Strafrecht

Strafvollzug: Beschränkungen des Strafgefangenen im Rahmen einer Überweisung von Hausgeld

Aktenzeichen  2 Ws 487/18

Datum:
3.8.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 38668
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BayStVollzG Art. 6 Abs. 2 S. 2, Art. 24 Abs. 1,Art. 50 Abs. 1, Art. 208
StVollzG § 4 Abs. 2 S. 2 , § 116, § 118

 

Leitsatz

Eine Justizvollzugsanstalt darf unter den Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayStVollzG (§ 4 Abs. 2 Satz 2 StVollzG) die Durchführung einer Überweisung von Hausgeld von der Vorlage der Original-Rechnung abhängig machen.  (Rn. 18)

Verfahrensgang

SR StVK 279/18 2018-06-06 Bes LGREGENSBURG LG Regensburg

Tenor

1. Die Rechtsbeschwerde des Strafgefangenen xxx gegen den Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg bei dem Amtsgericht Straubing vom 06.06.2018 wird auf seine Kosten als unbegründet verworfen.
2. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 100,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Beschwerdeführer ist Strafgefangener in der Justizvollzugsanstalt Straubing.
Mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 23.04.2018 begehrt der Antragsteller die Feststellung, dass die Nichtausführung zweier Überweisungen rechtswidrig gewesen sei.
Am 11.04.2018 und am 13.04.2018 beantragte er in der Justizvollzugsanstalt Straubing hausintern jeweils eine private Überweisung mit dem dafür vorgesehenen Formular, um zwei Rechnungen für vorangegangene Bestellungen mit seinem Hausgeld zu begleichen. Am 17.04.2018 wurden ihm die Überweisungsformulare wieder ausgehändigt und mitgeteilt, dass diese nicht ausgeführt würden, wenn die Anträge nicht die Rechnungen im Original enthielten.
Die Justizvollzugsanstalt führt hierzu in ihrer Stellungnahme vom 25.05.018 aus, durch die Regelung, wonach die Rechnungen vorzulegen seien, werde das Recht aus Art. 50 Abs. 1 BayStVollzG, wonach die Gefangenen ihr Hausgeld für den Einkauf oder anderweitig verwenden dürften, nicht berührt. Die seit Anfang April 2018 eingeführte, auf Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayStVollzG beruhende Regelung diene dazu, zu verhindern, dass Gefangene Geldüberweisungen zur Durchführung von Geldgeschäften untereinander missbrauchen. So haben etwa Gefangene unter Angabe der Kundennummer eines Mitgefangenen Geld an ein Unternehmen überwiesen, obwohl der Mitgefangene keine Waren bestellt hatte. Dies hatte zur Folge, dass dieses Unternehmen das Geld an den Mitgefangenen überwies, so dass dieser in den Genuss der Geldzahlung kam. Auch seien vorgebliche Überweisungen an ein Unternehmen unter Angabe der Kontodaten einer anderen Person vorgekommen, so dass der Geldfluss dieser Person zugute kam.
Der Antragsteller erwiderte hierauf mit Schreiben vom 04.06.2018. Er weist unter anderem darauf hin, dass der Gefangene bereits bei der Bestellung von Waren eine Genehmigung einholen muss und die dann zugesandte Rechnung der Briefkontrolle unterfällt, so dass der Justizvollzugsanstalt die Rechnung bereits bekannt sei.
Mit Beschluss vom 06.06.2018 hat die Strafvollstreckungskammer den Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unbegründet zurückgewiesen, da die Regelung der Modalitäten der Ausführung einer Überweisung von Hausgeld nicht zu beanstanden sei.
Gegen den am 08.06.2018 zugestellten Beschluss hat der Strafgefangene am 27.06.2018 zur Niederschrift Rechtsbeschwerde eingelegt und diese begründet.
Die Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg hat mit Schreiben vom 05.07.2018 beantragt, die Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen.
Hierzu nahm der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 19.07.2018 Stellung.
Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den vorgenannten Beschluss und die vorgenannten Schreiben Bezug genommen.
II.
Die Rechtsbeschwerde des Strafgefangenen gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 27.06.2018 ist zulässig, bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.
1. Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers ist zulässig. Sie wurde gemäß Art. 208 BayStVollzG i.V.m. § 118 StVollzG form- und fristgerecht eingelegt. Auch sind die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des Art. 208 BayStVollzG i.V.m. § 116 StVollzG gegeben. Die Nachprüfung der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer ist zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Außerdem besteht Wiederholungsgefahr.
2. Die Rechtsbeschwerde bleibt ohne Erfolg, da die an den Antragsteller gestellte Anforderung der Justizvollzugsanstalt, vor Durchführung einer Überweisung von Hausgeld die zugrundeliegende Rechnung im Original vorzulegen, rechtlich nicht zu beanstanden ist.
Nach Art. 50 Abs. 1 BayStVollzG dürfen Gefangene von ihren in diesem Gesetz geregelten Bezügen drei Siebtel monatlich (Hausgeld) für den Einkauf (Art. 24 Abs. 1 BayStVollzG) oder anderweitig verwenden. Die Vorschrift regelt vor allem im Zusammenhang mit Art. 46 BayStVollzG (und Art. 47 BayStVollzG) einen wichtigen Aspekt des Arbeitsentgelts, nämlich die freie Verfügbarkeit eines Teils der Bezüge für den Gefangenen (vgl. Arloth, in: BeckOK Strafvollzugsrecht, Art. 50 BayStVollzG Rn. 1).
Grenzen für die freie Verfügbarkeit liegen insbesondere in den allgemeinen Gesetzen und den guten Sitten (§§ 134, 138 BGB), in den Behandlungsgeboten des Vollzugsplans (Art. 9 BayStVollzG), in Disziplinarmaßnahmen gem. Art. 110 Abs. 1 Nr. 2, Art. 111 Abs. 3 BayStVollzG sowie in der Aufrechterhaltung von Ordnung und Sicherheit in der Anstalt gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayStVollzG (vgl. OLG Koblenz, ZfStrVo 1991, 120; Arloth, in: BeckOK Strafvollzugsrecht, Art. 50 BayStVollzG Rn. 2; Kuhn, in: BeckOK Strafvollzugsrecht, § 47 StVollzG Rn. 11; Laubenthal, in Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal, StVollzG, 6. Aufl. § 47 Rn. 4; Däubler/Galli, in: AK-StVollzG, 6. Aufl. § 52 Rn. 4; Calliess/Müller-Dietz StVollzG 11. Aufl. § 52 Rn. 1).
Nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayStVollzG dürfen den Gefangenen, soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält, nur Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Anstalt unerlässlich sind. Diese Regelung stellt die Grundlage für das Verbot von Geschäften mit Mitgefangenen dar (vgl. Arloth, in: BeckOK Strafvollzugsrecht, Art. 50 BayStVollzG Rn. 2).
Durch unerlaubte Geschäfte mit Mitgefangenen kann die Ordnung der Anstalt in schwerwiegender Weise ebenso wie die Aufrechterhaltung der Sicherheit der Anstalt gestört werden (vgl. Arloth/Krä, StVollzG, 4. Aufl., § 4 StVollzG Rn. 7). Solche unerlaubten Geschäfte zwischen Gefangenen können durch undurchschaubare Vermögensverschiebungen gefördert werden (vgl. OLG Nürnberg ZfStrVo 1981, 57 zum gemeinsamen Bankkonto von Mitgefangenen). Bei einem Verdacht, dass das Eigengeld (nichts anderes gilt für das Hausgeld) der Erfüllung unerlaubter Geschäfte dient, kann die Anstalt die Verfügung beschränken (Arloth/Krä, a.a.O., § 52 StVollzG Rn. 3). Ebenso darf die Anstalt Verfügungen über das Eigengeld nicht ausführen, wenn sie deren Gesetzwidrigkeit erkennt (Arloth/Krä, a.a.O., § 52 StVollzG Rn. 3; Däubler/Galli, a.a.O. § 52 StVollzG Rn. 4).
Diese durch Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayStVollzG der Justizvollzugsanstalt eingeräumte Befugnis, zu verhindern, dass Gefangene über Geldmittel zur Durchführung unerlaubter Geschäfte verfügen, erfordert im Vorfeld die Möglichkeit der Überprüfung durch die Justizvollzugsanstalt, zu welchem Zweck und an welchen Empfänger der jeweilige Geldbetrag überwiesen wird. Hierfür stellt, wenn der Gefangene vorbringt, einen Rechnungsbetrag überweisen zu wollen, die Obliegenheit zur Vorlage der betreffenden Rechnung im Original ein geeignetes, erforderliches und auch im engeren Sinn verhältnismäßiges Mittel selbst gegenüber einem Gefangenen dar, gegen den kein konkreter Verdacht einer missbräuchlichen Vorgehensweise bei Geldüberweisungen besteht.
Die Vorlage einer Rechnung setzt die Justizvollzugsanstalt im Sinne der Geeignetheit in den Stand, zu überprüfen, ob die Überweisung tatsächlich der Begleichung einer Geldschuld des Gefangenen für ein genehmigtes (oder genehmigungsfreies) Geschäft dient. Die Vorlage der Rechnung ist auch erforderlich, um diese Prüfung vornehmen zu können, da die Justizvollzugsanstalt erst hierdurch in die Lage versetzt wird, die auf dem Überweisungsantragsblatt angegebenen Kunden- und Kontodaten mit denen der Rechnung zu vergleichen. Die Maßnahme ist schließlich verhältnismäßig im engeren Sinn, da sie den Antragsteller nicht übermäßig belastet. Dem Beschwerdeführer war die Vorlage der Rechnung unschwer möglich.
Die sich daran anschließende Frage, ob eine Überweisung nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayStVollzG zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Anstalt verweigert werden kann, ist eine Frage des Einzelfalls (vgl. hierzu etwa OLG Koblenz ZfStrVo 1991, 120), die vorliegend nicht Prüfungsgegenstand ist.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 208 BayStVollzG i. V. m. § 121 Abs. 4 StVollzG und § 473 Abs. 1 StPO.
Die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf §§ 60, 52 Abs. 1 GKG.

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