Aktenzeichen Au 5 K 17.31116
Leitsatz
1 In Afghanistan erreicht der einen innerstaatlichen bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt jedenfalls in Herat als innerstaatlicher Fluchtalternative kein solches Niveau, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre. (Rn. 28 – 30) (redaktioneller Leitsatz)
2 In Afghanistan gibt es kein Meldewesen; eine Person kann sich, gegebenenfalls unter falscher Identität, in einer afghanischen Großstadt aufhalten, ohne entdeckt oder identifiziert zu werden. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
3 Für aus dem europäischen Ausland zurückkehrende afghanische Staatsangehörige ist im Allgemeinen derzeit keine extreme Gefahrenlage anzunehmen, die zu einem Abschiebungsverbot führen würde. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
4 Junge erwerbsfähige Männer sind selbst ohne nennenswerte familiäre Unterstützung in der Lage, in Afghanistan ein kleines Einkommen zu erzielen und ein Leben am Rande des Existenzminimums zu erzielen. (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
5 Ohne die Vorlage aktueller, ausreichend qualifizierter ärztlicher Atteste, die eine lebensbedrohliche Erkrankung bescheinigen, fehlte es an Anhaltspunkten für eine weitere gerichtliche Sachaufklärung im Hinblick auf eine Verschlechterung und eine konkrete Gefahr für Leib und Leben im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan. (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Der Einzelrichter (§ 76 Abs. 1 AsylG) konnte über die Klage des Klägers verhandeln und entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung vom 21. August 2018 teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten ausweislich der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO). Die Beklagte ist zur mündlichen Verhandlung form- und fristgerecht geladen worden. Der Kläger war im Termin anwaltlich vertreten. Das persönliche Erscheinen des Klägers wurde nicht angeordnet.
Die zulässige Klage ist in der Sache nicht begründet.
Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG) keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG. Es ist dem Kläger weder der subsidiäre Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen, noch liegen in seiner Person Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vor (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der angefochtene Bescheid des Bundesamts vom 24. Februar 2017 ist auch hinsichtlich der Ausreiseaufforderung, der Abschiebungsandrohung und der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Es wird insoweit in vollem Umfang auf die Gründe des angefochtenen Bescheids Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG) und ergänzend ausgeführt.
1. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG liegen im Fall des Klägers nicht vor.
a) Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560 – Genfer Flüchtlingskonvention), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3 c Nr. 1 AsylG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3 c Nr. 2 AsylG) oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3 d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3 c Nr. 3 AsylG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3 d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3 e Abs. 1 AsylG).
Die Tatsache, dass der Ausländer bereits verfolgt oder von Verfolgung unmittelbar bedroht war, ist dabei ein ernsthafter Hinweis darauf, dass seine Furcht vor Verfolgung begründet ist, wenn nicht stichhaltige Gründe dagegen sprechen, dass er neuerlich von derartiger Verfolgung bedroht ist. Hat der Asylbewerber seine Heimat jedoch unverfolgt verlassen, kann sein Asylantrag nur Erfolg haben, wenn ihm auf Grund von Nachfluchttatbeständen eine Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht. Dabei ist es Sache des Ausländers, die Gründe für eine Verfolgung in schlüssiger Form vorzutragen. Er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung seine Furcht vor Verfolgung begründet ist, so dass ihm nicht zuzumuten ist, im Herkunftsland zu verbleiben oder dorthin zurückzukehren. Dabei genügt für diesen Tatsachenvortrag aufgrund der typischerweise schwierigen Beweislage in der Regel eine Glaubhaftmachung. Voraussetzung für ein glaubhaftes Vorbringen ist allerdings ein detaillierter und in sich schlüssiger Vortrag ohne wesentliche Widersprüche und Steigerungen.
Gemessen an diesen Maßstäben konnte der Kläger eine individuelle Verfolgung nicht glaubhaft machen. Eine asylrechtlich relevante Vorverfolgung i.S.d. §§ 3, 3 b AsylG ist für den Kläger nicht festzustellen. Es kann deshalb dahinstehen, ob das Gericht den wesentlichen Ausführungen des Klägers zu seinem Verfolgungsschicksal Glauben schenkt. Diesbezüglich ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass sich der Vortrag des Klägers im Wesentlichen auf eine Tätigkeit seines älteren Bruders für einen afghanischen Fußballverein bezieht, der von einer Organisation aus Kanada (USID) gesponsert wurde. Denn selbst bei Wahrunterstellung des geschilderten Vortrages ist keinerlei Anknüpfung an eines der flüchtlingsrechtlich-relevanten Verfolgungsmerkmale zu erkennen. Allenfalls handelt es sich bei der vom Kläger geschilderten Verfolgung der Familie aufgrund der Tätigkeit seines älteren Bruders seitens der Taliban um kriminelles Unrecht. Dieser Vortrag bleibt flüchtlingsrechtlich ohne Relevanz. Er knüpft nicht an ein Merkmal im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3b AsylG an, denn es handelt sich nicht um eine Verfolgung aufgrund Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe. Auch lässt sich aus dem Vortrag des Klägers eine landesweite Furcht vor Verfolgung für den Kläger und dessen Familie im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan nach Überzeugung des Gerichtes nicht ableiten. Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass der Kläger Afghanistan bereits im Jahr 2014 dauerhaft verlassen hat.
2. Der Kläger hat aber auch keinen Anspruch auf die Gewährung subsidiären Schutzes in Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG. Der Kläger hat nicht glaubhaft machen können, dass ihm bei einer Rückkehr nach Afghanistan ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 AsylG droht.
a) Es ist nicht zu erwarten, dass dem Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan die Verhängung der Todesstrafe, Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 und 2 AsylG) drohen könnten. Der Kläger hat hierzu bereits keine Tatsachen vorgetragen bzw. glaubhaft gemacht. Hierzu ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen.
Auch führt die Lage in Afghanistan gesamtbetrachtend nicht dazu, dass eine Abschiebung ohne Weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und subsidiärer Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG oder ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG anzunehmen wäre (vgl. BayVGH, B.v. 16.1.2018 – 13a ZB 17.30687 – nicht veröffentlicht; B.v. 11.12.2017 – 13a ZB 17.31374 – juris; B.v. 8.11.2017 – 13a ZB 17.30615 – juris; B.v. 11.4.2017 – 13a ZB 17.30294 – juris; U.v. 12.2.2015 – 13a B 14.30309 – juris; BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 – NVwZ 2013, 1167).
Zudem wäre der Kläger insofern auf eine innerstaatliche Fluchtalternative zu verweisen (§ 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 3 e Abs. 1 AsylG).
b) Der Kläger hat aber auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes auf der Grundlage des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG, wonach von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abzusehen ist, wenn er dort als Angehöriger der Zivilbevölkerung einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt ist. Die Voraussetzungen hierfür liegen nicht vor, weil dem Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan aufgrund der dortigen Situation keine erheblichen individuellen Gefahren aufgrund willkürlicher Gewalt landesweit drohen. Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen zur Sicherheitslage in Afghanistan (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 31. Mai 2018 S. 4) erreicht der einen innerstaatlichen bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt jedenfalls in Herat als innerstaatlicher Fluchtalternative kein solches Niveau, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dieser Region einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (s. hierzu auch BayVGH, B.v. 6.3.2017 – 13a ZB 17.30099 – juris; B.v. 17.8.2016 – 13a ZB 16.30090 – juris; B.v. 10.6.2013 – 13a ZB 13.30128 – juris; U.v. 15.3.2013 – 13a B 12.30406 – juris; U.v. 20.1.2012 – 13a B 11.30394 – juris). Individuelle, gefahrerhöhende Umstände, die zu einer Verdichtung der allgemeinen Gefahren im Rahmen eines bewaffneten innerstaatlichen Konflikts in der Person des Klägers führen, sind nicht ersichtlich.
Der Kläger wäre in Herat keiner Gefahr eines ernsthaften Schadens im Sinne des § 4 Abs. 3 i.V.m. § 3e Abs. 1 Nr. 1 AsylG ausgesetzt.
Mit einer irgendwie gearteten Verfolgung durch die Taliban ist dort nicht zu rechnen, weil der Kläger in der Millionenmetropole Herat untertauchen und anonym leben könnte, ohne entdeckt zu werden. Auch gibt es in Afghanistan kein Einwohnermeldewesen (VG Augsburg, U.v. 15.1.2018 – Au 5 K 17.31921 – juris Rn. 35; VG Düsseldorf, U.v. 14.11.2017 – 9 K 12078/16.A –juris Rn. 50). Das Gericht ist der Überzeugung, dass eine Person sich ohne Weiteres, gegebenenfalls unter falscher Identität, in einer afghanischen Großstadt aufhalten kann, ohne entdeckt oder identifiziert zu werden.
Der Kläger ist auch für ihn zumutbar auf diese innerstaatliche Fluchtalternative zu verweisen (§ 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 3e Abs. 1 AsylG). Für den Kläger, als tadschikischen Volkszugehörigen, stellt insbesondere Herat eine inländische Fluchtalternative vor den Gefahren ernsthafter Schäden i.S.d. § 4 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AsylG dar. Selbst wenn man aufgrund der vom Kläger geschilderten Vorfälle innerhalb seiner Familie eine Rückkehr des Klägers nach Kabul für ausgeschlossen erachtet, ist jedenfalls Herat als geeignete interne Schutzmöglichkeit gemäß § 4 Abs. 3 AsylG i.V.m. § 3e Abs. 1 AsylG anzusehen.
Der Kläger ist jung, männlich und – soweit ersichtlich – auch arbeitsfähig. Er hat in Afghanistan zumindest ansatzweise Bildung erfahren (nach eigenem Vorbringen kurzer Grundschulbesuch). Der Kläger müsste im Falle einer Rückkehr nur sich selbst versorgen. Dies ist ihm zumutbar. Dies umso mehr, als der Kläger nach seinem eigenen Vorbringen in Afghanistan bereits in der Landwirtschaft – die Familie hat eigene Grundstücke besessen – tätig gewesen ist. Nach dem Vortrag des Klägers beim Bundesamt hat dieser auch im Iran während des dortigen zweijährigen Aufenthaltes gearbeitet. Der Kläger ist einer der Landessprachen (Dari) mächtig. Überdies könnte der Kläger zumindest für die erste Zeit nach seiner Rückkehr verschiedene Rückkehrförderprogramme in Anspruch nehmen, welche u.a. kleine Reisebeihilfen, Startgelder, Beratung und Begleitung zu behördlichen, medizinischen und karitativen Einrichtungen, Unterkunft sowie finanzielle Integrationshilfen vorsehen.
Das Gericht geht aus den vorgenannten Gründen auch unter Berücksichtigung des Gutachtens von Frau … vom 28. März 2018 an das Verwaltungsgericht … davon aus, dass jedenfalls männlichen und gesunden arbeitsfähigen Afghanen eine Rückkehr nach Afghanistan in der Regel auch ohne familiäre Unterstützung und ohne eigenes Vermögen zumutbar ist und solche ihren Lebensunterhalt nach einer Wiedereingliederungsphase zumindest auf einem niedrigen Niveau sicherstellen können (so auch VGH BW, U.v. 11.4.2018 – A 11 S 924/17 – juris Rn. 336; bereits zuvor HessVGH, B.v. 30.1.2017 – 7 A 1856/16.Z.A. – juris).
Der Kläger hat damit keinen Anspruch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes auf der Grundlage des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG, wonach von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abzusehen ist, wenn er dort als Angehöriger der Zivilbevölkerung einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt ist. Die Voraussetzungen hierfür liegen nicht vor, weil dem Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan aufgrund der dortigen Situation keine erheblichen individuellen Gefahren aufgrund willkürlicher Gewalt landesweit drohen. Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen zur Sicherheitslage in Afghanistan (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 31. Mai 2018 S. 4) erreicht der einen innerstaatlichen bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt jedenfalls in Herat als innerstaatlicher Fluchtalternative kein solches Niveau, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dieser Region einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (s. hierzu auch BayVGH, B.v. 6.3.2017 – 13a ZB 17.30099 – juris; B.v. 17.8.2016 – 13a ZB 16.30090 – juris; B.v. 10.6.2013 – 13a ZB 13.30128 – juris; U.v. 15.3.2013 – 13a B 12.30406 – juris; U.v. 20.1.2012 – 13a B 11.30394 – juris). Individuelle, gefahrerhöhende Umstände, die zu einer Verdichtung der allgemeinen Gefahren im Rahmen eines bewaffneten innerstaatlichen Konflikts in der Person des Klägers führen, sind nicht ersichtlich.
3. Es liegen in der Person des Klägers auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor.
Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Es ist nach Überzeugung des Gerichts jedoch nicht zu erwarten, dass dem Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe im Sinne des Art. 3 EMRK drohen könnten.
Auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegt nicht vor. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG sind die Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde anordnen, dass die Abschiebung für längstens sechs Monate ausgesetzt wird. Eine solche Abschiebestoppanordnung besteht für die Personengruppe, der der Kläger angehört, nicht.
Auch ist das Gericht der Auffassung, dass die allgemeine Gefahr in Afghanistan sich für den Kläger nicht derart zu einer extremen Gefahr verdichtet hat, dass eine entsprechende Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geboten ist. Die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung hierfür aufgestellten Voraussetzungen sind nicht erfüllt (vgl. u.a. BayVGH, B.v. 11.12.2013 – 13a ZB 13.30119 – juris; VGH Baden-Württemberg, U.v. 27.4.2012 – A 11 S 3079/11 – DÖV 2012, 651). Wann allgemeine Gefahren von Verfassungswegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab und entzieht sich einer reinen quantitativen oder statistischen Betrachtung. Die drohenden Gefahren müssten jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Dies setzt voraus, dass der Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Rückkehr in sein Heimatland in eine lebensgefährliche Situation gerät, aus der er sich weder allein noch mit erreichbarer Hilfe anderer befreien kann. Allgemeine Gefahren können nur dann Schutz vor Abschiebung begründen, wenn der Ausländer einer extremen Gefahrenlage dergestalt ausgesetzt wäre, dass er im Fall seiner Abschiebung dorthin gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwerster Verletzung ausgeliefert würde und diese Gefahren alsbald nach seiner Rückkehr und landesweit drohen würden (BVerwG, U.v. 8.9.2011 – 10 C 14/10 – BVerwGE 140, 319 Rn. 23). Eine solche extreme allgemeine Gefahrenlage ergibt sich für den Kläger weder aus seiner Volks- oder Religionszugehörigkeit noch hinsichtlich der allgemeinen Sicherheitslage in Afghanistan.
In Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. u.a. BayVGH, B.v. 23.1.2017 – 13a ZB 17.30044 – juris Rn. 5; B.v. 19.2.2014 – 13a ZB 14.30022 – juris) geht das Gericht davon aus, dass derzeit für aus dem europäischen Ausland zurückkehrende, männliche, arbeitsfähige afghanische Staatsangehörige, zu denen auch der Kläger zu rechnen ist, in Afghanistan nicht von einer extremen Gefahrenlage auszugehen ist, die zu einem Abschiebungsverbot in entsprechender Anwendung von § 60 Abs. 7 AufenthG führt.
Damit droht dem Kläger keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib und Leben wegen der allgemeinen Versorgungslage in Afghanistan. Zwar gestaltet sich die allgemeine Versorgungslage nach wie vor schwierig. Trotz dieser kritischen Versorgungslage muss nicht jeder Rückkehrer aus Europa generell im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit den Tod oder schwerste Gesundheitsschäden bei einer Rückführung erleiden. In der Gesamtschau der ins Verfahren eingeführten aktuellen Erkenntnismittel ist nicht davon auszugehen, dass jeder Rückkehrer generell in unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit den Tod oder schwerste Gesundheitsschäden bei einer Rückführung nach Afghanistan erleiden müsste (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 19.10.2016 S. 4; vgl. auch BayVGH, B.v. 14.1.2015 – 13a ZB 14.30410 – juris Rn. 5). Nur für besonders schutzwürdige Rückkehrer wie alte oder behandlungsbedürftig kranke Personen, alleinstehende Frauen, Familien und Personen, die aufgrund persönlicher Merkmale zusätzlicher Diskriminierung unterliegen, lässt sich eine extreme Gefahrenlage begründen.
Für aus dem europäischen Ausland zurückkehrende afghanische Staatsangehörige im Allgemeinen ist derzeit keine extreme Gefahrenlage anzunehmen, die zu einem Abschiebungsverbot führen würde (BayVGH, B.v. 4.1.2017 – 13a ZB 16.30600 – juris Rn. 4). Anhaltspunkte, die im Fall des Klägers zu einer anderweitigen Einschätzung führen würden, sind nicht ersichtlich.
In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist davon auszugehen, dass junge erwerbsfähige Männer selbst ohne nennenswerte familiäre Unterstützung in der Lage sind, sich in Afghanistan ein kleines Einkommen zu erzielen und damit wenigstens ein Leben am Rande des Existenzminimums zu bestreiten (vgl. u.a. BayVGH, B.v. 4.1.2017 – 13a ZB 16.30600 – juris Rn. 7). Der Kläger ist arbeitsfähig. Er ist mit den afghanischen Verhältnissen durchaus vertraut. Bis ins Jahr 2014 hat der Kläger dauerhaft in Afghanistan gelebt. Er ist einer der Landessprachen (Dari) mächtig. Darüber hinaus verfügt der Kläger auch über erste berufliche Erfahrungen. So hat der Kläger nach seinem eigenen Vorbringen beim Bundesamt in der elterlichen Landwirtschaft mitgearbeitet. Auch im Iran, in einer ihm fremden Umgebung, ist es dem Kläger gelungen, Arbeit zu finden. All diese Umstände lassen erwarten, dass dem Kläger auch ohne nennenswerte familiäre Unterstützung eine Reintegration in die afghanische Gesellschaft gelingen wird. Dem Kläger ist auch angesichts seines Alters ein erneutes Bemühen um eine Anstellung auf dem hart umkämpften afghanischen Arbeitsmarkt nach Auffassung des Gerichts durchaus zumutbar.
Ausreichend qualifizierte ärztliche Atteste für evtl. gesundheitliche Einschränkungen hat der Kläger im Verfahren nicht vorgelegt. Den mit Schriftsatz vom 14. August 2018 dem Gericht vorgelegten ärztlichen Berichten fehlt es zunächst an der erforderlichen Aktualität. Die jüngsten ärztlichen Berichte datieren vom Dezember 2017. Auch die ärztliche Stellungnahme der psychischen Beratungsstelle EJV Donau-Iller vom 15. Dezember 2017 genügt nicht den Anforderungen an ärztliche Atteste im gerichtlichen Verfahren. Es ist der Stellungnahme bereits nicht zu entnehmen, an welcher Erkrankung der Kläger im Einzelnen leidet und auf welcher Grundlage dieser Befund erhoben worden ist . Es ist lediglich ausgeführt, dass es sich beim Kläger um einen „traumatisierten“ Menschen handelt, der unter Schlafstörungen und Kopfschmerzen leidet. Sämtlichen im Verfahren vorgelegten ärztlichen Berichten ist nicht zu entnehmen, dass beim Kläger lebensbedrohliche Erkrankungen vorlägen, die bei einer Rückkehr nach Afghanistan innerhalb kürzester Zeit zu einer wesentlichen Verschlechterung bis hin zu seinem Tod führen könnten. Hierzu fehlt es an belastbaren fachärztlichen Aussagen. Aus diesem Grund war auch der in der mündlichen Verhandlung vom 21. August 2018 gestellte mittelbare Beweisantrag abzulehnen. Ohne entsprechende Vorlage aktueller qualifizierter ärztlicher Atteste, die einen Anhaltspunkt für eine beim Kläger vorliegende erhebliche psychische Erkrankung liefern, handelt es sich um einen bloßen Ausforschungs- bzw. Beweisermittlungsantrag, dem das Gericht keine Folge leisten muss (vgl. hierzu OVG NW, B.v. 16.5.2018 – 13 A 1190/18. A – juris Rn. 8 f.). Das Gericht sieht vorliegend keinen Anlass für eine weitere Sachaufklärung. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der vom Kläger vorgelegten ärztlichen Bescheinigung vom 21. August 2018. Die darin in Bezug genommenen ICD Nr. 99.83 und ICD M 54.16 belegen lediglich beim Kläger aktuell vorhandene Rückenschmerzen (Wurzelneuritis) bzw. eine sonstige biomechanische Funktionsstörung im Lumbalbereich.
4. Das von der Beklagten verfügte Einreise- und Aufenthaltsverbot auf der Grundlage des § 11 Abs. 1 AufenthG sowie die Abschiebungsandrohung begegnen keinen rechtlichen Bedenken. Qualifizierte Einwände hiergegen hat der Kläger auch nicht erhoben.
Damit war die Klage insgesamt als unbegründet abzuweisen.
5. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO.