Verwaltungsrecht

Erfolglose Nachbarklage gegen Windpark – Änderung wissenschaftlich-technischer Erkenntnisse

Aktenzeichen  22 ZB 17.2134, 22 ZB 17.2136, 22 ZB 17.2138, 22 ZB 17.2139, 22 ZB 17.2141, 22 ZB 17.2142, 22 ZB 17.2143, 22 ZB 17.2144, 22 ZB 17.2145, 22 ZB 17.2146

Datum:
7.5.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
NuR – 2019, 781
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BImSchG § 3 Abs. 1, Abs. 2, § 6 Abs. 1 Nr. 2, § 48 Abs. 1
BauGB § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 3, Nr. 5
BNatSchG § 44 Abs. 1 Nr. 1
UVPG § 2 Abs. 5
UmwRG § 1, § 3, § 4 Abs. 1, Abs. 1a
VwGO § 124a Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 2

 

Leitsatz

1. Das artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist nicht drittschützend, die Vorschrift ist nicht dazu bestimmt, zumindest auch den Interessen Privater zu dienen. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Bindungswirkung einer normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrift entfällt erst dann, wenn die in ihr enthaltenen Aussagen durch Erkenntnisfortschritte in Wissenschaft und Technik überholt sind und sie deshalb den gesetzlichen Anforderungen nicht mehr gerecht werden. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ändern sich die wissenschaftlich-technischen Erkenntnisse über die Eignung einer Prognosemethode, so betreffen diese neuen Erkenntnisse nicht unmittelbar den tatsächlichen Sachverhalt, der der früheren Prognose zugrunde lag, sondern allein die hieraus zu ziehenden Schlussfolgerungen. Eine Prognose birgt in sich wesenhaft und untrennbar das Risiko einer Fehlvoraussage. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die rückwirkende Berücksichtigung eines anderen technischen Regelwerks (hier: Schallberechnungsverfahren) käme der Berücksichtigung einer Rechtsänderung mit Rückwirkung gleich. Nachträgliche Rechtsänderungen zulasten des Bauherrn sind aber nach allgemeiner Meinung im Fall der Drittanfechtungsklage regelmäßig nicht zu berücksichtigen. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 4 K 14.1339 2017-08-08 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Die Verfahren 22 ZB 17.2134, 22 ZB 17.2136, 22 ZB 17.2138, 22 ZB 17.2139, 22 ZB 17.2141, 22 ZB 17.2142, 22 ZB 17.2143, 22 ZB 17.2144, 22 ZB 17.2145 und 22 ZB 17.2146 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
II. Die Anträge auf Zulassung der Berufung werden abgelehnt.
III. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten der Zulassungsverfahren einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
IV. Für die Zulassungsverfahren wird der Streitwert jeweils auf 1.500 € festgesetzt.

Gründe

I.
1. Die Kläger begehren die Aufhebung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für zehn Windenergieanlagen (nachfolgend: WEA) im sogenannten „Windpark W2.“. Die Rechtsvorgängerin der jetzigen Beigeladenen hatte beim Landratsamt Rhön-Grabfeld anfänglich die Genehmigung für zwölf WEA in diesem Windpark beantragt; nach Rücknahme zweier Genehmigungsanträge sollen jetzt nur noch die zehn WEA mit den Nummern 1 bis 4 und 7 bis 12 auf verschiedenen Grundstücken der Gemarkungen Junkershausen, Waltershausen, W. und Wülfershausen errichtet werden. Im Genehmigungsverfahren wurden eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Satz 1 UVPG a.F. i.V.m. Nr. 1.6.2 Spalte 2 der Anlage 1 zum UVPG a.F. und anschließend eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt. Mit Bescheid vom 17. November 2014 erteilte das Landratsamt der jetzigen Beigeladenen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für Bau und Errichtung der zehn WEA; die sofortige Vollziehung des Bescheids wurde angeordnet. Genehmigt wurden mit dem genannten Bescheid zunächst zehn gleiche WEA des Typs Nordex N117/2400 mit einer Nennleistung von jeweils 2,4 Megawatt und einer Gesamthöhe von 199 m; später plante die Bauherrin um auf einen anderen Anlagentyp. Der Windpark W2. erstreckt sich südlich der zur Gemeinde Hollstadt gehörenden Ortsteile Junkershausen und W. in West-Ost-Richtung.
Das Wohnanwesen der Kläger (FlNr. … der Gemarkung W* …, G* …str. **) liegt im südlichen Bereich von W.. Die dem Anwesen der Kläger nächstgelegene einzelne WEA in dem Windpark W2. (die WEA 4) ist von diesem Anwesen ca. 1.100 m entfernt.
2. Die Kläger haben gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 17. November 2014 für die zehn WEA im Windpark W2. Anfechtungsklage erhoben und außerdem vorläufigen Rechtsschutz gemäß § 80a i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO beantragt. Dieser Antrag blieb vor dem Verwaltungsgericht erfolglos (VG Würzburg, Beschlüsse vom 3.2.2016); Beschwerden gegen die Beschlüsse wurden nicht eingelegt. Im Lauf des Verwaltungsverfahrens änderte die Beigeladene ihre Planung dahingehend, dass nunmehr – bei unveränderten Standorten – die Errichtung und der Betrieb von zehn gleichen Anlagen des Typs Enercon E115 (Leistung 3 MW, Gesamthöhe 193,34 m bei 135,48 m Nabenhöhe und 115,72 m Rotordurchmesser) vorgesehen sind. Die im August 2015 für diese Typänderung ausdrücklich beantragte Änderungsgenehmigung nach § 16 BlmSchG erteilte das Landratsamt mit Bescheid vom 27. Juli 2017. Die Kläger haben – neben anderen Klägern – auch diese Änderungsgenehmigung angefochten; das Verwaltungsgericht hat über die Anfechtungsklagen noch nicht entschieden.
3. Die Anfechtungsklage der Kläger gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 17. November 2014 für die zehn WEA im Windpark W2. hat das Verwaltungsgericht – nach Trennung des anhängig gemachten Klageverfahrens in zehn einzelne Verfahren – mit Urteilen vom 8. August 2017, jeweils bezogen auf eine einzelne der zehn WEA, abgewiesen. Die Urteile wurden den Klägern am 26. September 2017 zugestellt.
Die Kläger haben die Zulassung der Berufung gegen die Urteile beantragt. Sie machen geltend, die Richtigkeit der Urteile sei hinsichtlich mehrerer Gesichtspunkte ernstlich zweifelhaft (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), außerdem sei der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) gegeben.
Der Beklagte und die Beigeladene haben jeweils in jedem der Verfahren beantragt,
den Antrag auf Zulassung der Berufung abzulehnen.
4. Auf Antrag der ursprünglich Beigeladenen erteilte das Landratsamt außerdem mit getrenntem Bescheid gleichfalls vom 17. November 2014 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb dreier weiterer gleicher WEA (als sogenannter „Windpark W.“) nördlich von W.. Gegen die Genehmigung für den Windpark W. haben die Kläger ebenfalls Anfechtungsklage erhoben. Auch diese Klage hat das Verwaltungsgericht – nach Trennung des anhängig gemachten Klageverfahrens in einzelne Verfahren – abgewiesen. Die Anträge der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen die klageabweisenden Urteile hinsichtlich des Windparks W. sind beim Verwaltungsgerichtshof gleichfalls anhängig.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und auf die beigezogenen Verwaltungsverfahrensakten Bezug genommen; beigezogen wurden sowohl die Akten zum Windpark W2. als auch die Akten zum Windpark W..
II.
Die Anträge auf Zulassung der Berufung haben keinen Erfolg. Die insoweit maßgeblichen fristgerechten Darlegungen der Kläger in der Antragsbegründung (Schriftsätze vom November 2017), auf die sich die Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof beschränkt (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO), lassen die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nrn. 1, 2, 3 und 4 VwGO nicht hervortreten. Soweit nach Ablauf der zweimonatigen Begründungsfrist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO weitere Zulassungsgründe geltend gemacht werden, die über eine bloße Ergänzung des fristgerechten Vortrags hinausgehen, können sie nicht berücksichtigt werden. Da der Inhalt aller zehn Urteile zu den zehn WEA – soweit er für das Berufungszulassungsverfahren von Bedeutung ist – gleich ist und da sich außerdem die Zulassungsbegründung einheitlich auf alle zehn Urteile bezieht, ist nachfolgend nur von „dem Urteil“ (Singular) die Rede und wird auf den Urteilsabdruck – UA – im Verfahren W 4 K 14.1339 Bezug genommen.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen dann, wenn nach dem Vortrag des Rechtsmittelführers gegen die Richtigkeit des Urteils gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 124 Rn. 7 bis 7d, m.w.N.). Diese schlüssigen Gegenargumente müssen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO innerhalb offener Frist vorgebracht werden. Der Rechtsmittelführer muss darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (BVerfG, B.v. 8.12.2009 – 2 BvR 758/07 – NVwZ 2010, 634; Happ in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 62 f.).
1.1. Vorliegend machen die Kläger zur Begründung solcher ernstlicher Zweifel geltend (Schriftsatz vom 17.11.2017 S. 4 ff.), das Verwaltungsgericht habe bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Genehmigung rechtsfehlerhaft auf den Zeitpunkt des Bescheidserlasses abgestellt und sich für diese Ansicht zu Unrecht auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 11.1.1991 – 7 B 102.90 – juris) berufen. Denn der in diesem Urteil an eine Drittanfechtungsklage angelegte Maßstab gelte nicht für zulässige Rügen nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz. Zudem komme es auch nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs für die Beurteilung entgegenstehender naturschutzfachlicher Belange auf den Sachstand und den behördlichen Kenntnisstand zum Zeitpunkt des Endes der mündlichen Verhandlung an. Damit können die Kläger aus folgenden Gründen nicht durchdringen.
1.1.1. Als Regel gilt, dass bei einer Anfechtungs- oder Drittanfechtungsklage – wie im vorliegenden Fall – die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgeblich ist (vgl. BVerwG, U.v. 26.1.2011 – 6 C 2.10 – juris Rn. 34 m.w.N.). Diese Regel hat indes – ebenso wie die Notwendigkeit von Ausnahmen von dieser Regel – ihre Grundlage im materiellen Recht; die diesbezüglichen Grundsätze hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, U.v. 21.5.1976 – IV C 80.74 – juris Rn. 31) folgendermaßen dargelegt: Für Anfechtungswie für Verpflichtungsklagen ergibt sich aus dem Prozessrecht, dass ein Kläger mit seinem Begehren nur dann durchdringen kann, wenn [Hervorhebung durch das BVerwG] er zu dem Zeitpunkt, in dem die Gerichtsentscheidung ergeht, einen Anspruch auf die erstrebte Aufhebung bzw. auf die mit der Verpflichtungsklage verfolgte Leistung hat. Nach dem materiellen Recht dagegen beantwortet sich die Frage, ob [Hervorhebung durch das BVerwG] ein solcher Anspruch (noch) besteht, d.h. für den Fall der Anfechtungsklage, ob der angefochtene Verwaltungsakt objektiv rechtswidrig ist und den Kläger in seinen subjektiven Rechten verletzt, und für den Fall der Verpflichtungsklage, ob das Leistungsbegehren im materiellen Recht sachlich begründet ist. Dafür ist zunächst von derjenigen Rechtslage auszugehen, die im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung für sich Geltung beanspruchte und deshalb von der Verwaltungsbehörde anzuwenden war. Ändert sich aber nachträglich das materielle Recht, so ist im Anfechtungsstreit außerdem zu prüfen, ob das neue Recht seine – gewissermaßen rückwirkende und darin ausnahmsweise – Berücksichtigung bei der gerichtlichen Beurteilung der Rechtmäßigkeit auch der nach früherem Recht erlassenen Verwaltungsakte vorschreibt. Im Streit um ein mit der Verpflichtungsklage geltend gemachtes Leistungsbegehren ist – tendenziell in umgekehrter Richtung – zu prüfen, ob (nunmehr) das neue Recht den erhobenen Anspruch begründet oder, wenn dies zu verneinen ist, doch die durch das alte Recht etwa begründeten Ansprüche unberührt lässt. Im Anwendungsbereich des Bundes-Immissionsschutzgesetzes gilt nichts anderes, insbesondere ist die immissionsschutzrechtliche Genehmigung kein Dauerverwaltungsakt (BVerwG, B.v. 11.1.1991 – 7 B 102.90 – juris).
Den für die Anfechtungsklage geltenden Maßstab hat das Bundesverwaltungsgericht dahingehend näher präzisiert, dass die Frage, ob ein Verwaltungsakt rechtswidrig und deshalb aufzuheben ist, regelmäßig dann zu verneinen ist, wenn er im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung mit dem maßgebenden Recht übereingestimmt hat. Soll insoweit ausnahmsweise etwas anderes gelten, soll also der einmal rechtmäßig erlassene Verwaltungsakt von einer späteren Änderung der Sach- oder Rechtslage noch in dem Sinn betroffen werden können, dass er im Hinblick auf seine Unvereinbarkeit mit erst nachträglich geänderten Verhältnissen im gerichtlichen Verfahren der Aufhebung unterliegt, so bedarf es ebenso einer entsprechenden Regelung des materiellen Rechts, wie sie für den Erlass des Verwaltungsakts seinerzeit vorausgesetzt und tatsächlich gegeben war. Zu prüfen ist also, ob das ggf. zwischen Verwaltungsentscheidung und gerichtlicher Entscheidung in Kraft getretene neue Recht seine Berücksichtigung auch bei der Beurteilung bereits früher erlassener Verwaltungsakte fordert (vgl. BVerwG, U.v. 14.2.1975 – IV C 21.74 – juris Rn. 27).
Vorliegend ergibt sich aus den Darlegungen der Kläger nicht, weshalb – unter Beachtung der oben beschriebenen Grundsätze – im Anwendungsbereich des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (vgl. § 1 UmwRG) allein aufgrund dieses Gesetzes oder in Verbindung mit anderen Rechtvorschriften für bestimmte Klagearten oder für bestimmte Rügeberechtigte (seien es natürliche oder juristische Personen oder nach § 3 UmwRG anerkannte Vereinigungen), namentlich in dem auch vorliegend gegebenen Fall der Drittanfechtungsklage Privater, ein anderer Beurteilungszeitpunkt als derjenige des Bescheidserlasses maßgeblich sein sollte.
1.1.2. Die Kläger meinen aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ableiten zu können, dass die Rechtmäßigkeit der vorliegend angefochtenen Genehmigung (in ihrer Gesamtheit oder wenigstens hinsichtlich bestimmter Genehmigungsvoraussetzungen, die einen Bezug zu Vorschriften des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes haben oder/und naturschutzrechtliche oder naturschutzfachliche Gesichtspunkte betreffen) ausnahmsweise nach der Sach- und Rechtslage in einem späteren Zeitpunkt als dem Zeitpunkt des Bescheidserlasses beurteilt werden müsse. Diese Ansicht ist falsch. Dass der Verwaltungsgerichtshof in dem von den Klägern angeführten Urteil vom 29. März 2016 – 22 B 14.1875 u.a. – auch solche naturschutzfachlichen Erkenntnisse, die erst nach dem Erlass des streitgegenständlichen Bescheids erlangt worden waren, für die Frage berücksichtigt hat, „ob dem Genehmigungsverlangen der Klägerin der sich aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ergebende Versagungsgrund entgegengehalten werden kann“, lag daran, dass es sich dort um eine Versagungsgegenklage handelte, bei welcher – anders als bei der vorliegenden Drittanfechtungsklage – nach den oben (unter 1.1.1) dargelegten materiellrechtlich begründeten Regeln grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich über Klageerfolg oder -misserfolg entscheidet (vgl. BayVGH, U.v. 29.3.2016 – 22 B 14.1875 u.a. – juris Rn. 1, 43 und 44).
1.2. Die Kläger meinen, das Landratsamt habe bei seiner fachlichen und rechtlichen Beurteilung des beim Betrieb der streitgegenständlichen WEA erfüllten Verbotstatbestands des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG und des sich hieraus ergebenden sonstigen Versagungsgrunds im Sinn von § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG und eines öffentlichen Belangs im Sinn von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB bezüglich gefährdeter Vogelarten einen nicht mehr gültigen fachlichen Maßstab, nämlich teilweise veraltete, zu kleine Prüfradien zugrunde gelegt (Schriftsatz vom 17.11.2017 S. 5 ff.: Ausführungen zum „Helgoländer Papier“).
Damit können die Kläger aber schon deswegen nicht durchdringen, weil es nach der – zutreffenden – Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts für die Drittanfechtungsklage der Kläger auf (behauptete) rein objektive Rechtsverstöße gegen § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG nicht ankam:
Das Verwaltungsgericht hat in den Entscheidungsgründen seiner Urteile in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. z.B. U.v. 21.1.1983 – 4 C 59.79 – juris Rn. 12 m.w.N., B.v. 3.4.1995 – 4 B 47/95 – juris Rn. 2) ausgeführt, dass zwar das artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungsverbot im Sinn von § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG als beachtlicher öffentlicher Belang (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) über § 6 Abs. 1 Nr. 2 BlmSchG auch Eingang in das Prüfprogramm des immissionsschutzrechtlichen Verfahrens finde, dass aber die gesetzlichen Anforderungen an den Schutz von Natur und Umwelt ausschließlich dem allgemeinen öffentlichen Interesse, nicht jedoch dem Schutz von Nachbarn dienten (vgl. UA Buchst. b auf S. 15 bis 17). Das artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist nicht drittschützend, die Vorschrift ist nicht dazu bestimmt, zumindest auch den Interessen Privater zu dienen (BayVGH, z.B. U.v. 14.3.2017 – 22 B 17.12 – juris Rn. 40; B.v. 25.8.2016 – 22 ZB 15.1334 – juris Rn. 64).
Mit diesem rechtlichen Ansatz des Verwaltungsgerichts setzen sich die Kläger in ihrer Antragsbegründung nicht in einer Weise auseinander, die den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügen könnte. Sie folgern nach einer seitenlangen auszugsweisen Wiedergabe des Auflagenbescheids vom 28. Juli 2017 zwar, „allein aus diesen Ausführungen des Beklagten [ergebe] sich ein entgegenstehender naturschutzrechtlicher Belang nach § 44 Abs. 1 BNatSchG i.V.m. § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 BauGB“; ferner bemängeln sie, das Verwaltungsgericht habe rechtsfehlerhaft die „entgegenstehenden naturschutzfachlichen Belange ausgeblendet und rechtsfehlerhaft dargestellt, dass den Klägern insoweit mangels Drittbetroffenheit ein Klagerecht versagt“ bleibe (Schriftsatz vom 17.11.2017 S. 17 und 18). Eine – gebotene – konkrete Auseinandersetzung mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts und eine substantiierte Darlegung, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen, liegt in diesen bloßen Behauptungen aber nicht.
1.3. Die Kläger vermengen in ihrer Antragsbegründung vielfach den Vortrag einerseits zu (behaupteten) Verstößen der angefochtenen Genehmigung gegen Natur- und Artenschutzrecht und andererseits zu (behaupteten) Fehlern der Genehmigungsbehörde bei der Anwendung von Umweltverfahrensrecht; insoweit begegne das Urteil ernstlichen Zweifeln im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Sie bemängeln die Ansicht des Verwaltungsgerichts, wonach die durch § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 UmwRG bewirkte „Ausweitung nachbarlicher Rechtspositionen“ sich auf den Bereich einer nicht oder einer fehlerhaft durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. Vorprüfung des Einzelfalls beschränke und kein allgemeines Einfallstor für die Berücksichtigung öffentlicher Naturschutzbelange im Rahmen von Nachbarrechtsbehelfen sei und deshalb Nachbarn außerhalb ihres Anwendungsbereichs insbesondere nicht davon entbinde, die Verletzung subjektiver Rechtspositionen geltend zu machen. Die Kläger beanstanden die Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach sich die Kläger daher auch im Licht der durch das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz geschaffenen erweiterten Klagemöglichkeiten Privater jedenfalls im Rahmen des § 35 BauGB nur auf eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots berufen könnten (vgl. Schriftsatz vom 17.11.2017 Nr. III auf S. 19 und 20; UA Buchst. b auf S. 15 bis 17).
Mit ihren gegen diese Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts gerichteten weiteren Ausführungen können die Kläger aber nicht durchdringen. Denn mit ihren Darlegungen vermögen sie schon nicht aufzuzeigen, dass dem Landratsamt überhaupt rechtserhebliche Fehler bei der Anwendung des UVPG unterlaufen sein könnten; hierzu im Einzelnen:
1.3.1. Die Rüge der Kläger betrifft insoweit hauptsächlich die Frage, ob die beiden Windparks W. und Wülfershausen im Hinblick auf ihre Umweltverträglichkeit als Einheit (als eine einzige Windfarm) hätten betrachtet werden müssen. Der Vortrag der Kläger ist aber schon widersprüchlich, wenn sie einerseits dartun, der 1. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sei in der Entscheidung zum Verfahren 1 B 05.3387 u.a. „zu Recht von den bislang angewandten Abstandskriterien des gegenseitigen Einwirkungsbereiches abgewichen“ und habe „die optische Einschätzung an deren Stelle gesetzt“, andererseits aber erklären, zuzustimmen sei „ebenfalls der Betrachtungsweise des OVG Schleswig in dem zitierten Beschluss vom 31.8.2016, wonach UVPrelevante überschneidende oder sich berührende Wirkungsüberlagerungen die Annahme einer Windfarm begründen“ würden, die beiden Windparks W. und Wülfershausen bildeten „gemeinsam ein besonderes Risiko für das Schutzgut Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt“ (Schriftsatz vom 17.11.2017 Nr. II auf S. 18 und 19).
Die Kläger unterlassen auch weitestgehend die – nach § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO gebotene – substantiierte Auseinandersetzung mit der ausführlichen Begründung, die das Verwaltungsgericht auf ca. zwei Seiten (UA Buchst. a auf S. 13 bis 15) für seine Ansicht gegeben hat, die Windparks W. und Wülfershausen seien kein einheitlicher Windpark.
Unabhängig von dieser mangelnden Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen des Verwaltungsgerichts und der oben geschilderten Widersprüchlichkeit ihrer eigenen Argumentation ergibt sich aus den Darlegungen der Kläger in der Begründung des Zulassungsantrags nicht, inwiefern nicht bloß die Existenz zweier Windparks, sondern gerade das Zusammenwirken beider Windparks die Beeinträchtigung für Natur und Umwelt, insbesondere für geschützte Vogelarten, noch um ein zusätzliches Maß erhöht haben soll, oder inwiefern ein unabhängiger Betrachter die insgesamt 13 WEA optisch als einheitliche Windfarm wahrnehmen können soll.
Diesbezügliche Ausführungen der Kläger in der Begründung ihres Zulassungsantrags wären umso mehr veranlasst, als weitere Gesichtspunkte gegen die Annahme eines einheitlichen Windparks sprechen. So hat der Beklagte (Äußerung des Landratsamts vom 12.12.2017 S. 9) darauf hingewiesen, dass zwischen beiden Windparks (die sich ziemlich diametral gegenüber liegen) der Ortsteil W. liegt, dass die Umgebung östlich und westlich von W. von WEA frei bleibt und dass der Abstand zwischen den beiden nächstgelegenen einzelnen WEA beider Windparks mehr als zwei Kilometer und damit nahezu das 20-fache des Rotordurchmessers (116,80 m) beträgt. Den Plänen zufolge ist dieser Abstand fast so groß wie die Ausdehnung, die der „längliche“ Windpark W2. in West-Ost-Richtung, zwischen den beiden äußersten WEA (WEA 11 und WEA 1), aufweist. Dass die WEA 1 bis 4 und WEA 7 bis 12 des Windparks W2. einerseits und die drei WEA des Windparks W. andererseits in zwei verschiedenen Konzentrationszonen für Windenergie liegen, wie das Landratsamt ausgeführt hat, ist noch ein zusätzliches Indiz gegen die Annahme einer einheitlichen Windfarm.
Soweit die Kläger erstmals im Berufungszulassungsverfahren mit dem Schriftsatz vom 26. Januar 2018 geltend machen, das Vorliegen einer einzigen, die beiden Windparks W. und Wülfershausen umfassenden „Windfarm“ sei wegen des sich überschneidenden Einwirkungsbereiche durch Schallimmissionen beider Windparks zu bejahen, liegt dieser Vortrag außerhalb der Antragsbegründungsfrist nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO und ist daher nicht zu berücksichtigen. In dem (fristgerechten) Schriftsatz vom November 2017 haben die Kläger zwar ein durch beide Windparks gemeinsam begründetes Risiko für „das Schutzgut Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt“ und die optische Wirkung behauptet; es fehlt diesbezüglich aber jedwede Substantiierung. Abgesehen hiervon bedarf es nach der mittlerweile gültigen (durch das Gesetz vom 20.2017, BGBl I, 2808 eingeführten) Legaldefinition des § 2 Abs. 5 UVPG n.F. zusätzlich zur Überschneidung der Einwirkungsbereiche auch eines funktionalen Zusammenhangs. § 2 Abs. 5 Satz 2 UVPG n.F. ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg mangels einer in der Übergangsvorschrift des § 74 Abs. 1 UVPG n.F. angeordneten Fortgeltung des bisherigen Rechts anwendbar (vgl. VGH BW, B.v. 25.1.2018 – 10 S 1681/17 – juris Rn. 15). Die in § 2 Abs. 5 Satz 2 UVPG n.F. genannten Beispiele für einen solchen funktionalen Zusammenhang (Lage der WEA in derselben Konzentrationszone oder in demselben Gebiet nach § 8 Abs. 7 ROG) sind vorliegend nach der Stellungnahme des Landratsamts vom 12.12.2017 S. 8 u. 9, gerade nicht gegeben. Die Kläger selbst haben für einen funktionalen Zusammenhang der WEA im Windpark W. mit denjenigen im Windpark W2. nichts dargelegt.
1.3.2. Dem Vortrag der Kläger ist ferner (nur ansatzweise substantiiert) die Kritik zu entnehmen, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung vorliegend auch deswegen fehlerhaft im Sinn von § 4 Abs. 1a UmwRG gewesen sei, weil dem Beklagten – entgegen der Ansicht des Gerichts – insoweit keine „Einschätzungsprärogative“ zukomme (Schriftsatz vom 17.11.2017 Nr. IV auf S. 20 und 21; UA Buchst. c auf S. 17 bis 22). Insoweit führen die Kläger zwar für sich genommen zutreffend an, dass ein Verwaltungsgericht bei der Prüfung des Tatbestands von § 44 BNatSchG prüfen muss, ob die artenschutzrechtlichen Untersuchungen sowohl in ihrem methodischen Vorgehen als auch in ihrer Ermittlungstiefe ausreichten, um die Behörde in die Lage zu versetzen, die Voraussetzungen der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände sachgerecht zu prüfen, und dass außerdem die Grundsätze der Einschätzungsprärogative nur so lange und soweit gelten, als sich trotz fortschreitender wissenschaftlicher Erkenntnisse kein einheitlicher Meinungsstand gebildet hat und es an eindeutigen ökologischen Erkenntnissen fehlt.
Aus diesen Darlegungen ergibt sich aber nicht, inwiefern der vom Verwaltungsgericht bei der Prüfung, ob Verfahrensfehler bei der UVP vorliegen, angewandte Maßstab rechtsfehlerhaft sein sollte. Aus dem diesbezüglichen Vortrag der Kläger ist auch nicht erkennbar, inwiefern vorliegend Fehler bei der Umweltverträglichkeitsprüfung unterlaufen sein sollen, die zu rügen die Kläger berechtigt sind; dies gilt namentlich für ihre umfangreichen Ausführungen zum sogenannten „Helgoländer Papier 2“, die sie unter Nr. I ihres Schriftsatzes vom 17. November 2017 im Zusammenhang mit dem (allerdings nicht drittschützenden) Tötungs- und Verletzungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG gemacht haben.
Fehler bei der Umweltverträglichkeitsprüfung lassen sich – entgegen der Ansicht der Kläger – auch nicht daraus ableiten, dass das Landratsamt etwa zweieinhalb Jahre später nachträglich naturschutzbezogene Auflagen erlassen hat. Es ist nicht ersichtlich, weshalb daraus zu schließen wäre, dass Verfahrensfehler im Sinn des § 4 Abs. 1 und 1a UmwRG vorliegen würden. Soweit die Kläger in der fristgerechten Antragsbegründung (Schriftsatz vom 17.11.2017 S. 6 bis 17) auszugsweise aus dem Auflagenbescheid vom 28. Juli 2017 zitieren, ist dieser Vortrag deshalb ungeeignet, um ernstliche Fehler des angegriffenen Urteils darzulegen; Gleiches gilt für den Vortrag im Schriftsatz vom 26. Januar 2018.
Wiederholt machen die Kläger – unter Wiedergabe von oder Hinweis auf Textpassagen – geltend, aus dem Bescheid vom 28. Juli 2017 sowie aus der diesem Bescheid vorangegangenen Korrespondenz des Landratsamts ergebe sich, dass die der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung entgegenstehenden naturschutzrechtlichen Belange im Sinn von § 44 Abs. 1 BNatSchG, § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 BauGB dem Landratsamt im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung (17.11.2014) bekannt gewesen seien (Schriftsatz vom 17.11.2017 S. 6; Schriftsatz vom 26.1.2018 S. 2). Sollten die Kläger hiermit nicht lediglich auf die objektive Rechtswidrigkeit der angefochtenen Genehmigung in Bezug auf – nicht drittschützende – natur- und artenschutzrechtliche Vorschriften zielen, sondern auf (behauptete) Fehler bei der Anwendung von Umweltverfahrensrecht, so hätten sie damit gleichwohl keinen Erfolg. Denn das Eingeständnis einer solchen Kenntnis des Landratsamts lässt sich aus den von den Klägern angeführten Passagen gerade nicht herauslesen. Vielmehr macht z.B. in dem als Anlage „Replik K1“ dem Schriftsatz der Kläger vom 26. Januar 2018 beigefügten Schreiben des Landratsamts vom 6. Februar 2017 (S. 2 unten) der Hinweis auf die einschlägige Kommentierung zu § 21 BImSchG deutlich, dass das Landratsamt davon ausgeht, dass gewisse (in den Brief vom 6.2.2017 angesprochene) Tatsachen im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung zwar schon bestanden hätten, dem Landratsamt aber erst später bekannt geworden seien.
1.4. Die Kläger sehen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils darin begründet, dass das Verwaltungsgericht hinsichtlich der von den WEA ausgehenden Lärmbeeinträchtigung und ihrer optisch bedrängenden Wirkung lediglich auf seine Ausführungen in dem Beschluss zum vorläufigen Rechtsschutzantrag der Kläger verwiesen, eine eingehende Befassung mit diesen Gesichtspunkten im Urteil aber unterlassen habe. Die Kläger meinen, dies sei für sich genommen schon deshalb fehlerhaft, weil im vorläufigen Rechtsschutzverfahren die Sach- und Rechtslage nur summarisch geprüft werde, so dass das Ergebnis jenes Verfahrens nicht einfach auf das Hauptverfahren übertragen werden dürfe (Schriftsatz vom 17.11.2017 S. 22 oben).
Damit können die Kläger nicht durchdringen. Zwar gibt es keine regelhafte Übertragbarkeit von (im vorläufigen Rechtsschutzverfahren meist aufgrund nur summarischer Prüfung gewonnenen) Tatsachenerkenntnissen und Rechtsauffassungen auf das Klageverfahren. Indes hat sich das Verwaltungsgericht mit der Bezugnahme auf seinen Beschluss vom 1. Februar 2016 (UA Nr. 4 auf S. 12) die dortigen Gründe auch für die Entscheidungsgründe des Urteils zu eigen gemacht; die Zulässigkeit einer solchen Bezugnahme zur (weiteren) Begründung des Urteils ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt (vgl. die Nachweise bei Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 117 Rn. 11). Entscheidend ist, ob die damit gegebene Begründung des Urteils sachlich und rechtlich tragfähig ist. Für den Antrag auf Zulassung der Berufung bedeutet dies, dass es zur Darlegung von Zulassungsgründen einer substantiierten Auseinandersetzung mit den Gründen des Beschlusses im vorläufigen Rechtsschutzverfahren bedarf. Erst anhand einer solchen Auseinandersetzung ist das Berufungsgericht verpflichtet und in der Lage zu beurteilen, ob sich aus den Darlegungen die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils ergeben.
1.5. In Bezug auf beeinträchtigende Schallimmissionen machen die Kläger geltend, das der angefochtenen Genehmigung zugrunde liegende Schallgutachten sei fehlerhaft erstellt worden, weil nicht der aktuelle Stand der Wissenschaft und Technik berücksichtigt worden sei. Es hätte nämlich anstelle des in der DIN ISO 9613-2 dargestellten „alternativen Verfahrens“ das sogenannte „Interimsverfahren“ („Dokumentation zur Schallausbreitung – Interimsverfahren zur Prognose der Geräuschimmissionen von Windkraftanlagen, Fassung 2015-05.1“) angewandt werden müssen; nur letzteres entspreche mittlerweile dem aktuellen wissenschaftlichen Stand (Schriftsatz vom 17.11.2017 S. 22 bis 30). Die Kläger verweisen für ihre Ansicht auf einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf (VG Düsseldorf, B.v. 25.9.2017 – 28 L 3809/17 – juris Rn. 41 ff.), demzufolge die in der über Nr. A.2.3.4 der Anlage zur TA Lärm anzuwendenden DIN ISO 9613-2 enthaltenen Aussagen durch Erkenntnisfortschritte in Wissenschaft und Technik überholt seien und die DIN ISO 9613-2 daher keine Bindungswirkung mehr entfalte.
Dieser Vortrag verhilft dem Antrag der Kläger deshalb nicht zum Erfolg, weil auch für die Frage, ob vorliegend in wissenschaftlicher Hinsicht das richtige Schallberechnungsverfahren angewandt wurde, auf den Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Genehmigung (17.11.2014) abzustellen und davon auszugehen ist, dass (jedenfalls noch) in diesem Zeitpunkt das alternative Verfahren nach der DIN ISO 9613-2 nicht durch neuere Erkenntnisse überholt gewesen ist.
1.5.1. Das jeweils anzuwendende Schallberechnungsverfahren ist innerhalb der Regelungssystematik, die für schädliche Umwelteinwirkungen durch Schallimmissionen (§ 3 Abs. 1 und 2 BImSchG) im Anwendungsbereich des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der TA Lärm gilt, folgendermaßen zu verorten: Die TA Lärm ist eine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift. Ihr kommt, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB i.V.m. § 3 Abs. 1 BImSchG) konkretisiert (vgl. § 48 Abs. 1 BImSchG), eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept nur insoweit Raum, als die TA Lärm insbesondere durch Kann-Vorschriften (z.B. Nr. 6.5 Satz 3 und 7.2) und Bewertungsspannen (z.B. Anhang zur TA Lärm Nr. A 2.5.3) Spielräume eröffnet (BVerwG, U.v. 29.8.2007 – 4 C 2.07 – juris Rn. 12 m.w.N.). An der Bindungswirkung der TA Lärm als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift hat – über Nr. A.2.3.4 des Anhangs zur TA Lärm – auch die DIN ISO 9613-2 teil (NdsOVG, B.v. 8.2.2018 – 12 ME 7/18 – juris Rn. 29, 30 und B.v. 16.11.2016 – 12 ME 132/16 – juris Rn. 59). Die DIN ISO 9613-2 gehört zum „Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen“ im o.g. Sinn, sie ist ein Element innerhalb der als Prognoseverfahren (vgl. Nr. A.2.1 des Anhangs zur TA Lärm) gestalteten, in Nr. A.2.3.4 vorgeschriebenen Schallausbreitungsrechnung.
1.5.2. Die Bindungswirkung einer normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrift entfällt erst dann, wenn die in ihr enthaltenen Aussagen durch Erkenntnisfortschritte in Wissenschaft und Technik überholt sind und sie deshalb den gesetzlichen Anforderungen nicht mehr gerecht werden (vgl. NdsOVG, B.v. 8.2.2018 – 12 ME 7/18 – juris Rn. 29, 30 und B.v. 16.11.2016 – 12 ME 132/16 – juris Rn. 59, BVerwG, B.v. 31.3.1996 – 7 B 164.95 – juris Rn. 19). Mit der Aussage, dass die Bindungswirkung einer normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrift entfällt, soweit sie infolge neuerer wissenschaftlich-technischer Erkenntnisse überholt ist und daher den gesetzlichen Anforderungen nicht mehr genügt, ist allerdings keine Aussage dahingehend verbunden, dass eine derartige Wirkung des Erkenntnisfortschritts auch in die Vergangenheit zurück wirkt. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf argumentiert diesbezüglich, die Frage nach dem richtigen Verfahren der Schallausbreitungsrechnung betreffe nicht einen gegenüber dem Zeitpunkt der Genehmigungserteilung veränderten Sachverhalt, sondern (lediglich) neue Erkenntnisse dazu, wie der – seinerzeit bloß nach einer anderen Methodik beurteilte – unveränderte Sachverhalt hätte beurteilt werden müssen; solche nachträglichen Erkenntnisse zur richtigen Methodik seien wie nachträgliche Erkenntnisse zu einer unveränderten Sachlage zu berücksichtigen (VG Düsseldorf, B.v. 25.9.2017 – 28 L 3809/17 – juris Rn. 52 bis 56).
Dieser Bewertung schließt sich der erkennende Senat nicht an. Die Schallausbreitungsrechnung selbst ist ebenso wie die vollständige Ermittlung der Geräuschimmissionen einer erst noch zu errichtenden Anlage eine Prognose (vgl. Nr. A.2.1 des Anhangs zur TA Lärm). Ändern sich die wissenschaftlich-technischen Erkenntnisse über die Eignung einer Prognosemethode, so betreffen diese neuen Erkenntnisse nicht unmittelbar den tatsächlichen Sachverhalt, der der früheren Prognose zugrunde lag, sondern allein die hieraus zu ziehenden Schlussfolgerungen. Eine Prognose birgt in sich wesenhaft und untrennbar das Risiko einer Fehlvoraussage (vgl. BVerwG, U.v. 9.3.1983 – 1 C 120.80 – juris Rn. 22); dies unterscheidet sie wesensmäßig von einer Tatsachengrundlage. Die Bejahung eines tatsächlichen Umstands nämlich, den die Behörde im Verwaltungsverfahren annimmt und ihrer Entscheidung zugrunde legt, kann sich nachträglich durch neue Erkenntnisse als irrtümlich oder in anderer Weise fehlerhaft und ergänzungs- und/oder korrekturbedürftig erweisen. Eine – im Zeitpunkt ihrer Erstellung den aktuellen fachlichen Anforderungen genügende – fehlerfrei erstellte Prognose dagegen wird nicht allein dadurch nachträglich fehlerhaft, dass das Prognoseergebnis sich später als falsch erweist. Schon deshalb erscheint eine Gleichstellung von einerseits solchen neuen Erkenntnissen, die eine Prognosemethodik betreffen, und andererseits solchen neuen Erkenntnissen, die sich auf – schon immer gegebene, aber nur noch nicht „erkannte“ – Tatsachen beziehen, problematisch.
Soweit das VG Düsseldorf seine Rechtsauffassung, wonach ein geänderter „Stand der Technik“ ohne gesonderte „rechtsverbindliche Umsetzung“ Rechtswirkungen auslöse, auf die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zum „Stand der Technik“ (BVerfG, B.v. 8.8.1978 – 2 BvL 8/77 – BayVBl 1979, 174, juris Rn. 108) stützen will, überzeugt dies nicht: Anknüpfungspunkt für die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts waren die im dortigen Fall geltend gemachten Zweifel an der Verfassungskonformität (insbesondere der Bestimmtheit) des damaligen § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtomG a.F., wonach die atomrechtliche Genehmigung nur dann erteilt werden durfte, wenn (u.a.) „die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge … getroffen ist“. Das Bundesverfassungsgericht hat es – mit Rücksicht auf die Komplexität und die rasche Entwicklung des technischen Sicherheitsrechts – für verfassungsrechtlich unbedenklich gehalten, dass der Gesetzgeber sich bei der Normgebung lediglich unbestimmter Rechtsbegriffe wie des Begriffs „Stand der Technik“ bedient und dass er dadurch einerseits die Notwendigkeit einer ständigen Aktualisierung detaillierter Regelungen vermeidet, andererseits aber eine gewisse Verlagerung der Schwierigkeiten der verbindlichen Konkretisierung und der laufenden Anpassung an die wissenschaftliche und technische Entwicklung auf die administrative und ggf. auf die judikative Ebene in Kauf nimmt (vgl. BVerfG, B.v. 8.8.1978 – 2 BvL 8/77 – a.a.O., Rn. 105, 106). Diesen Weg, mittels der Verwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs („Stand der Technik“) eine Norm dynamisch anzulegen und ihre flexible Anwendung je nach dem technischen Fortschritt zu ermöglichen, ist der Gesetzgeber im Fall der TA Lärm und der in Nr. A.2.3.4 der Anlage zur TA Lärm vorgeschriebenen Schallausbreitungsrechnung gerade nicht gegangen. Er hat vielmehr – wie dargelegt – die Anwendung eines bestimmten technischen Regelwerks vorgeschrieben. Das in der TA Lärm festgelegte Mess- und Beurteilungsverfahren ist untrennbarer Bestandteil des Konzepts der Immissionsrichtwerte (Landmann/Rohmer, Umweltrecht Bd. IV, Vorb. zur TA Lärm Rn. 5). Diesem beträchtlichen Gewicht der vorgeschriebenen Immissionswerte und des zu ihrer Messung und Beurteilung vorgeschriebenen Verfahrens entsprechen auch die hohen Anforderungen an die Bejahung gesicherter neuer naturwissenschaftlicher oder technischer Erkenntnisse, die geeignet sind, den getroffenen Regelungen die Wertungsgrundlage zu entziehen: Hierbei ist nicht jeder Erkenntnisfortschritt zu berücksichtigen. Vielmehr ist entscheidend, ob die Bundesregierung als Vorschriftengeber bei einer neuen Wertung auch unter Berücksichtigung ihres Entscheidungsspielraums zu einem anderen Ergebnis kommen müsste (Landmann/Rohmer, a.a.O., Vorb. zur TA Lärm Rn. 6 a.E. m.w.N.; zum normativen Gewicht der TA Lärm und der Anlage zur TA Lärm vgl. auch VG Arnsberg, U.v. 17.10.2017 – 4 K 2130/16 – juris Rn. 86 bis 96). Vor diesem Hintergrund wäre die (rückwirkende) Anwendung eines anderen technischen Regelwerks („Interimsverfahren“ Fassung 2015-05.1) anstelle des vorgeschriebenen Regelwerks (DIN ISO 9613-2) nicht als bloße Neubewertung eines unveränderten Sachverhalts zu werten. Vielmehr käme die rückwirkende Berücksichtigung eines anderen Schallberechnungsverfahrens der Berücksichtigung einer Rechtsänderung mit Rückwirkung gleich. Nachträgliche Rechtsänderungen zu Lasten des Bauherrn sind aber nach allgemeiner Meinung im Fall der Drittanfechtungsklage regelmäßig nicht zu berücksichtigen. Auch aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich, dass zur maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses einer gerichtlich zu überprüfenden Genehmigung auch der in diesem Erlasszeitpunkt gegebene Stand von Wissenschaft und Technik gehört (vgl. BVerwG, B.v. 13.7.1989 – 7 B 188.88 – juris Rn. 11).
In Übereinstimmung mit diesen Erwägungen haben auch andere Gerichte jeweils in einem der vorliegenden Konstellation gleichenden Sachverhalt darauf abgestellt, dass (jedenfalls) in den jeweils maßgeblichen Zeitpunkten der Erteilung der jeweiligen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung das sogenannte „Alternative Berechnungsverfahren“ noch nicht als nach den Erkenntnissen in Wissenschaft und Technik überholt anzusehen gewesen sei (NdsOVG, B.v. 16.11.2016 – 12 ME 132/16 – juris Rn. 59; VG Arnsberg, U.v. 17.10.2017 – 4 K 2130/16 – juris Rn. 100, 101; ausführlich hierzu auch NdsOVG, B.v. 8.2.2018 – 12 ME 7/18 – juris Rn. 29-32).
1.5.3. Selbst wenn das sogenannte „Interimsverfahren“ inzwischen als nunmehr anzuerkennender „Stand der Technik“ das „alternative Verfahren“ nach der DIN ISO 9613-2 abgelöst und dieser Erkenntnisstand im Zeitpunkt der Entscheidung des VG Düsseldorf (25.9.2017) bestanden haben sollte, so ergibt sich aus den Darlegungen der Kläger, soweit sie fristgerecht sind (November 2017), nicht, dass dies schon im maßgeblichen Zeitpunkt des vorliegenden Bescheidserlasses (17.11.2014) der Fall gewesen wäre. Das VG Düsseldorf, auf das die Kläger insoweit allein Bezug nehmen, schildert den „Werdegang“ des „Interimsverfahrens“ wie folgt (VG Düsseldorf (B.v. 25.9.2017 – 28 L 3809/17 – juris Rn. 44 ff.): Die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) habe ursprünglich in den Hinweisen zum Schallimmissionsschutz bei WEA aus dem Jahr 2005 für die Schallausbreitungsrechnung von WEA das „Alternative Verfahren“ der DIN ISO 9613-2 empfohlen. Eine vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV NRW) in Auftrag gegebenen Studie habe später ergeben, dass das Alternative Verfahren die Besonderheiten der Schallausbreitung bei hohen Quellen nicht ausreichend abbilden könne. Ein von der LAI beauftragter Arbeitskreis habe dann im Jahr 2016 den Entwurf der überarbeiteten Hinweise vorgelegt, der das vom Normenausschuss Akustik, Lärmminderung und Schwingungstechnik (NALS) erarbeitete Interimsverfahren, das die DIN ISO 9613-2 ergänze, als Prognoseverfahren verwende. In ihrer 134. Sitzung am 5./6. September 2017 habe die LAI schließlich beschlossen, den Ländern zu empfehlen, die Hinweise des LAI zum Schallimmissionsschutz bei WEA mit Stand 30. Juni 2016 anzuwenden; die Hinweise sollten der Amtschef- und Umweltministerkonferenz zur Kenntnisnahme vorgelegt werden. Mit diesem Beschluss der LAI vom 5./6. September 2017, so das VG Düsseldorf weiter (VG Düsseldorf, B.v. 25.9.2017 – 28 L 3809/17 – juris Rn. 49), sei davon auszugehen, dass die in der DIN ISO 9613-2 enthaltenen Aussagen durch Erkenntnisfortschritte in Wissenschaft und Technik überholt seien und die DIN ISO 9613-2 deshalb keine Bindungswirkung mehr entfalte. Dieser, vom VG Düsseldorf zeitlich in den September 2017 verortete Wegfall der Bindungswirkung der DIN ISO 9613-2 liegt demnach nahezu drei Jahre nach dem Erlass der vorliegend streitgegenständlichen Genehmigung.
Erstmals nach Ablauf der Antragsbegründungsfrist (nämlich mit Schriftsatz vom 26.1.2018 S. 5 ff. und S. 11 zweiter Abschnitt) versuchen die Kläger darzulegen, dass unterschieden werden müsse zwischen dem „Interimsverfahren der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Immissionsschutz (LAI)“ einerseits und dem „Interimsverfahren des DIN e.V.“ andererseits. Die Ausführungen der Kläger hierzu sind aber großteils unverständlich und lassen nicht erkennen, aus welchen Gründen bereits im Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheids (17.11.2014) irgendein anderes Verfahren als das alternative Verfahren nach der DIN ISO 9613-2 anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprochen haben soll. In der „Dokumentation zur Schallausbreitung – Interimsverfahren zur Prognose der Geräuschimmissionen von Windkraftanlagen“, die auf der Internetseite des Deutschen Instituts für Normung e.V. (DIN) unter der Internetadresse https://www.din.de/blob/187138/eb8abdf16f058490895cc3105f700533/interimsverfahren-data.pdf verfügbar ist, ist jedenfalls (in der Einleitung auf S. 4) nur davon die Rede, dass mit der „VDI 4101 Blatt 2“ der Anwendungsbereich der DIN ISO 9613-2: 1999-10 auf WEA als hochliegende Quellen erweitere, diese „VDI 4101 Blatt 2“ aber derzeit entwickelt werde. Die genannte Dokumentation trägt ausdrücklich den Zusatz „Fassung 2015-05.1“, entstand also selbst nach dem Erlass des streitgegenständlichen Bescheids.
1.5.4. Hiervon abgesehen und lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Auffassung des VG Düsseldorf sowohl in rechtlicher wie in fachlicher Hinsicht – soweit ersichtlich – in der Rechtsprechung nicht auf Zustimmung gestoßen ist und dass auch gegen die Anerkennung des „Interimsverfahrens“ als gegenüber dem alternativen Verfahren nach der DIN ISO 9613-2 vorzugswürdiges Verfahren Bedenken vorgebracht werden (vgl. VG Arnsberg, U.v. 17.10.2017 – 4 K 2130/16 – a.a.O.; NdsOVG, B.v. 8.2.2018 – 12 ME 7/18 – juris Rn. 31 m.w.N.).
Dahinstehen kann nach alledem, ob die Einwände zutreffen, die seitens der Beigeladenen und des Beklagten übereinstimmend gegen die Richtigkeit der von den Klägern (mit Schriftsatz vom 17.11.2017) vorgelegten, speziell für ihr Anwesen und dessen Lärmbelastung durch die angegriffenen WEA alternativ nach dem Interimsverfahren erstellten Schallimmissionsberechnungen erhoben worden sind (Schriftsatz d. Beigeladenen vom 20.12.2017 Buchst. c auf S. 8; Landratsamt vom 12.12.2017 S. 12 Mitte: Fehlerhaftigkeit, weil die Dämpfung aufgrund von Luftabsorption Aatm frequenzabhängig im Oktavspektrum hätte angesetzt werden und für das Interimsverfahren der Parameter Dc auf Null hätte gesetzt werden müssen).
1.6. Der übrige Vortrag der Kläger, mit dem sie umfangreich Mängel der konkreten Schallimmissionsprognosen für die Windparks W. und Wülfershausen bei Anwendung der DIN ISO 9613-2 geltend machen (Schriftsatz vom 26.1.2018 ab dem vorletzten Absatz auf S. 7) liegt vollständig außerhalb der Antragsbegründungsfrist; er stellt auch nicht lediglich eine Ergänzung eines im Kern schon fristgerecht geltend gemachten Einwands dar und ist daher gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO nicht berücksichtigungsfähig.
1.7. Im Hinblick auf die sogenannte „10 H-Regelung“ machen die Kläger – anders als die Kläger H* … und K* … bzw. D* …- … in den Parallelverfahren – keine Zulassungsgründe geltend. Der Verwaltungsgerichtshof begnügt sich deshalb mit dem Hinweis, dass die vom ihm zum diesbezüglichen Vortrag der Kläger in den Parallelverfahren ausgeführten Ablehnungsgründe auch für das Anwesen der Kläger im vorliegenden Verfahren gelten.
1.8. Die Kläger machen geltend, das angegriffene Urteil begegne ernsthaften Richtigkeitszweifeln insoweit, als das Verwaltungsgericht eine optisch bedrängende Wirkung, die insbesondere infolge der Massierung von 13 WEA bestehe, verkannt habe. Dieser Einwand verhilft dem Zulassungsantrag aber nicht zum Erfolg, wenngleich die Entscheidungsgründe bezüglich des Gesichtspunkts „optisch bedrängende Wirkung“ äußerst knapp sind. Zwar trifft es zu, dass das Verwaltungsgericht in den angegriffenen Urteilen jeweils nicht ausdrücklich auf den Vortrag der Kläger eingegangen ist, wonach infolge der großen Zahl (13) einzelner WEA eine „gesamträumliche Horizontbelastung“ bestehe, und dass es die aus dem Jahr 2004 stammende „Faustformel“ (Beurteilung der optisch bedrängenden Wirkung einer WEA je nachdem, ob ihre Entfernung zum Betrachter mehr oder weniger als der dreifache Rotordurchmesser sei) angewandt habe, obwohl die Rotordurchmesser von WEA mittlerweile erheblich größer (auch relativ in Bezug auf die Gesamthöhe der WEA erheblich größer) geworden seien. Immerhin hat aber das Verwaltungsgericht jedenfalls nicht verkannt, dass sich die Kläger optisch nicht nur einer einzigen, sondern gleich mehreren WEA gegenüber sehen; es hat von „den Windkraftanlagen“ und von „Windpark“ gesprochen(UA Buchst. e auf S. 22 u. 23). Das Verwaltungsgericht hat auch – insoweit jeweils zutreffend – darauf hingewiesen, dass zum einen alle einzelnen WEA jeweils deutlich weiter vom Wohnanwesen der Kläger entfernt sind als das Dreifache ihres Rotordurchmessers und dass zum anderen ein Gemeindeeinwohner mit im Außenbereich entstehenden WEA rechnen muss. Der aus dem letzteren Umstand – „Risiko“ von im Außenbereich entstehenden WEA – gezogenen Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichts auf ein geringeres „Schutzbedürfnis“ der Kläger kommt allerdings im Ergebnis kein ausschlaggebendes Gewicht zu. Denn angesichts des Umstands, dass Wohnnutzung in der Regel nicht im Außenbereich stattfindet, WEA dagegen typischerweise im Außenbereich stehen, und angesichts der Höhe von WEA sowie ihrer großen Entfernung von mehreren Hundert Metern zu Wohnnutzungen unterscheidet sich die „optische Beeinträchtigung“ durch WEA für diejenigen Bewohner, die in der Mitte eines solch kleinen Ortsteils wie im vorliegenden Fall wohnen, nicht nennenswert von der Beeinträchtigung derjenigen Bewohner, die in Randlage zum Außenbereich oder sogar im Außenbereich wohnen. Soweit das Verwaltungsgericht im angegriffenen Urteil – verkürzt – ausgeführt hat, es seien keine Besonderheiten substantiiert vorgetragen oder ersichtlich, die angesichts der deutlich über das Dreifache des Rotordurchmessers hinausgehenden Abstände zwischen dem Anwesen der Kläger und den WEA ein Abweichen von der genannten Faustformel angezeigt erscheinen ließen, darf nicht aus dem Blick gelassen werden, dass sich das Verwaltungsgericht in den vorläufigen Rechtsschutzverfahren ausführlich mit der Argumentation der Kläger befasst hat (wobei der Vortrag der Kläger im vorliegenden wie auch in den Parallelverfahren sowie die Gründe des Verwaltungsgerichts in allen Beschlüssen im Wesentlichen gleich waren; vgl. B.v. 1.2.2016 – W 4 S 15.1246 – S. 29). Das Verwaltungsgericht ist auf die Entfernung von deutlich mehr als dem Dreifachen des Rotordurchmessers zwischen dem Wohngebäude und der nächsten WEA eingegangen, hat sich zu den von den Klägern vorgelegten Fotos und zur Position der WEA auf einer leichten Anhöhe, zum Zusammenwirken der WEA des Windparks W2. mit denen im Windpark W. geäußert und hat zutreffend darauf hingewiesen, dass „Rücksichtslosigkeit“ im Hinblick auf optische Wirkungen mehr bedeutet als die bloße (teilweise oder auch vollständige) Sichtbarkeit einer oder mehrerer WEA von benachbarten Grundstücken aus. Einen möglicherweise bedrängenden Effekt, den das „geballte“ Zusammenwirken von mehreren WEA auslösen könnte, hat das Verwaltungsgericht dadurch entscheidungserheblich gemildert gesehen, dass die WEA in verschieden großen Entfernungen, also gestaffelt stehen und dass sie deshalb auch nicht wie eine „Wand aus Windkraftanlagen“ erscheinen. Ein Anspruch auf den Erhalt einer freien oder „schönen“ Aussicht besteht regelmäßig ohnehin nicht, weder im Außenbereich noch im Planbereich oder im Innenbereich. Dass der Anblick von nicht nur einer, sondern gleich zehn WEA von manchen – durchaus nicht allen – Menschen als besonders unschön empfunden wird, ist daher rechtlich irrelevant, solange die optische Wirkung nicht tatsächlich bedrängend ist. Dass eine bedrängende Wirkung vorliegend gegeben ist, haben die Kläger nicht substantiiert dargelegt.
2. Den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) machen die Kläger – anders als die Kläger H* … und K* … bzw. D* …- … in den Parallelverfahren – nicht geltend. Der Verwaltungsgerichtshof begnügt sich deshalb mit dem Hinweis, dass die vom ihm zum diesbezüglichen Vortrag der Kläger in den Parallelverfahren ausgeführten Ablehnungsgründe – angesichts der weitestgehend gleichen Entscheidungsgründe – auch im vorliegenden Verfahren gelten würden.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladene hat sich mit einem eigenen Antrag am Kostenrisiko beteiligt und durch ihren Vortrag das Verfahren gefördert. Es entspricht daher im Sinn von § 162 Abs. 3 VwGO der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten den Klägern aufzuerlegen.
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 und § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen in den Nrn. 19.2 und 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
4.1. Sachgerecht ist nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats (vgl. BayVGH, B.v. 25.4.2016 – 22 C 16.600 u.a. – juris Rn. 10; B.v. 6.5.2015 – 22 C 15.984 – juris Rn. 2) im Fall von Drittanfechtungsklagen gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung einer oder mehrerer WEA in der Regel ein Streitwert von 15.000 € ohne Rücksicht darauf, wieviele WEA genehmigt worden sind.
4.2. Diesen Betrag von 15.000 € hat der Verwaltungsgerichtshof durch die Zahl der Zulassungsverfahren geteilt (10 x 1.500 €) und damit weitgehend den Kostennachteil aufgefangen, der den Kostenpflichtigen dadurch entstanden ist, dass das Verwaltungsgericht das einheitliche Rechtsschutzgesuch der Kläger in zehn gesonderte Verfahren aufgespalten hat. Die Kläger wenden sich nicht spezifisch gegen von einzelnen Anlagen ausgehende Belastungen, sondern machen unzumutbare Beeinträchtigungen durch deren Gesamtheit geltend. In einem solchen Fall ist es geboten, für jedes Verfahren, das eine der mehreren (vorliegend zehn) einzelnen WEA betrifft, einen anteiligen Streitwert (vorliegend 1.500 €) festzusetzen (BayVGH, B.v. 25.4.2016 – 22 C 16.600 u.a. – juris Rn. 12 f.). Eine gesonderte Streitwertfestsetzung für die Zeit ab der Verbindung der Verfahren ist entbehrlich, da in diesem Stadium weder Gebührentatbestände nach dem GKG noch solche nach dem RVG verwirklicht wurden.

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