IT- und Medienrecht

Bindung an den durchschnittlichen Milchpreis -Marktordnungswarenmeldeverordnung

Aktenzeichen  24 U 4780/15

Datum:
2.8.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 55184
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
MMV § 5
BGB § 133, § 157, § 288 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 291
EGBGB Art. 229 § 34 S. 1
ZPO § 91, § 92 Abs. 1, § 251,§ 516 Abs. 3 S. 1, § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, § 708 Nr. 10, § 711

 

Leitsatz

Verfahrensgang

VIII ZR 254/16 2017-11-08 Urt BGH BGH Karlsruhe

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 18.11.2015, Az. 081 O 4758/14, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 19.031,23 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.597,06 € seit 30.04.2014, aus 6.819,72 € seit 21.01.2015 sowie aus 9.614,45 € seit 16.02.2017 zu bezahlen.
I. Die Beklagte und Berufungsbeklagte wird verurteilt, an den Kläger und Berufungskläger 341,60 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.01.2015 zu zahlen
I. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weiter gehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits in 1. Instanz, des Berufungsverfahrens und des Revisionsverfahrens haben die Beklagte 55% und der Kläger 45% zu tragen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
V. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Gründe

I.
Der Kläger produziert ausschließlich konventionelle Kuhmilch, die er bis März 2015 an die Beklagte lieferte, die eine Großmolkerei betreibt. Die Parteien streiten nunmehr nur noch um die Jahresendabrechnung des Milchgelds für die Jahre 2012 bis einschließlich des 1. Quartals 2015.
Der Kläger ist Mitglied der nicht rechtsfähigen Milchliefergemeinschaft (MLG) M. und H. und als solches auch Mitglied der Milchvertriebsgemeinschaft (MVG) K., die für die in ihr organisierten Landwirte durch ihre Sprecher – die Zeugen H.-J. S., W. J. und J.F. – mit der Beklagten die Milchkaufverträge aushandelte. Die Verträge wurden jeweils von den einzelnen Landwirten und der Beklagten unterzeichnet.
Im Milchkaufvertrag vom 10.04.2006 (Anlage K2) war bestimmt, dass sich der monatliche Milchauszahlungspreis aus dem Bayerischen Erzeugerorientierungspreis (EOP) sowie einem Verwertungszuschlag zusammensetzte (§ 4 Abs. 1). Hinzu kam ein milchmengenabhängiger Bonus nach einer in § 4 Abs. 3 enthaltenen Tabelle. In § 4 Abs. 4 sicherte die Beklagte zu, dass der Milchpreis im Jahresdurchschnitt um mindestens 0,15 ct über dem Durchschnitt aus dem durch die Zentrale Markt- und Preisberichtsstelle für Erzeugnisse der … GmbH veröffentlichten Milchpreis für die Region A. (ZMP-A.) liegt. Hierzu sollten eine Jahresauswertung durchgeführt und sich ergebende Nachforderungen bei der nächstfolgenden Milchgeldabrechnung ausgeglichen werden.
Während der Laufzeit des bis 31.03.2011 befristeten Vertrags fielen sowohl der Bayerische Erzeugerorientierungspreis (EOP) als auch der Milchpreis für die Region A. (ZMP-A.) weg. Der monatliche Milchauszahlungspreis wurde seither von der Beklagten einseitig festgesetzt. Für die jährliche Abrechnung vereinbarten die Parteien in einem Nachtrag vom 19.08.2009 als Ersatz für den bisherigen § 4 Abs. 4 folgende Regelung (Anlage K3):
„Der Käufer sichert zu, dass der Milchpreis des Käufers für die ganzjährige Lieferung von konventioneller Milch und bei Zahlung aller Zuschläge im Jahresdurchschnitt mindestens dem durchschnittlichen Milchpreis des Bundeslandes Bayern laut LfL + 0,15 Cent/kg entspricht.
Datengrundlage ist die monatliche Meldepflicht der Milchwirtschaft nach § 5
Marktordnungswarenmeldeverordnung.“
Zugleich wurde eine Nachzahlung von 0,4 ct/kg für 2008 vereinbart.
Am 16.02./04.03.2011 verlängerten die Parteien diesen Vertrag unverändert bis 31.03.2012.
Der nächste Milchkaufvertrag vom 28.03.2012 (Anlage K5), der vom 01.04.2012 bis 31.03.2015 lief, verwies in § 4 Abs. 1 für die Berechnung des monatlich zu zahlenden Milchpreises auf Anlage 1 zu dem Vertrag sowie auf die jeweils gültigen Bestimmungen der Milch-Güteverordnung. In Anlage 1 wurde die oben zitierte Regelung aus dem Nachtrag vom 19.08.2009 beinahe wörtlich übernommen. Sie lautet wie folgt:
„Der Käufer sichert zu, dass der Milchpreis des Käufers für die Lieferung seiner konventionellen Milch und bei Zahlung aller Zuschläge im Jahresdurchschnitt dem durchschnittlichen Milchpreis des Bundeslandes Bayern laut LfL + 0,15 Ct/kg entspricht. Datengrundlage ist die monatliche Meldepflicht der Milchwirtschaft nach § 5 Marktordnungswarenmeldeverordnung.“
Allerdings war zum 15.11.2011 eine Änderung von § 5 Marktordnungswarenmeldeverordnung (im Folgenden MMV) in Kraft getreten, nach der die Preise und Milchmengen untergliedert nach Tierarten, jeweils unter gesonderter Angabe der Anlieferung der Milch, die nach unionsrechtlichen Vorschriften über die ökologische Produktion nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 erzeugt wurde, erfasst wurden. Infolgedessen wies die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) die Preise nicht mehr wie bis 2011 in einer Tabelle „Milchgeldauszahlung in Bayern“ aus, sondern ab 2012 in getrennten Tabellen „Milchgeldauszahlung an bayerische Erzeuger für Kuhmilch konventionell“ und „Milchgeldauszahlung an bayerische Erzeuger für Bio-Kuhmilch“ aus.
Aufgrund dieser Verträge erfolgte die monatliche Milchpreisermitlung für den streitgegenständlichen Zeitraum unstreitig wie folgt:
„1. Der monatliche Grundpreis wird durch die Beklagte einseitig, jedoch unter Berücksichtigung des Marktpreises, bestimmt. Er gilt für alle Erzeuger, die an die Molkerei der Beklagten in A. liefern (Milchpreis A.). Von diesem Preis werden zunächst die Zuschläge für Landwirte, die nur jeden 2. Tag anliefern (Zwei-Tages-Zuschlag) mit 0,25 ct/kg, die Ausgleichszahlung mit 0,10 ct/kg sowie der durchschnittliche Mengenzuschlag von 0,62 ct/kg abgezogen und der Grundpreis ermittelt (vgl. Anlage B2).
2. Dieser Grundpreis gilt – wie bei allen bayerischen Molkereien – für Milch mit einem Fettgehalt von 4,2% und einem Eiweißgehalt von 3,4%. Liegen Fett- und Eiweißgehalt im monatlichen Durchschnitt höher oder niedriger, wird eine Preiskorrektur nach § 4 Abs. 2 Milch-Güteverordnung durchgeführt.“
Entsprechend werden Abzüge für Hemmstoffe nach § 4 Abs. 3 Milch-Güteverordnung vorgenommen.
3. Für jeden Erzeuger wird eine Ausgleichszahlung mit 0,10 ct/kg addiert (vgl. Anlage 1 (2) zum Vertrag vom 28.03.2012 (Anlage K5).
4. Diejenigen Erzeuger, die nur jeden 2. Tag anliefern, erhalten einen Lagerausgleich von 0,25 ct/kg, der ebenfalls monatlich ausbezahlt wird.
5. Jeder Erzeuger erhält einen Mengenbonus in unterschiedlicher Höhe abhängig von der monatlichen Menge der angelieferten Milch .
Zwischen den Parteien streitig ist, wie die Jahresendabrechnung vorgenommen werden muss, mit der die Regelung aus § 4 Abs. 4 des Vertrags vom 10.04.2006 (Anlage K2), dem Nachtrag vom 16.02./04.03.2011 (Anlage K4) und der Anlage 1 (1) zum Vertrag vom 28.03.2012 (Anlage K5) umgesetzt werden soll.
Der Kläger ist der Ansicht, der jährliche Betrag berechne sich aus der Differenz zwischen dem Basispreis des LfL + 0,15 ct/kg angelieferter Milch und dem durchschnittlich an alle Mitglieder der „MVG K.“ im jeweiligen Rechnungsjahr ausgezahlten Milchgeld. Außerdem dürfe auch für die Jahre ab 2012 nur der Preis für „Rohmilch aller Tierarten“ als LfL-Preis zugrunde gelegt werden, der dem in den Jahren zuvor allein veröffentlichten Basispreis entspreche.
Die Beklagte hat dagegen auf der Grundlage ihrer Rechtsauffassung den jährlichen Betrag aus der Differenz zwischen dem Basispreis des LfL + 0,15 ct/kg angelieferter Milch und dem Milchpreis A. berechnet. Seit dem Jahr 2012 legt sie als Basis den Preis laut der Statistik des LfL für konventionelle Kuhmilch (nicht „Rohmilch aller Tierarten“) zugrunde, da dieser die sachnächste Bezugsgröße darstelle.
Aus den unterschiedlichen Rechtsauffassungen ergeben sich folgende Nachforderungen, die der Kläger mit der vorliegenden Klage geltend gemacht hat:
Jahr
Berechnung Kl.
Zahlung Bekl.
Klageforderung incl. 10,7% MWSt
2010
8.289,67 €
5.663,24 €
2.907,46 €
2011
10.806,19 €
9.152,18 €
1.830,99 €
2012
14.693,57 €
6.791,15 €
8.747,99 €
2013
14.281,26 €
5.740,51 €
9.454,62 €
Summe
22.941,05 €
Für das Jahr 2014 hat der Kläger in 1. Instanz im Weg einer Stufenklage zunächst Rechnungslegung gefordert und nur eine unbezifferte Leistungsklage erhoben, für das Jahr 2015 hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass die Beklagte zur Rechnungslegung auf der Basis seiner Rechtsauffassung verpflichtet sei.
Das Landgericht Augsburg hat einen gemeinsamen Gütetermin in diesem sowie 16 weiteren Verfahren, die die Milchgeldnachforderungen anderer Mitglieder der MVG K. gegen die Beklagte betreffen, durchgeführt und in diesem den Verhandlungsführer der MVG S. angehört. Sodann hat es die Klage insgesamt abgewiesen, da es in beiden Streitfragen der Rechtsauffassung der Beklagten gefolgt ist. Für die klägerische Behauptung, der Milchpreis für die jährliche Endabrechnung sei auf der Basis eines Vergleichs zum „Durchschnitt MVG K.“ zu ermitteln, enthalte der Vertrag nichts. Auch bei der Berechnung des Milchpreises auf der Basis „alle Lieferanten der Beklagten“ sei den Interessen des Klägers Rechnung getragen. Der gesetzliche Ausgleich für den Fett- und Eiweißgehalt der Milch finde statt; bei einer Bezugnahme auf den Durchschnitt MVG K. käme es zu einer doppelten Berücksichtigung.
Für die Zeit ab Inkrafttreten der Änderung der MMV enthalte der Vertrag keine Regelung. Die Bezeichnung „Rohmilch aller Tierarten“ sei im Vertrag nicht enthalten. Die „Lieferung konventioneller Milch“ sei im Vertrag erwähnt, allerdings nicht in der Formulierung des § 5 MMV. Daher sei eine ergänzende Vertragsauslegung erforderlich. Der erkennbare Wille der Parteien gehe dahin, dass sie eine objektive, durch die Parteien nicht veränderbare Bezugsgröße für die Mindestpreisgarantie gewählt hätten. Da Kaufgegenstand konventionelle Kuhmilch sei und der Preis „Milchgeldauszahlung in Bayern“ gemäß MMV in den Vorjahren auch die Milch anderer Tierarten und biologische Milch umfasst habe, ohne dass erkennbar gewesen sei mit welchen Anteilen, sei der Vertrag ursprünglich so zu verstehen, dass die Beklagte sich auf einen Näherungswert in Ermangelung eines konkreteren Wertes eingelassen habe. Dies entspreche auch dem Interesse des Klägers an einem marktgerechten Preis.
Auch der Neuvertrag vom 28.03.2012 enthalte keine Regelung. Es sei nicht zu entnehmen, ob die Parteien sich der Änderung des § 5 MMV bewusst gewesen seien. Falls der Beklagten die Änderung bekannt gewesen sei, der Verkäuferseite aber nicht, komme eine Anfechtung des Vertrags unter dem Gesichtspunkt des Irrtums in Betracht, die aber nicht erklärt worden sei. Der Bezug auf den Wert für konventionelle Kuhmilch ergebe sich aus dem Vertragstext. Der Kläger könne auch unter Schadensersatzgesichtspunkten keinen höheren Preis verlangen, weil er nicht dargetan habe, dass er durch anderweitigen Verkauf einen Mehrerlös in Höhe der Klageforderung hätte erzielen können.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Berufung, mit der er seine erstinstanzlichen Anträge zunächst weiter verfolgt hat. Mit Schriftsatz vom 24.08.2016 (Bl. 315 ff. d. A.) hat er seinen Antrag hinsichtlich des Jahres 2015 umgestellt und beantragt, unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteil die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 22.941,06 € nebst Zinsen und außergerichtliche Rechtsanwaltskosten zu zahlen und für die Zeiträume 01.01.2014 bis 31.12.2014 und 01.01.2015 bis 31.03.2015 über das dem Kläger vertraglich geschuldete Milchgeld, insbesondere unter Zugrundelegung des sog. Differenzbetrages Rechnung zu legen, auf zweiter Stufe erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Rechnungslegung an Eides Statt zu versichern und auf dritter bzw. weiterer Stufe dem Kläger in noch zu bestimmender Höhe den nach der entsprechenden Rechnungslegung geschuldeten sog. Differenzbetrag nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8%-Punkten über dem Basiszinssatz seit 08.06.2015 auszuzahlen.
Der Kläger hat vorgetragen, bis 2011 habe es nur einen Wert für den Milchpreis gegeben, der vom LfL veröffentlicht worden sei. Dabei handele es sich um den nunmehrigen Preis für „Rohmilch aller Tierarten“. Der Preis für konventionelle Kuhmilch sei zwischen 0,40 und 0,45 ct/kg niedriger als dieser. Die Höhe des Zuschlags zur Bezugsgröße des LfL sei stets Kern der Verhandlungen gewesen. Den Parteien sei die Änderung der Bezugsgröße nicht bekannt gewesen. Das Landgericht habe die angebotenen Zeugenbeweise nicht erhoben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Berufung zurückzuweisen. In den Anlagen zu den Verträgen sei erwähnt, dass der Kläger „für die Lieferung seiner konventionellen Milch“ den Preis erhalte. Eine Bezugnahme auf „Rohmilch aller Tierarten“ sei nicht zu entnehmen. Diese habe die MVG K. erstmals im Schreiben vom 14.08.2013 (Anlage B4) gefordert. Die Beklagte habe 2012 eine Sonderzahlung von 0,21 ct/kg geleistet, die jedenfalls berücksichtigt werden müsse.
Der Senat hat den Parteien mit der Ladungsverfügung vom 04.05.2016 eine vorläufige Einschätzung der Rechtslage mitgeteilt und in der mündlichen Verhandlung vom 15.09.2016 die Zeugen S., F., J. und M. vernommen. Auf die weiter benannten Zeugen R., L., Ma. und Sch. hat der Kläger verzichtet (Prot. S. 15 = Bl. 363 d. A.).
Mit End- und Teil-Endurteil vom 13.10.2016 hat der Senat das Urteil des Landgerichts wie folgt abgeändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.416,78 € nebst Zinsen jeweils in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.597,06 € seit 30.04.2014 sowie aus 6.819,72 € seit 21.01.2015 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 341,60 € nebst Zinsen jeweils in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 21.01.2015 zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage hinsichtlich der Berufungsanträge II., III. sowie IV. 1. und V. 1. abgewiesen.
Der Senat hat in dem Urteil die Ansicht vertreten, dass sich aus den Vertragstexten keine Anhaltspunkte für eine Berechnung anhand eines durchschnittlichen Milchpreises der MVG K. ergäben und auch aus den Aussagen der vernommenen Zeugen nichts anderes folge, so dass der Milchpreis auf der Basis des Gesamtdurchschnitts Molkerei M. zu ermitteln sei. Aus diesem Grund wurde die Berufung des Klägers hinsichtlich der Abrechnungen für 2010 und 2011 zurückgewiesen.
Für das 1. Quartal 2012 könne der Kläger eine Nachzahlung beanspruchen, weil die Beklagte zu Unrecht als Vergleichswert den LfL-Preis für konventionelle Kuhmilch angesetzt habe. Die Regelung im Nachtrag vom 19.08.2009 (Anlage K3), durch den die Beklagte die Zahlung eines Preises + 0,15 ct/kg über dem „durchschnittlichen Milchpreis des Bundeslandes Bayern laut LfL“ zugesichert habe, sei seit dem 01.01.2012 nicht mehr eindeutig gewesen, weil die zum 15.12.2011 in Kraft getretene Änderung von § 5 MMV die getrennte Erfassung der Mengen und Preise konventioneller Kuhmilch, ökologisch erzeugter Milch sowie Milch anderer Tierarten vorsehe. Der Vertrag enthalte daher eine planwidrige Regelungslücke, die im Weg der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen sei. Danach müsse der von der LfL für die Jahre 2012 und 2013 – ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage – weiter ermittelte und veröffentlichte Wert für Rohmilch (alle Tierarten, konventionell und biologisch) zugrunde gelegt werden.
Im selben Sinn sei die Anlage 1 zum Neuvertrag vom 28.03.2012 (Anlage K5) auszulegen. Eine ausdrückliche Bezugnahme auf die nunmehr vorgesehene Statistik für Kuhmilch konventionell enthalte der Vertragstext nicht, so dass der Vertrag nach §§ 133, 157 BGB auszulegen sei. Während die Beklagte unstreitig gewusst habe, dass eine Änderung der Statistik bevorgestanden habe, habe die Vernehmung der Zeugen S., J. und F. ergeben, dass die Verhandlungsführer der MVG K. keine Kenntnis hiervon gehabt hätten. Der Senat ging daher davon aus, dass der Zuschlag von 0,15 ct/kg nicht in unveränderter Höhe und mit einem unveränderten Wortlaut vereinbart worden wäre, wenn die Verhandlungsführer der MVG K. gewusst hätten, dass nunmehr die Preise für konventionelle Kuhmilch als Bezugsgröße gelten würden. Die Durchschnittswerte seien von der LfL für 2012 und 2013 noch veröffentlicht worden und für die Folgejahre sei eine Ermittlung des Durchschnittswertes aus den in der offiziellen Statistik veröffentlichten Daten möglich. Deshalb sei der Preis ebenso wie in den Vorjahren auf der Grundlage dieses Durchschnittswertes unter Einschluss des Preises für biologisch erzeugte Milch zu ermitteln.
Einen Anspruch auf Rechnungslegung für die Jahre 2014/15 hat der Senat dagegen verneint, weil der Preis für diese Jahre auf der Grundlage der in der „Milchpost“ der Beklagten veröffentlichten „Milchpreises A.“ einerseits und der von der LfL zu erfragenden Milchpreises für konventionelle und ökologische / biologische Kuhmilch ermittelt werden könne. Daher hat er die für die Jahre 2014/15 erhobene Stufenklage in der 1. Stufe abgewiesen. Über den unbezifferten Zahlungsantrag für diese Jahre hat er nicht entschieden.
Beide Parteien haben die vom Senat zugelassene Revision eingelegt. Der Kläger hat seine Revision mit Schriftsatz vom 26.01.2017 zurückgenommen. Auf die Revision der Beklagten hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 08.11.2017 – Az. VIII ZR 254/16 – das End- und Teil-Endurteil des Senats vom 13.10.2016 aufgehoben, soweit zu ihrem Nachteil entschieden worden ist und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens an das Berufungsgericht zurückverwiesen, weil der Gefahr einander widersprechender Entscheidungen aufgrund des Erlasses eines Teilurteils nicht ausgeschlossen sei.
Noch vor Beendigung des Revisionsverfahrens hat der Kläger mit Schriftsatz vom 09.02.2017 (Bl. 395/407 d. A.), der der Beklagten am 15.02.2017 zugestellt wurde, seine Forderung für 2014 und das 1. Quartal 2015 beziffert und insoweit folgenden neuen Berufungsantrag angekündigt:
Die Beklagte und Berufungsbeklagte wird verurteilt, an den Kläger und Berufungskläger weitere EURO 10.981,43 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 9%-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Der Kläger hat sich damit der Rechtsauffassung des Senats angeschlossen und lediglich die Differenz zwischen den Nachzahlungen, die die Beklagte für 2014/15 auf der Basis eines zugesicherten Preises von +0,15 ct/kg über dem durchschnittlichen Milchpreis des Bundeslandes Bayern für konventionelle Milch geleistet hat, zu dem Betrag gefordert, der sich auf der Basis von +0,15 ct/kg über dem durchschnittlichen Milchpreis des Bundeslandes Bayern für Rohmilch aller Tierarten ergibt. Daraus ergebe sich eine Differenz für 2014 von 0,45 ct/kg, für 2015 von 0,79 ct/kg.
Für 2015 fordert der Kläger – wie er mit Schriftsatz vom 04.04.2018 klargestellt hat – zudem einen weiteren Betrag von 0,37 ct/kg. Dieser ergebe sich zum einen daraus, dass bei der Jahresabrechnung 2015 die Sonderzahlung Januar – März 2015 abgezogen worden sei, die aber eine Nachzahlung für 2014 darstelle und dort berücksichtigt sei. Zum anderen ergebe sich der weitere Betrag daraus, dass eine Sonderzahlung von 0,50 ct/kg auf die Milchmenge Mai 2015 abgezogen worden sei, die mit den Zahlungen von Oktober, November und Dezember 2015 ausgezahlt wurde. Diese Sonderzahlung habe der Kläger, der zu dieser Zeit nicht mehr geliefert habe, nicht erhalten.
Der Kläger beantragt nunmehr:
1. Das Ersturteil des Landgerichts Augsburg von 18.11.2015 (Az. 081 O 4758/14) wird aufgehoben.
2. Die Beklagte und Berufungsbeklagte wird verurteilt, an den Kläger und Berufungskläger 20.398,21 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem Betrag von 2.597,06 € seit dem 30.04.2014,
aus dem Betrag von 6.891,72 € seit dem 21.01.2015 sowie
aus dem Betrag von 10.981,43 € seit Rechtshängigkeit zu bezahlen (Hauptforderung)
3. Die Beklagte und Berufungsbeklagte wird verurteilt, an den Kläger und Berufungskläger 341,60 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.01.2015 zu zahlen (außergerichtliche Kosten).
Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.
Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil. Die vom Kläger vorgetragenen Milchmengen seien unstreitig, ebenso wie die von ihm angegebenen Preise für Kuhmilch konventionell. Ein Preis für „Rohmilch aller Tierarten“ sei dagegen für 2014/15 von der LfL nicht veröffentlicht worden. Ein Referenzpreismodell sei bei Privatmolkereien weit verbreitet; aber nirgends werde die Referenz zu einem Preis vereinbart, der erst erfragt werden müsse. Ein solcher Preis sei auch nicht mit dem früheren „durchschnittlichen Milchpreis des Bundeslandes Bayern laut LfL“ identisch, weil die Erfassungssystematik geändert worden sei. Während früher der Standort der Molkerei maßgeblich gewesen sei, komme es jetzt auf den Erzeugerstandort an. Dies habe zu einer Anhebung des Durchschnittspreises geführt, weil Erzeuger aus anderen Bundesländern, vor allem Thüringen, und aus Tschechien und Österreich in relevantem Umfang Milch an bayerische Molkereien lieferten und der Durchschnittspreis in diesen Ländern deutlich niedriger als in Bayern liege.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 21.08.2017 (Bl. 414 d. A.) bis 31.12.2018 auf die Einrede der Verjährung verzichtet, erhebt aber wegen der erst nach der Zurückverweisung erfolgten Anhebung des geforderten Verzugs- bzw. Rechtshängigkeitszinses von 8 auf 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz die Einrede der Verjährung.
Für die Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, die in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Protokolle der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.
II.
Die Berufung des Klägers ist zulässig und zum Teil begründet.
1. Zu entscheiden ist über den in der letzten mündlichen Verhandlung vom 12.07.2018 gestellten Berufungsantrag des Klägers. Bereits mit Schriftsatz vom 09.02.2017 ist der Kläger hinsichtlich des Milchgelds für die Jahre 2014 und 2015 von der 1. Stufe der zuvor erhobenen Stufenklage auf die 3. Stufe (Zahlungsantrag) übergegangen. Da der Bundesgerichtshof im Urteil vom 08.11.2017 das End- und Teil-Endurteil des Senats vom 13.10.2016 nur aufgehoben hat, soweit zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist, ist über das Milchgeld für die Jahre 2010 und 2011 nicht mehr und für die Jahre 2012 und 2013 nur noch insoweit zu entscheiden, als der Kläger die Preisermittlung wegen des Abstellens auf den LfL-Preis für konventionelle Milch beanstandet.
2. Für das erste Quartal 2012, in dem noch der am 19.08.2009 geschlossene Milchkaufvertrag (Anlage K3) galt, kann der Kläger eine Nachzahlung beanspruchen, weil die Beklagte zu Unrecht als Vergleichswert den LfL-Preis für konventionelle Kuhmilch angesetzt hat.
Der Vergleichspreis, dessen Zahlung + 0,15 ct/kg die Beklagte im Nachtrag vom 19.08.2009 (Anlage K3) zusicherte, war mit dem „durchschnittlichen Milchpreis des Bundeslandes Bayern laut LfL“ eindeutig geregelt. Dieser Preis beruhte auf der Berechnung nach dem in Bezug genommenen § 5 MMV, der in seiner damaligen Fassung nur einen „Auszahlungsbetrag für Milch“ kannte, der neben konventioneller Kuhmilch auch ökologisch erzeugte Milch sowie Milch anderer Tierarten umfasste. Die Auslegung der Klausel war daher eindeutig.
Ab dem 01.01.2012 greift jedoch die Änderung von § 5 MMV, die zum 15.12.2011 in Kraft getreten ist, und die getrennte Erfassung der Mengen und Preise konventioneller Kuhmilch, ökologisch erzeugter Milch sowie Milch anderer Tierarten vorsieht. Die Auslegung der Regelung im Nachtrag vom 19.08.2009 führt daher zu keinem eindeutigen Ergebnis mehr. Da unstreitig keine der Parteien im Jahr 2009 vorhergesehen hatte, dass es während der Vertragslaufzeit zu einer Aufspaltung der in Bezug genommenen Statistik der LfL kommen wird, führt auch eine Auslegung nach §§ 133, 157 BGB zu keinem eindeutigen Ergebnis.
Der Vertrag enthielt daher eine planwidrige Regelungslücke, die durch die nachträgliche Änderung der bei Vertragsschluss bestehenden wirtschaftlichen oder rechtlichen Verhältnisse geschaffen wurde; sie ist im Weg der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen (BGH, Urteil vom 20. 09. 1993 – II ZR 104/92 -, BGHZ 123, 281, Rn. 17, Palandt / Ellenberger, BGB, 75. Aufl., § 157 Rn. 3). Dazu ist der hypothetische Parteiwille zu ermitteln.
Der Beklagten ging es darum – wie der Zeuge M. zum Ausdruck gebracht hat – einen Orientierungswert zu haben, der auf einer verlässlichen Datengrundlage beruhte; dazu wurde 2009 der von der LfL veröffentlichte „Auszahlungsbetrag für Milch“ gewählt, weil er der gelieferten konventionellen Milch am nächsten kam (Prot. vom 15.09.2016, S. 10 = Bl. 358 d. A.). Den Erzeugern ging es dagegen darum, einen über dem durchschnittlichen Marktpreis liegenden Preis für die von ihnen gelieferte Milch zu erzielen. Die Herausnahme der ökologisch erzeugten Milch aus der Statistik führt unstreitig zu einer Reduktion des Auszahlungsbetrages für konventionell erzeugte Kuhmilch gegenüber dem bis 2011 erhobenen alle Milcharten umfassenden Durchschnittswert um 0,40 bis 0,45 ct/kg. Der Vorteil der Erzeuger, die in den Verhandlungen seit 2006 stets einen um 0,15 ct/kg über dem veröffentlichten Vergleichswert liegenden Preis erzielt hatten, der Rohmilch aller Tierarten konventionell und biologisch erzeugt umfasste, hätte sich dadurch in einen Nachteil verwandelt.
Es ist nicht anzunehmen, dass die Erzeuger kompensationslos die Änderung der Bezugsgröße auf „Rohmilch konventionell“ hingenommen hätten. Wie kritisch die Erzeuger in den Verhandlungen auf eine Umstellung der Bezugsgröße reagierten, wurde schon im Jahr 2009 bei der Umstellung vom Preis „ZMP-A.“ auf den „Auszahlungsbetrag für Milch“ der LfL Bayern deutlich, wo der Zeuge S. – allerdings vergeblich – versuchte, einen erhöhten Zuschlag auszuhandeln, da die Allgäuer Preise etwas höher als der bayerische Durchschnitt lagen; erreichen konnte er jedoch einen einmaligen Bonus von 0,4 ct/kg für das Jahr 2008 (vgl. Prot. vom 15.09.2016, S. 6 = Bl. 354 d. A. und Anlage K3 unter Nr. 2). Der Zeuge S. hat glaubhaft angegeben, dass er als Verhandlungsführer der MVG K. einer Umstellung auf den nun ab 2012 zur Verfügung stehenden Vergleichswert ohne eine Kompensation bei der Höhe des Zuschlags nicht zugestimmt hätte.
Eine Treu und Glauben entsprechende Lösung, die den beiderseitigen Interessen entspricht, bietet die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, da sie – ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage – für die Jahre 2012 und 2013 noch den Wert für Rohmilch (alle Tierarten, konventionell und biologisch) ermittelt und veröffentlicht hat (vgl. http://www…de/ iem/milchwirtschaft/026234/index.php, wo die vom LfL ermittelten Werte seit 2003 abgerufen werden können). Dieser Wert entspricht trotz einer weiteren statistischen Umstellung – ab 2012 ist die Anlieferung von Lieferanten aus anderen Mitgliedstaaten zu bayerischen Molkereien in der Statistik nicht mehr enthalten – dem früheren einheitlichen Wert am ehesten; das ergibt sich schon daraus, dass die LfL bei der Tabelle für Rohmilch (alle Tierarten, konventionell und biologisch) neben den Werten für 2012 die Vergleichswerte der alten Statistik für 2011 angibt. Bei der Statistik für Kuhmilch konventionell finden sich dagegen keine Vergleichswerte, sondern der Vermerk: „Aufgrund geänderter Datengrundlage ist der Vergleich zum Vorjahr nur bedingt möglich. Bis einschließlich 2011 wurde der Auszahlungspreis für Milch aller Tierarten (Kuh-, Schaf- und Ziegenmilch) ausgewiesen. Es wurde nicht nach biologisch oder konventionell erzeugter Milch unterschieden. Ab 2012 werden konventionell und biologisch erzeugte Kuhmilch separat erfasst.“
Diese Lösung entspricht auch dem Interesse der Beklagten, der es vorrangig darauf ankam, dass der Preis an einen Marktpreis gebunden ist, für den es eine öffentliche Notierung gibt.
3. Auch für den Rest des Jahres 2012 sowie für 2013 kann der Kläger eine Nachzahlung auf der Grundlage des Wertes für Rohmilch aller Tierarten + 0,15 ct/kg verlangen.
Bei der Auslegung der Anlage 1 zum Neuvertrag vom 28.03.2012 (Anlage K5) ist zu berücksichtigen, dass im März 2012 die „Erste Verordnung zur Änderung der Marktordnungswarenmelde-Verordnung“ vom 02.12.2011 bereits im Bundesgesetzblatt vom 14.12.2011 (BGBl. I S. 2634) veröffentlicht war, die in ihrem § 5 die Umstellung der Statistik vorsah.
Eine ausdrückliche Bezugnahme auf die nunmehr vorgesehene Statistik für Kuhmilch konventionell enthält der Vertragstext nicht. Er entspricht hinsichtlich der Vereinbarung des Milchpreises fast wörtlich dem Nachtrag vom 19.08.2009. Insbesondere ist die Zusicherung eines Milchpreises, der „im Jahresdurchschnitt dem durchschnittlichen Milchpreis des Bundeslandes Bayern laut LfL + 0,15 ct/kg entspricht“, gleich geblieben. Diese Zusicherung erfolgt zwar „für die Lieferung seiner konventionellen Milch“; diese Formulierung ist jedoch ebenfalls seit 2009 unverändert geblieben, als sie unstreitig keine Bedeutung hinsichtlich der Bezugsgröße hatte. Eine Bindung an den durchschnittlichen Milchpreis des Bundeslandes Bayern für konventionelle Milch laut LfL haben die Parteien nicht ausdrücklich vereinbart.
Da die Wortlautauslegung zu keinem eindeutigen Ergebnis führt, ist nach § 133 BGB der wirkliche Wille der Vertragsparteien zu erforschen und der Vertrag nach § 157 BGB so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Für die Ermittlung des wirklichen Willens und die Auslegung des Vertrages nach Treu und Glauben kommt es darauf an, inwieweit die Vertragsparteien – bzw. auf der Seite des Klägers der Verhandlungsführer – Kenntnis von der Änderung der in Bezug genommenen Statistik hatten.
Entgegen der von der Beklagten im Revisionsverfahren vertretenen Ansicht, handelt es sich bei der Zusicherung in Anlage 1 zum Milchkaufvertrag vom 26.03.2012 (Anlage K5) nicht um einen einseitig von der Beklagten gestellten Formularvertrag. Sie wurde vielmehr – wie die Zeugen in der mündlichen Berufungsverhandlung vom 15.09.2016 übereinstimmend geschildert haben – in monatelangen Verhandlungen zwischen dem Zeugen M. als Vertreter der Beklagten und den Zeugen S., F. und J. als Vertreter der in der MVG K. zusammengeschlossenen Erzeuger ausgehandelt. Daher kommt eine rein objektive Auslegung, wie sie bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen geboten ist (vgl. BGH, Urteil vom 19.4.2018 – III ZR 255/17, NJW 2018, 2117, Rn. 18 m. w. N.) hier nicht in Betracht.
Unstreitig wusste die Beklagte, dass die Änderung der Milchpreisstatistik bevorstand. Ihr Verhandlungsführer, der Zeuge M., hat bestätigt, dass es damals „Bestrebungen“ gegeben habe, „die biologische Ökomilch gesondert auszuweisen, was zu einem Sinken der bisherigen Bezugsgröße (LfL-Wert all in) in Höhe von etwa 0,4 ct/kg geführt hätte“ (Prot. vom 15.09.2016, S. 11 = Bl. 359 d. A.).
Streitig ist dagegen, ob die Erzeugerseite diese Kenntnisse hatte, was der Kläger bestreitet. Die Beklagte behauptet dagegen, die Gesetzesänderung sei den Parteien bei den Verhandlungen bereits grob bekannt gewesen, weil sie in der Branche und den Verbänden über Jahre im Vorfeld diskutiert worden seien. Konkret behauptet sie, der Zeuge S. habe in den Verhandlungen die Auffassung vertreten, die geänderte Statistik müsse in dem neuen Vertrag durch eine höhere Preisgarantie (etwa LfL + 0,30 ct/kg) berücksichtigt werden (Schriftsatz vom 09.07.2015, S. 11 = Bl. 118 d. A.). Der Zeuge M. hat in seiner Vernehmung durch den Senat dazu angegeben, die bevorstehende Änderung sei auch Gegenstand seiner Verhandlungen mit dem Zeugen S. gewesen. Es sei aber noch nicht absehbar gewesen, wann und in welcher Weise Änderungen in der Veröffentlichungspraxis der LfL insoweit erfolgen würden. Im Ergebnis sei es bei der bisherigen Regelung „Milchpreis des Bundeslandes Bayern laut LfL + 0,15 ct/kg“ geblieben. Es sei ausdrücklich darüber gesprochen worden, dass es um konventionelle Milch gehe. Zugeständnisse habe die Beklagte bei der eintägigen Milchabholung, den Tabellenwerten für den mengenabhängigen Bonus und durch einen 0,5 ct/kg-Treuebonus gemacht, der zu dieser Zeit keineswegs üblich gewesen sei.
Der Zeuge S. hat dagegen bekundet, dass er erstmals im Februar/März 2013 – also fast ein Jahr nach Abschluss der Verhandlungen – aufgrund eines Artikels im landwirtschaftlichen Wochenblatt auf die Problematik mit den geänderten LfL-Veröffentlichungen aufmerksam geworden sei und den Zeugen M. beim nächsten der regelmäßigen Gespräche darauf angesprochen habe. Der Zeuge S. hat ebenso wie die Zeugen J. und F. ausgesagt, ihnen sei zur Zeit der Verhandlungen nichts von der bevorstehenden Änderung bekannt gewesen.
Der Senat glaubt den Zeugen S., J. und F. Zwar ist nach Überzeugung des Senats der Zeuge S. tatsächlich mit der Forderung in die Verhandlungen gegangen, für die Nachschlagszahlungen eine Basis des LfL-Preises + 0,50 ct/kg zu erreichen, wie der Zeuge M. behauptet hat, und nicht nur mit + 0,30 ct/kg, wie der Zeuge S. selbst angegeben hat. Die 0,50 ct/kg wurden von den Zeugen J. und F. bestätigt. Jedoch wurde die 0,50 ct/kg-Forderung, die in den Verhandlungen schnell auf 0,30 ct/kg reduziert wurde (vgl. Schreiben des Zeugen S. an die Beklagte vom 02.02.2012, Anlagenkonvolut K37), nicht mit der Änderung der Bezugsgröße begründet. Dem Zeugen F. war keine konkrete Begründung bekannt. Der Zeuge J. sprach von einer Einstiegsforderung, die wie bei Tarifverhandlungen von Gewerkschaften höher liegen müsse. Aber auch der Verhandlungsführer der Beklagten, der Zeuge M., nannte als wesentliche Begründung, es sei gemunkelt worden, die Molkerei E. gewähre einen Zuschlag in dieser Höhe. Zwar nannte der Zeuge M. auch die bevorstehende Änderung der Veröffentlichungspraxis der LfL als Grund. Er schränkte aber selbst ein, dass noch nicht absehbar gewesen sei, wann und in welcher Weise eine Änderung erfolgen werde.
Die Aussage der Zeugen S., J. und F. erscheint insbesondere vor dem Hintergrund glaubhaft, dass eine „Einstiegsforderung“ von 0,50 ct/kg angesichts der durch die Veränderung der LfL-Veröffentlichung erwarteten Verschlechterung um 0,40 bis 0,45 ct/kg in Wirklichkeit eine Verschlechterung gegenüber dem zuvor gewährten Zuschlag von 0,15 ct/kg dargestellt hätte. Es erscheint für den Senat ausgeschlossen, dass der Zeuge S. als Verhandlungsführer der MVG mit einer derartigen Forderung in die Verhandlung mit der Beklagten gegangen wäre, wenn er von der bevorstehenden Veränderung der Bezugsgröße Kenntnis gehabt hätte. Die Verhandlungen haben auch – wie das Schreiben des Zeugen S. an seine Vorstandskollegen der MVG vom 04.11.2011 belegt (Anlage K37) – am 02.12.2011 und damit vor Bekanntmachung der Änderung der MMV begonnen. Hätte der Zeuge S. vor Abschluss der Verhandlungen von der Veränderung der Bezugsgröße während dem Lauf der Verhandlungen erfahren, so wäre mit einer Erhöhung der Forderung zu rechnen gewesen. Tatsächlich reduzierte der Zeuge S. die Forderung der MVG jedoch von zunächst +0,50 ct/kg über dem LfL-Wert auf +0,30 ct/kg; der Abschluss erfolgte schließlich bei +0,15 ct/kg.
Dies zugrunde gelegt geht der Senat davon aus, dass der Zuschlag von 0,15 ct/kg nicht in unveränderter Höhe und mit einem unveränderten Wortlaut vereinbart worden wäre, wenn die Verhandler der MVG K. gewusst hätten, dass nunmehr die Preise für konventionelle Kuhmilch als Bezugsgröße gelten würden. Ihr tatsächlicher Wille ging vielmehr dahin, dass Bezugsgröße – wie in den Jahren 2009 bis 2011 – der Durchschnittswert für konventionelle Kuhmilch, ökologisch erzeugte Kuhmilch und Milch anderer Tierarten sein sollte. Der unveränderte Wortlaut spricht ebenfalls für diese Auslegung. Es wäre zu erwarten gewesen, dass die Vertragsparteien eine wesentliche inhaltliche Änderung im Vertragstext ausdrücklich und erkennbar festgehalten hätten.
Das Argument der Beklagtenseite, sie habe eine Bindung an einen Orientierungswert gewollt, der auf einer verlässlichen Datengrundlage den Marktpreis abbildet, erscheint demgegenüber aus Sicht des Senats nicht zwingend. Aus den bis 2011 veröffentlichten Daten des LfL ergeben sich nicht nur die Preise je kg bei tatsächlichem Fett- und Eiweißgehalt sowie umgerechnet auf die bundesweit gültigen Normwerte von 4,0% Fett und 3,4% Eiweiß, sondern auch die gesamte Milchanlieferung in Bayern in kg sowie die gesamte Auszahlung ab Erfassungsstelle. Werden die Daten – wie ab 2012 – getrennt für konventionelle Kuhmilch und biologische Kuhmilch veröffentlich, kann rechnerisch ein gewichteter Durchschnittswert ermittelt werden. Tatsächlich hat die LfL diesen Durchschnittspreis für „Rohmilch (alle Tierarten, konventionell und biologisch)“ für die Jahre 2012 und 2013 noch veröffentlicht; er kann auf der bereits zitierten Website abgerufen werden.
Für die Jahre 2014 und 2015 ist eine Veröffentlichung nicht mehr erfolgt. Entgegen der im Urteil vom 13.10.2016 geäußerten Erwartung ist die Ermittlung des Durchschnittswertes aus den in der offiziellen Statistik veröffentlichten Daten auch nicht mehr möglich, weil seit 2014 aus Datenschutzgründen die Anlieferungsmenge von Bio-Kuhmilch für Bayern nicht mehr veröffentlicht wird. Wie die Zeugin B.-S. bekundet hat, kann der Durchschnittswert jedoch vom LfL unschwer ermittelt und – sowohl von Molkereien als auch von Erzeugern – bei der LfL abgefragt werden. Dies gilt für 2014 und 2015, wie durch die E-Mail der Zeugin B.-S. an den Geschäftsführer des Verbands der Milcherzeuger Bayern e. V., den Zeugen G. vom 20.01.2017 (Anlage Bk31), sowie die ebenfalls von der Zeugin B.-S. unterschriebene Mitteilung des LfL an den Zeugen S. vom 14.03.2018 (Anlage Bk35) bestätigt wird. Einer solchen Mitteilung stehen Datenschutzbestimmungen nicht entgegen, wie aus der Aussage der Zeugin B.-S. hervorgeht, der die LfL eine Aussagegenehmigung erteilt hat (vgl. Bl. 439 d. A.). Die mit einer Anfrage verbundenen Umstände fallen angesichts der von der Beklagten insgesamt von den Mitgliedern der MVG K. angekauften Milchmenge nur wenig ins Gewicht, zumal der Vorgang nur einmal pro Jahr (für sämtliche Lieferanten) vorzunehmen ist. Auch der Umstand, dass der Preis für 2015 aufgrund eines Rechenfehlers von 32,84 ct/kg (Anlage Bk31) auf 32,55 ct/kg (Anlage Bk35) korrigiert werden musste, steht einer Verwertung des korrigierten Wertes nicht entgegen, da es auch bei der offiziell verbreiteten Statistik zu Fehlern kommen kann, weshalb die LfL stets anmerkt, dass sie für die Richtigkeit der Daten keine Verantwortung übernimmt und sich Änderungen aufgrund von Nachmeldungen und Korrekturen ergeben können.
Diese Auslegung führt nicht zu einer gegen Treu und Glauben (§ 157 BGB) verstoßenden Benachteiligung der Beklagten. Im Gegenteil wird der Milchpreis für die jährliche Ausgleichszahlung im Ergebnis in gleicher Weise wie in den Jahren zuvor ermittelt.
Dieser Auslegung der Anlage 1 zum Milchkaufvertrag vom 28.03.2012 steht nicht entgegen, dass die Milchpreisstatistik im Jahr 2012 auch insoweit umgestellt wurde, dass nunmehr der Erzeugerstandort maßgeblich ist und nicht mehr wie bis 2011 der Molkereistandort. Dem Wortlaut „dem durchschnittlichen Milchpreis des Bundeslandes Bayern laut LfL + 0,15 ct/kg entspricht“ ist nicht zu entnehmen, ob dieser nach dem Erzeuger- oder Molkereistandort zu ermitteln ist. Eine ergänzende Auslegung dahin, dass weiter auf den Molkereistandort abzustellen wäre, kommt nicht in Betracht. Den Preis am Molkereistandort zu ermitteln, der lediglich für 2012/13 noch übergangsweise veröffentlicht wurde, ist nicht möglich. Seit 2014 wurden die Preise am Molkereistandort nicht mehr ermittelt und können – wie die Beklagte im Schriftsatz vom 11.06.2018 (S. 4/5 = Bl. 448/449 d. A.) vorgetragen hat – auch nicht mehr generiert werden. Auch die Beklagte selbst hat ihrer Preisermittlung die Milchgeldauszahlung am Erzeugerstandort – allerdings für Kuhmilch konventionell – zugrunde gelegt. Dies steht jedoch der ergänzenden Auslegung des Vertrags dahin nicht entgegen, dass – wie in den Jahren vor 2012 – als Referenzpreis die Milchgeldauszahlung für Kuhmilch konventionell und biologisch / ökologisch erzeugt heranzuziehen ist, da dieser der vorherigen Preisermittlung am nächsten kommt. Dass Rohmilch anderer Tierarten (insbesondere Ziegenmilch) hierbei nicht berücksichtigt ist, fällt angesichts der geringen Menge nicht ins Gewicht.
Dass die Beklagte ein solches Verständnis des Vertrages durch die Erzeugerseite nicht von vorneherein als undenkbar angesehen hat, zeigt sich in dem Umstand, dass sie im August 2013 eine einmalige Sonderzahlung von 0,21 ct/kg auf die Liefermenge von 2012 an alle Lieferanten der Molkerei A. geleistet hat. Der Zeuge S. hat überzeugend geschildert, dass es nach seinen Protesten und mehreren Gesprächen mit dem Zeugen M. schließlich zu einem Gespräch gekommen sei, bei dem auch der Geschäftsführer K. der Beklagten anwesend gewesen sei. Dieser habe zwar auf der Bindung an den LfL-Wert für konventionelle Kuhmilch beharrt, aber eine Einmalzahlung von 0,21 ct/kg angeboten (Prot. vom 15.09.2016, S. 7 = Bl. 355 d. A.). Zwar hat die Beklagte die Leistung als „Dankeschön für die Liefertreue, die Sie durch den Abschluss eines neuen Milchkaufvertrages bestätigt haben“ bezeichnet (vgl. Anlage BK22). Nach der Überzeugung des Senats stellt sich die Sonderzahlung jedoch als Entgegenkommen für die zahlreichen Lieferanten – nicht nur aus der MVG K. – dar, die nach Erhalt der Jahresabrechnung 2012 gegen die Zugrundelegung des Wertes für konventionelle Kuhmilch und die damit verbundene Schlechterstellung protestiert haben. Für dieses Verständnis der Sonderzahlung spricht auch, dass sie am 26.07.2013, also sehr spät für eine Treueprämie für den Vertragsabschluss vom 28.03.2012, angekündigt wurde. Außerdem war im Vertrag vom 28.03.2012 selbst bereits ein Treuebonus von 0,5 ct/kg auf die Jahresanlieferungsmenge 2011 gewährt worden (Anlage K5, § 4 Abs. 2). Schließlich hat die Beklagte ihren Lieferanten im Jahr 2014 noch eine weitere Treueprämie auf die Jahresanlieferungsmenge 2013 angeboten, die jedoch vom Kläger und weiteren Mitgliedern der MVG K. abgelehnt wurde. Die Beklagte selbst hat im Schriftsatz vom 09.07.2015 vorgetragen, dass die Sonderzahlung gewährt wurde, weil der Markt aufgrund der Änderung der Systematik bei der LfL-Veröffentlichung im Jahre 2012 leicht in Unruhe gewesen sei, weil kein Marktteilnehmer gewusst habe, wie die LfL in Zukunft die Preisveröffentlichungen handhaben würde. Die Preisveröffentlichung der LfL für 2012 war am 18.06.2013 erfolgt (vgl. Anlage K18).
Da es sich bei der Sonderzahlung daher nicht um einen Treuebonus, sondern um ein Entgegenkommen auf die berechtigte Nachforderung des Klägers und der weiteren Mitglieder der MVG Krumbach handelt, ist sie auch auf die von der Beklagten geschuldete Nachzahlung anzurechnen.
Demgegenüber ist die im Jahr 2012 ausgezahlte Treueprämie gemäß § 4 Abs. 2 des Vertrags vom 28.03.2012 (Anlage K5) von 0,5 ct/kg auf die Jahresanlieferungsmenge des Klägers im Jahr 2011 nicht anzurechnen, weil sie auch nach Auffassung des Senats eine Vertragsabschlussprämie darstellt und in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Milchgeldberechnung steht.
4. Der Kläger hat daher einen Anspruch auf eine Nachzahlung, die sich aus der Differenz des Jahresdurchschnitts für Kuhmilch (konventionell und bio) zu dem von der Beklagten angesetzten Jahresdurchschnitt für Kuhmilch konventionell ergibt. Dabei gehen die Parteien übereinstimmend davon aus, dass der Kläger auch für das Jahr 2015, in dem er nur in den Monaten Januar bis März Milch an die Beklagte lieferte, die Nachzahlung gemäß Anlage 1 des Milchkaufvertrags (Anlage K5) beanspruchen kann (siehe die Abrechnung der Beklagten vom 06.06.2016, Anlage Bk15). Für die Berechnung macht es keinen Unterschied, ob man – wie bei der bundesweiten Statistik – üblich von 4,0% Fett und 3,4% Eiweiß ausgeht oder – wie in Bayern üblich – von 4,2% Fett und 3,4% Eiweiß, da die Differenz jeweils identisch ist.
a) Für 2012 beträgt bei 4,2% Fett und 3,4% Eiweiß die Differenz 33,80 ct/kg – 33,40 ct/kg = 0,40 ct/kg (Anlage K12). Davon ist jedoch die Nachzahlung aus dem August 2013 in Höhe von 0,21 ct/kg abzuziehen, da diese einseitig von der Beklagten gewährte Nachzahlung der Kompensation der Nachteile aus der Umstellung auf die neue Statistik diente. Damit verbleibt eine Differenz von 0,19 ct/kg. Multipliziert man sie mit der Liefermenge 2012 von 1.234.754 kg (vgl. K30), ergibt sich der Nachzahlungsbetrag von 2.346,03 €, zusammen mit dem pauschalen MWSt-Satz von 10,7% 2.597,06 €.
b) Für 2013 beträgt bei 4,2% Fett und 3,4% Eiweiß die Differenz 38,37 ct/kg – 37,93 ct/kg = 0,44 ct/kg (Anlage K12). Multipliziert man sie mit der Liefermenge 2013 von 1.400.124 kg (K32), ergibt sich der Nachzahlungsbetrag von 6.819,72 €, zusammen mit dem pauschalen MWSt-Satz von 10,7% 6.819,72 €.
c) Für 2014 ergibt sich bei 4,2% Fett und 3,4% Eiweiß eine Differenz von 39,20 ct/kg – 38,75 ct/kg = 0,45 ct/kg (Anlage Bk35 und Aussage der Zeugin B.-S., Prot. vom 12.07.2018, S. 4 = Bl. 458 d. A.). Multipliziert man sie mit der Liefermenge 2014 von 1.344.130 kg, ergibt sich der Nachzahlungsbetrag von 6.048,59 €, zusammen mit dem pauschalen MWSt-Satz von 10,7% 6.695,78 €.
d) Für 2015 beträgt die Differenz bei 4,2% Fett und 3,4% Eiweiß 32,55 ct/kg – 31,76 ct/kg = 0,79 ct/kg (Anlage Bk35 und Aussage der Zeugin B.-S., Prot. vom 12.07.2018, S. 4 = Bl. 458 d. A.). Multipliziert man sie mit der Liefermenge im 1. Quartal 2015 von 333.741 kg, ergibt sich der Nachzahlungsbetrag von 2.636,55 €, zusammen mit dem pauschalen MWSt-Satz von 10,7% 2.918,67 €.
Eine um 0,37 ct/kg höhere Nachzahlung für das Jahr 2015 steht dem Kläger entgegen seiner Argumentation auf S. 4/9 des Schriftsatzes vom 04.04.2018 (Bl. 430/434 d. A.) nicht zu. Dass eine Sonderzahlung von 3,00 ct/kg auf die Milchmenge Mai 2014 bei der Berechnung der Nachzahlung für 2015 abgezogen worden wäre, ergibt sich aus den vom Kläger vorgelegten Anlagen Bk10 und Bk14-18 nicht. Eine Sonderzahlung für Oktober, November und Dezember 2015 stand dem Kläger nicht zu, da eine Verlängerung des im März 2015 ausgelaufenen Milchkaufvertrags nicht erfolgt ist. Der Kläger leitet den (über 0,79 ct/kg hinausgehenden) Zusatzbetrag von 0,37 ct/kg für das Jahr 2015 letztlich daraus her, dass er die Nachzahlung gemäß Anlage 1 des Milchkaufvertrags (Anlage K5) aus der Differenz zwischen dem ihm in den Monaten Januar bis März 2015 ausgezahlten Milchpreis (31,54 ct/kg, siehe hierzu die Angaben des Zeugen J. G. in der mündlichen Verhandlung vom 12.07.2018, Bl. 459 d.A.) und dem Jahresdurchschnittswert des durchschnittlichen Milchpreises des Bundeslandes Bayern laut LfL + 0,15 ct/kg (32,55 ct/kg + 0,15 ct/kg = 32,70 ct/kg) berechnen will. Dies gibt die Nachzahlungsregelung in Anlage 1 des Milchkaufvertrags (Anlage K5) aber nicht her. Sie sieht eine Nachzahlung ausdrücklich nur in der Höhe vor, in der der ausgezahlte Milchpreis „im Jahresdurchschnitt“ den durchschnittlichen Milchpreis des Bundeslandes Bayern laut LfL + 0,15 ct/kg unterschreitet. Der Umstand, dass der Kläger nur in den ersten drei Monaten 2015 Milch an die Beklagte geliefert hat, führt nicht dazu, dass er eine gesonderte – nur auf den Daten der ersten drei Monate 2015 beruhende – Berechnung und Auszahlung des Differenzbetrags als Nachzahlung verlangen könnte. Vielmehr ist für ihn – wie für alle anderen Lieferanten – der Differenzbetrag „im Jahresdurchschnitt“ der Nachzahlung als Basisgröße zugrundezulegen.
5. Der Zinsanspruch in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ergibt sich aus §§ 288 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 291 BGB, für den Anspruch aus dem Jahr 2012 ab Ablauf der im Schriftsatz vom 15.04.2014 (Anlage K35) gesetzten Frist. Für das Jahr 2013 besteht der Anspruch erst ab Rechtshängigkeit der Klage, da insoweit keine Mahnung vorgetragen ist. Eine Bestimmung der Leistungszeit aus dem Kalender ergibt sich weder aus § 4 Abs. 4 des Milchkaufvertrages vom 10.04.2006 noch aus den späteren Verträgen.
Den erhöhten Verzugszins von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 288 Abs. 2 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr vom 22.07.2014 kann der Kläger nicht beanspruchen. Nach der Überleitungsvorschrift in Art. 229 § 34 S. 1 EGBGB ist die Neufassung nur auf ein Schuldverhältnis anzuwenden, das nach dem 28.07.2014 entstanden ist. Der Milchkaufvertrag wurde aber bereits am 26.03.2012 geschlossen. Auf ein Dauerschuldverhältnis wie das vorliegende ist die Neufassung auch anwendbar, soweit die Gegenleistung nach dem 30.06.2016 erbracht wird. Zu diesem Zeitpunkt war das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien aber bereits beendet.
6. Der Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus dem Anspruch auf Nachzahlung für das Jahr 2012 in Höhe von 2.597,06 € folgt aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 BGB. Einer Mahnung vor Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe bedurfte es nicht, da die Beklagte gegenüber dem Verhandlungsführer der MVG K., dem Zeugen S., eine Nachzahlung abgelehnt hatte. Angesichts der Schwierigkeit der Rechtslage kann die gesetzliche Mittelgebühr von 1,3 leicht überschritten werden; auch wenn der Klägervertreter zahlreiche inhaltsgleiche Mandate übernommen hat, setzt das Tätigwerden eine umfangreiche Auseinandersetzung mit der Milchpreisgestaltung voraus. Daher ist eine 1,6-Gebühr im Rahmen der Nr. 2300 VV-RVG angemessen; sie beträgt 321,60 €. Die Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV-RVG in Höhe von 20,00 € kommt hinzu.
In Bezug auf die Nachzahlung 2013 ist eine vorgerichtliche anwaltliche Tätigkeit nicht ersichtlich.
7. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 1, 516 Abs. 3 S. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
8. Die Zulassung der Revision beruht auf der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache, § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO; sie bezieht sich auf die ergänzende Auslegung der Anlage 1 zum Vertrag vom 28.03.2012. Die streitgegenständliche Vertragsregelung wurde von der Beklagten in Milchkaufverträgen mit einer Vielzahl von Erzeugern vereinbart. Allein beim Senat sind 16 weitere Rechtsstreitigkeiten anhängig, in denen es um die Auslegung dieser Verträge geht. Der Senat hat auf übereinstimmende Anträge der Parteien gemäß § 251 ZPO ihr Ruhen angeordnet.

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