Verwaltungsrecht

Erfolgloser Eilantrag gegen tierseuchenrechtliche Tötungsanordnung

Aktenzeichen  Au 1 S 18.888

Datum:
29.5.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 16802
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
TierGesG § 37 Nr. 5
BayVwZVG Art. 21a

 

Leitsatz

Zur Glaubhaftmachung des Eigentums an Tieren, die Gegenstand seuchenrechtlicher Anordnungen sind, im gerichtlichen Eilverfahren genügt es nicht, lediglich zu behaupten, anstelle des Bescheidadressaten selbst Eigentümer zu sein. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen die anstehende Tötung von neun Rindern wegen Rindertuberkulose.
Der Bruder der Antragstellerin führt eine landwirtschaftliche Betriebsstätte im … und hält dort derzeit 25 Rinder. Die Antragstellerin gibt an, Eigentümerin der Rinder zu sein. Mit Erklärung vom 5. Februar 2018 ist sie von ihrem Bruder bevollmächtigt worden, gegenüber dem Landratsamt … Entscheidungen, Willenserklärungen etc. hinsichtlich seines Tierbestandes abzugeben.
Am 2. und 5. Februar 2018 wurde durch das Veterinäramt des Landratsamtes … bei sämtlichen Rindern des landwirtschaftlichen Betriebs des Bruders der Antragstellerin eine Tuberkuloseuntersuchung durchgeführt. Bei einem Tier zeigte sich eine stark auffällige, zweifelhafte Reaktion im Sinne der Nr. 2.2.5.3.2 der Richtlinie 64/432/EWG an der Grenze zur positiven Testbewertung. Bei 15 weiteren Rindern war das Testergebnis negativ. Das Tier mit der stark auffälligen, zweifelhaften Reaktion wurde am 8. Februar 2018 getötet und am 16. Februar 2018 im Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit untersucht. Im Ergebnis wurde Rindertuberkulose bei dem Tier festgestellt. Am 15. und 18. Mai 2018 erfolgte im landwirtschaftlichen Betrieb des Bruders der Antragstellerin die erste Nachuntersuchung, bei der 23 Rinder getestet wurden. Bei der Beurteilung der Hautreaktion (Ablesen der Hautdickenzunahme) am 18. Mai 2018 wurde bei fünf Tieren eine positive Hautreaktion ermittelt. Weitere vier Tiere wiesen eine zweifelhafte Hautreaktion auf. Das Veterinäramt des Landratsamtes … forderte mit Schreiben vom 18. Mai 2018 neben der Tötung der fünf positiv getesteten Tiere auch die Tötung der zweifelhaft getesteten Tiere, um eine weitere Ausbreitung des Seuchengeschehens zu verhindern.
Eine mit Anordnung vom 18. Mai 2018 verfügte Tötung der Tiere durch das Landratsamt, die für den 24. Mai 2018 vorgesehen war und gegen die die Antragstellerin im Namen ihres Bruders sowohl eine Klage (Au 1 K 18.848) als auch einen Eilantrag (Au 1 S 18. 849) erhob, wurde nicht durchgeführt.
Mit einer neuen Anordnung vom 25. Mai 2018 verpflichtete das Landratsamt … den Bruder der Antragstellerin, die fünf Tiere mit positiver Hautreaktion sowie die vier Tiere mit zweifelhafter Hautreaktion töten zu lassen (Ziffer I.). Er wurde aufgefordert, die Tiere fixiert in der Stallung bereitzuhalten und zum Abtransport zur Keulung an der Tierkörperbeseitigungsanstalt … an den Vertreter des Veterinäramts … sowie an die Mitarbeiter des beauftragten Transportunternehmens herauszugeben (Ziffer II.). Für die Durchführung der angeordneten Tötung wurde der 30. Mai 2018, 7:30 Uhr bestimmt (Ziffer III.). Für den Fall, dass er der Aufforderung der Ziffern II. und II. (gemeint wohl I.) nicht nachkomme, werde die Entnahme der neun Tiere aus dem Betrieb auf seine Kosten durchgeführt und die Ersatzvornahme insoweit angedroht (Ziffer IV.). Für den Fall, dass gegen die unter Ziffer IV. angedrohte Ersatzvornahme Widerstand geleistet oder die Durchführung behindert werde, werde die Entnahme der neun betroffenen Rinder durch das Landratsamt … durch Anwendung des unmittelbaren Zwangs vollzogen (Ziffer V). Die Antragstellerin wurde verpflichtet, die unter den Ziffern I. bis VI. (gemeint wohl V.) getroffenen Anordnungen zu dulden (Ziffer VI.). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die positiv getesteten Tiere gem. § 4a der Verordnung zum Schutz gegen die Tuberkulose des Rindes (RindTbV) zwingend zu töten seien. Hinsichtlich der Rinder, bei denen die Testreaktion zweifelhaft gewesen sei, sei nach fachlicher Abwägung des Veterinäramts zum TBC-Geschehen im Betrieb die Tötung auch der zweifelhaft getesteten Rinder, bei denen der Verdacht bestehe, dass sie sich ebenfalls bereits infiziert haben könnten, gefordert worden. Aus fachlicher Sicht sei es zwingend erforderlich, jedweden möglichen weiteren Infektionsherd auszuschalten. Dies entspreche dem öffentlichen Interesse an der Seuchenbekämpfung als auch dem Interesse von Halter und Eigentümer. Es bestehe die Gefahr, dass sich weitere Tiere anstecken könnten und damit die Sanierung immer aufwendiger und langwieriger werde. Nachdem der Bruder der Antragstellerin und sie selbst als mutmaßliche Eigentümerin nicht bereit oder in der Lage seien, die Tötung und die vorgeschriebenen Untersuchungen selbst zu organisieren, sei der Ablauf zur Entlastung der Betroffenen durch das Veterinäramt … organisiert worden. Maßnahmen im Tierseuchenfall seien unverzüglich durchzuführen. Da nicht ausgeschlossen werden könne, dass die erforderliche Unterstützung nicht geleistet werde und die Tiere dem Veterinäramt … nicht übergeben werden, sei die Ersatzvornahme anzudrohen gewesen. Eine Zwangsgeldandrohung ließe bei der Antragstellerin, die sich auch für ihren Bruder erkläre, nicht erwarten, dass die Maßnahme zeitnah umgesetzt werden könnte. Als möglicherweise folgebedingtes weiteres Zwangsmittel sei unmittelbarer Zwang angedroht worden.
Gegen die anstehende Tötung der Rinder ließ der Bruder der Antragstellerin unter Vorlage einer Vollmacht durch die Antragstellerin am 28. Mai 2018 einen Eilantrag (Au 1 S 18.886) sowie eine Klage (Au 1 K 18.885) erheben. Gleichzeitig erhob die Antragstellerin auch im eigenen Namen einen Eilantrag und eine Klage. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Untersuchungen der Tiere nicht rechtmäßig gewesen seien. Die Richtlinie 64/432 EWG bestimme, dass bei der Untersuchung für jedes Tier eine sterile Kanüle zu verwenden sei. Dies sei nicht geschehen. Die Anordnung des Sofortvollzugs der Tötung der Tiere sei nicht gerechtfertigt. Die positiv und zweifelhaft getesteten Tiere könnten getrennt gehalten werden. Dies sei ein milderes Mittel. Die Antragstellerin sei zudem die Eigentümerin der Tiere. Mit Quittungen könne dies nachgewiesen werden.
Die Antragstellerin beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Der Antragsgegner äußerte sich nicht zum Verfahren.
Ergänzend wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
1. Gegenstand des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO ist einerseits die kraft Gesetzes (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 37 Nr. 5 TierGesG) sofort vollziehbare Tötungsanordnung samt der Mitwirkungshandlungen und der Duldung begleitender Maßnahmen (Ziffern I. bis III. des Bescheids vom 25.05.2018). Der Antrag richtet sich weiter gegen die Androhung der Ersatzvornahme (Ziffer IV. des Bescheids vom 25.05.2018) sowie gegen die Androhung des unmittelbaren Zwangs für den Fall des Widerstands gegen die Ersatzvornahme (Ziffer V. des Bescheids vom 25.05.2018), die als Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung von Gesetzes wegen ebenso sofort vollziehbar sind (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 21 a VwZVG). Zuletzt richtet sich der Antrag gegen die in Ziffer VI. verfügte Duldungsanordnung gegenüber der Antragstellerin.
2. Der Antrag ist jedenfalls unbegründet, soweit mit ihm die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ziffern I. bis V. des Bescheids vom 25. Mai 2018 begehrt wird. Zur Begründung wird auf den Beschluss im Verfahren des Bruders der Antragstellerin verwiesen (Au 1 S 18.886). Auch soweit der Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die in Ziffer VI. des Bescheids verfügte Duldungsanordnung begehrt, hat er keinen Erfolg. Zum einen hat die Antragstellerin lediglich behauptet, aber nicht nachgewiesen, dass sie selbst und nicht ihr Bruder als Tierhalter Eigentümer der Tiere ist. Zum anderen erweist sich die Duldungsanordnung voraussichtlich als rechtmäßig, nachdem die in Ziffern I. bis VI. erlassenen Anordnungen voraussichtlich ebenfalls rechtmäßig sind.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Als unterliegender Teil hat die Antragstellerin die Verfahrenskosten zu tragen. Die Streitwertfestsetzung folgt den Vorgaben der §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG i.V.m. den Ziffern 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Jetzt teilen:

Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen