IT- und Medienrecht

Abgabepflicht zur Künstlersozialabgabe – mehrtägiges Open-Air-Festival

Aktenzeichen  L 4 KR 139/14

Datum:
17.5.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 20756
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
KSVG § 24
SGB X § 44

 

Leitsatz

1 Wenn sich die Beklagte auf einen Überprüfungsantrag hin nicht auf die Bindungswirkung des Ausgangsbescheides beruft, sondern die Richtigkeit dieses Bescheides vollständig überprüfte, eröffnet dies eine vollständige inhaltliche Überprüfbarkeit. In diesem Fall ist die Entscheidung der Beklagten somit auch im gerichtlichen Verfahren voll zu überprüfen. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine Abgabepflicht zur Künstlersozialversicherung kann auch vorliegen, wenn die Einrichtung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolgt. Eine Gewinnerzielungsabsicht ist nicht erforderlich. (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

S 29 KR 1407/12 2014-02-26 GeB SGMUENCHEN SG München

Tenor

I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 26.02.2014 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), jedoch unbegründet. Es besteht eine Abgabepflicht der Klägerin nach dem KSVG.
Die Beklagte legte den Antrag vom 17. März 2011, eingegangen am 23. März 2011, zutreffend als Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X aus.
Streitig sind – auch gemäß dem Gerichtsbescheid des Sozialgerichts – der ablehnende Überprüfungsbescheid nach § 44 SGB X vom 29. Oktober 2011 sowie der Beitragsbescheid vom 6. März 2012 zur Künstlersozialabgabe 2011 und Vorauszahlungen für März 2012 bis 2013, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2012. Nicht streitgegenständlich sind damit der Abrechnungsbescheid vom 12. Oktober 2011 für das Jahr 2010. Auch der Widerspruch vom 23. Dezember 2011 betrifft nur den Bescheid vom 29. Oktober 2011.
Die in der Folgezeit ergangenen weiteren Abgabebescheide, ausgehend vom Bescheid vom 6. März 2013 für das Jahr 2012, sind nicht gemäß § 86 SGG bzw. § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden. Die Abrechnungen für die Folgejahre ändern oder ersetzen die vorangegangenen Bescheide nicht im Sinne der §§ 86, 96 SGG. Bescheide, die während des Rechtsstreits über die Künstlersozialabgabepflicht eines Unternehmens ergehen und die Abgabeschuld für bestimmte Abrechnungszeiträume regeln, werden nicht einbezogen (BSG SozR 3-5425 § 24 Nr. 17; BSG SozR 4-5425 § 24 Nr. 3; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a.a.O., § 96 Rn. 10 a). Es wurden dementsprechend gesondert jeweils Widersprüche eingelegt, die derzeit ruhend gestellt sind.
Zulässige Klageart ist damit sowohl im Hinblick auf die vorrangig begehrte Überprüfung der Abgabepflichtigkeit zur Künstlersozialversicherung als auch hinsichtlich der festgesetzten Abgabe 2011 die Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG).
Der Überprüfungsantrag betrifft den Bescheid vom 16. Juni 1992, der die Abgabepflichtigkeit der Klägerin festgestellt hat. Dieser Ausgangsbescheid mit der Feststellung der Abgabepflicht wurde bestandskräftig. Er bildet die rechtliche Grundlage für die folgenden Abgabebescheide und ist insoweit „vorgreiflich“ (BSG, Urteil vom 21. Juni 2012, B 3 KS 2/11 R – juris Rn. 14).
§ 44 Abs. 1 S. 1 SGB X gibt der Verwaltung die Möglichkeit, sich über frühere negative Entscheidungen zu Gunsten der Sozialleistungsberechtigten kraft besserer Erkenntnisse hinwegzusetzen. Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X. Die Behörde ist von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, wenn sie ihre Entscheidung auf tatsächliche Umstände gestützt hat, die sich nachträglich als falsch herausstellten (vgl. Pickel/Marschner, SGB X, § 44 Rn. 26). Dies kann sich insbesondere aufgrund neuer Tatsachenkenntnis oder aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse ergeben. Jedenfalls dann, wenn sich die Beklagte wie hier nicht auf die Bindungswirkung des Ausgangsbescheides berief, sondern die Richtigkeit dieses Bescheides vollständig überprüfte, eröffnet dies eine vollständige inhaltliche Überprüfbarkeit. In diesem Fall ist die Entscheidung der Beklagten somit auch im gerichtlichen Verfahren voll zu überprüfen (s.a. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 9. Mai 2003, Az.: L 16/12 U 19/02).
Die Beklagte ist ausdrücklich in eine inhaltliche Überprüfung im Sinne des § 44 SGB X eingetreten.
§ 44 SGB X ist vorliegend auch nicht verwirkt (§ 242 BGB analog; hierzu BSG, Urteil vom 29. Januar 1997, BSGE 80, 41), auch wenn der Antrag auf Überprüfung erst im Jahre 2010 gestellt wurde und sich auf einen Ausgangsbescheid aus dem Jahre 1992 bezog, auf Grund dessen in der Zwischenzeit jährliche Bescheide zur Abgabepflicht ergingen, die bestandskräftig wurden. Allein hierin vermag der Senat jedoch keine besonderen Umstände für die Annahme einer Verwirkung zu erkennen. Eine bloße Untätigkeit der Klägerin, sich gegen die jährlichen Abgabebescheide der Beklagten zu wenden, reicht hierfür nicht aus.
Die Beklagte geht zu Recht von einer Abgabepflicht nach § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KSVG aus. Danach ist zur Künstlersozialabgabe ein Unternehmer verpflichtet, der ( …) Konzertdirektionen ( …) sowie sonstige Unternehmen betreibt, deren wesentlicher Zweck darauf gerichtet ist, für die Ausführung oder Darbietung künstlerischer oder publizistischer Werke oder Leistungen zu sorgen. § 24 Abs. 2 KSVG bleibt unberührt, der die nur gelegentliche Auftragsvergabe an selbstständige Künstler oder Publizisten betrifft. Es handelt sich nach herrschender Meinung bei letzterer Regelung um eine Generalklausel. Auf die Ausführungen des Sozialgerichts in der angefochtenen Entscheidung wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG verwiesen. Im Hinblick auf das im Berufungsverfahren Vorgebrachte unter Einbezug des Erörterungstermins vom 15. Februar 2018 sowie dem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vom 17. Mai 2018 ist ergänzend aber auf Folgendes hinzuweisen:
Die Darlegung der Beklagten trifft zu, dass der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Änderung des KSVG vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I S. 2606) den Kreis der abgabepflichtigen Unternehmer erweitern wollte und erweitert hat. Derjenige soll zur Künstlersozialabgabe herangezogen werden, der sich durch unmittelbaren Kontakt zum Künstler Eigentums- oder Nutzungsrechte an dessen Werken oder Leistungen verschafft und diese Leistungen oder Werke regelmäßig der Öffentlichkeit zugänglich machen will (Finke/Brach-mann/Nordhausen, KSVG, 4. Aufl. 2009, § 24 Rn. 7).
Der Senat teilt auch die Ansicht der Beklagten, dass der Hauptzweck des Vereins die Abhaltung des `Festivals H.´ ist. Dies entspricht § 2 Buchst. a der Satzung: „Abhaltung kultureller Veranstaltungen (z.B. Konzerte)“. Der zweite in der Satzung genannte Zweck, „die Überlassung finanzieller Mittel an andere Körperschaften zur Förderung von Entwicklungshilfeprojekten“, ergibt sich als Folge des ersten Zwecks, insbesondere auch um eine Gemeinnützigkeit des eingetragenen Vereins zu erlangen. Bereits an dieser Stelle ist aber darauf hinzuweisen, dass gemäß dem Wortlaut der Satzung, der von kulturellen Veranstaltungen in der Pluralform spricht, der Verein offen für mehr als nur eine Veranstaltung im Jahr ist – auch wenn nach glaubwürdigen Angaben der Klägerin tatsächlich bislang nur eine – dreitägige – Veranstaltung im Jahr, nämlich das `H.´, durchgeführt wurde.
Dabei ist der Begriff des „Unternehmers“ im Sinne des KSVG weit zu fassen. Maßgeblich ist, ob es sich um ein beteiligungsfähiges Wirtschaftsgebilde im Sinne des § 10 SGB X handelt (Finke u.a., a.a.O., Rn. 14). Somit kann zweifelsfrei ein eingetragener, auch gemeinnütziger Verein oder eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, wie hier wohl das Rechtsgebilde vor der Eintragung als Verein, ein abgabepflichtiger Unternehmer sein. Auch ist die Veranstaltung darauf gerichtet, mit dem Verkauf von Eintrittskarten, Getränken, Speisen und Trinkgefäßen Einnahmen zu erzielen. Eine Abgabepflicht liegt auch vor, wenn die Einrichtung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolgt (Finke u.a., a.a.O., Rn. 15 m.w.N.). Eine Gewinnerzielungsabsicht ist nicht erforderlich (Finke u.a., Rn. 18).
Abgabepflichtige Unternehmer im Sinne des KSVG sind weitergehend alle natürlichen oder juristischen Personen, die eine nachhaltige und nicht nur gelegentliche Tätigkeit ausüben, die einem der in dieser Vorschrift genannten Zwecke dient. Letztlich streiten die Beteiligten vorliegend über das Vorliegen einer Nachhaltigkeit. Hierfür ist regelmäßig die Durchführung von mindestens zwei oder drei Veranstaltungen pro Jahr erforderlich. Eine Nachhaltigkeit ist somit nach der Rechtsprechung des BSG bei Veranstaltungen, die nur einmal im Jahr durchgeführt werden, nur in Ausnahmefällen anzunehmen. Zwar ist die Häufigkeit der Veranstaltung in ihrer Bedeutung für die Abgabepflicht umso geringer, je umfangreicher und gezielter die organisatorischen Vorbereitungen sind (BSG vom 12. April 1995, a.a.O.; BSG vom 21. Juni 2012, a.a.O.). Jedoch wird eine Nachhaltigkeit bei einer Veranstaltung, die – wenn auch regelmäßig – nur einmal im Jahr durchgeführt wird, nur dann angenommen, wenn es sich um die Organisation einer mehrere Tage oder Wochen umfassenden Großveranstaltung mit umfangreichen Planungs- und Vorbereitungsarbeiten handelt und für die Veranstaltung auch selbstständige Künstler engagiert werden (BSG, Urteil vom 16. April 1998, a.a.O.; zum Ganzen: Finke u.a., a.a.O., Rn. 22).
Nach Ansicht des Senats ist hierbei eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Maßgeblich sind hierbei die konkreten, tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls. Auch ob ein dreitägiges Veranstaltungswochenende wie hier das `H.´ als eine einheitliche Veranstaltung oder als Reihe von drei Veranstaltungen zu bewerten ist, entscheidet sich nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung (BSG, Urteil vom 8. Oktober 2014, B 3 KS 6/13 R – juris Rn. 34). Vorliegend ist von einer Einheit der Veranstaltung auszugehen. Dies bedingt sich durch das dreitägige Programm von Freitag bis Sonntag, das unter dem einheitlichen Titel `H.´ läuft. Es werden Eintrittskarten auch für alle drei Tage angeboten und verkauft. Die Organisation bezieht sich einheitlich auf die gesamte Veranstaltung. Eine Abgrenzung in einzelne Teile vermag der Senat daher vorliegend nicht vorzunehmen.
Nach Abwägung auch des im Berufungsverfahren Vorgebrachten insbesondere zur Organisation der Veranstaltung und zum Umsatz bzw. den Honoraren für die auftretenden Künstler und Musikgruppen gelangt der Senat zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem jährlich um das erste Juli-Wochenende stattfindenden Musikfestival um die Organisation einer mehrere Tage oder Wochen umfassenden Großveranstaltung mit umfangreichen Planungs- und Vorbereitungsarbeiten handelt. Auch werden für die Veranstaltung unstreitig selbstständige Künstler engagiert.
Soweit die Klägerin dargelegt hat, dass die Organisation sich im Wesentlichen auf fünf Tage vor Beginn der Veranstaltung beschränkt und hierbei ganz überwiegend von den Vereinsmitgliedern getragen wird, macht dies deutlich, dass die Organisation dieses Festivals sicherlich deutlich weniger aufwändig ist als z.B. weitere in Bayern bekannte Musik- oder Rockfestivals wie `Rock im Park´. Auch berücksichtigt der Senat bei seiner Gesamtbetrachtung, dass die Veranstaltung nicht aufwändig bei den Künstlern und dem Publikum beworben werden muss, da sie in der Region seit vielen Jahren bekannt ist. Dank Internet erfolgen die Werbung und der Kartenvorverkauf über die Homepage der Klägerin. Der Verein erhält auch tatkräftige Unterstützung durch Personen und Gruppen in der Gemeinde. Wesentliche Arbeiten wie Bühnenaufbau oder Ton- und Lichttechnik werden von Fremdfirmen übernommen.
Dennoch muss mit der Organisation bereits Anfang des Jahres begonnen werden, auch wenn hierbei nach klägerischer Angabe zunächst nur vier Mitglieder des Vereins als Musikbeauftragte tätig werden. Es müssen das künstlerische Programm für die diesjährige Veranstaltung zusammengestellt und Verträge mit Künstlern und Gruppen geschlossen werden. Wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung schilderte, muss – auch wenn der Charakter der Musikveranstaltung ein überwiegend regionaler ist – im Hinblick auf die Konkurrenzsituation auch ein künstlerisches „Zugpferd“ gefunden und verpflichtet werden, d.h. es muss ein Künstler, der überörtlich oder international einen Bekanntheitsgrad besitzt, gefunden und verpflichtet werden. Es treten insgesamt zehn bis 13 Künstler auf. Es erscheint dem Senat nicht glaubhaft, dass hierfür praktisch kein organisatorischer Aufwand anfällt.
Der eigentliche Aufbau beginnt die letzten fünf Tage vor Beginn der Veranstaltung. Diese sind stets geprägt von einem großen personellen Einsatz – nach klägerischen Angaben arbeiten ungefähr 100 Vereinsmitglieder gegen Abend, um die zahlreichen verschiedenen Vorbereitungsarbeiten zu tätigen. Arbeitszeiten fallen aber auch während und nach Beendigung der Veranstaltung an.
Dabei weist die Veranstaltung eine nicht unbedeutende Besucherzahl auf – auch wenn diese witterungsbedingt und programmbedingt schwankend sein kann. Nach Angaben der Klägerin im Erörterungstermin kommen am Tag im Schnitt 1.500 bis 2.000 Besucher. Dies bedingt umfangreiche Arbeiten wie z.B. auch das Verlegen von Strom- oder Wasserleitungen.
Bei der Größe der Veranstaltung ist ferner die Erstellung eines Sicherheitskonzeptes in Abstimmung mit der Polizei, der Feuerwehr und den Rettungskräften erforderlich. Da das Veranstaltungsgelände im Vorfeld umzäunt wird, erfolgt eine Einteilung der Ordner in Abstimmung mit der Polizei.
Auch wenn der Verkauf von Getränken und Speisen größtenteils wohl durch Mitglieder des klagenden Vereins erfolgt, muss im Hinblick auf den organisatorischen Aufwand die große Menge der Verpflegung und der damit zusammenhängende Aufwand wie Einteilung von Verkaufspersonal, Geschirr, Müllentsorgung etc. gesehen werden. So werden nach Angaben der Klägerin beispielsweise allein ca. 100 Hektoliter Bier ausgeschenkt.
Auch in finanzieller Hinsicht spricht nach Ansicht des Senats viel für eine Großveranstaltung. Es werden von der Klägerin mit Summen zwischen 20.000.- und 30.000.- EUR nicht unbedeutende Honorarzahlungen an die auftretenden Künstler gezahlt. Die Honorarsumme betrug zwischen 11.717.- EUR (2009) und 36.300.- EUR (2014), 2011 lag sie bei 32.121.- EUR.
Der Umsatz ist tendenziell gegenüber dem Ausgangsjahr 1992 kontinuierlich angestiegen bis auf 157.000 EUR, was für einen zunehmenden Erfolg der Veranstaltung spricht. Der Gesamtumsatz schwankt zwischen 78.000.- EUR und 157.000.- EUR. Er lag die letzten Jahre (seit 2012) stets (deutlich) über 100.000.- EUR. Der durchschnittliche Umsatz beträgt 106.000.- EUR.
Demgegenüber tritt nach Ansicht des Senats zurück, dass der organisatorische Aufwand soweit wie möglich minimiert wurde und eine Routine in der Planung und Organisation der Veranstaltung eingetreten ist, was sich z.B. durch im Vorfeld erstellte Listen für die Verpflegung und die anfallenden Arbeiten für die Vereinsmitglieder äußert. Auch dass die Organisation überwiegend durch Vereinsmitglieder und ehrenamtlich Tätige gestemmt wird, dass das Open Air Gelände dem Verein unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird, dass keine Bestuhlung erfolgt und keine Besuchertribüne aufgebaut wird, dass keine Eintrittskarten und Plakate gedruckt werden – vielmehr erfolgt der Verkauf über die Homepage des Vereins per ausdruckbarem Barcode oder vor Ort mit Stempel – oder dass größere Arbeiten wie der Aufbau der Bühne, der Musikanlagen, der Beleuchtung und der Sanitäreinrichtungen an Drittfirmen outgesourct werden, führt insgesamt nicht dazu, dem `H.´ den Charakter einer Großveranstaltung zu nehmen. Dies ändert nämlich nichts an dem grundsätzlich gebotenen Aufwand für das Gelingen der Veranstaltung.
Insbesondere kann die Veranstaltung auch nicht als eine Veranstaltung der Gemeinde oder mehrerer gemeindlicher Vereine gesehen werden, auch wenn sie ihren Ursprung in der katholischen Landjugend hat. Träger des Festivals ist allein der klagende Verein. Er erfährt dabei nur offensichtlich eine Unterstützung durch die „Dorfgemeinschaft“, z.B. durch Überlassung des alten Sportplatzgeländes, durch das Zur-Verfügung-Stellen von Traktoren oder durch unentgeltlichen Einsatz von Feuerwehr und Rotem Kreuz.
Im Hinblick auf den hier maßgeblichen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X hat die Klägerin angegeben, dass die Organisation im Jahre 1992 so ähnlich wie in den letzten Jahren, also bis 2017, gewesen ist, nur sei der Verein damals noch kleiner und der Umsatz geringer gewesen.
Insgesamt sieht der Senat damit einen Ausnahmefall im Sinne der o.g. Rechtsprechung des BSG und damit eine Nachhaltigkeit gegeben, so dass die Beklagte im Ausgangsbescheid zutreffend von einer Abgabepflicht nach § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KSVG ausgegangen ist.
Dem steht auch § 24 Abs. 2 KSVG nicht entgegen. Da § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KSVG einschlägig ist, scheidet § 24 Abs. 2 KSVG, der eine Generalklausel darstellt (BT-Drucks. 11/2964, S. 18 zu Nr. 5; s.a. Finke u.a., a.a.O., Rn. 197), aus. Der Verweis des § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 letzter HS KSVG auf § 24 Abs. 2 KSVG drückt nur aus, dass bei Nichtgreifen dieser Nummer die Generalklausel als Auffangtatbestand in Betracht kommt (so auch Finke u.a., a.a.O., Rn. 203 zur Rechtsgeschichte im Rahmen des § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KSVG). Im Hinblick auf die Ausführungen des Senats zur Anwendung des § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KSVG kann deshalb offenbleiben, ob § 24 Abs. 2 S. 2 KSVG entsprechend im Rahmen jener Regelung anzuwenden ist.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 VwGO. Die Beteiligten gehören nicht zu dem privilegierten Personenkreis des § 183 SGG.
Die Festsetzung des Streitwertes ergibt sich aus §§ 1 Abs. 1 Nr. 4, 3 Abs. 1, 52 Gerichtskostengesetz (GKG). In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist der Streitwert grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen, § 52 Abs. 1 GKG. Bietet der bisherige Sach- und Streitstand keine genügenden Anhaltspunkte für die Bestimmung des Streitwerts, ist gemäß § 52 Abs. 2 GKG ein Streitwert von 5.000 Euro anzunehmen. Betrifft der Antrag eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend, § 52 Abs. 3 GKG.
Das BSG hat (BSG, Beschluss vom 30. Mai 2006, B 3 KR 7/06 B; z.B. auch zuletzt mit Urteil vom 28. September 2017 – BSG, a.a.O.) bzgl. eines Erfassungsbescheides auf die Feststellung der ersten drei Jahre abgestellt. Streitgegenständlich ist zusätzlich der Abgabebescheid für das Jahr 2011. Es handelt sich bei einem Erfassungs- und Abgabebescheid grundsätzlich um zwei zu trennende Streitgegenstände. Da sich die Regelungszeiträume für 2011 decken, ist allein auf die Höhe der Beitragsschuld für drei Jahre abzustellen (vgl. auch: Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit, 5. Auflage 2017, IV. Teil, Nr. 7.3). Das BSG stellt insoweit auf ein einheitliches Begehren auf Vermeidung der Abgabepflicht ab (BSG vom 25. November 2010, B 3 KS 1/10 R).
Da sich diese BSG-Entscheidungen jedoch nicht auf ein Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X beziehen, ist, wie vom Sozialgericht und der Beklagten angenommen, von dem Auffangstreitwert (5.000.- EUR) auszugehen (§ 52 Abs. 2 GKG).
Gründe, die Revision zum BSG zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.

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