Aktenzeichen 1 S 4634/18 WEG
WEG § 21 Abs. 4,§ 46 Abs. 1 S. 2 Var. 2
Leitsatz
Verfahrensgang
1 C 332/17 WEG 2018-02-28 Urt AGSONTHOFEN AG Sonthofen
Tenor
1. Die Kammer beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Sonthofen vom 28.02.2018, Az. 1 C 332/17 WEG, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
I.
Die Anfechtungsklage vom 16.05.2017 begehrt die Aufhebung eines Negativbeschlusses über die Gestattung einer gewerblichen Vermietung in einer Sondernutzungsfläche der Kläger. Die Klage wurde damit begründet, dass die Ablehnung ordnungsgemäßer Verwaltung widerspräche. Begehrt wird zudem Verpflichtung der übrigen Eigentümer zur Zustimmung.
Gegen das die Klage abweisende Urteil des Amtsgerichts Sonthofen wendet sich die Berufung der Kläger, welche ihre erstinstanzlichen Anträge weiter verfolgen.
II.
Eine mündliche Verhandlung ist nicht gemäß § 522 Abs. 2 Nr. 4 ZPO geboten, weil die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht auf eine umfassend neue rechtliche Würdigung gestützt wird, die nicht angemessen mit dem Berufungsführer im schriftlichen Verfahren erörtert werden kann (vgl. Heßler in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 522 ZPO, Rn. 40).
Die Berufung ist auch offensichtlich unbegründet (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Weder mag die Berufung mit ihrem Antrag zur Aufhebung des Negativbeschlusses, noch ihrem Leistungsantrag auf Zustimmung zur Beschlussfassung, durchzudringen.
1. Die Anfechtungsklage wurde nicht fristgemäß begründet. Innerhalb der Frist des § 46 I S. 2 Var. 2 WEG ist die Klage so zu begründen, dass der zur Überprüfung gestellte Sachverhalt zumindest in Umrissen umschrieben ist. Die Begründungsfrist des § 46 I. 2 WEG soll bewirken, dass für die Wohnungseigentümer und für den zur Ausführung von Beschlüssen berufenen Verwalter zumindest im Hinblick auf Anfechtungsgründe alsbald Klarheit darüber besteht, ob, in welchem Umfang und auf Grund welcher tatsächlichen Grundlage gefasste Beschlüsse einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen werden. Deshalb muss sich der Lebenssachverhalt, auf den die Anfechtungsklage gestützt wird, zumindest in seinem wesentlichen Kern aus den innerhalb der Frist eingegangenen Schriftsätzen selbst ergeben (BGH NJW 2012, 1434). Die Begründungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG ist Ausdruck des gesetzgeberischen Anliegens, über die Herstellung von Rechtssicherheit und Rechtsklarheit die ordnungsgemäße Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zu gewährleisten (BGH DNotZ 2009, 541). Nicht ausreichend ist etwas das Vorbringen, der Beschluss entspreche nicht ordnungsgemäßer Verwaltung (Roth in Bärmann WEG § 46 Rn. 98 m.w.N.). Genau dies war aber die alleinige Begründung in der Klage vom 16.05.2017, eingegangen am 17.05.2017. Warum dies so sei, wurde nicht dargelegt. Mit den erst mit Schriftsatz vom 07.08.2017, eingegangen am 08.08.2017, vorgebrachten Anfechtungsgründen gegen den Beschluss aus der Versammlung vom 22.04.2017 sind die Kläger daher materiell-rechtlich präkludiert. Die Berufung meint zwar, das Gericht hätte das Vorbringen der Kläger zu Unrecht nicht berücksichtigt. Welches Vorbringen der Kläger sie aber noch für berücksichtigungsfähig hält, lässt sich schon der Berufungsbegründung nicht entnehmen. Soweit sie etwa in der Berufung ihre (auch materiell irrige) Ansicht wiederholt, der Negativbeschluss würde schon wegen eines Begründungsdefizits ordnungsgemäßer Verwaltung widersprechen, war dies erst Gegenstand des Vortrags im Schriftsatz vom 07.08.2017. Welcher „Kern“ in der Anfechtungsklage ausgeführt worden sein soll, wird schon nicht dargelegt. Dass die Kläger glauben, aus der Teilungserklärung, welche mit der Klage schon nicht vorgelegt wurde, einen Anspruch auf Zustimmung zu haben, war aus der Klage heraus nicht ersichtlich.
Nicht mehr rechtlich nachvollziehbar ist die Auffassung der Berufung, ihr materiell präkludierterter Vortrag sei deshalb zu berücksichtigen, weil das Gericht den Klägern eine Replikfrist eingeräumt habe. Eine solche prozessuale Frist nach § 277 IV ZPO vermag die Frist des § 46 I WEG nicht zu verlängern. Auch insoweit lässt die Berufung eine Auseinandersetzung mit den Gründen des Urteils des Erstgerichts vermissen. Dass Vortrag dann nicht unstreitig wird, wenn die Frist des § 277 ZPO versäumt wird, sondern alleine zum möglichen Ausschluss nach § 296 ZPO führt, bedarf unter Rechtskundigen keiner Vertiefung.
Indem die Berufung noch ausführt, die WEG habe keine Versagungskompetenz gehabt, deutet sie einen Nichtigkeitsgrund an. Allerdings kann eine WEG nur eine Beschlusskompetenz über einen Antragsgegenstand haben. Der Antrag wurde von den Kläger selber gestellt. Hätte die WEG keine Beschlusskompetenz, wäre der Negativbeschluss, gelangte die Versammlung überhaupt zur Abstimmung, einzig ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechend.
2. Ein Anspruch auf Zustimmung nach § 21 IV WEG besteht nicht. Eine Mitwirkungspflicht setzt zunächst voraus, dass die Beschlussfassung alternativlos ist, das Entscheidungsermessen sich also auf null reduziert hat. Hier ist zwischen dem „ob“ und dem „wie“ der Beschlussfassung zu unterscheiden. Eine Pflicht zur Mitwirkung an einem konkreten, zur Abstimmung gestellten Beschlussantrag („wie“) ist nur denkbar, wenn allein die Fassung eines Beschlusses mit genau diesem Inhalt ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht (Staudinger/Lehmann-Richter (2018) WEG § 21, Rn. 193 m.w.N.). Nach unstreitigem Vortrag bedarf die gewerbliche Vermietung der Sondernutzungsfläche der Zustimmung des Verwalters; erteilt er diese nicht, kann der Eigentümer einen Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer herbeiführen. Die Zustimmung kann versagt werden, wenn die Ausübung eine unzumutbare Beeinträchtigung mit sich bringt oder befürchten lässt. Bereits hieraus folgt ein den Wohnungseigentümern zustehendes Ermessen. Wieso dieses vorliegend auf Null reduziert sein soll, legen Klage und Berufung nicht dar. Die Berufung verkennt, dass sie nach allgemeinen Darlegungs- und Beweislastgrundsätzen für die von ihr gewählte Leistungsklage alles vorzutragen hat, woraus sich ihr Anspruch, und damit auch die Ermessensreduzierung, ergibt. Das bloße Bestreiten von Beeinträchtigungen genügt dem nicht.
Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).