich, dass wegen inhaltlicher Unstimmigkeiten Manipulationen vorgenommen worden seien. In einer Vielzahl von Fällen seien in bar vereinnahmte Erlöse ohne Beleg (Z-Bon) gebucht worden. Für das Volksfest … im April/Mai 2013 lagen nur X-Bons, d.h. Zwischenberichte, vor. Die darin ausgewiesenen Umsätze seien wesentlich höher als die gebuchten Umsätze.
Das Finanzamt nahm daraufhin eine Schätzung der Umsatzerlöse vor, insbesondere eine Nachkalkulation auf Grundlage des bekannten Getränkeeinkaufs. Anhand von beschlagnahmten EDV-Daten des Kassensystemaufstellers ermittelte das Finanzamt ein ungefähres Verhältnis von 30% Speiseumsätzen zu 70% Getränkeumsätzen bei den meisten Veranstaltungen, die einem Festzeltbetrieb vergleichbar waren.
Entsprechend der Feststellungen der Außenprüfung erließ das Finanzamt am 6. November 2017 zur Körperschaftsteuer und zum Gewerbesteuermessbetrag für das Jahre 2011 einen Änderungsbescheid bzw. erstmalig Bescheide für die Jahre 2012 bis 2015.
Im dagegen gerichteten Einspruchsverfahren reichte die Antragstellerin am 9. Januar 2018 für die Jahre 2013 und 2014 Steuererklärungen und Bilanzen ein. Auf die Anforderung des Finanzamts, weitere Unterlagen vorzulegen, erfolgte keine Reaktion. Über die Einsprüche hat das Finanzamt noch nicht entschieden. Ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wurde beim Finanzamt nicht gestellt.
Mit ihrem bei Gericht gestellten Antrag wendet sich die Antragstellerin gegen die Steuerfestsetzung der Jahre 2011 bis 2015. Die Schätzung der Steuerfahndung sei unzutreffend. Obwohl für die Jahre 2011 bis 2014 Steuererklärungen abgegeben worden seien, hätte das Finanzamt die Einsprüche noch nicht bearbeitet. Im Übrigen habe die Steuerfahndung die Unterlagen für das Jahr 2015 bis 30. April 2015 einbehalten, so dass für das Jahr 2015 noch keine Bilanz und Steuererklärungen erstellt werden konnten.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
die Vollziehung der Bescheide jeweils vom 6. November 2017 zur Körperschaftsteuer 2011 bis 2015 in Höhe von 54.529 € (2011), 32.185 € (2012), 43.207 € (2013), 45.000 € (2014) und 45.000 € (2015) und zum Gewerbesteuermessbetrag 2011 bis 2015 in Höhe von
12.722 € (2011), 7.507 € (2012), 10.080 € (2013), 10.500 € (2014) und 10.500 € (2015) wegen ernsthafter Zweifel an der Rechtmäßigkeit auszusetzen.
Das Finanzamt beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Es trägt vor, dass die Aufzeichnungen der Antragstellerin nach den Feststellungen der Steuerfahndungsstelle erhebliche formelle und materielle Mängel aufgewiesen hätten. Als Buchungsbelege hätten in vielen Fällen nicht die ursprünglichen Originalrechnungen, sondern Mahnungen und Quittungen gedient. Die den Buchungen zugrundeliegenden Tagesendsummenbons (Z-Belege) seien für die Umsätze der Jahre 2011 und 2013 unstimmig gewesen. Die Verbuchung der täglich anfallenden Geschäftsvorfälle sei konsequent nach dem Ist-Prinzip i.S.d. § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) und nicht nach dem gesetzlich vorgeschriebenen Sollprinzip i.S.d. § 4 Abs. 1 i.V.m. § 5 EStG vorgenommen worden.
Die Antragstellerin habe zwar am 9. Januar 2018 für die Jahre 2013 und 2014 Steuererklärungen und Bilanzen eingereicht. Das Finanzamt habe jedoch die aufgrund der Feststellungen der Steuerfahndung ergangenen Bescheide nicht ändern können, da notwendige Unterlagen, beispielsweise die Summen- und Saldenliste, Erlöskonten, Kontennachweise zu den Aufwendungen für bezogene Waren, eine Aufstellung zu den sonstigen betrieblichen Aufwendungen sowie Mietverträge trotz entsprechender Aufforderung nicht eingereicht worden seien.
Im Übrigen habe die Vollstreckungsstelle des Finanzamts erklärt, dass weiterhin Vollstreckungsmaßnahmen betrieben würden, insbesondere sei am 30. Mai 2018 ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten und auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
1. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wird dahingehend ausgelegt, dass nicht auch die Aussetzung der Bescheide über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gem. §§ 27, 28 KStG zum 31.12.2011 bis 31.12.2013, die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2011 und 31.12.2012 und des Bescheids über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2012 begehrt wird. Diese Bescheide waren dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zwar beigefügt, es wurde insoweit jedoch kein eigenständiges Aussetzungsbegehren dargelegt.
2. Der Antrag ist zulässig, da wegen drohender Vollstreckungsmaßnahmen die Zugangsvoraussetzungen des § 69 Abs. 4 Nr. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) erfüllt sind.
3. Im Übrigen ist der Antrag begründet.
Gemäß § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 FGO ist die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes auf Antrag auszusetzen, soweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids bestehen. Ernstliche Zweifel i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO liegen bereits dann vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Bescheides neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung seit dem BFH-Beschluss vom 10.02.1967 III B 9/66, BStBl III 1967, 182; BFH-Beschluss vom 08.04.2009 I B 223/08, BFH/NV 2009, 1437). Die Entscheidung hierüber ergeht bei der im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt (vgl. BFH-Beschluss vom 07.09.2011 I B 157/10, BStBl II 2012, 590, unter II.2.). Zur Gewährung der AdV ist es nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe im Sinne einer Erfolgswahrscheinlichkeit überwiegen (BFH-Beschluss vom 19.03.2014 V B 14/14, BFH/NV 2014, 999).
An der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide zur Körperschaftsteuer 2011 bis 2015 und zum Gewerbesteuermessbetrag 2011 bis 2015 bestehen bei der gebotenen überschlägigen Prüfung anhand des aktenkundigen Sachverhalts und der präsenten Beweismittel ernsthafte Zweifel.
3.1. Bei summarischer Prüfung war die Schätzungsbefugnis des Finanzamts für die Streitjahre 2011 bis 2014 zwar gegeben, da die Buchführung der Antragstellerin nicht den Anforderungen der §§ 140 ff Abgabenordnung (AO) entspricht. Es liegen gravierende formelle Mängel der Buchführung vor, die für sich bereits eine Schätzungsbefugnis nach § 162 Abs. 1 AO eröffnen, da sie Anlass geben, die sachliche Richtigkeit des Buchführungsergebnisses anzuzweifeln.
Nach den unwidersprochenen Feststellungen der Steuerfahndung wurden die der Buchführung zugrundeliegenden Belege in loser Form und ungeordnet aufbewahrt. Die Höhe der täglichen Umsatzerlöse bei großen Veranstaltungen wurde teilweise nicht aufgrund der Tagesendsummenbons der elektronischen Registrierkasse, sondern aufgrund handschriftlicher Aufzeichnungen belegt, so dass das Zustandekommen der in der Buchführung erfassten Summen der Tageseinnahmen nicht überprüfbar ist. Für einige Veranstaltungen wurden für die geprüften Veranlagungszeiträume überhaupt keine Erlöse gebucht. Außerdem wurden bei der Überprüfung der Z-Bons wegen inhaltlicher Unstimmigkeiten Manipulationen festgestellt. Für das ABC-Fest im April/Mai 2013 lagen nur X-Bons, d.h. Zwischenberichte vor.
Da nach der Art des Betriebs der Antragstellerin (Gaststätte) Barumsätze eine bedeutende Rolle spielen, ist der formelle Mangel der Buchführung auch so erheblich, dass deren sachliche Richtigkeit anzuzweifeln und eine Schätzungsbefugnis hinsichtlich der Umsätze gegeben ist (vgl. BFH-Beschluss vom 12.7.2017 X B 16/17, BFHE 257, 523). Plausible Gründe, weshalb keine Grundaufzeichnungen erstellt wurden bzw. nicht vorgelegt werden können, wurden von der Antragstellerin nicht vorgetragen. Da sie selbst vorgetragen hat, dass die Steuerfahndung die beschlagnahmten Unterlagen für das Jahr 2015 am 30. April 2015 wieder herausgegeben hat, kann nicht nachvollzogen werden, warum bislang keine Steuererklärungen beim Finanzamt abgegeben worden sind.
Für das Jahr 2015 wurden keine Steuererklärungen abgegeben, so dass die Schätzungsbefugnis des Finanzamts gemäß § 162 Abs. 2 AO eröffnet ist.
3.2. Bei summarischer Prüfung hat der Antrag jedoch im Hinblick auf die Höhe der Zuschätzung aufgrund der vom Finanzamt gewählten Schätzungsmethode Erfolg. Im Streitfall lässt sich die Kalkulation – nicht einmal in Grundzügen – überprüfen.
Nach § 162 Abs. 1 Satz 2 AO sind bei einer Schätzung alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Die gewonnenen Schätzergebnisse müssen schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein. Ziel der Schätzung ist es, bezogen auf den jeweils festgestellten Sachverhalt die zahlenmäßigen Auswirkungen durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen so zu bestimmen, dass sie der Wirklichkeit möglichst nahekommen. Deshalb sind alle möglichen Anhaltspunkte, u.a. auch das Vorbringen des Steuerpflichtigen oder eine an sich fehlerhafte Buchführung, zu beachten und alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um im Rahmen des der Finanzbehörde Zumutbaren die Besteuerungsgrundlagen wenigstens teilweise zu ermitteln (BFH-Urteil vom 29. Mai 2008 VI R 11/07, BFHE 221, 182, BStBl II 2008, 933, unter II.2.b.aa der Gründe, m.w.N.).
Die Auswahl der Schätzungsmethode steht im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörde bzw. des Finanzgerichts, das an die von der Behörde gewählte Schätzungsmethode nicht gebunden ist und nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO eine eigene Schätzungsbefugnis besitzt. Bei dieser Entscheidung kommt der Art der zu schätzenden Besteuerungsgrundlagen, den vorliegenden und verwertbaren Unterlagen und der Mitwirkungsbereitschaft des Steuerpflichtigen wesentliche Bedeutung zu. Schätzungsunschärfen gehen zu Lasten des Steuerpflichtigen (BFH-Beschluss vom 1.12.1998 III B 78/97, BFH/NV 1999, 741).
Grundsätzlich trägt das Finanzamt die Feststellungslast für steuererhöhende Tatsachen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 05.11.1970 V R 71/67, BStBl II 1971, 220). Bei einer Schätzung gemäß § 162 AO muss das Finanzamt daher – auch im summarischen Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes – ausreichende Belege vorlegen, um die vorgenommene Schätzung der Höhe nach durch die Offenlegung einer nachvollziehbaren Kalkulation zu substantiieren, so dass sich das Gericht in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ein Bild von dem geltend gemachten Anspruch machen kann (BFH-Beschluss vom 14.02.1984 VIII B 112/83, BStBl II 1984, 443). Dafür müssen sowohl die verwendeten Ausgangszahlen (in der Regel die Buchungskonten), als auch der Kalkulationsweg nachvollziehbar dargestellt werden, damit das Finanzgericht in die Lage versetzt wird, seine eigene Schätzungsbefugnis auszuüben. Das zahlenmäßige Ergebnis der Schätzung muss auf seine Schlüssigkeit hin kontrollierbar sein (vgl. BFH-Urteil vom 14.12.2011 XI R 5/10, BFH/NV 2012, 1921). Die Schätzung ist vom Gericht voll überprüfbar, weil sie keine Ermessensentscheidung darstellt (vgl. BFH-Urteil vom 17.10.2001 I R 103/00, BFHE 197, 68, BStBl II 2004, 171).
Im Streitfall hat das Finanzamt keine einheitliche, in sich schlüssige Schätzungsmethode angewandt. Es führt zwar aus, dass anhand der beschlagnahmten EDV-Daten des Kassensystemaufstellers für die Jahre 2014 und 2015 von einem ungefähren Verhältnis von Speisenumsätzen von 30% und Getränkeumsätzen von 70% ausgegangen werden könne, soweit es sich um Veranstaltungen handle, die einem Festzeltbetrieb vergleichbar seien. Um welche Veranstaltungen es sich insoweit handelt, wurde jedoch nicht angegeben. Außerdem hat das Finanzamt nicht dargestellt, welche Ausgangswerte für den Getränkeumsatz als Berechnungsgrundlage herangezogen worden sind und in welcher Weise daraus die geschätzten Getränkeerlöse berechnet werden. Die insoweit in Bezug genommenen Auszüge aus den strafrechtlichen Ermittlungsakten wurden dem Finanzgericht nicht vorgelegt.
Zusätzlich zu der Schätzung nach der sogenannten Kalkulation nach Anteilen hat das Finanzamt auch „pauschale Schätzungen“ vorgenommen, beispielsweise für das „…Fest“ in den Jahren 2011 bis 2013, die Veranstaltung „…“ und „… Festtage“ im Jahr 2013 sowie die Veranstaltung „…“ im Jahr 2014. Auf welcher Grundlage die pauschalen Schätzungen erfolgt sind und wie die Höhe der zugeschätzten Beträge ermittelt worden ist, wurde vom Finanzamt nicht ausgeführt. So wurden die Zuschätzungen für die „…“ im Jahr 2011 lediglich mit dem Vermerk „4,2 hl von Brauerei X, hoher Speisenanteil; Heißgetränke“ und für das „… Fest“ im Jahr 2013 mit dem Vermerk „9 hl v. Brauerei X, Y + Speisen“ versehen. Das Finanzamt hat jedoch nicht dargestellt, mit welchem Anteil die Getränkeumsätze und der „hohe“ Speiseanteil“ in dem geschätzten Betrag jeweils enthalten sind. Ebenso wenig hat es ausgeführt, wie der Anteil der Umsätze mit 7% bzw. 19% Umsatzsteuer bei der Schätzung berechnet wurde. Das Finanzamt hat keine ausreichenden Belege vorgelegt, um die vorgenommene Schätzung der Höhe nach durch die Offenlegung einer nachvollziehbaren Kalkulation zu substantiieren.
Im Übrigen bestehen auch erhebliche Zweifel, ob das Finanzamt die für das Jahr 2013 vorgenommenen pauschalen Schätzungen, die für sich schon nicht detailliert dargestellt worden sind, für die Veranstaltungen „…“ und „…“ des Jahres 2014 übernehmen kann. Ferner fehlen Übersichten über die Ermittlung des Eigenverbrauchs und von Schankverlusten, die bei einer Schätzung im Gastronomiegewerbe grundsätzlich zu berücksichtigen sind.
Auch soweit das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2015 wegen der fehlenden Abgabe von Steuererklärungen geschätzt hat, hat es die Grundlage der vorgenommenen Schätzung nicht dargelegt. Auch insoweit ist das Finanzgericht nicht in die Lage versetzt, das zahlenmäßige Ergebnis der Schätzung auf seine Schlüssigkeit hin zu kontrollieren.
Bei summarischer Prüfung kann das Finanzgericht daher nicht nachprüfen, ob die gewonnenen Schätzergebnisse für die Jahre 2011 bis 2015 in sich schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sind.
3.3. Da im Streitfall eine schlüssige Begründung des Steueranspruchs in ausreichendem Umfang fehlt, ist es dem Gericht – auch im summarischen Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes – nicht möglich, die aufgeworfenen Rechts- und Tatsachenfragen zu bewerten (vgl. BFH-Beschluss vom 14.02.1984 VIII B 112/83, BFHE 140, 153, BStBl II 1984, 443). Insbesondere die verwendeten Ausgangszahlen und der Kalkulationsweg sind nicht nachvollziehbar dargestellt worden. Das Finanzgericht kann daher seine eigene Schätzungsbefugnis nicht ausüben, so dass die Bescheide zur Körperschaftsteuer und zum Gewerbesteuermessbetrag für die Jahre 2011 bis 2015 in vollem Umfang wegen ernsthafter Zweifel von der Vollziehung auszusetzen sind.
5. Die Aussetzung der Vollziehung wird von der Leistung einer Sicherheit abhängig gemacht (§ 69 Abs. 3 S. 1 Halbsatz 2 i.V.m. § 69 Abs. 2 S. 3 FGO). Die Aussetzung gegen Leistung einer Sicherheit ist angezeigt, wenn die spätere Vollstreckung der Steuerforderung infolge der Aussetzung der Vollziehung gefährdet oder erschwert erscheint, da die Sicherheitsleistung der Vermeidung von Steuerausfällen bei einem für den Steuerpflichtigen ungünstigen Verfahrensausgang dient (vgl. BFH-Beschluss 10. Februar 2010 V S 24/09, BFH/NV 2010, 930). Die Entscheidung hierüber ergeht bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist im Streitfall von einer Gefährdung des Steueranspruchs auszugehen. Aufgrund des am 30. Mai 2018 gestellten Insolvenzantrags bestehen bei summarischer Prüfung erhebliche Zweifel an der Realisierung der Steuerforderungen. Wegen der dem Insolvenzantrag zugrundeliegenden Steuerrückstände in Höhe von 281.347,23 € erscheint eine spätere Vollstreckung der Steuerforderungen infolge der Aussetzung der Vollziehung als gefährdet.
Die Sicherheit ist gemäß § 155 FGO i.V.m. § 108 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) zu leisten. Sie kann durch Bürgschaft einer angesehenen Bank oder in Form des § 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO erbracht werden (BFH-Beschluss vom 3. Februar 1993 I B 90/92, BStBl II 1993, 426). Es reicht aus, wenn die Anforderungen des § 244 Abgabenordnung (AO) erfüllt sind. Die Sicherheit kann unmittelbar gegenüber dem Finanzamt erbracht werden.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO.